Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?
Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?
Während es für die deutschen Frauen nach 6 Starterinnen für Paris 2024 aussieht, mit Luxusproblemen in den Gewichtsklassen -57, -78 und mit Fragezeichen auch -70 kg, schauen die Männer für diese Spiele in die Röhre. Lediglich im Schwergewicht ist die Qualifikation sicher, dort sogar für Erik Abramov und Losseni Kone, der Bundestrainer wird keine einfache Entscheidung haben. Aktuell kommt noch ein Startplatz über die Kontinentalquote hinzu. Igor Wandtke ist unter 73 Kilogramm nah an der direkten Qualifikation und bekommt, Stand jetzt, Platz 13 von 15 auf der europäischen Liste. Bei noch 3 ausstehenden Turnieren, Tajikistan dieses Wochenende, Kasachstan und die Weltmeisterschaften, könnten die ärgsten Verfolger ihm diesen Platz aber noch wegnehmen.
In der undurchsichtigen Olympiaqualifikation würde Deutschland mit Glück aktuell auch noch ein Team stellen, weil von der IJF ein extra Startplatz zum Auffüllen des Teams an Timo Cavelius gehen, der aber nur im Team starten dürfte.
Mit lediglich zwei Startern wäre es das schwächste Ergebnis der deutschen Männer seit der Wiedervereinigung. Vorher ist es auf Grund der zwei Verbände nicht vergleichbar und eigentlich auch erst seit Einführung des neuen Qualifikationssystems.
Bei den noch ausstehenden Turnieren sind zwar noch ordentlich viele Punkte zu holen, die deutschen sind in ihrem 5 Ergebnissen, die die Position in der Olympiarangliste für dieses Jahr ausmachen, jedoch recht konstant, so dass ein Ausrutscher nach oben passieren muss um die Position noch deutlich zu verbessern. Die Fähigkeiten dazu haben sicherlich einige. Mit Martin Setz (-66) ist allerdings nur ein Athlet aktuell in direkter Schlagweite zur direkten Qualifikation, ihm fehlen 200 Punkte, mit einem 5. Platz bei einem Grand Slam könnte er sich dort noch reinkämpfen. Problem dabei: dieses Ergebnis konnte er in seiner Karriere erst einmal erzielen.
Die anderen Gewichtsklassen haben es da deutlich schwerer. Unter 60 kg ist die Qualifikation schon abgehakt, hier wird es keinen deutschen Starter geben. Igor Wandtke (-73), Timo Cavelius (-81) und Dominic Ressel (-81) haben 400-600 Punkte Rückstand auf die direkte Qualifikation.
Vize-Olympiasieger Eduard Trippel (-90) würden selbst die 1000 Punkte für einen Grand Slam Sieg nicht zur direkten Qualifikation helfen, er braucht mindestens 2 Medaillen, maximal einmal Bronze, aus den verbleibenden 3 Turnieren. Bis 100 Kilogramm fehlen den jungen George Udsilauri und Louis Mai auch noch 800 bzw. 1000 Punkte zur Qualifikation, was neue Karrierehöchstleistungen für beide bedeuten würde.
Von den aufgezählten Athleten werden wohl nur die letzten beiden noch Richtung Los Angeles 2028 streben. Die anderen sind entweder schon 30, oder erreichen dieses Alter im nächsten Olympiazyklus (Cavelius) erreichen. Kommen junge Athleten nach und aktuell ist es nur Tal, bedingt durch Corona und den verkürzten Qualifikationszyklus oder bleibt das deutsche Männerjudo zweitklassig?
Bis 60 Kilogramm und 66 Kilogramm sieht es nicht danach aus. Maximilian Standke scheint noch nicht im Männerjudo auf Weltebene angekommen zu sein, Junioren-Vizeweltmeister Lennart Slamberger hat gerade erst die Gewichtsklasse gewechselt. Danach sieht es mau aus.
Bis 73 kg konnte Jano Rübo zuletzt einen European Cup gewinnen und weckt die Hoffnung die Lücke füllen zu können. Vielleicht kann auch Alexander Gabler, dann als nominelle Nummer 1, auf LA28 als Höhepunkt zielen.
In der deutschen Paradeklasse -81 kg könnte Tim Gramkow vielleicht aufblühen, aber auch wird in LA schon 30 sein. Nach ihm klafft eine Lücke die bisher kein Junior zu schließen vermag. Ähnlich sieht es unter 90 Kilo aus.
Bis 100 Kilogramm hat man mit den schon erwähnten George Udsilauri und Louis Mai zwei Kandidaten die es schon mehrfach in die Platzierungslisten auf der Welttour geschafft haben. Mit Kilian Kappelmeier hat man noch einen dritten Athleten Anfang 20 dem der Schritt zuzutrauen ist. Im Schwergewicht ist Abramov und Kone die nächste Qualifikation auch zuzutrauen.
Das sieht nach 2,5 Qualifikationsmöglichkeiten aus, auch wenn in 4 Jahren noch viel passieren kann und die Entwicklung im Seniorenbereich für jeden anders verläuft.
Dennoch sollte nachgedacht werden, wie man dieser Entwicklung entgegenwirkt. Immer wieder bemängeln die Bundestrainer der Altersklassen die mangelnde Härte und Cleverness, zumindest ist mir dies im Kopf geblieben. Vielleicht ist das der falsche Hebel, wenn es scheinbar durch die Altersklassen durch keine Verbesserung gibt. Vielleicht war die technische Vorgabe der Entwicklungsjahre dieser Sportler doch nicht die Beste. Vielleicht ist es auch nur ein Generationsloch in dem die Talente sich andere Sportarten gesucht haben oder es aufgrund von Verletzungen nicht geschafft haben.
Um ein Zitat aus dem Fußball zu bemühen „es gibt keine Kleinen mehr“. Die deutschen Spitzenjudoka tun sich schwer gegen Athleten aus Afrika und Ozeanien. Aus diesen Regionen hat man früher gerne Gegner in der ersten Runde zum Aufwärmen gehabt. Heute ist hier teilweise schon Schluss gegen ebendiese. Die physische Lücke scheint geschlossen und das Judo nicht besser. Ein Zustand der bedenklich stimmt. Während im Frauenbereich bei den Junioren und Senioren regelmäßig die Medaillen mit nach Hause gebracht werden, ist bei den Männern nicht die Frage wie viele, sondern ob eine Medaille erreicht wird.
Das Problem wird auch schon anderen aufgefallen sein und ein Konzept wird schon in den Startlöchern stehen um Brisbane 2032 erfolgreicher gestalten zu können als das erwartete Los Angeles 2028. Wobei solange die Frauen fleißig die Medaillen bringen, ist die Förderung ja nicht in Gefahr.
In der undurchsichtigen Olympiaqualifikation würde Deutschland mit Glück aktuell auch noch ein Team stellen, weil von der IJF ein extra Startplatz zum Auffüllen des Teams an Timo Cavelius gehen, der aber nur im Team starten dürfte.
