Eventuell kann ein Mod die Diskussion um Graduierungsprüfungen und die um das Verbandswesen voneinander trennen. Ich möchte die ungern vermischen, da ich beide für wichtig halte, mit der Graduierungsdiskussion aber nicht
pitis Faden kapern möchte.
Zunächst erst einmal zum Graduierungswesen:
Fritz hat geschrieben: ↑15.12.2020, 23:04
Ist natürlich etwas schwieriger für den Prüfer, aber durch geschickten Prüfungsablauf, bspw. Prüfling sagt an:
Technik 1 ist XYZ und wird aus gegengleicher Auslage gezeigt.
Technik 2 ist ZYX und wird als Kombination nach XYZ gezeigt...
Warum nicht andersherum? Wenn Techniken kein Selbstzweck sein sollen, sondern immer Lösungen für judospezifische Situationen, dann kann man ja Situationen definieren, die zu lösen sind. Da kann man einen Komplettkatalog erstellen oder für jede Ausbildungsstufe einen Auswahlkatalog. Wie dann die Situationen gelöst werden, ist jedem selbst überlassen, Empfehlungen können ja wieder gegeben werden.
So würde man auch dem Unterschied Hobbysportler / Wettkämpfer irgendwo gerecht werden, da es völlig okay ist wenn der Wettkämpfer jede Situation gut mit seinem Technikprofil lösen kann und genauso gut ist es, wenn der Hobbysportler sich für jede Situation die für ihn einfachste / beste Technik aussucht und demonstriert.
tutor! hat geschrieben: ↑16.12.2020, 09:15
Sollte man differenzierte Programme für unterschiedliche Alters-/ und Zielgruppen einführen?
Fritz hat geschrieben: ↑17.12.2020, 12:07
10 Liegestütze, 20 Rumpfheben, 10 Kniebeuge vor. Wenn er es kann, dann kann er mitmachen, wenn nicht, kommt er wieder, wenn er es kann.
Man muss das Rad ja nicht neu erfinden, sondern nur gut kopieren reicht meist aus. Zu den beiden Punkten möchte ich einmal aus dem Prüfungsprogramm des kanadischen Judoverbandes übersetzen. Zunächst arbeiten sie mit einem 6-Kyu-System und einem optionalen 11-Kyu-System für Kinder und Jugendliche, wobei die Vergabe der halben Gürtel dem Trainer überlassen ist und die Anforderungen die Hälfte der vollen Gürtel sind. Es wird empfohlen, dass sich ältere Anfänger an den 6 Kyu-Graden orientieren, aber sie können auch das neue System nutzen.
Vorgegebene Techniken für den 5. Kyu sind: O-soto-otoshi, O-soto-gari, Uki-goshi (oder O-goshi oder Tsuri-goshi), Ippon-seoi-nage, De-ashi-barai, Tai-otoshi, O-uchi-gari, Ko-uchi-gari oder Ko-uchi-gake, Ko-soto-gake oder Ko-soto-gari
Dazu gibt es noch eine Liste an Ukemi, Ne-waza und anderen Fähigkeiten (Kumi-kata, Shizen Hontai,...) die beherrscht werden sollen.
Judo Canada hat geschrieben:Unter 9 Jahre
Anforderung für die Graduierung zum 5. Kyu in Reihenfolge der Wichtigkeit.
- Fähigkeit, dem Training mindestens 40 Minuten zu folgen
- Vorzugsweise ein Jahr Training aber mindestens 60 Einheiten als Weiß- und Weiß-gelb-Gurt
- Fitnessziele: 8 ganze Liegestütze, 20 modifizierte Sit-ups, 12 Burpees
- 6 der 9 vorgegebenen Techniken in Bewegung. Gewählte Koshi-waza muss rechts und links gezeigt werden
- Uke sein für einen Tori, der die Gürtelprüfung nimmt
- Verständnis für das Konzept von Respekt gegenüber anderen Kindern. Fähigkeit zur Kooperation mit anderen Schülern
- Wissen über den Ursprung und die Geschichte vom Judo - Grundlagen (wo, wann, wer, woher)
- Für die Graduierung zum 5. Kyu (gelb) muss das Kind mindestens 6 Jahre alt sein
9-12 Jahre
Anforderung für die Graduierung zum 5. Kyu in Reihenfolge der Wichtigkeit.
- Fähigkeit, dem Training mindestens 45 Minuten zu folgen
- Mindestens 60 Einheiten als Weiß- und Weiß-gelb-Gurt
- Fitnessziele: 10 ganze Liegestütze, 25 modifizierte Sit-ups, 15 Burpees
- 7 der 9 vorgegebenen Techniken in Bewegung. Gewählte Koshi-waza muss rechts und links gezeigt werden
- Uke sein für einen Tori, der die Gürtelprüfung nimmt
- Verständnis für das Konzept von Respekt gegenüber anderen Kindern. Fähigkeit zur Kooperation mit anderen Schülern
- Verbesserung der Aufmerksamkeitsspanne nach Empfinden des Trainers
- Wissen über den Ursprung und die Geschichte vom Judo - Grundlagen (wo, wann, wer, woher)
13-16 Jahre
Anforderung für die Graduierung zum 5. Kyu in Reihenfolge der Wichtigkeit.
