DJB-SV-Prüfungsprogramm

Hier geht es um Fragen und Inhalte zu den Kyu und Dan Prüfungen
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judopa
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Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von judopa »

Erwachsene, die anfangen, fragen oft, ob sie "auf Wettkämpfe müssen" - die wollen gar keinen Wettkampf. Die wollen sich bewegen, fit bleiben und, man höre und staune, erwähnen oft, dass sie sich dann sicherer fühlen, weil man sich ja wehren kann.
Dem kann ich nur zustimmen. Auch wenn ich nicht weiß, ob ich mich wirklich wehren könnte.
Aber ich freue mich auf die SV-Elemente im Training und in meinen nächsten Prüfungen.
MFG
judopa
Karate-Kanken

Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von Karate-Kanken »

Nachdem ich mich durch den ganzen Faden gekämpft habe, stellt sich mir doch eine Frage:

Wer im DJB kann die Atemi der Judo-Kata anwendungsbereit zeigen? Wo haben dann diese Leute die Kata wie lange gelernt, bei welchen Lehrern? Was sind die entscheidenden Punkte beim Schlagen, wie wird Kraft generiert?

Ich lese hier schon eine ganze Weile interessiert mit und bisher hat es immer geheißen, im DJB gäbe es dieses Wissen um die Atemi nicht (vor Tom Herolds Postings wurde die Existenz ja teilweise vehement geleugnet). Jetzt auf einmal "können" all diese Leute schlagen, die Atemi im richtigen Winkel treffen und beherrschen die Körpermechanik der alten Koryu? Komisch, bisher habe ich das im DJB-Judo noch nicht gesehen. Daher:

Wer sind die Lehrer im DJB, die das beherrschen und wer hat sie darin wie lange ausgebildet?

Beim Lesen dieses Fadens hier beschleicht mich das Gefühl, daß eben KEINER im DJB über dieses Wissen oder diese Fähigkeiten verfügt und man jetzt Leute hofiert, die selber keine gescheite Ausbildung haben (wie man in dem Skript und dem Kampfvideo sieht!)

Interessierte Grüße

Kanken
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Makikomi Kid
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Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von Makikomi Kid »

Hier spricht keiner mehr von den Koryu. Es sagt ja auch keiner, dass ein Judoka die Judo-Atemi kann.
Es geht inzwischen um einen KM-Trainer, der KM-Elemente ist Judo einbaut und das Prüfungsprogramm an das des DJJV anlehnt, wenn es um SV geht.

Die Hinweise auf Judo-Atemi und Katas kamen größtenteils, bevor das Dokument von Herrn Staller gelesen wurde.

Aber ich denke, dein Post erklärt ganz gut, warum eben fachfremdes Wissen ins Judo kommt - eben weil die Judo-Atemi im DJB kaum bekannt sind, und das Besinnen auf diese Atemi evtl. auch eine "Neuinterpretation" der Kata nötig machen würde, was die bisherige Auslegung ggf. in einem anderen Licht erscheinen lassen würde.
"Es gibt auf Dan Prüfungen zu höheren Stufen noch Dan-Träger, die noch nicht richtig fallen können" - Judoka50
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Fritz
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Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von Fritz »

Habe die sich entwickelnde technische Diskussion mit Califax um Atemi/Tsuki-Waza
hierhin http://www.dasjudoforum.de/forum/viewto ... =21&t=5238 ausgelagert.
Mit freundlichem Gruß

Fritz
HBt.

Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von HBt. »

ARK50 hat geschrieben: Ich denke, dass der Grundgedanke des Judo tatsächlich ein sportlich-pädagogischer ist. Nicht umsonst ist in der Definition des Judo weder in der Version des Kodokan noch in der Version des IJF von Judo als Selbstverteidigung die Rede.
Der Gedanke der Selbstverteitigung ist - ebenso wie ominöse Soldatentugenden wie Gehorsam und Opferbereitschaft - natürlich Teil des Entstehungskontextes des Judo. Aber Dr. Kanous Idee war eben eine pädagogische.
Hervorhebung von mir
Lieber ARK50,
würdest Du bitte Deine unbedarfte Behauptung mit einer seriösen Quelle untermauern, danke.

Gruß
Helge
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ARK50
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Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von ARK50 »

HBt. hat geschrieben: Hervorhebung von mir
Lieber ARK50,
würdest Du bitte Deine unbedarfte Behauptung mit einer seriösen Quelle untermauern, danke.
Gruß
Helge
Lieber Helge,

sicher ist dir meine Antwort auf Tutors freundliche und hilfreiche Antwort entgangen:
Sehr spannend. Danke für die Übersetzung und den Link.

Dann revidiere ich meine Aussage, dahingehend, dass nach meinem Verständnis der pädagogisch-sportliche Gedanke des Judo bei Kano im Vordergrund stand. (neben dem positiven Begleiteffekt der Möglichkeit der Selbstverteidigung).
Verzeih meine Unbedarftheit und mein abweichendes Verständnis.
---
cu ANdreas
HBt.

Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von HBt. »

Gerne ARK50,
freundlich hake ich nach und frage: "was verstehst Du (und damit Kano) unter dem Begriff 'pädagogisch-sportlich'?"

Sicherlich hast Du
Mind over muscle, ISBN 4-7700-3015-0
gelesen und Dir ist Kapitel 3 noch lebhaft in Erinnerung ...
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kastow
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Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von kastow »

"SV" als Wahlfach in der "Fortgeschriebenen Dan-Prüfungsordnung"
Auf der Mitgliederversammlung des DJB 2010 in Schwerin wurde beschlossen, bei der Dan-Prüfung zum 1., 2. und 3. Dan und im Kyu-Prüfungsprogramm zum 3., 2. und 1. Kyu (ab 13 Jahre) das Wahlfach "SV" ab dem 1.1.2011 anzubieten.
Aufgrund der kurzfristigen Bekanntgabe kann dies zu diesem Zeitpunkt in NRW nicht realisiert werden. Es wurde beschlossen, im Laufe des Jahres 2011 die entsprechenden Schulungen durchzuführen und zum 1.1.2012 die Einführung vorzunehmen.

