Ich möchte noch einmal präzisieren:
Mir geht es in keiner Weise um Baelz' unbestrittene (!) Verdienste als Arzt, Hochschullehrer o.ä.
Mir geht es darum, noch einmal die Frage zu stellen, welchen Einfluß er NACHWEISBAR auf das Jûdô hatte.
1) In Bezug auf die Gründung des Kôdôkan: keinen.
2) In Bezug auf Kanôs Studien in verschiedenen Koryû: keinen
3) In Bezug auf das Curriculum des Jûdô: ebenfalls keinen.
4) In Bezug auf das Jûdô als Leibeserziehung: nicht nachweisbar, es gibt bislang nur Vermutungen, daß Kanô sich von Baelz' Ideen "inspirieren" ließ (ich selbst neige dieser These ja AUCH zu, aber es ist eben nicht mehr als das, denke ich.).
Eine Erwähnung des Namens Baelz in der japanisch-sprachigen Jûdô-Literatur VOR 1945 ist zweifelhaft; eine Erwähnung des Namens Baelz in Kanôs Texten bisher nicht belegt - sehe ich das richtig?
Kanô hat über die 1880er Jahre recht ausführlich geschrieben, finde ich.
In den MIR zugänglichen Texten (man beachte bitte diese Einschränkung) konnte ich eine Erwähnung des Professor Baelz nicht entdecken.
In der Geschichtsforschung (so wurde mir auch hier im Forum erklärt!) gilt die sogenannte "Negativvermutung".
Etwas gilt so lange als "nicht passiert" bis es belegt werden kann.
Ich denke, darüber herrscht Einigkeit ...?
Gut.
Ich sag' es nochmal - meine Fragen haben NICHTS damit zu tun, die Person des Professor Baelz oder seine unbestrittenen Verdienste "im Nachhinein abwerten" zu wollen.
(Schade, daß man das extra betonen muß ...)
Mir geht es ausschließlich um die vier obenstehend erwähnten Punkte.
Diese haben NICHTS mit Baelz' sonstigen Verdiensten zu tun.
Und entwerten diese auch nicht!
Eines noch: ich halte es für sehr fragwürdig, Baelz sozusagen als den "Wiedererwecker" der japanischen KK zu betrachten.
Dazu waren die Koryû Bugei und viele der Gendai Budô (wenn wir mal die in der Edô-Periode entstandenen Ryû-ha so nennen wollen) zu lebendig.
Ich glaube NICHT, daß Baelz irgendetwas mit dem "Überleben" bspw. der Jigen Ryû zu tun hatte.
Oder dem der Kashima Shin Ryû.
Oder daß Baelz derjenige war, der die Nahkampfmethoden (oft als Jûjutsu bezeichnet) diverser Schulen "re-aktivieren"
mußte ...
Eine Beeinflussung der Daitô Ryû und Sokaku Takedas durch Baelz bspw. schließe ich kategorisch aus. Diese Schule lebte auch ohne eine "Re-aktivierung" durch Baelz.
Oder nehmen wir doch einige wirklich alte Ryû ...
Da wäre die Yoshin Ryû.
Nach meinen Informationen ist ihr derzeitiger 13."Headmaster" (in ungebrochener Reihenfolge) Koyama Takako.
Da wäre die Tasumi Ryû, gegründet um 1550, derzeitiger 21. "Headmaster" (in ungebrochener Reihenfolge) ist Kato Takashi.
Einer meiner Freunde lehrt hier in unserer Nähe Shintô Muso Ryû (ich hoffe, ich hab mich da jetzt nicht vertan!) ein anderer lehrt ebenfalls hier in unserer Nähe Moto-ha Yoshin Ryû.
Beide sprechen Japanisch, beide haben lange in Japan gelebt und trainiert.
Beide würden mich wohl sehr erstaunt ansehen, wenn ich ihnen verkünden würde, daß Professor Baelz die japanischen KK der Koryû Bugei (und der Gendai Budô) vor dem Untergang bewahrt habe - oder ihnen doch zumindest ein "neues Ansehen" verschafft haben solle.
DASS Balez ein (sogar energischer!) Fürsprecher der Koryû bzw. des Kenjutsu war, ist doch unbestritten! Nur sollte man daraus nicht gleich die "Rettung" oder "Wiederbelebung" der japanischen KK machen, denke ich.
Soooo ...
Ich tue nun etwas, daß ich sonst NICHT tue ...
Ich BITTE einfach darum, daß wir (Tutor, Reaktivator und ich) uns NICHT streiten, nicht zanken, nicht um jeden Preis Recht haben wollen, ok?
Ich stelle doch meine Fragen NICHT, weil ich jemanden provozieren möchte oder weil ich unbedingt "Recht haben" müßte, sondern weil es mir um die Sache geht.
