DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

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tutor!
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von tutor! »

pmhausen hat geschrieben:....Zumindest hat man mich so informiert, dass in den Koryu die Densho ohne die dazugehörige mündliche Unterweisung völlig wertlos seien. Und das mit Absicht.
So kenne ich das auch - und da ich einige Übersetzungen von Densho gelesen habe, kann ich nur bestätigen, dass ihr praktischer Wert ohne zusätzliche Erklärungen eher gering ist. Kuden sind in gewisser Weise der Schlüssel zu den Densho - das ist aber eine ganz andere Ebene als die Erläuterung warum Du jetzt die Hand drehst oder nicht....
pmhausen hat geschrieben:Ausnahmen wie Kawaishi, Koizumi und Hirano genießen m.W. bei ihren japanischen Kollegen kein sehr hohes Ansehen.
Vorsicht - Gefahr von Legendenbildung! Kawaishi und Koizumi sind sehr früh aus Japan weggegangen und hatten vorher kaum etwas oder gar nichts mit dem Kodokan zu tun. Koizumi hatte wohl zu Kano einen sehr guten Kontakt, Kawaishi ist m.W. auch noch von Kano graduiert worden. Kano setzte darauf, dass er Landsleute, die einen Jujutsu-Hintergrund hatten (egal welcher Stil), graduierte und sie so zum Kodokan-Judo herüberzuziehen (z.B. Tani und Koizumi, die um 1923 zum Kodokan kamen). Kawaishi hatte für kurze Zeit an der Waseda-Universität studiert und dort wohl Judo gemacht, entstammte aber ursprünglich einem Dojo in seiner Heimatstadt, das einen nicht weiter bekannten Stil pflegte.

Wie das Verhältnis zwischen späteren Kodokan-Vertretern zu diesen zum Kodokan konvertierten Japanern in Europa war, kann ich nicht sagen. Wenn es nicht berauschend war - oder schlechter - würde ich das jetzt aber nicht so verallgemeinern mit "in Japan nicht gut angesehen".

Was Hirano betrifft, hat Tom ja einige Andeutungen zu seiner Persönlichkeit gemacht (http://www.dasjudoforum.de/forum/viewto ... 830#p55830), die er sicherlich um weitere Nuancen ergänzen könnte, wenn er wollte. Ich werde es nicht tun....

Der Kodokan hat im Ausland lebende Japaner übrigens lange Zeit nicht graduiert, was den ein oder anderen wohl etwas verbittert hat, z.B. Michigami.
pmhausen hat geschrieben:Komisch. Sayo Sensei - meine Lehrerin für Japanisch an der Volkshochschule - findet das völlig normal. Sensei ist nämlich kein Titel sondern eher eine Art Tätigkeitsbezeichnung, die keine besondere Ehrerbietung oder so etwas impliziert. Laut allen meinen Quellen wird in Japan jeder, der in irgendeiner Form unterrichtet, so genannt und auch angesprochen.
Genau so ist es! Wenn ich einen Japaner Anspreche, dann tue ich das stets mit einem angehängten "san", es sei denn er ist schon sehr stark "europäisiert", wie der Freund meiner Tochter. Deine Lehrerin würdest Du also auf der Straße mit "Sayo-san" ansprechen, oder mit "Frau Sayo". Wenn sie aber eine unterrichtende ist, wird aufgrund dieser Funktion aus dem "san" ein "sensei" - also "Sayo-sensei".

Von daher würde ich einen japanischen Lehrer immer mit z.B. "Komata-sensei" und nicht mit "Herr Komata" und schon gar nicht mit Koji ansprechen ;) . Aber warum in aller Welt soll ich zu einem Deutschen "Trautmann-sensei" sagen? doch wohl eher "Herr Trautmann" oder noch besser "Ritchie".

Ob das nun zur Basisstärkung des DJB beiträgt? Indirekt vielleicht, weil ohne manierliche Umgangsformen geht es nun mal nicht.
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tom herold
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von tom herold »

