Überholt BJJ Judo bis 2020

Hier könnt ihr alles posten was mit Judo zu tun hat

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Makikomi Kid
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Makikomi Kid »

CasimirC hat geschrieben:Da ja sonst hier keine weiteren Antworten kommen, wüsste ich jetzt schon gerne, was du, Makikomi Kid, von den Antworten auf deine Fragen, v.a. hinsichtlich der Thematik des Fadens hältst ;) Vielleicht hättest du ja alternative, gute Ideen, die man ergänzen kann!?
Mir ging es um den Unterschied zwischen der Herangehensweise im Judo und im BJJ.
IM BJJ kannst du jemanden in der ersten Stunde zeigen, worum es geht. Du kannst ihm einen einfachen Escape aus einer misslichen Lage üben lassen. Du kannst ihm die Grundlagen sagen. Dann kannst du ihm die Positionen zeigen. Die Übergänge. Und worauf zu achten ist. Die Schutzpositionen. Ab hier kann er lockeres Positions-Randori machen. In dem es nur darum geht, die dominante Position zu haben. Bessere Leute sparren dann halt ohne Hände gegen ihn. Wenn die Positionen bekannt sind und die Übergänge erklärt wurden, können diese gedrillt werden. Man kann aus einzelnen Positionen heraus erste Submissions ansetzen. Ein oder zwei Sweeps zeigen.

Dadurch hat jemand nach der 5ten Einheit schon eine recht gute Idee. Er weiß auch im Grunde schon "den größten Teil" des Spiels. Erkennt, dass es nicht nur um "mehr" sondern auch um "besser" geht. Das Technik wichtig ist. Die Reihenfolge der Schritte nicht willkürlich ist, etc.

Grundlegende Bewegungen am Boden werden zum Aufwärmen benutzt. Hierzu gehören auch Schulterrollen, vorwärts, rückwärts, seitwärts, etc.

Dadurch kann ein Schüler schnell integriert werden. Es gibt keine Hürde (wie Ukemi) die erst überwunden werden muss, bevor er mitmachen kann. Dadurch kommen Einsteiger und Wiedereinsteiger schneller wieder rein. Der Frust ist niedriger.

Geesink hatte IMO aus ähnlichen Überlegungen auch vorgeschlagen, Judo am Boden zu beginnen, aber hier könnte ich auch falsch liegen.
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Hofi
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Hofi »

Hi!
Hatten gestern wieder nen Anfänger, 190 groß, 106kg. Da bei uns die Bodenrandori meist Bestandteil des Aufwärmens sind, kriegt ein Anfänger da erst mal die Ansage: Du musst noch gar nichts wissen außer: wenn DU oben liegst und der Partner am Rücken ist es gut, wenn Du unten am Rücken liegst und er oben drauf ist es schlecht. Unsere erfahrenen Erwachsenen lassen da halt dann erst mal Hebel und Würger weg und zeigen entsprechende Möglichkeiten gleich mit. Und dann macht er nach dem ersten Aufwärmen gleich seine ersten "Übungskämpfe". Und das wird dann in der Folge mit Technik unterfüttert. Je nachdem wie die Fallschule klappt, gibt es die ersten ein/zwei Würfe. Die Randoris werden halt dann durch abwechselndes Werfen aus der Bewegung ersetzt. Aber ab dem dritten Training wird auch im Stand entsprechen Randori mitgemacht. Natürlich entsprechend locker.
Bis dann
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Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von makoto »

Zu dem Thema (Boden als Beginn für Anfänger) passend:

http://www.judo-voj.com/contents/reiho.html

Zitat: "Affirmation 2: Newaza is the entry gate for adult beginners"

Das Problem ist, dass wir zeitlich versetzt immer irgendwann alle zur gleichen Frage kommen, obwohl wir die Antwort schon viel früher von jemand anderen übernehmen hätten können...
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von CasimirC »

Also wenn ich das jetzt so lese, beschleicht mich doch die These:

Das Problem der Einsteiger-Unfreundlichkeit liegt also an den Wurftechniken, hier v.a. am selber geworfen werden (Ukemi).

Ich muss ganz ehrlich sein, dass ich keine Probleme damit habe, dass das für Neuanfänger eine Hürde ist, und ich sehe auch keinen Grund darin, diese Hürde nicht bereits ab der ersten Einheit Schritt für Schritt anzugehen.

Umgekehrt, auf die derzeit scheinbar wachsende Aufmerksamkeit aufs BJJ im Vergleich zum Judo, bedeutet das doch, dass dort der Fokus auf der Bodenarbeit den Einstieg in den Sport massiv erleichtert. Aus den Beschreibungen lese ich heraus, dass es einfacher ist, einem Neuling zu erklären, wann er am Boden eine gute und wann eine schlechte Position inne hat, als die Grundlagen der Standarbeit zu vermitteln. Da möchte ich ausdrücklich nicht widersprechen, aber das bedeutet doch im Endeffekt, dass BJJ derzeit beliebt ist, weil es im Vergleich zum Judo simpler zu händeln und zu vermitteln ist.

Ich denke, dass man Judo, ausdrücklich auch über Standtechniken, für Einsteiger simpler vermitteln kann, wenn man das möchte und sich ein paar Gedanken drum macht.
Zuletzt geändert von CasimirC am 18.02.2014, 15:54, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Ronin »

vielleicht machen wir es uns auch künstlich schwer im Judo.

