Presseschau: Schweizer "Verbandsorgan" - "Dojo", Jan 2010

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tom herold
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Presseschau: Schweizer "Verbandsorgan" - "Dojo", Jan 2010

Beitrag von tom herold »

Vielleicht gehört das ins Unterforum "Kata" ... ;)

Ich hab mich ja schon oft über Beiträge im "Judomagazin" lustig gemacht, alter Spötter der ich bin.

Nun hat mir einer meiner Schweizer Schüler jedoch mal eine Ausgabe des offiziellen Schweizer "Verbandsorgans" zukommen lassen ...
Ich muß gestehen, daß mich dieses Magazin sprachlos macht.

Aber lest selbst ...

Hinter den sieben Bergen wird natürlich auch Kata trainiert.
Allerdings kann ich das "Kata-Verständnis" der Eidgenossen nur als ... ääähhh ... ein wenig wunderlich bezeichnen.

Die folgenden Zitate entstammen sämtlich der Januar-Ausgabe 2010 des Magazins "Dojo".
Die Kata spiegelt den Geist des Judo

Kata ist die Demonstration einer genau festgelegten Abfolge von bestimmten Techniken. Kata heisst Form. Im Judo und Ju-Jitsu werden die Katas paarweise im weiteren Sinn in Form von Angriff (Uke) und Verteidigung (Tori) gezeigt.
Tori und Uke arbeiten miteinander (nicht gegeneinander wie beim Kampf oder Shiai) mit dem Ziel, eine Technik perfekt zu beherrschen und sie auch so zeigen zu können.
(S. 27)

Ich dachte bisher, Kata sei ein Trainingsinstrument, mit dessen Hilfe man PRINZIPIEN verstehen und verinnerlichen soll, die ihren Ausdruck in den als Illustrationen dieser Prinzipien verwendeten Techniken finden ...
Ich dachte, man übt Kata, um im KAMPF diese Prinzipien anwenden zu können und nicht, um sie bei Kata-Wettkämpfen zu zeigen ...
Für Jigoro Kano war das Trainieren der Kata ein Muss für jede und jeden fortgeschrittenen Judoka:
"Die Katas sind die Ethik des Judo. In ihnen findet sich der Geist des Judo, ohne sie ist es unmöglich, das Ziel zu erreichen."
(ebenda)

Hier wird nahegelgt, daß man Kanô zitiert, und zwar wörtlich.
Ich habe versucht, dieses "Zitat" in den mir zugänglichen Kanô-Texten zu finden, es ist mir jedoch in der Eile nicht gelungen.
Habe ich da etwas übersehen - oder ist, wie ich sehr stark annehme, diese Aussage gar nicht von Kanô?
Im Übrigen finde ich es unmöglich, daß dieses "Zitat" freihändig und ohne jede Quellenangabe in den Text gestreut wurde.
An den internationalen Wettkämpfen messen sich die Teilnehmenden in fünf Katas, die hier kurz vorgestellt werden sollen.
Vier davon gehen auf Jigoro Kano zurück, eine auf den späteren Kodokan in Japan
.
(ebenda)

Den letzten Satz merken wir uns bitte ...
;)
tom herold
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Re: Hinter den sieben Bergen ...

Beitrag von tom herold »

Nage-no-Kata

Die Form des Werfens: Diese Kata wurde 1884/85 von Jigoro Kano entwickelt.
Aus jeder der fünf Wurfgruppen, d.h. Te (Hand)-, Koshi (Hüft)-, Ashi (Fuss)- und Sutemi (Selbstfall)-Waza (letztere unterteilt in mae - gerade und yoko - seitlich) werden je 3 Techniken rechts und links gezeigt.
(ebenda)


MAE-Sutemi-Waza?
MAE = gerade?

Hat da niemand Korrektur gelesen ...?

Mae (前) kann in der Tat "gerade" heißen, aber nur im Sinne von "geradeaus", "nach vorne".

Richtig wäre Ma (真). "Gerecht", "richtig", "rein", "wahr".


Wir haben hier einen geradezu klassischen, unglaublich albernen Zirkelschluß.

MA wird oft (falsch) übersetzt mit "gerade" (dabei bedeutet es echt, rein, wahr ...)

Es ist eine Verkürzung der Bezeichnung "Würfe durch die gerade Rückenlage", die ich persönlich unsinnig finde.
Nun "wissen" aber alle, daß das die "geraden" Opferwürfe sind - und prompt sucht jemand für den Text des Schweizer Magazins den Begriff "gerade", und findet MAE ... was ja so ähnlich klingt wie MA.

Herrlich.
:rofl
tom herold
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Re: Hinter den sieben Bergen ...