Richtig - der Faden entwickelt sich etwas vom Thema weg.
Also BTT ...
;)
Kumamoto
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Kumamoto »

pmhausen schrieb:
Zumindest hat man mich so informiert, dass in den Koryu die Densho ohne die dazugehörige mündliche Unterweisung völlig wertlos seien. Und das mit Absicht. Siehe meine kurze Ausführung bezgl. mündlicher Übertragung und Paranoia. Warum sollte das im Judo auf einmal grundlegend anders sein? Judo wurzelt in den Koryu. Japanische Lehrer haben lange Zeit in Europa eben nicht gelehrt, sondern ihre Überlegenheit demonstriert und die dummen Europäer im Regen stehen lassen. Ausnahmen wie Kawaishi, Koizumi und Hirano genießen m.W. bei ihren japanischen Kollegen kein sehr hohes Ansehen.
Problem an dem ganzen Kram ist, dass die Japaner trotz ihrer ausgeprägten Schriftkultur (aus dem Verwaltungsbereich existieren mittelalterliche Aufzeichnungen über alles und jedes) eine absolut paranoide Einstellung entwickelt haben bei allem, was von der Struktur her eine Koryu ist. Gleich, ob Kampfkunst, Teezeremonie, Ikebana oder Theater. Damit die Geheimnisse ja nicht in die falschen Hände geraten, wird hier auch seit dem Mittelalter alles nur mündlich weitergegeben.
Das möchte ich mit dem Inhalt des folgendem Faden kontern:
http://www.dasjudoforum.de/forum/viewto ... =19&t=4837
Warum sollte das im Judo auf einmal grundlegend anders sein?
Die Antwort liegt wohl in der Person Jigoro Kanos selbst und "seinem" Judo. Er hatte wohl sowas wie einen Missionsgedanken.
In der Person der Keiko Fukuda zeigt sich das am Besten. Besonderen Augenmerk möchte ich auf den Film lenken (ab 0:20).
Ausnahmen wie Kawaishi, Koizumi und Hirano genießen m.W. bei ihren japanischen Kollegen kein sehr hohes Ansehen.
Auch Keiko Fukuda musste lange auf "ihren" 9. Dan des Kodokan warten, aber wohl vor allem weil sie eine Frau ist (siehe Film oben ab 1:30). Die Ablehnung der o.g. Personen durch den Kodokan kann auch persönliche Gründe haben, über die ich mich aber hier nicht äußern möchte, weil ich darüber nichts weiß (nur soviel: Tom Herold im Faden "Wer kann die Judo-Atemi unterrichten?", Seite 2: Hirano war ein "Stinker", der sich auch noch als älterer Mann (auch in Deutschland!) herumprügelte.Wie gesagt, laß es dir von Frank erzählen, der war dabei.)
Josef
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Josef »

Ich kann das hier bereits gesagte nur bestätigen.

Zwei "Junge Erwachsene", 3. und 2. Kyu, welche sich in den letzten 12 Monaten so langsam aber sicher aus dem Training verabschiedet haben...

Der eine fragte mich noch, welche Würger ich denn so kenne, "die auch ohne Gi funktionieren", der andere meinte mal "das einzig Wahre ist sowieso MMA" und "Handgelenkaußendrehhebel ist geil" (Kote-gaeshi?).

Andere kommen nur noch sporadisch, weil sie in Regel-Wettkämpfen gegen die hochgezüchteten Sportjudoka sowieso kein Licht sehen - nicht genug Kraft, nicht genug Kondition.

Die ersten zwei sind wohl keine Kandidaten für Fußball :) und die anderen eigentlich auch nicht... (man hat ihnen doch, als Kind, mal versprochen, dass sie mit Judo gegen stärkere und schwerere Gegner kämpfen und gewinnen können... und jetzt gewinnt doch immer der stärkere....)

Also mein Resumee: der DJB ist halt so attraktiv wie ein Ringerverein mit der Option, irgendwann mal 'nen schwarzen Gürtel tragen zu dürfen.

Toll für Leute die Stress und so abbauen wollen. Da kann man sich ein bisschen austoben.

Die einzige Lösung wäre, dass der DJB sich öffnet und das Sport-Judo als Sparte neben klassischen Judo anbietet.
Auch müsste der DJB als starker Verband doch gegen die absurden Regeländerungen vorgehen, verdammt - das Kämpfen soll doch wohl mal hauptsächlich für die KÄMPFER attraktiv sein und nicht für die Zuschauer, sonst würde es doch Theater heißen und nicht Wettkampf...

Und ja -- auch vielen älteren Leuten ist das "normale" Training wohl auf Dauer zu hart... eine 50-Jährige hat halt nicht unbedingt mehr so viel Lust auf das, was da so geboten wird....