Horst Lippeck, Präsidium und Prüfungsreferent NWDK
Karl-Heinz Bartsch, Lehrwart NWDK
http://nwdk.de/j15/index.php?option=com ... gq&catid=1
Auf der einen Seite schade, auf der anderen Seite eine, wie ich finde, sehr sinnvolle Entscheidung!
Herzliche Grüße,

kastow

Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)
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kastow
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Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von kastow »

Unter http://www.judobund.de/aktuelles/details/1611 stehen nun die mit den Inhalten und Erläuterungen zur Wahlmöglichkeit der Selbstverteidigung aktualisierten Materialien des Kyu- und Danprüfungsprogramms zum Download bereit.
Herzliche Grüße,

kastow

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Fritz
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Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von Fritz »

Ok, dann fangen wir mal an (ich beziehe mich jetzt erstmal aufs Multiplikatoren-Skript für Kyu-Prüfungen:
http://www.judobund.de/media/ausbildung ... JB2011.pdf)

Seite 18:
Die Verteidigungshandlung umfasst neben der eigentlichen Technik,
welche zum Beenden der Bedrohung / des Angriffes eingesetzt wird
, auch
* taktische Maßnahmen (Positionierung, Bewegung, Suchen nach
weiteren Gefahrenquellen, Flucht, Einsatz von Hilfsmitteln, etc.),
* Deeskalationstechniken (Gestik, Mimik, Kommunikation,
Distanzverhalten, etc.) und/oder
* Handlungen, die den Angriff im Vorfeld verhindern.
Wem fällt der logische Widerspruch auf? Hab zur Hilfestellung mal was
hervorgehoben ;-)
Dies ist der Fall, wenn das Umfeld nach weiteren
Gefahren abgesucht wurde („checking the area“)
[...]
Das Verhalten des Angreifers und die Verteidigungshandlung sind nach
dem „worst-case“-Prinzip zu trainieren und in der Prüfung zu
demonstrieren.
Wozu die englischen Vokabeln, Japanisch und Deutsch sollte für eine PO des Deutschen Judo-Bundes
ausreichen...? Vom schlimmsten Fall auszugehen ist sicherlich gut und richtig,
ich hoffe, die Prüfer werden auch so geschult, nicht daß dann Leute wegen "übertriebener Härte" durch die Prüfung fallen, weil
"wir ja Judo machen, was 'sanft' sein soll" ;-)
Ableiten
Die Bewegungsenergie der angreifenden Extremität wird abgeleitet, indem
sie durch Kontaktaufnahme seitlich zu ihrer Bewegungsrichtung von ihrem
eigentlichen Ziel abgebracht wird. Verteidigungstechniken nach dem
Prinzip des Ableitens, leiten die Energie des Angriffs um, ohne ihn aktiv zu
stoppen (z.B. Verteidigung mit Unterarm nach Innen gegen einen
Fauststoß).
Blocken
Die Bewegungsenergie der angreifenden Extremität wird aktiv gestoppt.
Verteidigungstechniken nach dem Prinzip des Blockens wirken
entgegengesetzt zur Richtung des Angriffs (z.B. Schienbeinblock gegen
Tritt).
Ich finde diese Definitionen und die dahinter stehenden Prüfungs-Aufgaben nicht glücklich gewählt:
Diesen Angriff leiten wir ab, aber bei diesem halten wir volle Kanne dagegen...?

Seite 32, Grüngurt-Programm:
Sumi-gaeshi und Tani-otoshi eignen sich besonders für Situationen, in denen die Bodenlage auf Grund des Angriffes unvermeidbar erscheint
(z.B. Sumi-gaeshi gegen Umklammerungsangriff von vorne mit dem Ziel das Opfer zu Boden zu bringen).

Hmm, das Beispiel erschließt sich mir nicht, rein technisch...
Und die von mir hervorgehobene Formulierung halte ich für fast strafbar.
Sutemi = Opfertechniken, man "opfert" sich... Das sind doch eigentlich Techniken der letzten Wahl, wenn alles andere versagt hat
und es fast egal ist, ob man drauf geht, weil man sich die Knochen an der Bordsteinkante bricht oder der andere einen erledigt....
Zwei Atemitechniken in einer Selbstverteidigungssituation anwenden
[ ... ]
Es können sämtliche Atemitechniken eingesetzt werden. Es ist auf eine für die jeweilige Situation effiziente Ausführung zu achten.
Diese kann (und muss stellenweise) von der Grundform abweichen (z.B. Schlag aus einem ungünstigen Winkel).
Was möchte man mit dieser Aufgabe bezwecken?
Bei Würfen sehe ich es ja noch irgendwie ein, daß der Prüfling zeigen kann, wie er jemanden ohne Gi und Griffkampf wirft.
Aber irgendwelche (also genau 2) Atemi gegen irgendeine selbstausgedachte SV-Situation?
Soll der Prüfling nur zeigen: Hey ich weiß, daß es Atemi gibt?
Hier vergibt man sich m.M.n. didaktischen/methodischen Spielraum.
Wäre nicht besser, hier prinzipielle Dinge abzuprüfen, bspw. Atemi in Abhängigkeit von der
Distanz: Trittdistanz, Schlag- und Stoßdistanz, Nahkampf (Ellbogen, Knie usw...)
Ich meine, im 8.Kyu ist ja auch nicht reinformuliert: "Zeige zwei beliebige Würfe in einer Wettkampf-Situation, die Wurfausführung
könne von der Grundform abweichen?"
Hier geht es darum mögliche Übergänge in die Bodenlage in der Selbstverteidigung an einem Beispiel aufzuzeigen. Im Vordergrund stehen hierbei direkte Übergänge
vom Stand zu Boden (z.B. Hadaka-jime).
Ok, also dann eher Zubodenbring-Techniken...
Der Begriff "Übergang in die Bodenlage" impliziert mir zu sehr "Bodenkampf suchen", was durchaus fatal sein kann.