Mit lediglich zwei Startern wäre es das schwächste Ergebnis der deutschen Männer seit der Wiedervereinigung. Vorher ist es auf Grund der zwei Verbände nicht vergleichbar und eigentlich auch erst seit Einführung des neuen Qualifikationssystems.
Bei den noch ausstehenden Turnieren sind zwar noch ordentlich viele Punkte zu holen, die deutschen sind in ihrem 5 Ergebnissen, die die Position in der Olympiarangliste für dieses Jahr ausmachen, jedoch recht konstant, so dass ein Ausrutscher nach oben passieren muss um die Position noch deutlich zu verbessern. Die Fähigkeiten dazu haben sicherlich einige. Mit Martin Setz (-66) ist allerdings nur ein Athlet aktuell in direkter Schlagweite zur direkten Qualifikation, ihm fehlen 200 Punkte, mit einem 5. Platz bei einem Grand Slam könnte er sich dort noch reinkämpfen. Problem dabei: dieses Ergebnis konnte er in seiner Karriere erst einmal erzielen.
Die anderen Gewichtsklassen haben es da deutlich schwerer. Unter 60 kg ist die Qualifikation schon abgehakt, hier wird es keinen deutschen Starter geben. Igor Wandtke (-73), Timo Cavelius (-81) und Dominic Ressel (-81) haben 400-600 Punkte Rückstand auf die direkte Qualifikation.
Vize-Olympiasieger Eduard Trippel (-90) würden selbst die 1000 Punkte für einen Grand Slam Sieg nicht zur direkten Qualifikation helfen, er braucht mindestens 2 Medaillen, maximal einmal Bronze, aus den verbleibenden 3 Turnieren. Bis 100 Kilogramm fehlen den jungen George Udsilauri und Louis Mai auch noch 800 bzw. 1000 Punkte zur Qualifikation, was neue Karrierehöchstleistungen für beide bedeuten würde.
Von den aufgezählten Athleten werden wohl nur die letzten beiden noch Richtung Los Angeles 2028 streben. Die anderen sind entweder schon 30, oder erreichen dieses Alter im nächsten Olympiazyklus (Cavelius) erreichen. Kommen junge Athleten nach und aktuell ist es nur Tal, bedingt durch Corona und den verkürzten Qualifikationszyklus oder bleibt das deutsche Männerjudo zweitklassig?
Bis 60 Kilogramm und 66 Kilogramm sieht es nicht danach aus. Maximilian Standke scheint noch nicht im Männerjudo auf Weltebene angekommen zu sein, Junioren-Vizeweltmeister Lennart Slamberger hat gerade erst die Gewichtsklasse gewechselt. Danach sieht es mau aus.
Bis 73 kg konnte Jano Rübo zuletzt einen European Cup gewinnen und weckt die Hoffnung die Lücke füllen zu können. Vielleicht kann auch Alexander Gabler, dann als nominelle Nummer 1, auf LA28 als Höhepunkt zielen.
In der deutschen Paradeklasse -81 kg könnte Tim Gramkow vielleicht aufblühen, aber auch wird in LA schon 30 sein. Nach ihm klafft eine Lücke die bisher kein Junior zu schließen vermag. Ähnlich sieht es unter 90 Kilo aus.
Bis 100 Kilogramm hat man mit den schon erwähnten George Udsilauri und Louis Mai zwei Kandidaten die es schon mehrfach in die Platzierungslisten auf der Welttour geschafft haben. Mit Kilian Kappelmeier hat man noch einen dritten Athleten Anfang 20 dem der Schritt zuzutrauen ist. Im Schwergewicht ist Abramov und Kone die nächste Qualifikation auch zuzutrauen.
Das sieht nach 2,5 Qualifikationsmöglichkeiten aus, auch wenn in 4 Jahren noch viel passieren kann und die Entwicklung im Seniorenbereich für jeden anders verläuft.
Dennoch sollte nachgedacht werden, wie man dieser Entwicklung entgegenwirkt. Immer wieder bemängeln die Bundestrainer der Altersklassen die mangelnde Härte und Cleverness, zumindest ist mir dies im Kopf geblieben. Vielleicht ist das der falsche Hebel, wenn es scheinbar durch die Altersklassen durch keine Verbesserung gibt. Vielleicht war die technische Vorgabe der Entwicklungsjahre dieser Sportler doch nicht die Beste. Vielleicht ist es auch nur ein Generationsloch in dem die Talente sich andere Sportarten gesucht haben oder es aufgrund von Verletzungen nicht geschafft haben.
Um ein Zitat aus dem Fußball zu bemühen „es gibt keine Kleinen mehr“. Die deutschen Spitzenjudoka tun sich schwer gegen Athleten aus Afrika und Ozeanien. Aus diesen Regionen hat man früher gerne Gegner in der ersten Runde zum Aufwärmen gehabt. Heute ist hier teilweise schon Schluss gegen ebendiese. Die physische Lücke scheint geschlossen und das Judo nicht besser. Ein Zustand der bedenklich stimmt. Während im Frauenbereich bei den Junioren und Senioren regelmäßig die Medaillen mit nach Hause gebracht werden, ist bei den Männern nicht die Frage wie viele, sondern ob eine Medaille erreicht wird.
Das Problem wird auch schon anderen aufgefallen sein und ein Konzept wird schon in den Startlöchern stehen um Brisbane 2032 erfolgreicher gestalten zu können als das erwartete Los Angeles 2028. Wobei solange die Frauen fleißig die Medaillen bringen, ist die Förderung ja nicht in Gefahr.
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Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?
Ich sehe die Problematik ähnlich. Kurzfristig habe ich noch die Hoffnung, dass die Grand Slams an diesem und am kommenden Wochenende relativ schwach besetzt sind. Vielleicht kann der eine oder andere noch ein paar Punkte holen und so die Qualifikation absichern.
Korrektur: Wer einen Team Invitation-Platz bekommt, ist auch für das Einzel startberechtigt ("Paris Olympic Games 2024 Judo Qualification System - 28.11.2023 - ENG (Sport Commission)" auf https://www.ijf.org/documents).
Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?
Danke für die Korrektur. Dann sieht es nach drei männlichen Startern in Paris aus, da sich die 73 und 81 wahrscheinlich den Kontinental- und Teamstartplatz hin und herschieben werden.