Und hier ist ein anderes Problem zu nennen: Neben der von Tom erwähnten mangelnden Trainerqualifikation ist eben auch ein Trainermangel ganz allgemein zu verzeichnen... wenn sich gewisse Leute nicht den A**** aufreißen würden (weil sie allein sind und ihnen kaum einer hilft) gäbe es wohl in manchen Vereinen gar kein Training mehr.... Danke an dieser Stelle allen Trainern!
Deshalb können viele Vereine auch kein großes Programm anbieten, dass sich vom Wettkampftraining abhebt - wer soll's denn machen?
"Kano? Kenn' ich nicht. War der mal hier im Verein?" -- 16-jahriger DJB-Blaugurt.
"es gibt nur eine Po und zwar die vom DJB" -- danieX im KKB
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Fritz
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Fritz »

Josef hat geschrieben:Und hier ist ein anderes Problem zu nennen: Neben der von Tom erwähnten mangelnden Trainerqualifikation ist eben auch ein Trainermangel ganz allgemein zu verzeichnen... wenn sich gewisse Leute nicht den A**** aufreißen würden (weil sie allein sind und ihnen kaum einer hilft) gäbe es wohl in manchen Vereinen gar kein Training mehr.... Danke an dieser Stelle allen Trainern!
Deshalb können viele Vereine auch kein großes Programm anbieten, dass sich vom Wettkampftraining abhebt - wer soll's denn machen?
Ein wichtiger Punkt. Wenn es dünn wird mit Älteren, dann wird es auch dünn mit Trainern, insbesonders Trainern, die Training für
Ältere anbieten können...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Kumamoto »

Möchte jemand ein persönliches Zwischenfazit zu dem Fade ziehen?
Michael Geiger
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Michael Geiger »

Deshalb können viele Vereine auch kein großes Programm anbieten, dass sich vom Wettkampftraining abhebt - wer soll's denn machen?
Wobei offenbar viele Vereine doch gar kein richtiges Wettkampftraining mehr machen. In meinem LV nimmt über die Hälfte der Vereine an gar keinen Wettkämpfen mehr teil, in meinem Kreis gibt's deshalb ab der U12 keine Kreismeisterschaften mehr.
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von tutor! »

Michael Geiger hat geschrieben:Wobei offenbar viele Vereine doch gar kein richtiges Wettkampftraining mehr machen. In meinem LV nimmt über die Hälfte der Vereine an gar keinen Wettkämpfen mehr teil, in meinem Kreis gibt's deshalb ab der U12 keine Kreismeisterschaften mehr.
Meine Rede seit langem. Danke! Bei uns ist es genauso. Und bei den Vereinen, die an Wettkämpfen mitmachen, ist es auch nur eine Minderheit, die auf Meisterschaften aktiv ist.
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Kumamoto »

Was für mich der Beweis dafür ist, dass nicht alle Kinder, die ins Judotraining auch "kämpfen (gehen) wollen".
Ich habe einen hohen Danträger aus unserem Landesverband (6. Dan) neulich darauf angesprochen und der hat mir wortwörtlich gesagt "Der DJB will hauptsächlich Kämpfer haben." Ich habe daraufhin geantwortet "Dann wäre es Deine Aufgabe dagegen zu intervenieren, denn Du siehst ja selbst, dass auf den Meisterschaften nix mehr los ist." Antwort: "Ich bin doch nicht verrückt und stelle mich gegen den DJB."
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Ronin
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Ronin »

wir sollten hier aber jetzt nicht dem Trugschluss anheimfallen zu glauben, dass bloß weil viele nicht auf Wettkämpfe gehen, sie nicht zumindest ein Wettkampftraining haben/machen/durchführen, bzw. eben das, was viele dafür halten.

Ich glaube ein "breitensportorientiertes Training" würde sich tatsächlich sehr von dem unterscheiden, was in den meisten Vereinen getan wird.

Hier ist bei vielen ÜL einiges an Wissen und Verständnis aufzubauen.

Zumindest für meinen Landesverband kann ich allerdings behaupten, dass da von LV-Seite her gar nichts kommt. Überhaupt nichts.... Null,null. Ich habe immer die Hoffnung, dass sich das einmal ändert, da ich mir derzeit überlege, die aktuell anstehende Verlängerung meiner Trainerlizenz einfach zu lassen, dann letzten Verlängerungen, die ich hinter mir habe, waren so dermaßen nutzlos, das ich mir einfach keine drei Tage mehr freinehme, nur um vom Landestrainer "aktuelle Wettkampftechniken" gezeigt zu bekommen, die ich schon seit mehr als einem Jahrzehnt unterrichte - und das ganze dann bei einer Teilnehmergruppe, die aus den klassischen Breitensport-ÜL besteht (und einige nicht einmal wussten, was O-Goshi ist).