Seite 35, Blaugurt-Programm
Die Verteidigungshandlungen gegen Griffe am Unterarm/Handgelenk sollen sich auf ungefährliche Situationen beziehen, in denen kein weiterer Angriff
(z.B. Faustschlag) droht. Entsprechend sollte auf ein deeskalierendes Verhalten Wert gelegt werden.
Hmm, auf Seite 18 lasen wir aber etwas von "worst case"... Sehr irritierend.
Davon abgesehen halte ich diese Aufgabenstellung für verfehlt.
Was schult man denn eigentlich, wenn man die Armbefreiungen übt - das Freibekommen des Armes ist ja an sich 'ne lächerliche Geschichte, das können
in der Regel schon Vorschulkinder.
Wichtig ist doch das Tai-Sabaki, also sich so zu bewegen, daß man sich günstig positioniert, um möglichen
Folgeangriffen (eben Faustschläge o.ä.) schon mal zu erschweren.
Besser wäre zu formulieren: "Die Gefahr weitere Angriffe (z.B. Faustschläge) ist
in die unmittelbare Armbefreiung zumindest dahingehend zu berücksichtigen, daß sich der Verteidiger entsprechend sinnvoll bewegt. Eine Weiterführung
der Abwehrhandlung über die Armbefreiung hinaus, ist in dieser Aufgabe noch nicht erforderlich, es soll nur ein grundlegendes Verständnis
für Tai-Sabaki demonstriert werden..." oder so ähnlich...

Seite 38, Braungurt-Programm:
Zwei dieser Techniken aus je zwei verschiedenen Selbstverteidigungssituationen werfen
[...]
Hier steht die Demonstration der Wurftechniken im Rahmen einer dynamischen Verteidigungshandlung im Mittelpunkt.
Ashi-guruma und O-guruma, sowie Uki-otoshi werden für die Anwendung in der Selbstverteidigung auf Grund der einbeinigen Wurfausführung
(Ashi-guruma, O-guruma) und der schlechten Griffmöglichkeiten (Uki-otoshi) nicht empfohlen.
Naja... Ashi-/O-Guruma sind also eher ungünstig...
Ura-Nage / Yoko-Guruma - Sutemi... :-(
Te-Guruma, hätte ich auch Bauchschmerzen, dann schon eher Sukui-Nage, oder vielleicht mit beherztem Griff in den Schritt... ? :eusa_think
Die Maki-Komi - Sutemi...
Uki-Otoshi - also sagen wir mal einfach "zu Boden reißen des anderen", wäre doch sicherlich ein Technik, die man gebrauchen könnte...
Aber da sind ja angeblich die Griffmöglichkeiten schlecht... Warum sind Uki-Otoshi u. Varianten dann bloß in den Judo-Kata enthalten..?

Warum möchte man unbedingt den Prüfling dazu zu bringen, daß er auf Krampf sich irgendwelche zwei SV-Situationen ausdenkt, damit die
dann zu zwei Würfen passen?

Warum fordert man nicht grundlegende Fertigkeiten im SV-Programm ab?
Fertigkeiten wie Distanz-Verhalten, Atemi-Grundformen, Tai-Sabaki, Werfen ohne Gi,
Werfen der Nicht-Randori-Form, sprich so, daß "in echt" Uke eher nicht auf den Rücken, sondern
auf Kopf oder Schulter landet (ruhig langsam und vorsichtig, gern auch auf die Weichboden-Matte)...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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kastow
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Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von kastow »

Fritz hat geschrieben:Seite 18:
Die Verteidigungshandlung umfasst neben der eigentlichen Technik,
welche zum Beenden der Bedrohung / des Angriffes eingesetzt wird
, auch
* taktische Maßnahmen (Positionierung, Bewegung, Suchen nach
weiteren Gefahrenquellen, Flucht, Einsatz von Hilfsmitteln, etc.),
* Deeskalationstechniken (Gestik, Mimik, Kommunikation,
Distanzverhalten, etc.) und/oder
* Handlungen, die den Angriff im Vorfeld verhindern.
Wem fällt der logische Widerspruch auf? Hab zur Hilfestellung mal was
hervorgehoben ;-)
Naja, da hast du nicht gründlich gelesen. Ich formuliere es mal umständlicher: Neben der rein technischen Abwehr, und diese Abwehr wird zur Beendigung des Angriffs eingesetzt, kann ich im Vorfeld der Technik deeskalieren. Der Nebensatz erläutert nur die Technik, nicht die gesamte Situation. Jetzt verständlicher? ;)
Fritz hat geschrieben:Seite 32, Grüngurt-Programm:
Sumi-gaeshi und Tani-otoshi eignen sich besonders für Situationen, in denen die Bodenlage auf Grund des Angriffes unvermeidbar erscheint
(z.B. Sumi-gaeshi gegen Umklammerungsangriff von vorne mit dem Ziel das Opfer zu Boden zu bringen).