Ich habe noch diesen alten Beitrag gefunden
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Irgendwie scheint das nicht wirklich funktioniert zu haben, denn die Generation 2024 ist quasi die Generation 2020. Lediglich im Schwergewicht sind Athleten der jüngeren Jahrgänge durchgekommen, vielleicht kann man Timo Cavelius mit 28 auch noch dazuzählen. In meiner sehr vereinfachten Betrachtung scheinen die damaligen Ideen aber gescheitert.caesar hat geschrieben: ↑09.08.2016, 19:35 Im Judomagazin 06/16 schreibt Peter Frese im Vorwort: "Schon jetzt arbeitet das Präsidium gemeinsam mit der DJB-Jugend und den Nachwuchs-Bundestrainern daran, für Olympia 2024 die Weichen zu stellen. Das bedeutet im Speziellen: Die nötigen technischen Voraussetzungen bei den Nachwuchsjudokas schaffen. Mit unserer dazu entwickelten „Nationalen Grundkampfkonzeption“ sind wir bereits auf dem richtigen Weg – und dieser Weg ist alternativlos. Ohne eine strukturelle Vorgabe würden wir international den Anschluss verpassen und die Athleten der Zukunft könnten kaum noch von Olympiamedaillen träumen, wie dies die Generation 2016 tut."
Da schien er noch für das Konzept der Nachwuchsbundestrainer mit Regeländerungen zu sein, zumindest lese ich das so. Die nationale Grundkampfkonzeption, die meinem Verständnis nach den Ärmel-Revers-Griff stark bevorzugt, wird von ihm in aktuellen Judomagazin dann ja auch eher klein gehalten. Das er in der Ausgabe 06/16 das Wort "alternativlos" verwendet, halte ich für sehr unglücklich. Nichts ist alternativlos, vorher ging es ja auch ohne und andere Nationen haben keine NGKKZ und sind trotzdem erfolgreich.
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Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?
Kurzfristig für Paris sehe ich die Lage (bislang) weniger düster, weil vielleicht der eine oder andere Judoka noch ein paar Punkte bei den schwachbesetzten Grand Slams in Dunshabe und Astana sammeln kann. Insofern tritt Deutschland vermutlich nicht mit sonderlich vielen Männern an, aber hoffentlich mit einem Mixed Team.
Zur langfristigen Entwicklung gibt es vermutlich etliche Fragen und Baustellen:
1. Die Fokussierung auf "japanisches Judo" klingt super, aber ist vermutlich nicht realistisch. Die Franzosen versuchen auch nicht, japanisches Judo zu machen, sondern sind erfolgreich mit ihrem Stil.
2. Zentralisierung ist immer ein Thema: Die stärksten Judoka müssen mit den stärksten Judoka trainieren. Wenn sich die ohnehin dünne Personaldecke über sechs Bundesstützpunkte verteilt, dann ist das im Hinblick auf die Leistungsentwicklung sicherlich nicht optimal. Natürlich ist Zentralisierung alleine kein Allheilmittel und führt zu eigenen Problemen (die Fokussierung auf einen Stützpunkt würde die Karrieremöglichkeiten der Judoka einschränken; es würde vielleicht zu einer "Austrocknung in der Fläche" kommen, wenn die Wege zu den Stützpunkten weiter werden). Die Niederlande haben ein nationales Trainingszentrum in Papendal, was anscheinend ganz gut funktioniert, aber auch nicht ganz unumstritten ist, obwohl die Niederlande ein deutlich kleineres Land ist.
3. Meine Beobachtung des U15- und U18-Judo ist, dass dort meist auf kurzfristige Wettkampferfolge und nicht auf langfristige Entwicklung gesetzt wird. Dies äußert sich zum Beispiel in extremen Weight-Cuts im U18- und teilweise im U15-Bereich, was die falschen Leute vielversprechend erscheinen lässt und sich negativ auf die Entwicklung der Judoka auswirkt.
4. Die leidliche Trainerdiskussion, die es sicherlich in vielen Sportarten gibt: Warum können wir Topleute oftmals nicht als Trainer halten? Warum dreht sich auf DJB-Ebene das Trainerkarussell so schnell (aktuell wird wieder ein Trainer für U21m gesucht; U18m/w war lange unbesetzt, jetzt gibt es seit eineinhalb Jahren einen gemeinsamen U18-Trainer)?
Zur langfristigen Entwicklung gibt es vermutlich etliche Fragen und Baustellen:
1. Die Fokussierung auf "japanisches Judo" klingt super, aber ist vermutlich nicht realistisch. Die Franzosen versuchen auch nicht, japanisches Judo zu machen, sondern sind erfolgreich mit ihrem Stil.
2. Zentralisierung ist immer ein Thema: Die stärksten Judoka müssen mit den stärksten Judoka trainieren. Wenn sich die ohnehin dünne Personaldecke über sechs Bundesstützpunkte verteilt, dann ist das im Hinblick auf die Leistungsentwicklung sicherlich nicht optimal. Natürlich ist Zentralisierung alleine kein Allheilmittel und führt zu eigenen Problemen (die Fokussierung auf einen Stützpunkt würde die Karrieremöglichkeiten der Judoka einschränken; es würde vielleicht zu einer "Austrocknung in der Fläche" kommen, wenn die Wege zu den Stützpunkten weiter werden). Die Niederlande haben ein nationales Trainingszentrum in Papendal, was anscheinend ganz gut funktioniert, aber auch nicht ganz unumstritten ist, obwohl die Niederlande ein deutlich kleineres Land ist.
3. Meine Beobachtung des U15- und U18-Judo ist, dass dort meist auf kurzfristige Wettkampferfolge und nicht auf langfristige Entwicklung gesetzt wird. Dies äußert sich zum Beispiel in extremen Weight-Cuts im U18- und teilweise im U15-Bereich, was die falschen Leute vielversprechend erscheinen lässt und sich negativ auf die Entwicklung der Judoka auswirkt.
4. Die leidliche Trainerdiskussion, die es sicherlich in vielen Sportarten gibt: Warum können wir Topleute oftmals nicht als Trainer halten? Warum dreht sich auf DJB-Ebene das Trainerkarussell so schnell (aktuell wird wieder ein Trainer für U21m gesucht; U18m/w war lange unbesetzt, jetzt gibt es seit eineinhalb Jahren einen gemeinsamen U18-Trainer)?
- nur_wazaari
- 2. Dan Träger
- Beiträge: 534
- Registriert: 02.10.2013, 10:59
Orientierung an den Besten?
Nur eine Idee, ohne detaillierte Ausführung (denn fundierte Analysen dieser Art sind zeitintensiv): Man könnte immerhin beginnen, sich ab und zu an den derzeit Besseren zu orientieren und einen oder mehrere Vergleiche anzustrengen. Man nähme sich fürs Erste das Beispiel einen Kandidaten, dem man ins Verhältnis gesetzt strukturell und finanziell vermutlich ähnlich sieht, etwa unser direktes Nachbarland Österreich. Dann nähme man sich ein paar Kriterien wie Führungsverhalten, Verantwortungsstruktur, Personaleinsatz, Personalverteilung, Kaderplanung, Trainingsplanung, Pressearbeit, Kommunikationsverhalten, adressatengerechte Ansprachen und nicht zuletzt "Spirit" (mitgemeint ist hier auch Wertschätzung der Akteure) oder beliebige andere Bereiche und vergliche das allein in der Struktur und immer unter dem Lichte dessen, was moderne Verbandsführung, modernes Wettkampfjudo, modernes Marketing und moderne Kommunikation eben derzeit erfordern. Man vergliche auch die Umsetzung des verlautbarten Selbstanspruchs in der Öffentlichkeit und mäße jeweils an den Ergebnissen. Vielleicht zöge man nach dieser hypothetischen Analysephase auch erste Schlüsse, definiere man auch erste Maßnahmen.