Um Judo zu unterrichten benötige ich keine Lizenz. Um es besser zu lernen auch nicht und auf das Papier kann ich eigentlich auch verzichten.
Kumamoto
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Kumamoto »

Ronin, wir kommen ja aus dem selben LV, daher kann ich Deine Aussage bestätigen ;) , obwohl wir ja seit kurzem einen Vizepräsidenten für Breitensport haben. Hoffe daher, dass sich daher im Breitensportbereich etwas tut und das nur etwas Anlaufzeit braucht.
Ich selbst mache seit ca. 8 Monaten ein breitensportorientiet(er)es Training: mehr Fitness (Judozirkel), mehr experimentelles Training (Technikschulung mit Schlafmasken, um die eigene Körperlichkeit zu erfahren), weniger harte Kumi-Kata, mehr Problemlösungsrandori (Uke am Anfang auf dem Bauch oder in einer Bank), mehr Spiele (Schildkrötenumdrehen als Form der Wiederholung der Umdrehtechniken), etc. Davon habe ich in meiner Trainer-C-Ausbildung wenig vermittelt bekommen. Ergebnis: von 7 bis 8 habe ich meine Gruppe auf 12 bis 15 fast verdoppelt - innerhalb eines halben Jahres (das neue Training musste sich ja erst rumsprechen)
Michael Geiger
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Michael Geiger »

Ich habe einen hohen Danträger aus unserem Landesverband (6. Dan) neulich darauf angesprochen und der hat mir wortwörtlich gesagt "Der DJB will hauptsächlich Kämpfer haben." Ich habe daraufhin geantwortet "Dann wäre es Deine Aufgabe dagegen zu intervenieren, denn Du siehst ja selbst, dass auf den Meisterschaften nix mehr los ist." Antwort: "Ich bin doch nicht verrückt und stelle mich gegen den DJB."
Auch wenn ich so eine Aussage durchaus erwartet habe, macht mich das echt böse! :angry4 Immerhin ist es genau diese Masse der ungeliebten Nichtkämpfer, die den Laden und seine Bahnschrankenträger finanziert. Und anstatt sich darüber Gedanken zu machen, ob jetzt vielleicht rosa Judogis schöner für's Fernsehpublikum sind oder man durch die Einführung eines lilagrün gepunkteten Zwischengürtels noch mehr Prüfungsgebühren abzocken kann, sollte sich da der eine oder andere mal aus seinem Paralleluniversum begeben und ernsthaft nachschauen, wo das gemeine Volk der Schuh drückt.
Sorry für die Wortwahl und ja, ich weiß, dass es sicher auch andere Leute in den hohen Positionen gibt, aber das musste jetzt einfach mal raus.
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Fritz
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Fritz »

Ich mag den Begriff Breitensport irgendwie nicht.
Insbesondere stören mich da die Worte "breit" und "Sport" ;-)
Man sollte ein besseres Wort erfinden, zumindest fürs Judo-Umfeld.
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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kastow
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von kastow »

Wie wäre es ganz altmodisch mit Jûdô-Unterricht? Das grenzt sich schon recht deutlich von einem Jûdô-Training oder Jûdô-Breitensport ab. Die Breitensportler wären dann folgerichtig Jûdô-Schüler.
Herzliche Grüße,

kastow

Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Ko-soto-gake »

Kumamoto hat geschrieben:Was für mich der Beweis dafür ist, dass nicht alle Kinder, die ins Judotraining auch "kämpfen (gehen) wollen".
Für mich ist es eher der Beweis dafür, dass

a) den Kindern von Vereinsseite aus gar nicht in allen Vereinen die Möglichkeit gegeben wird, kämpfen zu gehen (schließlich ist das mit einer ganzen Menge Aufwand verbunden: Kosten, Zeitaufwand, es könnte sich herausstellen, dass die eigenen Kinder nicht so gut kämpfen wie man immer dachte usw....)

und vor allem

b) die Schere zwischen dem sogenannten Breiten- und Leistungssport immer weiter auseinanderklafft, für die "Breitensportler" keine adäquaten Wettkampfmöglichkeiten vorhanden sind und diese dadurch die Lust verlieren.