So wie Hofi in der Bodenlage den Leuten erklären kann, dass sie erst mal oben bleiben sollen, könnte an im Stand auch einfach mal sagen, sieh zu, dass der andere liegt und du bleibst stehen.

Da muss dann nur noch das "Verletzungsrisiko" unter die Kontrolle gebracht werden. So schwer ist es nicht.
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Makikomi Kid
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Makikomi Kid »

Der Grundtenor ist also, es ist im Judo alles knorke, und man muss da nichts ändern?
Hm.

Hätte jetzt gedacht, hier könnte ein Ansatzpunkt sein.
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von tutor! »

Makikomi Kid hat geschrieben:Geesink hatte IMO aus ähnlichen Überlegungen auch vorgeschlagen, Judo am Boden zu beginnen, aber hier könnte ich auch falsch liegen.
Ich habe beim Überfliegen auf die Schnelle keine Begründung gefunden, jedoch spricht er eindeutig davon, dass die Übenden die Bodenphase erst einmal "gründlich verdaut" haben sollten, bevor man mit Tachi-waza beginnt.

Leider tauchen - und damit meine ich jetzt nicht Makikomi Kids Beitrag - früher oder später immer pauschalisierende Aussagen auf, die dem nicht Rechnung tragen, dass es in der Judopraxis sehr große Unterschiede zwischen den Vereinen/Trainern gibt und das in anderen Disziplinen nicht anders sein dürfte. Wie also begründet sich ein pauschales "Im Judo so das so...." oder "im BJJ ist es so...."?

Was Judo und die Rolle der Bodenarbeit betrifft, lassen sich nur relativ wenig pauschale Aussagen machen. Allerdings kann man schon - ohne sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen - sagen, dass:
  • in der Judoliteratur sehr lange kaum Lehrmethoden für Bodenarbeit beschrieben wurden
  • Technikbeschreibungen in der Literatur sehr oft als Sammlungen Seite an Seite aneinandergereiht werden/wurden ohne Zusammenhänge deutlich werden zu lassen.
  • die Prüfungsanforderungen im Bereich der Lösungen von Bodenkampfsituationen kein übergreifendes Anwendungswissen erfordern und teilweise auch erst sehr spät im Ausbildungsverlauf "dran" kommen (das war bei der "alten" PO bis in die 1990er sogar noch gravierender).
Dennoch verbietet es niemand, gutes Training anzubieten....

Allerdings muss man auch sagen, dass:
  • teilweise in den 1980er und 1990er Jahren Konzepte auch zur Anfängermethodik entwickelt wurden, die genau den Anwendungsbezug in den Blick nahmen (ich scheue mich derzeit noch, eine Examensarbeit aus den 1980ern zu veröffentlichen, die sich genau mit diesem Thema befasst, das Einverständnis der Verfassers wäre dabei sogar noch das kleinste Problem).
  • sehr viele Handlungskomplexe entwickelt und beschrieben wurden, sowie Übungs- und Trainingsformen dazu
Man muss leider aber auch feststellen, dass viel von, dem, was vorhanden ist, in Spezialistenkreisen geblieben ist und nie die Breite der Judotreibenden erreicht hat.

Da sich BJJ deutlich intensiver mit Bodenkampf befasst als es in deutschen Judovereinen üblich ist, sind dort auch entsprechende methodische Ansätze entstanden, die sich übrigens gar nicht so sehr von einigen unterscheiden, die es auch im Judo gibt, aber nicht verbreitet sind. Dabei spreche ich jetzt vom Grundsätzlichen, nicht von Einzeltechniken oder einzelnen Übungsformen. Da wird es immer unterschiedliche Ideen geben, weil der Kreativität der Menschen zum Glück kaum Grenzen gesetzt sind.

BJJ wäre nicht so erfolgreich - wobei es das in Zahlen ausgedrückt gar nicht mal so sehr ist, aber das ist ein anderes Thema - wenn es kein Interesse an Bodenkampf gäbe, das Judo ganz offensichtlich zwar mit einer etwas anderen Methodik ebenfalls befriedigen könnte, aber dies eben "auslässt". Ich sehe aber hier gar keine Konkurrenz um dieselbe "Kundschaft", sondern ich sehe einen "Markt" der groß genug für verschiedene Anbieter ist, die sich durchaus in Nuancen unterschiedlich präsentieren. Es werden ja auch nicht weniger Porsches verkauft, nur weil es schnelle Kombis gibt....

Allerdings müssten viele Judovereine - wollen sie entsprechende Angebote machen - ihre Methodik gerade am Boden überdenken.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Makikomi Kid
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Makikomi Kid »

In allen BJJ-Schulen habe ich bisher die in dem oben verlinkten Artikel als Kinder-Aufbau kennen gelernt. Den zweiten Teil allerdings auch, in den Open Mat und Drilling Sessions.
BJJ wäre nicht so erfolgreich - wobei es das in Zahlen ausgedrückt gar nicht mal so sehr ist, aber das ist ein anderes Thema - wenn es kein Interesse an Bodenkampf gäbe
Ich denke, das Interesse an BJJ wächst mit MMA, da die UFC von einem körperlich unterlegenen BJJler gewonnen wurden. Grappling gehört zum MMA dazu. Und da ist dann eben BJJ mit Ringen weit vorn. Judo eher etwas abgeschlagen, obwohl Ronda Rousey in ihren Kämpfen wirklich spektakuläre Dominanz bei den Takedowns gezeigt hat. Ihre Kämpfe sind auch "schöneres" Judo, oder zumindest für mich spannenderes, als ich sonst so gesehen hab.
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Hofi
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Hofi »

Makikomi Kid hat geschrieben:Der Grundtenor ist also, es ist im Judo alles knorke, und man muss da nichts ändern?
Hm.

