Gunji Koizumis Judo-Geschichte

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Jupp
3. Dan Träger
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Gunji Koizumis Judo-Geschichte

Beitrag von Jupp »

Ich möchte die Aufforderung von reaktivator aufnehmen und einen Sachbeitrag leisten, der auch fortgesetzt werden soll (wenn die Zeit wieder reicht).
Ich beschäftige mich derzeit ein wenig mit der Judo-Geschichte in Europa vor und nach dem 2. WK. Im Internet habe ich Gunji Koizumis "My Study Of Judo" (als mein Weihnachtsgeschenk) erwerben können.
Da Koizumi fraglos zu den europäischen Judo-Pionieren gehört (auch wenn er erst als 35-jähriger ziemlich spät mit dem Kodokan-Judo konfrontiert wurde), haben mich seine historischen Anmerkungen in seinem Buch besonders interessiert.
Zwei Seiten habe ich als "Neujahresgruß" an alle Interessierten hier übersetzt:

Gunji Koizumi
My Study of Judo
The Principles and the Technical Fundamentals
New York 1960
200 Seiten, Hardcover


1. Teil einer auszugsweise Übersetzung

Einführung
"Ich wurde am 8. Juli 1885 in der Provinz Ibaraki, ca. 20 Meilen nördlich von Tokyo geboren. Zu dieser Zeit machte Japan einen Prozess der Wiederanpassung durch, um sich an die neue entwickelte politische Ordnung und die internationalen Beziehungen anzugleichen.
Im Alter von 12 Jahren wurde ich Mitglied einer Kenjutsu-Klasse. Mir machte das Training unter dem Leiter der Schule, an der ich drei Jahre blieb, viel Freude. Der Umzug nach Tokyo und der Stress der üblichen Schuljungenfehden führten mich ins Tenshin-Shinyo-Ryu Jujutsu unter Nobushige Tago. Dieser war eine beeindruckende Figur mit einem langen, grauen Bart. Doch das eigentliche Training wurde von seinem jungen Assistenten N. Takagaki durchgeführt. Er war ein guter Lehrer, freundlich und höflich. Doch eines Tages im Randori erhielt ich einige fürchterliche Tritte, wilde Stöße und Schubser. Dann unterbrach er abrupt und fragte mich ruhig: „Weißt Du eigentlich, dass dies genau ist, was Du die ganze Zeit mit mir machst?“ Wie oft bin ich seitdem durch den Ehrgeiz eines eifrigen Anfängers an diese Episode erinnert worden. In diesem Tago Dojo wurde sehr viel Zeit mit dem Üben von Kata verbracht, wobei die Übenden schwarze Hakama (geteilte Hosen) trugen und ein weißes Band über die Stirn banden, welches am Hinterkopf mit einem Knoten befestigt wurde. Manchmal übten sie mit hölzernen Schwertern oder Dolchen.
In Korea besuchte ich 1904 die Kenjutsu und Jujutsu Schule, die von einem Ex-Samurai des Owari-Clans geleitet wurde, Sensei Nobukatsu Yamada und lernte die Techniken des Shin-Shin-Ryu, Jujutsu und Kuatsu.
Während eines viermonatigen Singapur-Aufenthaltes von 1905 bis Februar 1906 half ich Sesei T. Akishima bei der Leitung seiner Jujutsu Schule und wurde in den 144 Techniken des Akishima-Ryu und Kuatsu unterrichtet. Seine Unterrichts-Methode bestand ausschließlich aus Kata. Die Übenden standen jeweils an den Enden des Dojo und nach dem Austausch der Kiai trafen sie sich in der Mitte zum Üben. Die Technik umfasste Würfe, Hebel und Schläge, von denen viele von fragwürdigem Wert waren. Dennoch verdanke ich Sensei Akishima viel für seine Instruktionen der technischen Grundlagen, die in früherer Zeit nur vom Lehrer ausgewählten Schülern vermittelt wurden.
Nach meiner Ankunft in England blieb ich 12 Monate, unterrichtete an der Kara Ashikaga Schule des Jujjutsu in Liverpool, der Piccadilly Schule des Jujutsu, der Polytechnischen Schule, der Royal Navy Volunteer Reserve usw.
Jujutsu war zu dieser Zeit groß in Mode. Yukio Tani, Taro Miyake, Raku Uyenishi, Akitaro Ohno tourten durch die Music-halls.
Im Januar 1918 eröffnete ich das Budokwai-Dojo zum Üben von Jujutsu, Kenjutsu und anderen Kriegskünsten aus Japan. Dieser Club wurde nach den Regeln eines Amateur-Sportclubs geleitet. Der Budokwai diente als Pionier bei der Entwicklung und Einführung der Judobewegung auf nationaler und internationaler Basis.
Anlässlich des Besuchs des verstorbenen Professors Jigoro Kano 1920 gemeinsam mit Herrn Hikoichi Aida (der der erste Lehrer im Budokwai werden sollte), traten Herr Tani und ich dem Kodokan bei und wurden mit dem 2. Dan graduiert. Ich wurde zu diesem Schritt auch dadurch veranlasst, da der Kodokan als eine erzieherische Institution gegründet worden war, frei von finanziellen Interessen, mit dem Ziel, das Studium und die Praxis des Judo als körperliches, geistiges und ethisches Training zu verstehen, Judo als wissenschaftliches und stets entwicklungsfähiges Subjekt zu erheben mit dem Prinzip größtmöglicher Effektivität und geringstmöglichem Aufwand.
1932 wurde ich zum 4. Dan graduiert, zum 6. Dan 1948 und den 7. Dan erhielt ich 1951 für die Zahl von Würfen, die ich als experimentelles Subjekt hingenommen habe. Jetzt habe ich das Privileg mich am Ende des Dojo auszuruhen und mich der Kuchi-waza hinzugeben, der „Mund-Technik“ (aus: Gunji Koizumi: My Study of Judo, New York 1960, S. 17/18)

Guji Koizumi beendete sein Leben im Alter von 79 Jahren am 15. April 1965.