- 8 der 9 vorgegebenen Techniken in Bewegung. Gewählte Koshi-waza muss rechts und links gezeigt werden
- Uke sein für einen Tori, der die Gürtelprüfung nimmt
- Fähigkeit, konzentriert zu bleiben und dem Training mindestens 90 Minuten zu folgen
- Mindestens 24 Einheiten als Weiß- und Weiß-gelb-Gurt
- Fitnessziele: 15 ganze Liegestütze, 30 modifizierte Sit-ups, 16 in 60 Sekunden Burpees
- Respekt gegenüber anderen Kindern. Praktische Anwendung der Fair-Play-Philosophie
- Wissen über den Ursprung und die Geschichte vom Judo - Grundlagen (wo, wann, wer, woher, Judo in Kanada)
17 Jahre und älter
Anforderung für die Graduierung zum 5. Kyu in Reihenfolge der Wichtigkeit.
- 9 der 9 vorgegebenen Techniken in Bewegung. Gewählte Koshi-waza muss rechts und links gezeigt werden
- Uke sein für einen Tori, der die Gürtelprüfung nimmt
- Fähigkeit, konzentriert zu bleiben und dem Training mindestens 120 Minuten zu folgen
- Mindestens 15 Wochen mit 2x 120 Minuten Einheiten pro Woche als Weißgurt
- Respekt gegenüber anderen Kindern. Praktische Anwendung der Judo-Etiquette Fair-Play-Philosophie
- Fähigkeit, mit anderen Schülern zu kooperieren
- Wissen über den Ursprung und die Geschichte vom Judo - Grundlagen (wo, wann, wer, woher, Judo in Kanada, Judo in der Welt)
- Fitnessziele: 20 ganze Liegestütze, 30 modifizierte Sit-ups, 20 in 60 Sekunden Burpees
Für höhere Kyugrade sieht das dann z.B. so aus
Judo Canada hat geschrieben:12-16 Jahre
Anforderung für die Graduierung zum 1. Kyu
- Alle neu eingeführten Ne-waza-Fähigkeiten und -Techniken müssen demonstriert werden. Von den 11 neuen Nage-waza müssen 9 in Bewegung demonstriert werden. Mindestens 3 Kombinationen aus jeder Gruppe inklusive der Verbindung Tachi- zu Ne-waza. Ausgewählte Koshi-waza muss rechts und links gezeigt werden. Zufällige Wahl von Techniken aus vorherigen Graden. Mechanische Analyse (Kuzushi-Tsukuri-Kake) einer gewählten Technik.
- Wissen über den Ursprung und die Geschichte vom Judo - Grundlagen (wo, wann, wer, woher, Judo in Kanada, Judo in der Welt). Wettkampfregeln und -begriffe. Wettkampfstandards. Nage-no-kata - theoretisches Wissen dieser Form
- Mindestens 20 Wochen Training mit 3x pro Woche als Blaugurt bevor eine Graduierung zum Braungurt erlaubt werden sollte. Fähigkeit, sich mindestens 120 Minuten zu konzentrieren. Weiterführendes respektvolles Verhalten gegenüber Trainern, Trainingsmitgliedern und Respekt der Dojo-Regeln
- Fitnessziele: 40 ganze Liegestütze, 60 Sit-ups, 45 Burpees oder 27 in 1 Minute
- 10 Wettkampfpunkte
- Für die Graduierung zum 1. Kyu (braun) muss das Kind mindestens 14 Jahre alt sein
17 Jahre und älter
Anforderung für die Graduierung zum 1. Kyu
- Alle neu eingeführten ne-waza Fähigkeiten und Techniken müssen demonstriert werden. Von den 11 neuen nage-waza müssen 11 in Randori demonstriert werden. Mindestens 3 Kombinationen aus jeder Gruppe inklusive der Verbindung tachi- zu ne-waza. Ausgewählte Koshi-waza muss rechts und links gezeigt werden. Zufällige Wahl von Techniken aus vorherigen Graden. Mechanische Analyse (kuzushi-tsukuri-kaka) einer gewählten Technik.