Hätte jetzt gedacht, hier könnte ein Ansatzpunkt sein.
Hi!
Wenn alles wunderbar wäre, hätte man im Judo auf Verbandsebene kaum die aktuellen Mitgliederrückgänge.

Auf Vereinsebene kann es gut oder schlecht laufen, hängt an den handelnden Personen und gewissen Rahmenbedingungen. Passt es dort, hat man Mitgliederzuwächse, wie es vielfach der Fall ist. Aber in offensichtlich größerem Umfang passt mindestens eins von beiden nicht, sonst hätte man keinen Gesamtrückgang.

Die Frage, die man sich stellen muss, ist also, welche Angebote kann der Verband machen, um den Vereinen, wo es nicht läuft, eine echte Hilfestellung zu geben. Und wie bringt man die Leute dazu, diese Hilfe anzunehmen.

Bis dann

Hofi
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Fritz
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Fritz »

Makikomi Kid hat geschrieben:Mir ging es um den Unterschied zwischen der Herangehensweise im Judo und im BJJ.
IM BJJ kannst du jemanden in der ersten Stunde zeigen, worum es geht. Du kannst ihm einen einfachen Escape aus einer misslichen Lage üben lassen.
Oh zeigen kannst Du es einem Anfänger auch ;-) Und dann lernt er erstmal, zu überleben, wenn er geworfen wird.
Erst für sich allein, dann in dem er von erfahrenen Leuten geworfen wird. Ukemi sind das Überlebenswerkzeug im Stand.
"Flucht/Befreiungstechniken" sind es am Boden.

Zuviel Boden am Anfang ist m.M.n. einfach zu verführerisch... Irgendwo gibt es Aussagen von Kano, daß er ein Stand:Boden-Verhältnis von 70:30
für Anfänger und 60:40 für Fortgeschrittene als sinnvoll erachtet...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
ChuckNorris
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von ChuckNorris »

Hallo Leute,

bin neu hier und fange erst demnächst mit JJ + Judo an, deshalb würde ich euch gerne meine Sichtweise zum Thema preisgeben. Für mich ist Judo eindeutig Wettkampfsport und ich mache es zusätzlich zum JJ, da ich Lust habe, mich auf der Matte mit anderen Leuten zu messen und nicht immer “nur“ trockene Kampfkunst zu machen.

Wenn ich es richtig sehe, dann hat sich Judo nunmal von traditioneller Kampfkunst zum Wettkampfsport entwickelt.. Was für Gründe gibt es also dort am Ball zu bleiben, wenn man es in einem Verein trotz Anstrengung nicht ins Team schafft? Da es sich um Wettkampfsport handelt, sollte man vielleicht darüber nachdenken, die Rollenverteilung ein wenig zu überdenken. In anderen Sportarten ist es so, dass jeder Trainer seine Assistenten hat. Ich weiß ja nicht, wie das beim Judo aussieht, ob dort tatsächlich nur Schwarzgurte unterrichten dürfen. Ich meine, sowas wie Fallschule sollte man doch auch mit dem zweiten Kyu drauf haben. Und ich weiß nicht, wie es mit dem Konditions- und Krafttraining aussieht, aber das bedarf definitiv keines schwarzen Gürtels in irgendwas. Kann man die Judoka, die zwar technisch nicht schlecht sind, die aber sportlich keine Chance auf Erfolg haben, weil ihnen vielleicht Kraft, Nerven oder ähnliches für den Wettkampf fehlt, als sowas wie Co-Trainer aufbauen? Neben dem Wettkampf sehe ich mich persönlich irgendwann als Lehrer, wenn ich es bis zum Schwarzgurt bringe. Wenn es mir ausschließlich um SV ginge, dann würde ich Krav Maga oder Anti Terror Streetfight machen.. Man muss den Leuten doch eine Perspektive geben, einen Ansporn. Ansonsten sollte man sich vom Wettkampfcharakter lösen und traditionelles Judo unterrichten. Im Fußball gibt es auch Altherrenligen und Hobbyligen, in denen es eher um Spaß am Sport und das Bierchen danach geht. Das Problem, was ich beim Judo sehe, irgendwann will man das seinem Körper nicht mehr antun.. Und wieso sollte ich zum Beispiel Judo später ohne Wettkampfmöglichkeit weiter machen, wenn ich im JJ auch den Gegner zu Boden bringen muss und dazu auch noch Tritte u Schläge hab? Also für die SV realistischer.. Den Menschen soll mir einer zeigen, der nur einer Philosophie wegen im Ernstfall auf Schläge und Tritte verzichtet, wenn es vielleicht auf Leben und Tod geht..