Schnell würde man auch erkennen, dass es nicht nur um Leistungssport geht. Derzeit muss man beim DJB als Dachverband (nicht gemeint sind demnach Aktionen einzelner Vereine und Landesverbände) durchaus darauf Acht geben, vollends den Anschluss zu verlieren (ich wollte eigentlich drastischer schreiben: sich nicht vollends lächerlich zu machen). Was will oder wollte man nicht alles einführen, was verkauft man nicht alles als unglaublichen Fortschritt und dann sehen die oft nur mäßig beteiligten und zunehmend abwinkenden Mitglieder, was wirklich bei herumkommt, verschleihert wie die mitunter merkwürdig besetzten/geschaffenen Posten im Dachverband arbeiten und schiebt alles auf Föderalismus oder ist sich auch nicht zu schade, hier und da mit dem Finger auf einzelne Landesverbände oder sogar die Mitglieder zu zeigen. Gleichzeitig wundert man sich, dass die Landesverbände und Vereine auch ihr eigenes Ding machen, jeder für sich in unterschiedlichen Bereichen (leider noch selten in allen Bereichen zusammen) viel bessere Beispiele abgeben, als es beim Dachverband der Fall ist.
Wenn der DJB also weiter so geführt wird und sich so aufführt wie eine mäßig aufgestellte, stets bemühte Behörde, dann wird es nicht aufwärts gehen, im Gegenteil, die Dinge bleiben im Konjunktiv (zwei) von bloßen Hypothesen stecken. Denn die Konkurrenz schläft nun wirklich nicht, nicht nur im Leistungssport.
Schnell würde man auch erkennen, dass es nicht nur um Leistungssport geht. Derzeit muss man beim DJB als Dachverband (nicht gemeint sind demnach Aktionen einzelner Vereine und Landesverbände) durchaus darauf Acht geben, vollends den Anschluss zu verlieren (ich wollte eigentlich drastischer schreiben: sich nicht vollends lächerlich zu machen). Was will oder wollte man nicht alles einführen, was verkauft man nicht alles als unglaublichen Fortschritt und dann sehen die oft nur mäßig beteiligten und zunehmend abwinkenden Mitglieder, was wirklich bei herumkommt, verschleihert wie die mitunter merkwürdig besetzten/geschaffenen Posten im Dachverband arbeiten und schiebt alles auf Föderalismus oder ist sich auch nicht zu schade, hier und da mit dem Finger auf einzelne Landesverbände oder sogar die Mitglieder zu zeigen. Gleichzeitig wundert man sich, dass die Landesverbände und Vereine auch ihr eigenes Ding machen, jeder für sich in unterschiedlichen Bereichen (leider noch selten in allen Bereichen zusammen) viel bessere Beispiele abgeben, als es beim Dachverband der Fall ist.
Wenn der DJB also weiter so geführt wird und sich so aufführt wie eine mäßig aufgestellte, stets bemühte Behörde, dann wird es nicht aufwärts gehen, im Gegenteil, die Dinge bleiben im Konjunktiv (zwei) von bloßen Hypothesen stecken. Denn die Konkurrenz schläft nun wirklich nicht, nicht nur im Leistungssport.
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Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?
Nach den letzten Grand Slams und vor den abschließenden Weltmeisterschaften hat sich die Ausgangslage für die deutschen Männer nur ein bisschen geändert, aber das zum Positiven.
Timo Cavelius bekam die doppelte Revanche für seine Erstrundenniederlage bei der EM und ist nach Platz 5 und 2 nur noch 100 Punkte von der direkten Qualifikation entfernt. Eduard Trippel ist nach einem Achtelfinale und einer Silbermedaille noch 100 Punkte von den Kontinentalplätzen enfernt. Igor Wandtke hat den Teamplatz übernommen.
Bei der anstehenden WM gibt es noch einmal ordentlich Punkte zu sammeln, allerdings auch bei deutlich besser besetzten Starterfeldern als in Dushanbe oder Astana.
Im Detail gestaltet es sich dann auch etwas schwieriger. Timo Cavelius hat bereits volle Ergebnisse in seinen 5 Qualipunktzahlen stehen, er müsste bei der WM ins Achtelfinale kommen um über 100 Punkte gutzumachen. Atilla Ungvari aus Ungarn, welcher einen Platz vor ihm, auf dem ersten direkten Qualifikationsplatz liegt, hat noch ein Ergebnis frei. Somit würde es nicht reichen, eine Runde weiter zu kommen als Ungvari, es müssten schon 2 sein. 240 Punkte vor Cavelius liegt der Usbeke Boltaboev, der ebenfalls schon 5 richtige Punktzahlen in der Liste hat. Sollte Boltaboev zeitig ausscheiden und Cavelius mind. Siebter werden, wäre auch dieser noch einzuholen. Sollte er wie bei den letzten Grand Slams wieder in den Finalblock kommen, steht der direkten Qualifikation nichts im Weg.
Wenn Cavelius die direkte Qualifikation schaffen sollte, geht die Tür für Eduard Trippel auch wieder ein Stück weiter auf, um noch auf den Zug nach Paris aufzuspringen. Dem Rüsselsheimer fehlen noch 400 Punkte zur direkten Qualifikation. Sein Vorteil, er hat noch ein Ergebnis mit lediglich 6 Punkten in der Liste, würde also die möglichen Punkte eines guten WM-Ergebnisses voll zugerechnet bekommen, Platz 7 bringt 520 Punkte und würde die Qualifikation sichern. Unter der Voraussetzung, dass Cavelius die direkte Quali schafft, könnte die Punktzahl jetzt schon für den Kontinentalplatz reichen (Das nachzugucken ist echt schwierig). 100 bzw. 200 Punkte vor ihm sind die europäischen Vertreter mit Kontinentalquotenplätzen, es scheint also möglich, mit einem Platz im Sechzehntelfinale diese schon abzufangen. In Kasachstan konnte er vor einigen Kontrahenten landen, die teilweise deutlich vor ihm in der Rangliste stehen.
Da es bei der WM im Vergleich zum Grand Slam die doppelte Punktzahl gibt, ist theoretisch auch für die anderen deutschen Männer, besonders Igor Wandtke und Martin Setz, noch alles möglich, sollten sie deutlich überperformen und es in den Finalblock schaffen.