Hmm, das Beispiel erschließt sich mir nicht, rein technisch...
Und die von mir hervorgehobene Formulierung halte ich für fast strafbar.
Sutemi = Opfertechniken, man "opfert" sich... Das sind doch eigentlich Techniken der letzten Wahl, wenn alles andere versagt hat
und es fast egal ist, ob man drauf geht, weil man sich die Knochen an der Bordsteinkante bricht oder der andere einen erledigt....
Das hat mich auch irritiert. Ich hatte bisher eigentlich die Nutzung von Hane-goshi anstatt der Sutemi-waza für meinen Unterricht zur SV zum dritten Kyu geplant.
Fritz hat geschrieben:Seite 35, Blaugurt-Programm
Die Verteidigungshandlungen gegen Griffe am Unterarm/Handgelenk sollen sich auf ungefährliche Situationen beziehen, in denen kein weiterer Angriff
(z.B. Faustschlag) droht. Entsprechend sollte auf ein deeskalierendes Verhalten Wert gelegt werden.
Hmm, auf Seite 18 lasen wir aber etwas von "worst case"... Sehr irritierend.
Davon abgesehen halte ich diese Aufgabenstellung für verfehlt.
Was schult man denn eigentlich, wenn man die Armbefreiungen übt - das Freibekommen des Armes ist ja an sich 'ne lächerliche Geschichte, das können
in der Regel schon Vorschulkinder.
Auch z.B. gegen einen kräftigen Metallbauer? Ein bißchen Übung gehört ja schon dazu. Und letztendlich muss SV doch 'simpel' sein, dann tauchen natürlich auch simple Dinge in der Prüfung auf.
Fritz hat geschrieben:Seite 38, Braungurt-Programm:
Zwei dieser Techniken aus je zwei verschiedenen Selbstverteidigungssituationen werfen
[...]
[...]Warum möchte man unbedingt den Prüfling dazu zu bringen, daß er auf Krampf sich irgendwelche zwei SV-Situationen ausdenkt, damit die
dann zu zwei Würfen passen?
Z.B. damit die Techniken nicht nur wettkampforientiert geübt werden. Wie du übst, so kämpfst du. Willst du Jûdô-Techniken in der SV nutzen, musst du sie auch in SV-Situationen trainieren. Letztendlich verstehe ich diese Art der Aufgabenstellung so, dass wir durch sie einfache SV-Anwendungsprinzipen zu Jûdô-Techniken lernen sollen. Einfach und Effektiv eben!
kurzes, nicht ausformuliertes Bsp.:
  • seitlicher Umklammerungsversuch oberhalb der Arme: Uki-goshi
  • seitlicher Umklammerungsversuch unterhalb der Arme: dann lieber Koshi-guruma, weil die Hand eh gerade oben ist
Hauptsache, es wird nichts Kompliziertes und Technikverliebtes, in letzterem Fall teile ich deine Bedenken. Irgendwo habe ich zu letzterer Möglichkeit mal den Begriff Sammel-Jutsu gelesen ;)
Fritz hat geschrieben:Warum fordert man nicht grundlegende Fertigkeiten im SV-Programm ab?
Fertigkeiten wie Distanz-Verhalten, Atemi-Grundformen, Tai-Sabaki, Werfen ohne Gi,
Werfen der Nicht-Randori-Form, sprich so, daß "in echt" Uke eher nicht auf den Rücken, sondern
auf Kopf oder Schulter landet (ruhig langsam und vorsichtig, gern auch auf die Weichboden-Matte)...
Wo steht, dass du das nicht sollst? Das gehört doch zur 'Lösung der SV-Situation' hinzu. Ich sehe hier jetzt keinen Widerspruch zur PO. Es ist eigentlich wie immer: Die PO gibt den Rahmen vor, was die einzelnen ÜL umsetzen gehört in den Bereich der kompetenten Eigenveranwortung der Letztgenannten. Sonst würde die PO zu einem bürokratischen Wälzer, den eh niemand mehr verstünde.

Zur Rückenlandung Ukes: kraftvoll ausgeführt ermöglicht sie dir die Flucht, ohne dass du hinterher im schlimmsten Fall so schnell Probleme wegen überzogener Notwehr bekommst. Abgesehen davon, dass wir diese Art des Werfens regelmäßig gegen Widerstand im Randori üben (sollten) und deshalb auch unter Stress beherrschen (sollten) im Gegensatz zu irgendwelchen langsam geübten Weichbottenmatten-Versionen.

@Fritz: Du fährst doch dieses Jahr zur Sommerschule. Vielleicht kannst du diese Themen ja mal mit Mario Staller vor Ort diskutieren und uns dann hier davon berichten.
Herzliche Grüße,

kastow

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Ronin
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Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von Ronin »

kastow hat geschrieben:Ein bischen Übung gehört ja schon dazu. Und letztendlich muss SV doch 'simpel' sein, dann tauchen natürlich auch simple Dinge in der Prüfung auf.
Stimmt, aber warum erst im Blaugurt? Dass die Verantwortlichen für die PO nicht die allergrößten SV-Experten waren, ist andernorts schon diskutiert worden, aber es sind doch wenigstens große Methodiker (vom Einfachen zum Schweren etc...)

Beim Blaugurt sollte es dann vielleicht nicht mehr ganz so einfach sein.

Vielleicht muss ich unserer Mitgliederversammlung doch einmal vorschlagen den Vorstand, also mich, zu beauftragen ein Szenario für eine Verbandsaustritt vorzubereiten. Ich schätze, es würde einige Jahre gehen, bis eine Mehrheit zusammenkommt, aber schau mir solchen Mist jetzt schon so viele Jahre an (aber es auch echt immer schlimmer)....
manati

Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von manati »