Und ob BJJ Judo den Rang abläuft? Vielleicht.. Gibt es erstmal genug Interessenten und es werden Ligen mit Wettkampfcharakter gegründet, dann kann es dazu führen, dass BJJ eine echte Alternative wird. Jedoch sehe ich auch dort, wie immer neuere Regeln das Ganze immer mehr zum Wettkampfsport machen, womit sich BJJ immer mehr dem Wettkampfjudo annähern würde. Und das würde wieder dazu führen, dass es für Leute, die sportlich keinen Erfolg damit haben davon abwenden.

Für mich gibt es neben Fitness, Gesundheit und Interesse an der Philosophie 3 Gründe KS/KK zu machen: Wettkampf, SV und/oder später mal selbst unterrichten..
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Fritz
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Fritz »

@ChuckNorris:
Mal ein paar Antworten zu Deinem Artikel
- Es ist üblich, daß Training oft von Kyu-Graden gehalten wird. Unterstützend oder auch eigenverantwortlich.
Jetzt kann man abwägen, was besser ist, kein Training oder eine Judogruppe, wo ein Grün-/Blau-/Braungurt Training gibt.
- Judowettkämpfe gibt es in den unterschiedlichsten Niveau-Klassen, das Wort "Team" macht eigentlich nur bei Mannschafts-Kämpfen
einen Sinn und da heißt es "Mannschaft". Als Einzelstarter kannst Du eigentlich kämpfen, wie u. wo Du Lust drauf hast, von qualifikationsbehafteten
Meisterschaften / Turnieren mal abgesehen
- Die meisten älteren Teilnehmer in den Erwachsenen-Gruppen nehmen inzwischen selten oder gar nicht mehr an Wettkämpfen teil, ist individuell sehr
verschieden, WK-Angebote für Ältere gibt es jedenfalls.
ChuckNorris hat geschrieben:Und wieso sollte ich zum Beispiel Judo später ohne Wettkampfmöglichkeit weiter machen, wenn ich im JJ auch den Gegner zu Boden bringen muss und dazu auch noch Tritte u Schläge hab? Also für die SV realistischer.. Den Menschen soll mir einer zeigen, der nur einer Philosophie wegen im Ernstfall auf Schläge und Tritte verzichtet, wenn es vielleicht auf Leben und Tod geht..
Von einer Philosophie im Judo, die dem Judoka befiehlt im Ernstfall auf Schläge u. Tritte zu verzichten, ist mir nichts bekannt...
Judo-Kata sind voll mit Schlägen (von "stilisiert" wie in der Ju-no-Kata) hin bis zu ernsthaft wie in der Kime-No-Kata oder im Kodokan-Goshi-Jutsu.
Was man daraus übungstechnisch macht steht natürlich auf einem anderen Blatt.
- Die Idee selbst zu unterrichten, ist tatsächlich ein starker Motivator.
Allerdings läuft es im ungünstigsten Fall im Judo so ab:
Übling kommt mit der Einstellung an: "Judo ist ein Wettkampfsport", übt etwas, geht kämpfen, ist halbwegs erfolgreich,
irgendwann Blau-/Braungurt und wird in den Trainingsbetrieb als Übungsleiter eingebunden. Dort gibt er dann seine eingeschränkte Sicht auf Judo an seine
Üblingen mehr oder minder erfolgreich weiter, das eigene Training leidet (Zeitgründe, Einstellungsfrage, keine Trainer da, usw. usf.)
Evt. wird noch eine ÜL-Lizenz gemacht, das streichelt das Selbstbewußtsein - nur daß dort in der Regel auch nur "Judo als Wettkampfsport"
gesehen wird, meinethalben noch etwas über "Breitensport" erzählt wird...
Irgendwann geht man dann endlich den Schwarzgurt an, sucht sich einen Uke u. übt ausschließlich mit dem das Schwarzgurtprogramm...
Irgendwann ist man Schwarzgurt, irgendwann fällt man dann in ein psychisches Loch, wenn man feststellt,
daß die x-te Generation von Üblingen auf der Matte steht, denen man mal wieder O-Goshi beibringen soll. Tja und oft ist man dann weg. Das Training bernimmt einer der motivierten Blau- oder Braungurte, der doch noch mit dabei geblieben ist u. der Kreislauf startet neu...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von ChuckNorris »

@Fritz:
Erst einmal danke ich dir, dass Du so ausführlich auf meinen Beitrag eingegangen bist.
Ich bin natürlich (noch :D ) kein Experte auf dem Gebiet KS/KK. Ich kann nur von meiner Laufbahn als Fußballspieler und meinen Tätigkeiten als Jugendfußballtrainer sowohl im Breitensportbereich als auch im Leistungsbereich allgemeine Rückschlüsse ziehen. Im Fußball ist es auch so, dass irgendwann im A-Junioren Alter (17/18) im unteren Bereich die Kinder abhanden kommen. Da muss man teils sonntags die alkoholisierten Jungs (habe mit Mädchenfußball keine Erfahrung) aus dem Bett klingeln. Die Kreisligen werden mit steigendem Alter weniger und es bleiben überwiegend nur noch die leistungsorientierten Kinder übrig. Das Phänomen hat also in allen Sportarten etwas mit der Pubertät zu tun. Nur ist es dann im Seniorenalter so, dass viele wieder zurückkommen.