Bei den Frauen muss Katharina Menz aufpassen, dass sie ihren Platz behält, aktuell ist sie auf dem letzten direkten Platz mit lediglich 26 Punkten Vorsprung. Bis 57 Kilo gibt es wahrscheinlich das spannendeste deutsch-deutsche Duell mit Pauline Starke und Seija Ballhaus, wo für mich zumindest keine klar vorne ist. Bis 70 Kilo ist die Frage, ob Miriam Butkereit rechtzeitig für Olympia fit wird, Giovanna Scoccimarro hat leider nach ihrer Kreuzbandverletzung nicht ihre alte Form wiedergefunden, wird aber eine gute Alternative für Olympia sein. Bis 78 Kilo muss Anna-Maria Wagner fahren. Alina Böhm hat zwar seit den letzten Olympischen Spielen auf der World Tour hervorragende 9 Medaillen geholt, AMW im selben Zeitraum aber alleine 7 Goldmedaillen, eine Farbe die Böhm noch komplett fehlt. Diese 7 Goldmedaillen werden lediglich von der absoluten Nummer 1, Christa Deguchi, getopt, ansonsten konnte niemand so viel Gold holen wie Anna-Maria Wagner.
Die Frage für die Männer bleibt, "Wie geht es weiter?". Das letzte Konzept, die "Generation 2024" mit ausführlichen Jugendsonderregeln und Aktionen scheint es nicht gebracht zu haben. Richtung 2032 wurden andere Weichen gestellt, die Jugend darf zeitiger freier kämpfen, ob das der oft bemängelten fehlenden Härte hilft, wird man sehen. Für 2028 muss man das Zwischentief wohl mitnehmen müssen, in der Hoffnung, dass die Frauen mit den Medaillen die Förderung oben halten. Ob das deutsche Männerjudo in die Zweitklassigkeit abrutscht oder neue Impulse dafür sorgen, sich gegen die Nationen mit mehr Geld (das ist einer der entscheidenden Faktoren, da kann man nicht drumrum reden) durchsetzen zu können, wird sich zeigen. Die Idee der kompletten Zentralisierung ist nicht auf viel Gegenliebe gestoßen und wenn man sich anguckt, wie kleine Nationen trotz vergleichbar großer Trainingsgruppen zu den hiesigen Stützpunkten Weltklasseathleten produzieren, scheint mir der Ruf nach Zentralisierung auch etwas obsolet.
Ob man Konzepte von deutlich kleineren Ländern mit anderen finanziellen Möglichkeiten einfach übernehmen kann, bezweifle ich auch. Ebenso wie die häufige Orientierung an Japan. Es gibt ja positive Beispiele, die Frage ist, beruhen diese auf guten Konzepten oder auf Einzeltalenten.
Timo Cavelius bekam die doppelte Revanche für seine Erstrundenniederlage bei der EM und ist nach Platz 5 und 2 nur noch 100 Punkte von der direkten Qualifikation entfernt. Eduard Trippel ist nach einem Achtelfinale und einer Silbermedaille noch 100 Punkte von den Kontinentalplätzen enfernt. Igor Wandtke hat den Teamplatz übernommen.
Bei der anstehenden WM gibt es noch einmal ordentlich Punkte zu sammeln, allerdings auch bei deutlich besser besetzten Starterfeldern als in Dushanbe oder Astana.
Im Detail gestaltet es sich dann auch etwas schwieriger. Timo Cavelius hat bereits volle Ergebnisse in seinen 5 Qualipunktzahlen stehen, er müsste bei der WM ins Achtelfinale kommen um über 100 Punkte gutzumachen. Atilla Ungvari aus Ungarn, welcher einen Platz vor ihm, auf dem ersten direkten Qualifikationsplatz liegt, hat noch ein Ergebnis frei. Somit würde es nicht reichen, eine Runde weiter zu kommen als Ungvari, es müssten schon 2 sein. 240 Punkte vor Cavelius liegt der Usbeke Boltaboev, der ebenfalls schon 5 richtige Punktzahlen in der Liste hat. Sollte Boltaboev zeitig ausscheiden und Cavelius mind. Siebter werden, wäre auch dieser noch einzuholen. Sollte er wie bei den letzten Grand Slams wieder in den Finalblock kommen, steht der direkten Qualifikation nichts im Weg.
Wenn Cavelius die direkte Qualifikation schaffen sollte, geht die Tür für Eduard Trippel auch wieder ein Stück weiter auf, um noch auf den Zug nach Paris aufzuspringen. Dem Rüsselsheimer fehlen noch 400 Punkte zur direkten Qualifikation. Sein Vorteil, er hat noch ein Ergebnis mit lediglich 6 Punkten in der Liste, würde also die möglichen Punkte eines guten WM-Ergebnisses voll zugerechnet bekommen, Platz 7 bringt 520 Punkte und würde die Qualifikation sichern. Unter der Voraussetzung, dass Cavelius die direkte Quali schafft, könnte die Punktzahl jetzt schon für den Kontinentalplatz reichen (Das nachzugucken ist echt schwierig). 100 bzw. 200 Punkte vor ihm sind die europäischen Vertreter mit Kontinentalquotenplätzen, es scheint also möglich, mit einem Platz im Sechzehntelfinale diese schon abzufangen. In Kasachstan konnte er vor einigen Kontrahenten landen, die teilweise deutlich vor ihm in der Rangliste stehen.
Da es bei der WM im Vergleich zum Grand Slam die doppelte Punktzahl gibt, ist theoretisch auch für die anderen deutschen Männer, besonders Igor Wandtke und Martin Setz, noch alles möglich, sollten sie deutlich überperformen und es in den Finalblock schaffen.
Bei den Frauen muss Katharina Menz aufpassen, dass sie ihren Platz behält, aktuell ist sie auf dem letzten direkten Platz mit lediglich 26 Punkten Vorsprung. Bis 57 Kilo gibt es wahrscheinlich das spannendeste deutsch-deutsche Duell mit Pauline Starke und Seija Ballhaus, wo für mich zumindest keine klar vorne ist. Bis 70 Kilo ist die Frage, ob Miriam Butkereit rechtzeitig für Olympia fit wird, Giovanna Scoccimarro hat leider nach ihrer Kreuzbandverletzung nicht ihre alte Form wiedergefunden, wird aber eine gute Alternative für Olympia sein. Bis 78 Kilo muss Anna-Maria Wagner fahren. Alina Böhm hat zwar seit den letzten Olympischen Spielen auf der World Tour hervorragende 9 Medaillen geholt, AMW im selben Zeitraum aber alleine 7 Goldmedaillen, eine Farbe die Böhm noch komplett fehlt. Diese 7 Goldmedaillen werden lediglich von der absoluten Nummer 1, Christa Deguchi, getopt, ansonsten konnte niemand so viel Gold holen wie Anna-Maria Wagner.