Z.B. damit die Techniken nicht nur wettkampforientiert geübt werden. Wie du übst, so kämpfst du. Willst du Jûdô-Techniken in der SV nutzen, musst du sie auch in SV-Situationen trainieren.
Das heißt, Uke muss richtig zuhauen, sonst kann ich nicht richtig üben. Macht das einer? Glaube ich nämlich nicht.
Letztendlich verstehe ich diese Art der Aufgabenstellung so, dass wir durch sie einfache SV-Anwendungsprinzipen zu Jûdô-Techniken lernen sollen. Einfach und Effektiv eben!
Ich kenne hier und in den Nachbarvereinen keinen, der wirklich abwehren kann, wenn ihm eine gelangt wird. Das übt auch keiner richtig, weil alle keine gelangt kriegen wollen. Deswegen tun alle immer nur so als ob.
seitlicher Umklammerungsversuch oberhalb der Arme: Uki-goshi
Ihr immer mit eurem Umklammern, das macht keiner!
Ich bin schon lange in der Security und hab noch nie gesehen, dass einer den andern umklammern will. Wenn doch mal einer klammern will, ist Werfen nicht die beste Lösung.
seitlicher Umklammerungsversuch unterhalb der Arme: dann lieber Koshi-guruma, weil die Hand eh gerade oben ist
Das selbe!
Irgendwie ist SV für die meisten immer werfen.
Klar ist Werfen gut, aber das geht dann anders als im Training auf der Matte. Übt das einer?

Wie ist das mit Atemi?
Wo lerne ich die denn jetzt?
Wer bringt die bei?
Ich hab schon paar Lehrgänge mitgemacht, wo jemand vom Judo auch Atemi gezeigt hat, war nicht gut, hat nicht funktioniert.
Also wer macht das jetzt für meine Judoka, wenn die ihren Dan nach SV machen wollen?
Sagt jetzt nicht, ich soll einfach auf die DJB Seite gucken.
pmhausen

Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von pmhausen »

kastow hat geschrieben:Und letztendlich muss SV doch 'simpel' sein, dann tauchen natürlich auch simple Dinge in der Prüfung auf.
Diese Aussage taucht immer wieder auf. Ich wüsste gerne, was genau damit gemeint ist.

Bedeutet "simpel" übersetzt "Techniken mit maximaler Wirksamkeit bei minimalem Krafteinsatz und Aufwand an Bewegung"?
Dann handelt es sich schlicht um Judo.

Oder soll es bedeuten "kann man in einem Wochenend-Seminar jemandem beibringen, der vom Kämpfen bis dato keine
Ahnung hat"?

Letzteres ist doch illusorisch! Entweder ich kann kämpfen - dann kann ich mich auch verteidigen. Oder ich kann es nicht.
Dann helfen mir gegen einen ausgewachsenen Schläger auch keine netten Handgelenk-Hebelchen und der ganze
andere Mumpitz, den man bei "SV-Seminaren" immer wieder sieht. Womit ich jetzt nicht das DJB-Programm meine,
ohne es gesehen zu haben. Mir geht es spezifisch um diesen Anspruch "simpel" zu sein. "Lerne 5 einfache Tricks und
Du kannst Dich immer wehren ..." - diese Illusion, die leider oft genug verkauft wird, ist m.E. gemeingefährlich.

Gruß,
Patrick
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Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von kastow »

Ronin hat geschrieben:Stimmt, aber warum erst im Blaugurt?
Du kannst sie doch lange vorher unterrichten. Das verbietet dir doch niemand. Sie werden bloß eben erst zum Blaugurt geprüft. Stört mich ehrlich gesagt nicht und beeinflusst auch meinen Unterricht nicht.
Ronin hat geschrieben:Beim Blaugurt sollte es dann vielleicht nicht mehr ganz so einfach sein. .
Das verstehe ich jetzt nicht. Wieso sollten SV-Techniken im Blaugurt nicht mehr einfach sein? Was bringen komplizierte Techniken, die zwar in der Prüfung schön ausschauen und 'nicht ganz so einfach' sind dafür aber im Ernstfall kläglich versagen?
pmhausen hat geschrieben:
kastow hat geschrieben:Und letztendlich muss SV doch 'simpel' sein, dann tauchen natürlich auch simple Dinge in der Prüfung auf.
Diese Aussage taucht immer wieder auf. Ich wüsste gerne, was genau damit gemeint ist.

Bedeutet "simpel" übersetzt "Techniken mit maximaler Wirksamkeit bei minimalem Krafteinsatz und Aufwand an Bewegung"?
[…]
Oder soll es bedeuten "kann man in einem Wochenend-Seminar jemandem beibringen, der vom Kämpfen bis dato keine
Ahnung hat"?
[…]
Mir geht es spezifisch um diesen Anspruch "simpel" zu sein. "Lerne 5 einfache Tricks und
Du kannst Dich immer wehren ..." - diese Illusion, die leider oft genug verkauft wird, ist m.E. gemeingefährlich.
Beste Energienutzung, ja, so verstehe ich simpel. Du könnest auch "direkt" sagen. Die Technik ist einfach und durch die Situation gegeben möglich.
Im Gegensatz zu den von dir zu recht erwähnten Negativbeispielen oder den 'tollen Techniken', in denen Tori fünfmal Ukes Arm verdreht und dann nach eigener dreifacher Schraube passend für eine tolle Jûdô-Technik steht. Das wäre dann in meinen Augen nicht mehr simpel ;)
Herzliche Grüße,

kastow

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Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von Ronin »

kastow hat geschrieben:Du kannst sie doch lange vorher unterrichten. Das verbietet dir doch niemand. Sie werden bloß eben erst zum Blaugurt geprüft. Stört mich ehrlich gesagt nicht und beeinflusst auch meinen Unterricht nicht.
Bestreitet ja auch niemand nur nach meinem Verständnis des Programms werden vorher schon kompliziertere/schwerere/unsimplere (mit dem Wort muss ich in diesem Thread ja aufpassen, sonst kommt wieder so ein Kümmelspalter) und das macht methodisch einfach wenig Sinn.
Kastow hat geschrieben:Das verstehe ich jetzt nicht. Wieso sollten SV-Techniken im Blaugurt nicht mehr einfach sein? Was bringen komplizierte Techniken, die zwar in der Prüfung schön ausschauen und 'nicht ganz so einfach' sind dafür aber im Ernstfall kläglich versagen?
Soviel zum Kümmelspalter...
Das hat doch gar niemand behauptet.
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kastow
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Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von kastow »