Zum Thema Motivation der Trainer sehe ich das so, dass ein Trainer, der die Lust am Unterrichten verliert, weil er der x-ten Generation Schülern wieder dasselbe beibringen muss, einfach kein guter Lehrer ist. Das ist doch genau dasselbe Problem, das wir mit Lehrern an Schulen haben. Ich muss von meinem Wesen her gerne jungen Menschen etwas vermitteln und sie für etwas begeistern wollen. Und wenn ich nur eine Hand voll Menschen derart begeistern kann, dass sie die Sache weiter verfolgen, dann sehe ich das schon als Erfolg!
Das Judo hat sicher das Problem mit Fitnessstudios und mit spektakuläreren KS/KK konkurrieren zu müssen. Jedenfalls würde ich als Außenstehender andere KS/KK als spektakulärer bezeichnen, ohne mich da genauer auszukennen. Ich sehe es ebenso an Jugendlichen im Fußball, dass sie dann in der A-Jugend lieber ins Fittnessstudio rennen und sich die Muskeln aufpumpen statt zum Fußballtraining zu gehen. Aber hier liegt doch die Chance einer jeden Kampfsportschule. Egal was man jetzt anbietet, wieso ist es nicht möglich, im Bereich Fitness mehr anzubieten? Ich habe in Bochum ein Dojo entdeckt, welches einen eigenen Kraftraum hat. Da bin ich echt begeistert. Dort kann ich JJ+Judo lernen und kann auch noch bei Bedarf in den Kraftraum. Einfach und doch so genial! Und wenn man halt nur eine Schulsporthalle zur Verfügung hat, dann werfe ich das Thema CrossFit in den Raum. Ich habe auch erst vor wenigen Monaten durch Zufall davon erfahren (Eurosport reingezappt). Und ich muss sagen, ich war begeistert, weil es im Gegensatz zum Fitnessstudio nicht so eintönig ist. Und es ließe sich wunderbar mit jeglicher Kampfsportart kombinieren. Und in Sporthallen hat man so viele Möglichkeiten.. Medizinbälle, Taue hochklettern, Klettersprossen.
Darüber hinaus habe ich vorhin einen Link zu einem Artikel über Erwachsenen-Judo in Japan gefunden. Wenn ich das vergleiche, dass es dort geht, die Leute dabei zu halten und dass es hier nicht geht, dann wird hier eben grundsätzlich auch etwas falsch gemacht. Eben Judo nur als Wettkampfsport und danach keine Ziele mehr.. Natürlich ist die Kultur dort eine andere. Ich sehe die Probleme als Außenstehender in Motivation und Zweck. Wieso will ich einen/eine KS/KK lernen? Was bringt mir das? Allgemeine körperliche Fitness ist einfach nicht genug als Ziel. Da kann ich auch 1000 andere Dinge statt Judo machen.. Aber jetzt wo Fitnessstudios wie Pilze aus dem Boden schießen, ist das mit dem vereinseigenen Kraftraum definitiv etwas, womit man junge Menschen anders an den Verein binden könnte.. Mehr kann ich aus sportlicher Sicht nicht zum Thema sagen. Dafür muss ich mir erstmal demnächst erstmal selbst ein Bild von einem Verein machen.

Zum Abschluss würde ich gerne noch etwas zum Thema Marketing loswerden. Internetseiten, die Visitenkarten des 21. Jahrhunderts. Ich habe mich die letzten 2 Wochen im Internet umgeschaut. Auf den Internetseiten der Schulen, auf denen ich zuletzt unterwegs war, würde ich der besten Seite vielleicht die Note 3 geben.. Bei mir haben im Endeffekt schlichte Youtube-Videos von Wettkämpfen den Ausschlag gegeben, mich für Judo neben JJ zu entscheiden. Auf keiner einzigen Internetseite von Kampfsportschulen habe ich irgendwelche Werbevideos für den jeweiligen Sport gesehen... Und genauso wird das Thema Soziale Netzwerke vernachlässigt. Bei der Schule mit dem vereinseigenen Kraftraum, die mich so begeistert hat, weil sie alles abdeckt, was ich gerne machen würde, erreiche ich niemanden! Ich habe vor einer Woche eine EMail an die angegebenen Mail-Adresse geschickt, habe eine Trainerin bei Facebook angeschrieben (jedoch gehen bei Facebook Nachrichten von unbekannten Personen bekanntlich in den Ordner "Sonstiges" und werden meistens nicht entdeckt) und ich habe sogar eine Facebook-Gruppe des Vereins gefunden, die jedoch geschlossen nur für Vereinsmitglieder ist - keine Chance dort jemanden zu erreichen. Jetzt muss ich erst bis nach den Ferien fast 3 Wochen warten, bis ich dort persönlich vorbeischauen kann, um überhaupt zu erfahren, wieviel mich der Spaß kosten würde... Und ich fühle mich irgendwo im Regen stehen gelassen mit meinen Fragen! Das geht einfach nicht. Marketingtechnisch eine glatte 6!
Und damit ihr wisst, dass das kein Einzelfall ist: Ich habe die Tage 3 Schulen per EMail angeschrieben, bisher keine einzige Antwort...
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Fritz
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Fritz »

Nun ja ob die Lösung der Probleme der Judovereine darin liegen sollte,
zu sagen: Hey laßt uns was anderes anbieten, bloß kein Judo ;-),
weiß ich nicht ...