Die Frage für die Männer bleibt, "Wie geht es weiter?". Das letzte Konzept, die "Generation 2024" mit ausführlichen Jugendsonderregeln und Aktionen scheint es nicht gebracht zu haben. Richtung 2032 wurden andere Weichen gestellt, die Jugend darf zeitiger freier kämpfen, ob das der oft bemängelten fehlenden Härte hilft, wird man sehen. Für 2028 muss man das Zwischentief wohl mitnehmen müssen, in der Hoffnung, dass die Frauen mit den Medaillen die Förderung oben halten. Ob das deutsche Männerjudo in die Zweitklassigkeit abrutscht oder neue Impulse dafür sorgen, sich gegen die Nationen mit mehr Geld (das ist einer der entscheidenden Faktoren, da kann man nicht drumrum reden) durchsetzen zu können, wird sich zeigen. Die Idee der kompletten Zentralisierung ist nicht auf viel Gegenliebe gestoßen und wenn man sich anguckt, wie kleine Nationen trotz vergleichbar großer Trainingsgruppen zu den hiesigen Stützpunkten Weltklasseathleten produzieren, scheint mir der Ruf nach Zentralisierung auch etwas obsolet.
Ob man Konzepte von deutlich kleineren Ländern mit anderen finanziellen Möglichkeiten einfach übernehmen kann, bezweifle ich auch. Ebenso wie die häufige Orientierung an Japan. Es gibt ja positive Beispiele, die Frage ist, beruhen diese auf guten Konzepten oder auf Einzeltalenten.
- nur_wazaari
- 2. Dan Träger
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Punkte sind Trauben und Trauben hängen hoch oder faulen
Würde ich angesichts der Auslosung zur morgen beginnenden WM nicht behaupten. Die ist bei den Männern gemessen an der bisherigen durchschnittlichen "Perfomance" sehr anspruchsvoll. Auch die Frauen haben überwiegend schwierige Aufgaben vor sich, selbst die in der Rangliste weit oben platzierten.
Was soll man sonst noch zur sportlichen Situation schreiben? Die Möglichkeiten des DJB sind im Vergleich zu vielen Nationen, mit denen man sich gleichwertig wähnt, offenbar arg begrenzt und es gibt zunehmend personelle Vakanzen (in jeder Hinsicht). Die Ansprüche, das heißt der Druck auf Angestellte und Aktive, wird dabei immer höher. Das wird sich wohl auch nach "OLY2024" nicht so schnell ändern.
Vielleicht schätzt man irgendwann auch die Situation realistisch ein (in einem Paralleluniversum zum Beispiel). Bei den Männern insbesondere belässt man es vielleicht künftig beim olympischen Haupt-Gedanken, wobei der ohnehin schon das derzeitige Maß der Dinge für diese Gruppe ist. Der Hauptfaktor dürfte aber in der Tat die Finanzierung sein, denn der in vielerlei Hinsicht komplett weltfremde Qualifizierungs- und Turnierzirkus - pardon, Turnierzyklus - wird immer teurer, während die Mittel immer knapper werden.
Also wozu das Ganze? Und wenn, wie und mit Gewinn für alle?
Natürlich können Menschen auch über sich hinauswachsen. Aber dafür braucht es dennoch den richtigen Nährboden.
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- Grün Gurt Träger
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Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?
Um den Bogen zu den Frauen und deren Olympiaqualifikation zu schlagen: Mascha Ballhaus hat jetzt vermutlich sogar einen Setzlistenplatz. Katharina Menz ist aber leider hinter die Qualifikationsplätze gerutscht. Einen Continental Quote-Platz kann sie nicht bekommen, weil Timo Cavelius den hat. Der müsste also auf einen regulären Platz kommen. Dazu ist eine Verbesserung um mindestens 100 Punkte notwendig, wozu er ins Achtelfinale kommen müsste. Dazu müsste Timo gegen Sagi Muki, gegen Tato Grigalashvili und dann noch einen Kampf (z. B. gegen Vedat Albayrak) gewinnen...
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- Orange Grün Gurt Träger
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Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?
Bin mit der Punktevergabe und den Sonderplätzen nicht so bewandert. Rein sportlich hat Igor Wandtke überzeugt. Wäre ihm zu wünschen, dass er nochmal nach Paris fahren kann. Vielleicht hat er ja jetzt den Bulgaren Hristov verdrängt und qualifiziert sich über die continental quota.
Timo Cavelius hat tatsächlich einen Turnierbaum aus den Tiefen der Hölle gezogen. Stark, gegen Muki zu gewinnen. Der Sieger aus Georgien war dann für alle eine Nummer zu groß. 40 zusätzliche Punkte dürften es dann netto gewesen sein, richtig?
Bei Trippel hing die Quali vermutlich an einem Kampf. Hätte er nur das Finale kürzlich gewonnen oder heute gepunktet, dann wäre er wohl in Paris dabei. Bei ihm und Ressel verstehe ich grundsätzlich nicht, warum sie in diesem Zyklus so wenig gepunktet haben - unabhängig von Verletzungen. Beide haben so viel Talent, aber damit kommt man ja schon wieder auf das Grundsatzthema dieses Fadens.
Sehr schade für Katharina Menz ...
Timo Cavelius hat tatsächlich einen Turnierbaum aus den Tiefen der Hölle gezogen. Stark, gegen Muki zu gewinnen. Der Sieger aus Georgien war dann für alle eine Nummer zu groß. 40 zusätzliche Punkte dürften es dann netto gewesen sein, richtig?
Bei Trippel hing die Quali vermutlich an einem Kampf. Hätte er nur das Finale kürzlich gewonnen oder heute gepunktet, dann wäre er wohl in Paris dabei. Bei ihm und Ressel verstehe ich grundsätzlich nicht, warum sie in diesem Zyklus so wenig gepunktet haben - unabhängig von Verletzungen. Beide haben so viel Talent, aber damit kommt man ja schon wieder auf das Grundsatzthema dieses Fadens.
Sehr schade für Katharina Menz ...
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- Grün Gurt Träger
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Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?
Igor Wandtke ist definitiv über einen Team Invitation-Platz dabei. Wenn ich richtig rechne, wäre die einzige Möglichkeit, dass Igor nicht antreten darf, das folgende Szenario: Wenn George Udsilauri Silber holt, dann hätte er keinen direkten Qualifikationsplatz, hätte aber mehr Punkte als Timo Cavelius. Damit hätte Timo keinen Continental Quote-Platz mehr, womit wir bei Olympia die Team-Gewichtsklasse bis 90 Kilo nicht besetzen könnten. Damit gäbe es auch keinen Team-Platz mehr (den gibt es nur, wenn man fünf der sechs Gewichtsklassen besetzen kann).
Eduard Trippel hätte ein Finalsieg vor einer Woche nichts gebracht. Er hätte auf jeden Fall heute punkten müssen. Selbst mit einem Grand Slam-Sieg wäre er hinter Timo und hinter den regulären Qualiplätzen gewesen. Vielleicht wäre es aber eine gute Motivation gewesen, weil dann heute weniger Punkte gereicht hätten.