(wird fortgesetzt mit den Seiten 19 - 25 „Die Judo-Bewegung“)
HBt.

My Study of Judo - Koizumi

Beitrag von HBt. »

Ein Sachbezug ist noch nicht wirklich erkennbar. Aber ich freue mich für Dich 'lieber Jupp', dass Du dieses Buch jetzt auch dein Eigentum nennst - besser spät als nie. Sehr interessant sind aber insbesondere auch die Seiten ab 169 bis 200. Ich hoffe, Du übersetzt uns diese ebenfalls ;).

Gruß,
HBt.

Eine Frage:
Warum wählte G. Koizumi den Freitod?
HBt.

Und da ist sie,

Beitrag von HBt. »

Übersetzung:
Jupp hat geschrieben: Anlässlich des Besuchs des verstorbenen Professors Jigoro Kano 1920 gemeinsam mit Herrn Hikoichi Aida (der der erste Lehrer im Budokwai werden sollte), traten Herr Tani und ich dem Kodokan bei und wurden mit dem 2. Dan graduiert. Ich wurde zu diesem Schritt auch dadurch veranlasst, da der Kodokan als eine erzieherische Institution gegründet worden war, frei von finanziellen Interessen, mit dem Ziel, das Studium und die Praxis des Judo als körperliches, geistiges und ethisches Training zu verstehen, Judo als wissenschaftliches und stets entwicklungsfähiges Subjekt zu erheben mit dem Prinzip größtmöglicher Effektivität und geringstmöglichem Aufwand.
Original:
G. Koizumi, p18 hat geschrieben:(..)
I was influenced to take this step
by the fact
that the Kodokan was founded as an educational institution, free from financial interests, with the object of facilitating
the study and practice of Judo
as a means of
physical, mental and ethical training, elevating Judo as a scientific and ever progressive subject
on the principle of
maximum efficiency and minimum effort.
die Generalerklärung!
Judo ist ein Erziehungssystem; ein weltweit blühender Sport, der sich permanent weiterentwickelt. Wir folgen alle nur Kanos Worten.

"Jetzt Ernsthaft":
Gunji Koizumi muss ein 'großartiger Mensch und Judoka' gewesen sein. Ich kann nur jedem Judosportler empfehlen sich mit Koizumi, z.B. MY STUDY OF JUDO, zu beschäftigen.

Auf das nächste JM bin ich gespannt, vielleicht eine umfangreiche Artikelserie ...
Jupp
3. Dan Träger
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Re: Gunji Koizumis Judo-Geschichte

Beitrag von Jupp »

Hbt. fragt: "Warum wählte G. Koizumi den Freitod?"

Eine solche Frage ist sicherlich in letzter Konsequenz nicht von Außenstehenden zu beantworten.

Auch die Antwort, die ich im Folgenden zitiere, ist nicht meine Antwort und - wie ich meine - auch nicht vorbildhaft und richtungsweisend, sondern die Lösung eines Einzelnen in einer nur von ihm zu beurteilenden Situation.

Antoon Geels schreibt in seinem 1979 veröffentlichten Buch über "Opa Schutte" (Judo, Bodentechnik von "Opa" Schutte, Malmö 1979) auf Seite 33 "Ein großer Verlust für die Sommerschule (in Schloß Well, Niederlande) und das Judo im allgemeinen war der Tod von Gunji Koizumi im April 1965. Einige Wochen vor seinem Hinscheiden hatte "Opa" Schutte ihn zum ersten Lager in Well eingeladen. Koizumi antwortete ihm, dass das beschriebene Lager sehr schön schien, dass aber gewisse Umstände zeigten, dass er eine andere und längere Reise unternehmen müsse, für welche es keine Rückfahrkarte gäbe. Längere Zeit war er von einer Krebskrankheit geplagt worden. Seine Auffassung war, dass das Leben ein einziger Kreislauf ohne Geburt und ohne Tod sei, und von dieser Auffassung ausgehend sei es falsch, sein Leben aufrecht zu erhalten, wenn es nur Leiden für sich und die Umgebung enthielte. Deshalb beendigte er sein Leben am 15. April 1965, im Alter von 79 Jahren."

Antoon Geels lebt in Uppsala (Schweden); er trägt den 7. Dan Judo, war lange Jahre für das Lehrwesen in Schweden zuständig und ist heute Professor für Religionspsychologie an der Universität in Uppsala.

Jupp
Zuletzt geändert von Jupp am 04.01.2012, 15:58, insgesamt 1-mal geändert.
HBt.

Re: Gunji Koizumis Judo-Geschichte

Beitrag von HBt. »

Danke für die Info.
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