Es geht darum, möglichst genau zu wissen, was da wirklich geschehen ist, denn ich persönlich halte das für sehr wichtig.
Was immer wir persönlich voneinander halten - laßt uns auf der Sachebene bleiben.
(Diese Ermahnung richte ich auch an mich selbst).
Lieber Reaktivator,
mir geht es nur um Genauigkeit, ok?
Ebensowenig, wie man Professor Baelz' Verdienste wegdiskutieren oder kleinreden darf, sollte man ihn glorifizieren und ihm einen Einfluß auf das Jûdô unterstellen, den er nach bisherigen Erkenntnissen nicht hatte.
Stattdessen sollte man nüchtern konstatieren: das und dies waren seine Meriten.
Punkt.
Ist das so in Ordnung?
Wenn wir uns so weit einig sind, dann ... müßte euch doch so etwas wie das hier genauso ärgern wie mich, oder?
http://www.judo-region-hannover.de/chronik/
Ganz unten steht: Quelle: Deutscher Judo Bund
Und dort finden wir exakt dasselbe.
Mehr noch, wir finden dies hier:
http://www.judobund.de/verbandsinfos/wa ... s_ist_judo
Was ist Judo?
Judo - Die Beherrschung von Körper und Geist
Judo, das heißt "sanfter Weg" und ist ein faszinierender Kampfsport, der aus Japan kommt, inzwischen aber Millionen Anhänger in aller Welt gefunden hat. Der Japaner Jigoro Kano (1860 1938) hat aus der traditionellen Selbstverteidigungstechnik die moderne Sportart Judo entwickelt. Die Anregung dazu bekam er übrigens von einem Deutschen Professor Erich Bälz , der längere Zeit in Japan tätig war.
Und wir finden DAS HIER:
http://www.judobund.de/verbandsinfos/wa ... do/chronik
Der Judosport entwickelte sich aus der japanischen Kampfkunst des Jiu-Jitsu, dem die Kampftechniken der Samurai im aristokratischen Japan des 4. Bis 12. Jahrhunderts zugrunde liegen.
Jiu-Jitsu bedeutet übersetzt in etwa „ sanfte Kunst“ und enthält neben Wurftechniken auch Schlag- und Tritt-, sowie tödliche Techniken. In der Edo-Zeit zwischen 1603 und 1868 entwickelten sich in Japan mehrere verschiedene Schulen, die unterschiedliche Stile des Jiu-Jitsu praktizierten. 1868 drohten jedoch, aufgrund der Öffnung Japans Richtung Westen, die Kampfkünste in Vergessenheit zu geraten, da sie als Altmodisch und Rückständig galten.
Jigoro Kano, der Schüler bei den größten und wichtigsten Meistern des Jiu-Jitsu seiner Zeit war, suchte nach den grundlegenden Prinzipien dieser Techniken. So schuf er den Begriff des Judo. Dieser setzt sich aus den Silben „Ju“, was soviel bedeutet wie Sanftheit/ Nachgeben und der Silbe „do“, dessen Bedeutung „der Weg“ ist, zusammen. Judo bedeutet also „der sanfte Weg“ beziehungsweise „der Weg des Nachgebens“ und lieferte 1882 die Grundlage der Gokyo von Kano, also der ersten 40 Grundwürfe des Judo.
Im Mittelpunkt von Kanos Lehre standen zum einen das gegenseitige Helfen und Unterstützen, zum anderen aber auch eine besondere Ehrerbietung gegenüber dem Meister, was sich dadurch äußerte, dass im Dojo (Trainingshalle) große Bilder des Meisters an den Wänden hingen und dieser auch meistens eine erhöhte Position beim Sitzen einnahm. Entscheidend für den Erfolg des Judo war es aber auch, dass Kano alle tödlichen Techniken, sowie Schlag- und Tritttechniken und Techniken die Angriffe auf Finger-, Fuß- und Beingelenke beinhalteten, vollständig aus dem Judo entfernte.
Solche Dinge finden sich auf der OFFIZIELLEN HP des DJB.
Und werden demnächst garantiert bei Dan-Prüfungen im neuen Fach "Theorie und Geschichte" heruntergebetet, denn was auf der offiziellen HP steht, kann ja nicht falsch sein ...
Ich hab keinen Einfluß auf irgend jemandem im DJB.
Und im Grunde ist mir dieser Verband auch völlig schnurz.
Aber ... DAS kann man doch so nicht auf dieser Seite stehen lassen, um Gottes Willen!!!
Ich denke, wenn Tutor und möglicherweise Reaktivator den Verantwortlichen mal einen Hinweis zukommen ließen, wäre das schon ganz hilfreich ...
FG
Tom