Eduard Trippel hätte ein Finalsieg vor einer Woche nichts gebracht. Er hätte auf jeden Fall heute punkten müssen. Selbst mit einem Grand Slam-Sieg wäre er hinter Timo und hinter den regulären Qualiplätzen gewesen. Vielleicht wäre es aber eine gute Motivation gewesen, weil dann heute weniger Punkte gereicht hätten.
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Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?
Warum hat Anna Monta Olek eigentlich nicht an der WM im Einzel teilgenommen? Dürfen nur zwei pro Verband teilnehmen? Das Ranking dürfte doch kein Problem gewesen sein.
Zuletzt geändert von Uschi Martha am 22.05.2024, 17:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?
Ja, maximal zwei pro Gewichtsklasse und neun pro Geschlecht.
Ich hätte im Vorfeld entschieden, wer zu Olympia fährt und dann Olek und die verbleibende Athletin zur WM geschickt.
Um an der WM teilnehmen zu dürfen, muss man unter den Top 100 sein oder Top 16 der Juniorenrangliste. Die Japaner hatten Athleten, die das interne Qualifikationsturnier gewonnen hatten, aber nicht unter den Top 100 sind.
Ich hätte im Vorfeld entschieden, wer zu Olympia fährt und dann Olek und die verbleibende Athletin zur WM geschickt.
Um an der WM teilnehmen zu dürfen, muss man unter den Top 100 sein oder Top 16 der Juniorenrangliste. Die Japaner hatten Athleten, die das interne Qualifikationsturnier gewonnen hatten, aber nicht unter den Top 100 sind.
Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?
Dann hätten wir jetzt aber eine Weltmeisterin wenigerBodnus Carlsen hat geschrieben: ↑22.05.2024, 16:18 Ich hätte im Vorfeld entschieden, wer zu Olympia fährt und dann Olek und die verbleibende Athletin zur WM geschickt.
Wen außer Mashiyama meinst du noch? Das "interne Qualifikationsturnier" ist ja nicht der einzige Maßstab, sieht man in der 60, 66 und 73 ja auch. Mashiyama hätte den WM Startplatz denke auch aus anderen Gründen nicht bekommen, der hat einen ganz schweren Stand.Bodnus Carlsen hat geschrieben: ↑22.05.2024, 16:18 Die Japaner hatten Athleten, die das interne Qualifikationsturnier gewonnen hatten, aber nicht unter den Top 100 sind
Zu den deutschen Männern, leider am unteren Ende der Erwartungen. Timo Cavelius war im ersten Kampf ein echter Lichtblick und ich dachte, vielleicht geht was. Leider war der Weltmeister dann zu stark. Ressel und Trippel leider ohne Chance. Was hat gefehlt bei Athleten, die ja schon bewiesen haben, dass sie bei solch einem Turnier in den Finalblock können?
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Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?
Das stimmt natürlich, aber ich habe auch nicht behauptet, dass meine Entscheidung die beste gewesen wäre...caesar hat geschrieben: ↑23.05.2024, 04:00Dann hätten wir jetzt aber eine Weltmeisterin wenigerBodnus Carlsen hat geschrieben: ↑22.05.2024, 16:18 Ich hätte im Vorfeld entschieden, wer zu Olympia fährt und dann Olek und die verbleibende Athletin zur WM geschickt.
Ich habe lediglich von der Existenz gehört, Details kenne ich nicht. Was ist denn Mashiyamas internes Problem?caesar hat geschrieben: ↑23.05.2024, 04:00Wen außer Mashiyama meinst du noch? Das "interne Qualifikationsturnier" ist ja nicht der einzige Maßstab, sieht man in der 60, 66 und 73 ja auch. Mashiyama hätte den WM Startplatz denke auch aus anderen Gründen nicht bekommen, der hat einen ganz schweren Stand.Bodnus Carlsen hat geschrieben: ↑22.05.2024, 16:18 Die Japaner hatten Athleten, die das interne Qualifikationsturnier gewonnen hatten, aber nicht unter den Top 100 sind
Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?
Was mir immer etwas kurz kommt, ist die Evaluation von getroffenen Maßnahmen. Ich musste eine ganze Weile suchen um zu finden, wann die Jugendregeln genau den Griff über die Schulter verboten haben. Zum Glück ist das Forum eine bessere Fundgrube als Google und ich habe das hier entdeckt.
Also Leute die eigentlich ja Generation 2024 sein sollten, auch wenn da die U14 Jahrgänge bestimmt auch noch dazuzählen würden. Von den aktuellen Topleuten in den Gewichtsklassen trifft das auf Eduard Trippel (1997), George Udsilauri (2003) und Losseni Kone (2001) zu. Im erweiterten Kreis sind noch Louis Mai (2001) und Erik Abramov (1999).
Wenn man sich einmal die bloßen Zahlen anguckt, auch wenn die Einflüsse natürlich multifaktoriell sind, dann sieht das nicht so aus, als wäre es eine gute Idee gewesen die Jugendregeln damals einzuführen. Man hat keine Gegenprobe und es wird immer spekulativ bleiben, aber ein Erfolg war es definitiv nicht. Hätte man vielleicht ohne das Verbot sogar mehr männliche Judoka, die nicht das Problem mit der "mangelnden Härte" hätten.
Die Regeln wurden jetzt zumindest für die U15 gelockert. Die Jahrgänge die es jetzt betrifft sind dann 2010 aufwärts. Also Athleten die für 2032 Brisband und 2036 Berlin(ganz vielleicht) in Frage kommen. Vielleicht kommt auch 2028 in LA die große Überraschung und die Männer brauchen nur durch Corona und die dadurch häufig verlängerte Karriere vieler Athleten länger um sich in den vorderen Reihen zu etablieren.
Ich glaube der Vorschlag ging damals durch. Seit 2007 wird also die Jugend "besser" ausgebildet. Nehmen wir mal an, dass die U14 damals schon versaut war und wir schauen und nur die an, die damals noch U11 waren. Also Jahrgang 1997 und jünger.Christian hat geschrieben: ↑14.06.2006, 08:54www.judobund.de hat geschrieben:Im württembergischen Backnang fand die diesjährige Jugendvollversammlung statt.
Der Versammlung lagen einige Anträge zu den Sonderregelungen im Bereich der U11 und U14 vor. Die Jugendleitungen der Landesverbände sprachen sich mit deutlicher Mehrheit dafür aus, das Gesamtpaket der Sonderregelungen nicht aufzuschnüren, sondern weiterhin nach den zum 1.1.2005 eingeführten Regeln zu verfahren. Es wurden lediglich einige Modifizierungen vorgenommen. Nach den gesammelten Erfahrungen soll ab 1.1.2007 wieder mit Koka-Wertung und Shido-Bestrafung (im Wiederholungsfall) gekämpft werden. Außerdem wird die Regelung, wonach der Griff in den Nacken oder auf den Rücken nur zur direkten Wurfausführung erlaubt ist, konkreter gefasst. Zukünftig ist der Griff in und um den Nacken (mit und ohne Jacke) sowie über die Schulter oder über den Arm auf den Rücken verboten. Diese Neuregelungen treten vorbehaltlich der Zustimmung durch die DJB-Mitgliederversammlung zum 1.1.2007 in Kraft.