Ronin hat geschrieben:
kastow hat geschrieben:Du kannst sie doch lange vorher unterrichten. Das verbietet dir doch niemand. Sie werden bloß eben erst zum Blaugurt geprüft. Stört mich ehrlich gesagt nicht und beeinflusst auch meinen Unterricht nicht.
Bestreitet ja auch niemand nur nach meinem Verständnis des Programms werden vorher schon kompliziertere/schwerere/unsimplere (mit dem Wort muss ich in diesem Thread ja aufpassen, sonst kommt wieder so ein Kümmelspalter) und das macht methodisch einfach wenig Sinn.
Kastow hat geschrieben:Das verstehe ich jetzt nicht. Wieso sollten SV-Techniken im Blaugurt nicht mehr einfach sein? Was bringen komplizierte Techniken, die zwar in der Prüfung schön ausschauen und 'nicht ganz so einfach' sind dafür aber im Ernstfall kläglich versagen?
Soviel zum Kümmelspalter...
Das hat doch gar niemand behauptet.
Naja, im dritten Kyu werden zwei Atemi und zwei Blöcke verlangt. Das finde ich jetzt auch nicht wirklich kompliziert. Aber das liegt natürlich im Auge des Betrachters, weshalb sich eine weitere Argumentation hierzu erübrigt.

Zur Reihenfolge innerhalb der Kyu noch etwas lösungsorientierte Kümmelspalterei an Stelle von Problemsucherei ;) :
Im dritten Kyu werden die ersten Atemi und die zugehörigen Blöcke verlangt. Methodisch gehören diese beiden Aspekte - egal, wie sinnvoll Blocktechniken dem Einzelnen erscheinen - unbestreitbar zusammen. Und da im bisherigen Kyu-Programm noch keine Atemi geprüft wurden, finde ich es sinnvoll, sie in die 'erste SV-Stufe' zu packen.
Im zweiten Kyu werden erstmalig Shime-waza geprüft. Sinnvoller Weise werden in der SV-Prüfung dann ebenfalls Würger verlangt. Da diese auch immer irgendwie gelöst werden, können die Grifflösetechniken didaktisch ebenfalls sinnvoll zusammenhängend in diesem Themenkomplex geprüft werden.
Abgleiten erweitert dann die Atemi-Abwehr aus dem dritten Kyu.

Ob 's wirklich so gedacht ist, weiß ich natürlich nicht. Aber so erscheint es mir sinnvoll. Vielleicht hilft dieser Kümmelspalterbeitrag ja. ;)
Herzliche Grüße,

kastow

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Fritz
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Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von Fritz »

kastow hat geschrieben:Naja, da hast du nicht gründlich gelesen. Ich formuliere es mal umständlicher: Neben der rein technischen Abwehr, und diese Abwehr wird zur Beendigung des Angriffs eingesetzt, kann ich im Vorfeld der Technik deeskalieren. Der Nebensatz erläutert nur die Technik, nicht die gesamte Situation. Jetzt verständlicher? ;)
Doch habe ich ;-) Aber wahrscheinlich haben wir wohl
ein unterschiedliche Auffassung des Wortes "neben". Rein von der Logik her dürfte es keine Technik
zur Beenden eines Angriffes geben, wenn der Angriff im Vorfeld verhindert wurde, es also keinen Angriff
gibt.... Aber Du liest sicher "neben" eher in der Richtung "anstelle, stattdessen"...
Was schult man denn eigentlich, wenn man die Armbefreiungen übt - das Freibekommen des Armes ist ja an sich 'ne lächerliche Geschichte, das können
in der Regel schon Vorschulkinder.
Auch z.B. gegen einen kräftigen Metallbauer? Ein bißchen Übung gehört ja schon dazu. Und letztendlich muss SV doch 'simpel' sein, dann tauchen natürlich auch simple Dinge in der Prüfung auf.
Ich denke, du hast schon verstanden, was ich meinte... ;-)
Klar müssen Techniken "simpel" sein (im Sinne von Seiryoku Zenyo), aber nicht alles was einfach ist, ist
tatsächlich wirksam oder sinnvoll...
Bzgl. der Armbefreiungen vielleicht soviel:
In unserem alten AWUAT-Selbstverteidigungs-System standen die Dinger immer
am Anfang. Und wir haben gerätselt, was die da sollen... (So nach dem Motto:
Der "Bösewicht" kommt an, man macht sich frei, der "Bösewicht" ist gewarnt, daß man störrisch sein
möchte und was dann?)
Irgendwann habe ich dann mir mal überlegt,
daß ja die Armbefreiung selbst gar nicht mal so der interessante Teil ist, sondern der Versuch, sich dabei
so zu bewegen, daß der andere einem dabei nicht eine runterhauen kann, man möglichst an die
Seite/hinter den Rücken des Greifers kommt oder wenigsten aus der Gefahrenzone heraus.