Meiner Meinung nach kann es nur gehen, wenn man wieder mehr im Judo
sehen möchte als Wettkampfsport und das dann auch umsetzt.
Ich _glaube_, wenn dem heranwachsenden Judoka, rechtzeitig vermittelt werden kann, daß Judo mehr ist
als das Wettkampf-Gezerre, haben wir vielleicht eher etwas Langzeit-Motivation und
auch Judo-Trainer hätten genug Anreize, um ihre Trainings-Qualität kontinuierlich zu steigern...

Aber dazu müßte der unheilvolle Kreislauf, den ich skizziert hatte, durchbrochen werden.
Aus meiner jetzigen Sicht sollten viel früher Inhalte aus den Judo-Kata in die Ausbildung
der Üblinge einfließen u.a. mit klarem SV-Schwerpunkt und nicht nach dem Motto:
"Aber das ist im Wettkampf nicht erlaubt" (== wird nicht geübt).
Dazu sollten die Kata aber nicht als "Disziplin" parallel zum Wettkampf angesehen werden,
sondern als integrales Trainingselement...
ÜL-Aus- u. Weiterbildungen m.M.n sollten schwerpunktmäßig genau auch solche Fragen behandeln
und entsprechende Handreichungen geben.
Mit freundlichem Gruß

Fritz
ChuckNorris
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von ChuckNorris »

@Fritz
Es war von mir auch nicht so gemeint, dass alles außer Judo angeboten werden sollte (wegen Gym). Aber für heranwachsende Jugendliche zieht es anscheinend mehr, an den Muckis zu arbeiten. Es wäre ein Zusatzangebot um die Jugendlichen im Verein zu halten. Aber wie ich auch schon sagte und Du ja auch, am Judo, wie es hier praktiziert wird, müsste sich eben auch was ändern für diejenigen, die über den Wettkampfsport hinaus mehr wollen...
Holger König
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Holger König »

Die Trainer C-Lizenz kann man im Judo ab dem 1. Kyu (braun) machen. Geeignete Jugendliche werden meistens ab grünen oder blauen Gürtel an eine Assistenten-Tätigkeit herangeführt und erwerben mit dem Sport-Assistentenlehrgang auch schon Vorkenntnisse für die spätere Trainerlizenz.
Gleiches gilt auch für die Heranführung an die Kampfrichterlaufbahn (Lizenz ab blau, Lehrgang kann schon mit grün besucht werden).
Lediglich für eine Prüferlizenz und höhere Trainerlizenzen (A + B) ist der Dan erforderlich.
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derLichtschalter
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von derLichtschalter »

Ich muss jetzt auch einfach mal was dazu schreiben. Nur ein paar Worte.

Zunächst einmal betont der BJJ-Trainer meiner Freundin regelmäßig, wie wichtig es sei, Standkampf zu üben. Er kommt aus Brasilien und dort sei es ganz normal, dass Judoka und BJJler gemeinsam trainieren. In seinem Training macht es trotzdem vielleicht nur 10 % aus (gesehen über einen längeren Zeitraum). Und das ist - gemessen am gefühlten Stand-Anteil in BJJ-Wettkämpfen - schon ziemlich viel. Die vom gleichen Trainer geleitete BJJ-Gruppe des dortigen Hochschulsports hat übrigens regen Zulauf. Warum? Naja: Es gibt an der Uni dort kein Judo im Hochschulsport. Das hat mich auch schwer gewundert, zumal der lokal stärkste Verein meines Wissens auch in der Judo Bundesliga recht erfolgreich ist/war - da könnte man doch nen Übungsleiter "entsenden". Vielleicht interessiert man sich aber auch nicht so für Studenten, die sich nebenher ein bisschen bewegen wollen? Besuche in diesem Verein legten mir diese Vermutung zumindest recht schnell nah. Das Wettkampftraining war super (fordernd, strukturiert, lehrreich), aber das Breitensport-Training eher schlecht bzw. schlecht besucht - das Ursache-Wirkungs-Verhältnis habe ich aber nicht untersucht.

Darüber hinaus konnten wir die Judo-Gruppe im Hochschulsport an meiner Uni endlich in zwei Trainingseinheiten splitten. Montags gibt es offiziell Judo-Training - Mittwochs offiziell BJJ. Und oh Wunder: Die meisten kommen zu beiden Trainingseinheiten. Interesse an Judo-Wettkampf hat aber kaum jemand - zu viele Verbote, zu viel Angst vorm Fallen. Dafür sind wir vor ein paar Wochen mit 12 Kämpfern auf ein BJJ-Turnier gefahren und haben mit 11 Medaillen in der Team-Wertung den zweiten Platz erzielt (und das auch nur, weil die Medaillen unseres Coachs offiziell für "sein" Team gezählt wurden, das entsprechend den ersten Platz gemacht hat).
Was den Zulauf angeht, hat sich der vor anderthalb Jahren, als die Gruppe von "Judo" in "Judo und BJJ" umbenannt wurde, aber deutlich erhöht. Von maximal 10 Leuten im Training wurden mit der Zeit bis zu 20 Leute auf der Matte. Allerdings sind wir zur selben Zeit von einer (minimal) abgelegeneren Vereinshalle in die Sporthalle auf dem Campus umgezogen. Es wäre durchaus interessant zu sehen gewesen, was letztendlich den Ausschlag gegeben hat: die drei Buchstaben oder der Umzug. Lustigerweise war die Vereinshalle mit dem Bus deutlich besser zu erreichen, aber eben "woanders" - auch die Trainingszeit war günstiger, länger und Vorzüge wie Sauna und Kneipe gab es damals auch *wehmütig-eine-Träne-wegdrück*
Edit (22:52): Ein Trainingskollege wies mich noch darauf hin, dass eine mehrfache BJJ-Europameisterin als Coach ja doch auch ordentlich Presse macht und mit Sicherheit einen zusätzlichen Anreiz geschaffen hat. Seiner Einschätzung nach haben die drei zusätzlichen Buchstaben im Gruppennamen aber auch definitiv einen zusätzlichen Markt erschlossen.