- Katsu-Formen
- aktive Förderung der Dojo regeln und Judo Etiquette. Wissen über Judo Tradition und Erbe
- Mindestens 15 Wochen Training mit 3x pro Woche als Blaugurt bevor eine Graduierung zum Braungurt erlaubt werden sollte. Fähigkeit sich mindestens 120 Minuten zu konzentrieren. Weiterführendes respektvolles Verhalten gegenüber Trainern, Trainingsmitgliedern und Respekt der Dojo Regeln
- Fitnessziele: 50 ganze Liegestütze, 60 Sit-ups, 31 Burpees in 1 Minute
- 10 Wettkampfpunkte
Oder man schaut einmal beim brasilianischen Verband. Der ist zugegebener Maßen etwas fester in seinen Vorgaben. Er hat 11 Kyugrade und dazwischen feste Wartezeiten. Ich habe mir mit meinem schlechten Portugiesisch jetzt nicht die Mühe gemacht, da nach Ausnahmen oder ähnlichem zu suchen.
Für den 1. Kyu sieht das Programm dort dann so aus
Confederação Brasileira de Judo hat geschrieben:
IX - Brauner Gürtel - 1. Kyu
- Mindesalter - 14 Jahre
- Frist - mindestens 1 Jahr als Lilagurt
- Demonstration von 8 Kombinationen (Renraku-waza)
- Demonstration von 7 Kontern (Kaeshi-waza)
- Demonstriere alle Wurftechniken (Nage-waza) die Teil des 5. Kyo sind
- Demonstriere 4 Würgetechniken (Shime-waza)
- Demonstriere 4 Hebeltechniken (Kansetsu-waza)
- Demonstriere 8 Umdreher gegen die Bauchlage
- Demonstriere die Gruppe Ashi-waza der Nage-no-kata
- Vokabular - vorgeschlagen von der Graduierungskommission
- Geschichte - vorgeschlagen von der Graduierungskommission
- Demonstration grundlegender Kampfrichterbegriffe (Stimme, Gesten, Wertungen)
- Einsatz als Tischbesetzung bei Wettkämpfen
- Judo-Prinzipien - vorgeschlagen von der Graduierungskommission
- Einsatz der Guard zu Verteidigung (Katame-waza) mit Aufgabetechniken
- Das Konzept des Wortes KODANSHA kennen - Kodansha ist ein hochrangiger Titel im Judo vom Kodokan-Institute vergeben, und die an diejenigen gegeben werden sollten, die verpflichtet sind Lernen, kontinuierliches Üben, Nachweis ihrer technischen Effizienz im Wettbewerb und die gebührendes Engagement für Lehre, Studium und Forschung. Daher ist es Behüter und verantwortlich für Verbreitung der philosophischen und pädagogischen Prinzipien des Judo, befürwortet von Prof. Jigoro Kano.
Das Programm ist sehr umfangreich, dafür aber in seiner Wahl, zumindest im Boden, sehr frei.
Jedes Programm hat seine guten und nicht so guten Seiten, man müsste sich theoretisch nur das Beste jedes Programms raussuchen und gucken wie es zusammenpasst. Das Rad muss man seltenst neu erfinden.
piti hat geschrieben: ↑21.12.2020, 16:56
bis maximal Orangegurt können wir Mitglieder halten. (Statistik NRW/LSB)
Hast du hierzu eine offizielle Statistik? Das deckt sich zwar mit meinen Erfahrungen, eine offizielle Quelle finde ich aber immer gut.
//Zum Verbandswesen//
piti hat geschrieben: ↑21.12.2020, 16:56
Das liegt nicht an den ehrenamtlichen Trainern in den Vereinen, die wirklich ohne Bezahlung Training durchführen und sich den Hintern aufreißen.
Verordnungen, ja sogar Ausschluß aus dem Verband, wenn man sich nicht den sogenannten Autoritäten der Verbände fügt.
Im Karate gehen die Verbände einen ganz anderen Weg. Und die sind erfolgreich. So wat…
Ob das an den Trainern liegt, an der Sportart oder an den Kindern / der Gesellschaft allgemein könnte man einmal untersuchen lassen. Da es bundesweit meiner Erfahrung nach ähnlich ist, würde ich die Trainer da ausschließen. Auf der anderen Seite kenne ich Vereine, in denen überdurchschnittlich viele Kindern den Weg bis ins Erwachsenenalter schaffen, dort würde ich sagen, liegt es meist am Trainer, dass das so passiert. Oder es ist einfach eine glückliche Gruppendynamik, die sich da etabliert hat.
Ich würde mich freuen, wenn du die anderen beiden Punkte, Ausschluss aus dem Verband, wenn man sich nicht fügt und der Weg der Karateverbände, weiter ausführen könntest. Das klingt interessant.
piti hat geschrieben: ↑21.12.2020, 16:56
Und selbstverständlich haben wir in meinem Landesverband NRW KDVs, die Angestellte des Landesverbandes sind. Eine Machtkonzentration.