Und irgendwo hab ich mal gelesen, daß die Armbefreiungen im Grunde genommen darauf abzielen, daß man
seine eigene Waffenhand freibekommt. Darum laufen die im Aikido als Uke auch auf den ersten
Blick "idiotisch" dem Armbefreier hinterher und wollen nicht loslassen - in zweiter Überlegung würde ich
auch verzweifelt den Arm festhalten, so ich denn gegriffen hätte, wenn an dem Arm ein Messer dran ist
;-)

Wie dem auch sei, wenn ich gelegentlich versuche, im Training meinen Üblingen
Armbefreiungen nahezubringen, oder Leute auf Lehrgängen beobachte...
Frei kommen sie immer irgendwie, nur vergessen sie meist dabei sich sinnig zu bewegen...
Fritz hat geschrieben:Warum fordert man nicht grundlegende Fertigkeiten im SV-Programm ab?
Fertigkeiten wie Distanz-Verhalten, Atemi-Grundformen, Tai-Sabaki, Werfen ohne Gi,
Werfen der Nicht-Randori-Form, sprich so, daß "in echt" Uke eher nicht auf den Rücken, sondern
auf Kopf oder Schulter landet (ruhig langsam und vorsichtig, gern auch auf die Weichboden-Matte)...
Wo steht, dass du das nicht sollst? Das gehört doch zur 'Lösung der SV-Situation' hinzu. Ich sehe hier jetzt keinen Widerspruch zur PO. Es ist eigentlich wie immer: Die PO gibt den Rahmen vor, was die einzelnen ÜL umsetzen, gehört in den Bereich der kompetenten Eigenveranwortung der Letztgenannten. Sonst würde die PO zu einem bürokratischen Wälzer, den eh niemand mehr verstünde.
Prinzipiell hast Du recht. Nur _damals_ nach der Wende, war ausdrücklicher Anspruch
der Prüfungsordnung, nicht nur eine solche zu sein, sondern auch einen Ausbildungsrahmen
vorzugeben. Zwar ist mittlerweile dieser Anspruch aus dem Überschrift verschwunden, aber
im Multiplikator-Skript steht immerhin noch sowas
Seite 8:
Dem eigentlichen Prüfungsprogramm wurden
ausführliche pädagogische und didaktische Grundüberlegungen
vorangestellt, so dass die Inhalte des Prüfungsprogramms in einen größeren
gedanklichen Zusammenhang eingeordnet werden können.
Seite 13:
Innerhalb der Kyu-PO gibt es eine Zweiteilung in Grundausbildung und
Grundlagentraining mit inhaltlichen Schwerpunktsetzungen. Damit wird
gleichzeitig eine Übereinstimmung mit den Rahmentrainingsplänen des
DJB erzielt.
D.h. die PO versteht sich immer noch als grobe Ausbildungs-Richtschnur.
Nur warum komischerweise gilt dies nicht für den SV-Teil?
Beim "Sportteil" hat man sich mehr oder weniger erfolgreich überlegt, was kommt an den Anfang,
was baut drauf auf, was kommt neu dazu...
Die SV-Aufgaben nun erscheinen mir nahezu völlig willkürlich und austauschbar über das Programm verteilt
worden zu sein... (Würgen im 2.Kyu hin oder her ;-) )

Und machen wir uns nichts vor, glaubst Du wirklich,
daß es bei der SV anders laufen wird, als beim restlichen Programm: Vor der Prüfung wird einstudiert,
dann wird das Minimalprogramm vorgeturnt und zwei Wochen später ist es auch schon wieder vergessen?
(Und selbst wenn Du als Trainer/Prüfer laut und deutlich verkündest, daß Du bestimmte
Dinge mehr erwartest, als in der PO gefordert (ausführlich Vorwissen, "oder" == "und", prinzipiell
beidseitig usw. usf.) - irgendeiner kommt mit der offiziellen PO in der Hand an und
will sie Dir erklären...)
Glaubst Du wirklich, daß nur Leute die diesbzgl. "kompetente ÜL" haben, sich zur
SV-Prüfung stellen? Wieso denn ausgerechnet gerade hier?
@Fritz: Du fährst doch dieses Jahr zur Sommerschule. Vielleicht kannst du diese Themen ja mal mit Mario Staller vor Ort diskutieren und uns dann hier davon berichten.
Wäre eine Überlegung wert....
Aber was soll das jetzt noch bringen? Hat der Herr Staller jetzt noch irgendeinen Einfluß auf die PO?
Er ist doch letztendlich nur der arme Hund, der die "ehrenvolle" Aufgabe bekommen hat, eine Zuarbeit
zu machen, beschlossen haben es sicherlich andere...

Ach das hätte ich doch fast vergessen:
Zur Rückenlandung Ukes: kraftvoll ausgeführt ermöglicht sie dir die Flucht, ohne dass du hinterher im schlimmsten Fall so schnell Probleme wegen überzogener Notwehr bekommst. Abgesehen davon, dass wir diese Art des Werfens regelmäßig gegen Widerstand im Randori üben (sollten) und deshalb auch unter Stress beherrschen (sollten) im Gegensatz zu irgendwelchen langsam geübten Weichbottenmatten-Versionen.
Es geht um SV, es geht um "worst case", wie wir lesen durften.
Da sollte die Üblinge schon wissen, wie sich Würfe ausführen können, daß sie sicher
kampfbeendend sind. "Deeskalierend" auf den Rücken werfen können sie zur Not dann trotzdem.
(Abgesehen, nichts ist so häßlich, wie Anfänger, die man sauber auf den Rücken werfen möchte,
und die sich als "Dank" dann an einem festklammern (weil sie Angst vorm Fallen haben) und einen
dann mit umreißen... )

Ich denke, das Hauptproblem beim Abfassen einer SV-PO ist, daß man SV-Situationen nicht wirklich
gut simulieren kann. Und daß bei denen, die man simuliert, der Ansatz:
Hier ist Situation A und hier sind die passende Abwehren B,C dazu, eher unbrauchbar ist.
Klar man kann Modell-Situationen vorgeben (ob es die dann tatsächlich gibt, steht auf einem anderen
Blatt) und um die Abwehr kümmert sich der andere dann "frei".
So hatten wir es damals bei unserem AWUAT-System. Aber auch "damals" führte es zu allerlei "Merkwürdigkeiten".