Außerdem: Wir sind hier kein besonders starker Wettkampf-Standort für Judoka. In manchen Vereinen geben die höhergraduierten Trainer nur noch das Kindertraining - und dort sind erschreckende Rückgänge zu verzeichnen (früher bis zu 50 Kinder auf der Matte, heute mit Glück 15). Die Erwachsenengruppe (jüngster Teilnehmer ist 17 Jahre alt) in meinem Verein dagegen ist dagegen sogar gewachsen - trotz einiger Abgänge wegen Studienortwechsel und Schichtarbeit. Interesse an Wettkämpfen gibt es aber nur vereinzelt.

Was will ich damit erzählen? Zugegebenermaßen: Ich weiß es nicht so recht. Ich kann nur beobachten, was in meiner Umgebung geschieht, aber keine überregionalen Tendenzen festmachen. Jedenfalls beobachte ich Folgendes:
- Bei "Breitensportlern" ist das Interesse an BJJ größer als an Judo. Irgendwie gilt es als "mysteriös", kaum einer kennt es - das macht es spannend. Ist das jetzt ein Hype? Wahrscheinlich. Ist es damit automatisch overhyped? Nein, ich glaube nicht.
- "Breitensportler" lassen sich im BJJ eher zu Wettkämpfen motivieren als im Judo. Es gibt weniger Verbote, man fällt nicht so viel, es gibt Leistungsklassen und damit höhere Chancen auf Siege.
- Umgekehrt scheint das Interesse der Wettkampf-orientierten Judo-Vereine an "Breitensportlern" herzlich gering. Man kann nichts miteinander anfangen - und das beruht leider doch auch auf Gegenseitigkeit, denke ich.
Zuletzt geändert von derLichtschalter am 01.08.2014, 22:56, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von makoto »

derLichtschalter hat geschrieben: Was will ich damit erzählen? Zugegebenermaßen: Ich weiß es nicht so recht. Ich kann nur beobachten, was in meiner Umgebung geschieht, aber keine überregionalen Tendenzen festmachen. Jedenfalls beobachte ich Folgendes:
- Bei "Breitensportlern" ist das Interesse an BJJ größer als an Judo. Irgendwie gilt es als "mysteriös", kaum einer kennt es - das macht es spannend. Ist das jetzt ein Hype? Wahrscheinlich. Ist es damit automatisch overhyped? Nein, ich glaube nicht.
- "Breitensportler" lassen sich im BJJ eher zu Wettkämpfen motivieren als im Judo. Es gibt weniger Verbote, man fällt nicht so viel, es gibt Leistungsklassen und damit höhere Chancen auf Siege.
- Umgekehrt scheint das Interesse der Wettkampf-orientierten Judo-Vereine an "Breitensportlern" herzlich gering. Man kann nichts miteinander anfangen - und das beruht leider doch auch auf Gegenseitigkeit, denke ich.
Ich kann deine Beobachtungen / Erfahrungen nur bestätigen - betreffend Judo habe ich zum Teil die selben Erfahrungen gemacht und beobachte das Phänomen BJJ aus dem Augenwinkel, da ich selbst sehr interessiert an Newaza bin.

Das mangelnde Interesse an Breitensport der größeren Vereine ist ja im Gründe auch kein neues Problem - aber trotzdem gibt es keine wirklich logische Erklärung dafür. Obwohl ja der tiefere Sinn des Judo fernab des Wettkampfes liegt - aber wo wird das schon "unterrichtet"...

Ein grundlegender Vorteil des BJJ und dessen Fokus auf Bodentechniken liegt einfach auch darin, dass sich im Boden wesentlich schneller und auch einfacher Fortschritte und somit auch subjektive Erfolge erzielen lassen - dadurch werden Anfänger bei Laune gehalten und man erspart sich bis zu einem gewissen Grad das Erarbeiten der Fallschule am Anfang, das für manche sicher nicht so spannend ist - wenn auch notwendig im Judo.
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von derLichtschalter »