Ich weiß nicht, in wie weit das in NRW dann zu einer Machtkonzentration führt. Aber ich glaube das Problem, dass die Leute, die sich hauptamtlich mit Judo beschäftigen, dann auch noch ehrenamtliche Ämter übernehmen, einfach weil sie das (Judo) ja sowieso schon machen, wird sich, glaube ich, nie umgehen lassen. Meist ist man ja froh, wenn Leute diese Aufgaben übernehmen. Oder ist bei euch die Beteiligung an Kandidaten für diese Ämter so hoch, dass es da immer eine harte Abstimmung gibt?
piti hat geschrieben: ↑21.12.2020, 16:56
In meinem Verband NRW nehmen seit Jahren nur noch 10-15 % Vereine an einer Verbandsversammlung teil. (wir haben über 500) Das heißt für mich, die machen ihr eigenes Judo und sind nur noch Mitglied wegen Kyuprüfungen mit DJB-Anerkennung, weil sie momentan noch nichts besseres haben.
10-15% ist wirklich erschreckend wenig. Nach meiner Erfahrung ist es zwar normal, dass in größeren Landesverbänden die Beteiligung der Vereine an einer Mitgliederversammlung abnimmt, aber das sind ja Zahlen, wo man den Sinn der Mitgliederversammlung hinterfragen sollte, bzw. warum es nur so wenig Vereine dahin verschlägt. Gründe, die ich mich vorstellen können sind: Verein nimmt eh nicht am Verbandsgeschehen teil, Verein sieht keinen Sinn mit wenig Stimmen seine Meinung zu vertreten, Verein sieht keinen Sinn, da "die da oben" ja eh machen, was sie wollen, Abstimmungen laufen immer gleich, Zeit/Nutzen stehen in keinem Verhältnis
In kleineren Landesverbänden ist die Beteiligung meiner Meinung nach deutlich höher, wahrscheinlich weil dort die einzelne Stimme noch mehr zählt und die Leute sich etwas besser kennen.
piti hat geschrieben: ↑21.12.2020, 16:56
Wie auch immer, ein Verband (Landesverbände und auch der DJB ) sind/ist von uns Vereine beauftragt. Wir, die Vereine bezahlen die. Ohne Vereine, liebe Verbände, lieber DJB, gibt es auch kein Geld vom Innenministerium,
Da hast du teilweise recht, denn viel Geld bringen vor allem Medaillen bei Olympia, aber ich glaube, dein Problem zu verstehen. Nur werden die Beteiligten in den Verbänden und damit auch beim DJB ja von den Vereinsvertretern gewählt. Jetzt ist deine Unzufriedenheit kein Einzelfall und da sollte man sich fragen, warum sich die Unzufriedenheit nicht einmal geschlossen formiert. Es fehlt an mehr Leuten wie dir, die einfach mal, in einer vernünftigen Form, den Mund aufmachen und sagen, was ihnen nicht passt. Damit haben die Verantwortlichen dann hoffentlich einen Gedankenanstoß. Wenn z.B. in NRW nicht jeder offizielle Prüfer einen Stempel hat, um Prüfungen abzunehmen, dann frage ich mich von außerhalb schon, wie das überhaupt mal entstehen konnte.
Patrick-Oliver hat geschrieben: ↑22.12.2020, 14:49
Entscheidungen werden im Kreis durch die Vereine und deren Vertreter, durch den NWDK, NWJV, DJB usw getroffen.
Ist der KDV nicht ein Vertreter der Vereine im NWDK?
Patrick-Oliver hat geschrieben: ↑22.12.2020, 14:49
Du kannst dich alle paar Jahre in NRW bei eurer Kreisversammlung zur Wahl zum KDV aufstellen
Das ist zwar richtig, aber an vielen Stellen ohne lange Vorbereitung doch unrealistisch. Die Leute sitzen nicht für umsonst meist lange auf dem Stuhl. Wenn da jemand versucht dran zu sägen, muss er sich häufig festen Strukturen aus Wählenden und zu Wählenden ausgesetzt sehen.
Holger König hat geschrieben: ↑23.12.2020, 00:32
Ggf. sollten sich auch Judoka bereithalten, die auf eine Rücktrittsdrohung des Vorstandes mit dem Angebot, das Amt zu übernehmen, reagieren.
Nur dann sollte man so etwas machen. Auch wenn die Reaktion "dann treten wir alle zurück" sehr kindisch ist, habe ich das doch schon miterleben dürfen und dann sollte man jemanden bereit haben. So sollte Demokratie in Verbänden zwar eigentlich nicht funktionieren, aber viele spielen dann doch lieber nur mit denen, mit denen sie gut können. Das ist in Anbetracht der Ehrenamtlichkeit, die im Verbandswesen herrscht, aber auch menschlich und verständlich. Wer möchte sich in seiner Freizeit bei seinem Hobby schon ständig rumärgern.