Beitrag von tom herold »

Der Vollständigkeit halber:
Katame-no-Kata

Die Form der Kontrolle: Auch diese Kata wurde 1887 von Kano ins Leben gerufen.
Sie wird zusammen mit der Nage-no-Kata als Randori-Kata bezeichnet.


In der Gruppe der Festhalter muß Uke für jede Technik drei Befreiungsversuche zeigen, die von Tori verhindert werden.

Die letzte Technik in dieser Kata ist ein Kniehebel, der mittlerweile im Shiai verboten wurde (hohe Verletzungsgefahr).
(ebenda)

Mittlerweile ...?
Kime-no-Kata
Die Form der Entscheidung: In dieser Ju-Jitsu-Kata (ca. 1888) geht es um die Abwehr von Angriffen in kniender und stehender Position.
Ju-Jitsu-Kata ...
Dazu fällt mir nichts mehr ein.
:irre
Die Angriffe erfolgen zuerst mit Schlägen, dann mit Waffen aus der Samurai-Zeit: dem Tanto (eine Art Dolch), dem Samurai-Kurzschwert und dem Katana (Langschwert).

Heute werden international die bewaffneten Angriffe mit Holzattrappen (ohne Waffenscheiden) geführt, in der Schweiz war es bis vor wenigen Jahren noch möglich, diese Kata mit den (nicht geschliffenen) Originalwaffen zu zeigen.
(ebenda)

Da kennt jemand den Unterschied zwischen einem Iaitô und einem Katana nicht ...
Das Kurzschwert wird auch nicht mehr benutzt und durch die Messerattrappe ersetzt, die einfach so gehandhabt wird als wäre sie ein Kurzschwert.
Diese Kata wurde 1968 vom Kodokan revidiert.
(ebenda)

Also dazu sag ich jetzt mal nix ...

;)
ganz besonders böser tom

Re: Hinter den sieben Bergen ...

Beitrag von ganz besonders böser tom »

Ju-no-Kata

Die Form der Geschmeidigkeit und des Nachgebens: Auch diese Kata entstand 1887 im Kodokan.
(S. 27)

Vermutlich von allein ...

Ach nee, es war dieser Herr hier, der sie erfand:
Shinobu beobachtete damals während einer Meditation eine Weide, deren Äste sich unter einer dicken Schneeschicht gegen den Boden hin bogen ohne zu brechen.
Dieses Bild inspirierte ihn und so entstand die Ju-no-Kata ...
(ebenda)

Wer bitte ist Shinobu?
Shinobu (しのぶ?) is a Japanese verb meaning "recall" (偲ぶ?) or "stealth / endure" (忍ぶ?). It is a Japanese given name used by either sex. Shinobu is also the dictionary form of shinobi which can be combined with mono (者) to make shinobi no mono (忍びの者), an alternative name of ninja.
Hatte Kanô den Spitznamen "Shinobu"?
:dontknow

Falls nicht (und davon gehe ich aus) - von wem ist dann die Rede?

Ich finde nur den hier:

http://en.wikipedia.org/wiki/Shinobu_Sekine

Aber wenn er 1972 mit 28 Jahren an den Olympischen Spielen teilnahm, kann er kaum 1888 während einer Meditation jene berühmte schneebdeckte Weide betrachtet haben, vor der sich in jedem Winter sämtliche Meister der japanischen Kampfkünste versammelten, um das "Jû" zu entdecken ...
tom herold
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Re: Hinter den sieben Bergen ...

Beitrag von tom herold »

Kodokan Goshin-Jitsu

Diese Kata ist die einzige neuere Kata (1956), die an grossen Wettkämpfen auf dem Programm steht.
Das "No" im Namen fehlt.
(ebenda)

:alright

Vielleicht, weil's keine Kata ist?

Aber das sehen die Eidgenossen anders:
Es handelt sich hier um eine Selbstverteidigungs-Kata mit modernen Waffen, also eine Art "update" der alten Samurai-Ju-Jitsu-Kata.
(ebenda)

Manches, schrieb einst Karl Kraus, ist so falsch, das noch nicht einmal das Gegenteil richtig ist ...
Diese Kata beinhaltet Angriffe im wahrsten Sinne des Wortes (Griffe aus nächster Nähe, wie sie auf der Straße auch passieren könnten), sowie Faust- und Fuß-Schläge.
Bei den Angriffen mit Waffen kommen Messer, Schlagstock und Pistole zum Einsatz.
Auch hier werden Messer- und Pistolenattrappen benutzt.
Der Stock ist echt.
Also das halte ich für bedenklich.
Hätte man nun den Stock nicht auch durch eine hölzerne Attrappe ersetzen können ...?

:rofl
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