Das mit der Fallschule sehe ich etwas anders (aber auch primär, weil ich sehr viel Spaß daran habe), aber sonst hast du schon Recht: Ne-waza sind für Anfänger oft zugänglicher als Tachi-waza. Aber auch im BJJ gibt es eben einen recht großen Bereich an Takedowns und eben auch - ich nenne es mal so wie im Aikido - "hanmi-hantachi-waza", also Techniken, bei denen einer der Opponenten sitzt und der andere steht. Das ist im Judo eher seltener (naturgemäß), im BJJ aber sehr wichtig - sei es nun aus der Sicht des Stehenden (guard pass, knee on stomach etc.) oder aus der Sicht des Sitzenden (open/spider guard, div. sweeps/takedowns etc.). Wer da blöd fällt, tut sich auch weh. Insbesondere sind BJJ-Turniere aber auch offen für Judoka (es gibt keine Hürde wie bspw. eine Mindest-BJJ-Graduierung) und dazu fällt mir im Moment nur das hier ein:

Bild


Edit: Sorry für das riesige Bild :dontknow
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Fritz »

derLichtschalter hat geschrieben:In manchen Vereinen geben die höhergraduierten Trainer nur noch das Kindertraining - und dort sind erschreckende Rückgänge zu verzeichnen (früher bis zu 50 Kinder auf der Matte, heute mit Glück 15). Die Erwachsenengruppe (jüngster Teilnehmer ist 17 Jahre alt) in meinem Verein dagegen ist dagegen sogar gewachsen - trotz einiger Abgänge wegen Studienortwechsel und Schichtarbeit. Interesse an Wettkämpfen gibt es aber nur vereinzelt.
Diese Beobachtung habe ich auch. Mittlerweile habe ich in der Erwachsenengruppe an guten Tage doppelt so viele Leute auf der Matte, wie
in der Kindergruppe vorher - und dann sind noch nicht mal aller erwachsenene Trainingsteilnehmer da gewesen...
Ich halte es aber insgesamt für eine gute Entwicklung:
Erwachsene zahlen mehr, bringen über kurz oder lang oft auch ihre eigenen Kinder zum Training, sind in der Regel auch beständiger...
Kleinere Kindergruppen lassen sich qualitativ besser handhaben, logisch, die Zeit, die man einem Kind widmen kann ist bei einem Dutzend Kindern doppelt so
hoch wie bei 2 Dutzend...
derLichtschalter hat geschrieben:Aber auch im BJJ gibt es eben einen recht großen Bereich an Takedowns und eben auch - ich nenne es mal so wie im Aikido - "hanmi-hantachi-waza", also Techniken, bei denen einer der Opponenten sitzt und der andere steht. Das ist im Judo eher seltener (naturgemäß), im BJJ aber sehr wichtig - sei es nun aus der Sicht des Stehenden (guard pass, knee on stomach etc.) oder aus der Sicht des Sitzenden (open/spider guard, div. sweeps/takedowns etc.).

Das ist eine blöde Entwicklung im Judo, die einerseits den Wettkampfregeln mit inflationärem Ippon und zu schnellen Bodenkampfabbruch geschuldet ist (also in den
Gruppen, wo Wettkampf nach IJF/DJB-Regeln eher ein Thema ist) und
andererseits dem Fakt, daß eigentlich zu wenig Platz auf der Matte ist, wenn es heißt Randori - also macht man Bodenrandori, oder halt Standrandori, aber der Übergangsbereich dazwischen wird sträflich vernachlässigt, weil man nicht möchte, daß die Standkämpfer über die stolpern, die gerade am Boden wuseln.

Bei Kindern habe ich jetzt Aufgabenrandoris "entdeckt", wo ich extrem kurze Randorizeiten ansetze (so 30 bis 60 Sek.) und am Ende der Randorizeit ist
derjenige "Gewinner", der eine oder mehrere bestimmte (von mir vorgegebene) Position(en) erreicht oder sich halt aus bestimmten Positionen befreit:
Bspw den anderen in die Beinklammer hat, die Rucksackposition einnimmt oder eine Festhalte - oder halt den anderen zum Abklopfen bekommt -
dabei variiere ich die Ausgangspositionen: entweder müssen sie sich am Boden auf bestimmte Arten aufeinander
zu bewegen (vorwärts/rückwärt/seitswärts kriechen, rollen) oder sie bekommen eine Position vorgegebene (Beinklammer, Rucksackposition, Festhalte) aus der sie starten... Meist beginne ich da mit Sachen am Boden und irgendwann sind die Ausgangsposition/Bewegungen auch im Stand. Hat den Vorteil, daß sie so ziemlich zur gleiche Zeit im Stand oder im Boden sind, was die "Stolper-Gefahr" verringert ;-)
Ach ja, diejenigen, welche die Aufgaben nicht erfüllen konnten (in der Regel ist es mindesten einer pro Paar) machen eine kurze Serie von Kräftigungsübungen
(Liegestützen, Rumpfheben, Kniebeugen so was in der Art) zwischen den Randoris...
derLichtschalter hat geschrieben:Interesse an Judo-Wettkampf hat aber kaum jemand - zu viele Verbote, zu viel Angst vorm Fallen.
Ist bei uns ähnlich. Lustig wird es aber immer dann, wenn man eine Technik zeigt, die sie so nicht kennen oder die klar im Judo-WK verboten
ist: "Ist das denn erlaubt? / Aber das ist doch gar nicht im Wettkampf erlaubt?" kommt immer recht komisch aus dem Mund von Leuten, deren Wettkampferfahrung
sich an den Fingern einer Hand abzählen läßt, wenn überhaupt ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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