These b) basiert auf eigenen Erfahrungen: Ich gebe Training in einem recht kleinen Verein (es gibt keine Erwachsenengruppe, insgesamt gibt es nur vier Trainingseinheiten, die auch noch an zwei aufeinanderfolgenden Tagen stattfinden, viele Kinder kommen nur einmal die Woche*, ich bin mit meinen 25 Jahren und in Vorbereitung auf den 2. Dan die älteste und am höchsten qualifizierte Trainerin usw.).
In der U11 können "meine" Kids auf Wettkämpfen immer noch ganz gut mithalten, da gibt es dann doch auch mal den ein oder anderen Bezirksmeister. Spätestens ab der U14 ist es dann aber so, dass die Leistungsunterschiede zwischen Kindern aus großen wettkampforientierten Vereinen, die mehrmals in der Woche Einheiten mit unterschiedlichen Schwerpunkten anbieten und den "Breitensport-Kindern" (logischerweise) immer größer werden.
Jetzt könnte man sagen: OK, wer in der Altersklasse Erfolg haben will, muss dann eben außerhalb des Vereins trainieren, Stützpunkte und andere Vereine besuchen etc. Es ist auch nicht so, dass ich das den Kindern nicht nahelegen würde, es scheitert dann aber oftmals daran, dass sie oder oft auch die Eltern "keine Zeit" dafür haben und doch alles beim Alten bleibt. Klar, dass sie dann irgendwann auf Turnieren nur noch verlieren, demotiviert werden und die Lust am Wettkämpfen bzw. Judo ganz allgemein verlieren.
Meiner Meinung nach könnte man hier in gewissem Maße gegensteuern, indem man z. B. Einladungsturniere oder vereinsübergreifende Randoris oder auch Vielseitigkeitswettbewerbe veranstaltet, in denen "Breitensport-Kinder" ab U14 auf "Breitensport-Kinder" treffen – Maßnahmen hierzu sehe ich allerdings weniger auf DJB- als eher auf LV- oder gar Vereinsebene. Schwierig könnte dabei evtl. werden, "Breitensport" zu definieren - und natürlich braucht man genügend Teilnehmer. Letztendlich hängt es aber doch wieder am Engagement der Trainer. Dennoch glaube ich, dass viele kleine Vereine in der Hinsicht „im selben Boot“ sitzen und man da ansetzen könnte.
Was auch in diese Richtung geht, sind Kyu-Meisterschaften, die für die U14 auch einmal im Jahr angeboten werden und bei denen die Platzierten der Landesmeisterschaften nicht startberechtigt sind – finden aber halt nur einmal jährlich statt.
Nur um Missverständnissen vorzubeugen: Mir geht es nicht darum, dass die Kinder immer nur gewinnen sollen, ganz klar gehören Niederlagen dazu. Aber wenn man dann eben nur noch gegen die „Stützpunktkinder“ verliert, ist es verständlich, dass irgendwann die Motivation fehlt.

* Ich will jetzt hier keine Diskussion darüber anfachen, ob man mit solch einem Trainingspensum überhaupt Judo-Fortschritte machen kann - Tatsache ist: In vielen kleineren Vereinen, die ich kenne, ist das Alltag. Die Kinder machen bei mir dann halt nur einmal im Jahr eine Gürtelprüfung. Viele von ihnen machen noch eine zweite oder dritte Sportart, sie kommen gerne ins Judo und ich bin froh, dass ihnen der Sport gefällt.
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Fritz
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Fritz »

kastow hat geschrieben:Wie wäre es ganz altmodisch mit Jûdô-Unterricht? Das grenzt sich schon recht deutlich von einem Jûdô-Training oder Jûdô-Breitensport ab. Die Breitensportler wären dann folgerichtig Jûdô-Schüler.
Klar oder noch "altmodischer" einfach nur "Jûdô" - Dummerweise ist der Begriff durch
die Ausrichtung auf den Wettkampf "verbrannt".
Würde der Verband seinen Vereinen sagen: Los Leute bietet doch auch "Jûdô-Unterricht" an, würden diese sagen:
Klar, machen wir doch... ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Kumamoto »