Ich hätte mir gewünscht, wenn die DJB-SV-PO etwas mehr auf die Judo-Grundlagen diesbzgl. eingeht
(Seiryoku-Zenyo-Kokumin-Taiiku", Koryu-Wurftechniken, vernünftiges Üben der einschlägigen Kata,
wenn man schon Modell-Situationen braucht usw. usf...)...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von Makikomi Kid »

Bzgl. "neben":
Das bedeutet sie stehen auf gleicher Ebene. Eben "neben" einander.

"Angriff abwehren" - "Angriff vermeiden"

Das bedeutet nicht, dass immer beide gezeigt werden müssen, sondern eben, dass diese gleichberechtigt sind.

:)
"Es gibt auf Dan Prüfungen zu höheren Stufen noch Dan-Träger, die noch nicht richtig fallen können" - Judoka50
califax
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Re: DJB-SV-Prüfungsprogramm

Beitrag von califax »

Ich hab da mal 'ne Frage:
Ableiten
Die Bewegungsenergie der angreifenden Extremität wird abgeleitet, indem sie durch Kontaktaufnahme seitlich zu ihrer Bewegungsrichtung von ihrem eigentlichen Ziel abgebracht wird. Verteidigungstechniken nach dem Prinzip des Ableitens, leiten die Energie des Angriffs um, ohne ihn aktiv zu stoppen (z.B. Verteidigung mit Unterarm nach Innen gegen einen Fauststoß).
Blocken
Die Bewegungsenergie der angreifenden Extremität wird aktiv gestoppt.
Verteidigungstechniken nach dem Prinzip des Blockens wirken entgegengesetzt zur Richtung des Angriffs (z.B. Schienbeinblock gegen Tritt).
Steht das da wirklich so drin? Wenn ja, hat irgendeiner der Verantwortlichen diesen Unfug schon mal gegen jemanden probiert, der richtig durchzieht? Wenn ja: Traut er sich das nochmal zu, wenn der Gips wieder ab ist?
Fritz hat geschrieben:Irgendwann habe ich dann mir mal überlegt,
daß ja die Armbefreiung selbst gar nicht mal so der interessante Teil ist, sondern der Versuch, sich dabei
so zu bewegen, daß der andere einem dabei nicht eine runterhauen kann, man möglichst an die
Seite/hinter den Rücken des Greifers kommt oder wenigsten aus der Gefahrenzone heraus.

Und irgendwo hab ich mal gelesen, daß die Armbefreiungen im Grunde genommen darauf abzielen, daß man
seine eigene Waffenhand freibekommt. Darum laufen die im Aikido als Uke auch auf den ersten
Blick "idiotisch" dem Armbefreier hinterher und wollen nicht loslassen - in zweiter Überlegung würde ich
auch verzweifelt den Arm festhalten, so ich denn gegriffen hätte, wenn an dem Arm ein Messer dran ist
Bingo! :eusa_clap

Japanische Armbefreiungs-"Techniken" sind KEINE Techniken sondern Taijutsu-Kata (auf Deutsch: Lektionen zur Arbeit mit dem Körper). Und zwar solche, die grundlegende Bewegungen für den WAFFENKAMPF schulen.

Mal als Beispiel:
Wir haben letztens so eine naiv aussehende Armbefreiungskata konkretisiert. Erst waffenlos geübt, dann mit Stock, da sahen dieselben Bewegungen, Winkel und Distanzen plötzlich verdächtig aus und endeten fast mit eingeschlagenen Zähnen und ausgestochenen Augen. Schnell den Bokken geholt. Dieselben Bewegungen immer noch, aber es wurde höllisch gefährlich, und man mußte viel exakter sein.

Waffenlos sieht es z.B. so aus: Tori steht in Shizen, Uke greift fest nach dem Arm oder Handgelenk und zieht. Tori geht in Seigan no Kamae, löst dadurch den Griff und kontert mit Handgelenkshebel und eventuell eingeschobenen Atemi. (Funktioniert gegen einen nur halbwegs unkooperativen Uke nur durch Zufall.)
Mit Schwert: Tori steht in Shizen, das Schwert in der Scheide locker in der linken Hand. Uke greift nach dem Schwertgriff und will das Schwert ziehen. Tori entzieht sich in Seigan no Kamae, bricht dabei Ukes Balance, stößt Uke mit Seitenwechsel den Schwertgriff unters Kinn, bricht ihm die Kraft im Griff, streift die Scheide ab und schneidet Uke mit Seoi-Nage den Kopf ab. Alles in einer flüssigen Bewegung aus dem Zentrum heraus.

Das ist ein sehr schönes Beispiel dafür, wie man Kata aus dem asiatischen Umfeld immer wieder falsch interpretiert und dann auch subtil falsch ausführt, wenn das nötige Wissen, der Schlüssel, fehlt.
(Es gibt auch in Asien nur eine sinnvolle unbewaffnete Griffbefreiung: Faust auf Nase, Knie ins Gemächt.
Alles andere stammt aus dem Waffenkampf.)

Ich befürchte, mit den unsinnigen Block- und Weiterleitungs-"Techniken" ist das ganz genauso.
Ja, man kann Lowkicks mit dem Schienbein blocken. Wenn man schon jahrelang MT auf Wettkampfniveau trainiert und der Gegner einen MT-Kick mit MT-typisch nacktem Bein anbringt.

Und jetzt nehmen wir mal eine SV-Situation mit einem Stahlkappenstiefel... :angry4

Übrigens lassen sich MTler extra von Ärzten die Schienbeine brechen, um die Knochen stabil genug für diese Art der Trittabwehr im Ring zu machen. Ab welchem Kyu wird das im Judo empfohlen?
"To possess a high grade means nothing. Ever since martial arts were born, the grade of someone is what he can do in battle."
(Kacem Zoughari.)
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