Ich denke, dieser Trend "weg vom Kämpfen" fängt schon auf der untersten Wettkampfebene an, den Kreismeisterschaften. Da ist die Spange zwischen Breiten- und Wettkampfsport noch nicht so groß.
Ich würde sogar sagen, dass diese Entwicklung sich schon auf der Vereinsebene zeigt, z.B. bei der Vereinsmeisterschaft: vor 5 Jahren waren da noch 50 bis 60 Teilnehmer, in diesem Jahr waren es gerademal 32. Ich habe dann mal gefragt, warum die Kinder und Jugendlichen nicht teilnehmen wollten und habe solche Antworten erhalten wie "Ach, da gehe ich lieber mit meinen Eltern in den Zoo." oder "Da kommt meine Oma zu Besuch." Ich habe dann gesagt "Deine Oma kann aber gerne zusehen, dann kannst Du ihr zeigen, was Du gelernt hast." Antwort: "Nö, ich hab eigentlich garkeine Lust aufs Kämpfen. Das Training ist toll, macht mir auch Spaß, aber kämpfen mag ich nicht so."
pmhausen

Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von pmhausen »

kastow hat geschrieben:Wie wäre es ganz altmodisch mit Jûdô-Unterricht? Das grenzt sich schon recht deutlich von einem Jûdô-Training oder Jûdô-Breitensport ab. Die Breitensportler wären dann folgerichtig Jûdô-Schüler.
Dazu bräuchte man eine ausreichende Anzahl von Judo-Lehrern ... :dontknow

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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Kumamoto »

Das Sundsvall- Modell spricht u.a. von
"Fun- Judo"= Breitensportjudo für Kinder und Jugendliche,
"Lifetime- Judo"= Breitensportjudo für Ältere
"Technik- Judo", das ist wohl eindeutig ;)
und
"Ippon- Judo"= Wettkampf- Judo.
Das ist meiner Meinung nach das Gleiche wie bei "Raider": Obwohl seit einiger Zeit "Twix" draufsteht ist immernoch "Raider" drin. ("Raider heisst jetzt Twix, sonst ändert sich nix.") Wir sollten uns weniger damit beschäftigen, was draufsteht/ draufstehen soll als vielmehr mit dem, was drinsteckt, also mit Inhalten.
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von kastow »

Trini hat geschrieben:Aber, in den wenigsten Sportarten im Verein kann man so frei entscheiden, wie intensiv man den Sport betreibt. Trini
Ko-soto-gake hat geschrieben:These b) basiert auf eigenen Erfahrungen: Ich gebe Training in einem recht kleinen Verein (es gibt keine Erwachsenengruppe, insgesamt gibt es nur vier Trainingseinheiten, die auch noch an zwei aufeinanderfolgenden Tagen stattfinden, viele Kinder kommen nur einmal die Woche*,
Das bringt mich noch auf einen anderen Punkt: Die Verbände könnten einfache Handreichungen als Download anbieten, wie Hallenzeiten optimal mit verschiedenen Lösungen ausgenutzt werden können - vielleicht im Zusammmenhang mit Unterlagen zum Sundsvall-Modell.
Beispiel: Im Winterhalbjahr stehen uns mittwochs nur zwei Stunden von 18:00 - 20:00 Uhr zur Verfügung. Wie diese so nutzen, dass sowohl Kinder als auch Erwachsene, sowohl Wettkämpfende, SV- oder Fittness-Interessierte auf ihre Kosten kommen?
Wir bieten aktuell auf zwei getrennten Mattenflächen in der ersten Stunde Techniktraining einmal für Kinder und einmal für Jugendliche und Erwachsene (für letztere mit SV), in der zweiten Stunde zum einen Wettkampftraining ab 10 Jahren, zum anderen Kata- und Randoritraining ab 11 Jahren, jeweils keine Altersbegrenzung nach oben. Je nach Verein werden für solche häufig auftretenden Zeitprobleme bestimmt verschiedene Lösungen gefunden. Wieso diese nicht sammeln und veröffentlichen. Das wäre ein Service, der ohne großen Aufwand möglich wäre. Andere Vereine, die vor ähnlichen Problemen stehen, könnten sich dann ein ihnen zusagendes Zeitkonzept mit Hilfe des Downloads auswählen oder durch diese Denkanstöße selbst ein auf den eigenen Verein zugeschnittenes Konzept erarbeiten.
pmhausen hat geschrieben:
kastow hat geschrieben:Wie wäre es ganz altmodisch mit Jûdô-Unterricht? Das grenzt sich schon recht deutlich von einem Jûdô-Training oder Jûdô-Breitensport ab. Die Breitensportler wären dann folgerichtig Jûdô-Schüler.
Dazu bräuchte man eine ausreichende Anzahl von Judo-Lehrern ... :dontknow
Dazu bietet der DJB bereits eine B-Lizenz-Ausbildung zum Jûdô-Lehrer an. Das würde sich also sogar ergänzen.
Herzliche Grüße,

kastow

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