Also Leute die eigentlich ja Generation 2024 sein sollten, auch wenn da die U14 Jahrgänge bestimmt auch noch dazuzählen würden. Von den aktuellen Topleuten in den Gewichtsklassen trifft das auf Eduard Trippel (1997), George Udsilauri (2003) und Losseni Kone (2001) zu. Im erweiterten Kreis sind noch Louis Mai (2001) und Erik Abramov (1999).
Wenn man sich einmal die bloßen Zahlen anguckt, auch wenn die Einflüsse natürlich multifaktoriell sind, dann sieht das nicht so aus, als wäre es eine gute Idee gewesen die Jugendregeln damals einzuführen. Man hat keine Gegenprobe und es wird immer spekulativ bleiben, aber ein Erfolg war es definitiv nicht. Hätte man vielleicht ohne das Verbot sogar mehr männliche Judoka, die nicht das Problem mit der "mangelnden Härte" hätten.
Die Regeln wurden jetzt zumindest für die U15 gelockert. Die Jahrgänge die es jetzt betrifft sind dann 2010 aufwärts. Also Athleten die für 2032 Brisband und 2036 Berlin(ganz vielleicht) in Frage kommen. Vielleicht kommt auch 2028 in LA die große Überraschung und die Männer brauchen nur durch Corona und die dadurch häufig verlängerte Karriere vieler Athleten länger um sich in den vorderen Reihen zu etablieren.
Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?
Sieh an, sieh an ...caesar hat geschrieben: ↑24.05.2024, 15:07 Wenn man sich einmal die bloßen Zahlen anguckt, auch wenn die Einflüsse natürlich multifaktoriell sind, dann sieht das nicht so aus, als wäre es eine gute Idee gewesen die Jugendregeln damals einzuführen. Man hat keine Gegenprobe und es wird immer spekulativ bleiben, aber ein Erfolg war es definitiv nicht. Hätte man vielleicht ohne das Verbot sogar mehr männliche Judoka, die nicht das Problem mit der "mangelnden Härte" hätten.
Mir hat sich auch noch nie der Sinn davon erschlossen, bei den Kinder- u. Jugendlichen noch mehr zu verbieten, als bei Erwachsenen ...
Und selbst da sind einige Verbote höchst zweifelhaft ...
Mit freundlichem Gruß
Fritz
Fritz
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Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?
Die Frauen werden mit den Jugendregeln ja auch erfolgreich, insofern kann das vermutlich nicht der einzige Grund sein. Mangelnde Trainingspartner ist sicherlich in Deutschland bei den Männern ein größeres Problem als bei den Frauen.
Ich denke, dass bei den Jugendregeln zwei Dinge unterschieden werden sollten:
1. Regeln, die der Gesundheit dienen.
2. Regeln, die das Lernen von Judo ermöglichen.
Über Erfolg oder Misserfolg entscheiden vermutlich eher die Regeln von Punkt 2. Als Beispiel: Vernünftige zu Haupt- und Gegenseite werfen zu können, kostet Zeit, den Gegner mit Tani-otoshi als Konter wegklatschen ist deutlich schneller beigebracht. Die entsprechende Jugendregel klingt daher sinnvoll für mich. Andere Jugendregeln (wie z. B. die fast dogmatische Fokussierung auf Ärmel-Revers-Griff) finde ich weniger nachvollziehbar, aber das wurde ja jetzt gelockert.
Wenn sich die (Vereins-, Bezirks- und auch Landes-)Trainer auf langfristige Entwicklung einlassen und nicht für den kurzfristigen Erfolg trainieren, bräuchte es viele Jugendregeln vermutlich gar nicht. Aber sobald eine Minderheit dann "clever" U13-, U15- und U18-Erfolge einheimst, funktioniert es ohne Jugendregeln vermutlich nicht mehr.
Ich denke, dass bei den Jugendregeln zwei Dinge unterschieden werden sollten:
1. Regeln, die der Gesundheit dienen.
2. Regeln, die das Lernen von Judo ermöglichen.
Über Erfolg oder Misserfolg entscheiden vermutlich eher die Regeln von Punkt 2. Als Beispiel: Vernünftige zu Haupt- und Gegenseite werfen zu können, kostet Zeit, den Gegner mit Tani-otoshi als Konter wegklatschen ist deutlich schneller beigebracht. Die entsprechende Jugendregel klingt daher sinnvoll für mich. Andere Jugendregeln (wie z. B. die fast dogmatische Fokussierung auf Ärmel-Revers-Griff) finde ich weniger nachvollziehbar, aber das wurde ja jetzt gelockert.
Wenn sich die (Vereins-, Bezirks- und auch Landes-)Trainer auf langfristige Entwicklung einlassen und nicht für den kurzfristigen Erfolg trainieren, bräuchte es viele Jugendregeln vermutlich gar nicht. Aber sobald eine Minderheit dann "clever" U13-, U15- und U18-Erfolge einheimst, funktioniert es ohne Jugendregeln vermutlich nicht mehr.
Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?
Gutes Beispiel um zu diskutieren. Ich hatte vor Dekdanen mal in meinem Verein ein Kind später Jugendlichen, welches, sagen wir bis U12 oder U13 sehr erfolgreich mit Tani-OtoshiBodnus Carlsen hat geschrieben: ↑28.05.2024, 19:37 Als Beispiel: Vernünftige zu Haupt- und Gegenseite werfen zu können, kostet Zeit, den Gegner mit Tani-otoshi als Konter wegklatschen ist deutlich schneller beigebracht. Die entsprechende Jugendregel klingt daher sinnvoll für mich.
bei Wettkämpfen seine Gegner weggekontert hatte. In der nächsten Altersklasse ging das dann aber nicht mehr. Warum? Weil die anderen gelernt hatten, mit der Tani-Otoshi-Bedrohung
umzugehen, bspw. ihrerseits mit Ko-/O-Uchi-Gari gekontert haben, oder einfach ihren Eindrehwurf stärker angesetzt haben.
Unser Kamerad hat dann halt nicht mehr so viel gewonnen, aber war das schlimm? Nein, er war dann irgendwann sowieso weg, wie so viele andere auch ... Ich bin mir auch nicht sicher, ob er
ohne seine anfänglichen Tani-Otoshi-Erfolge nicht sogar noch eher mit Judo aufgehört hätte.
Die Neuauflage hatte ich voriges Jahr, eines unserer Gelbgurt-Kinder hat mehr oder weniger von selbst (evt. mit Hilfe aus der Verwandtschaft ) Tani-Otoshi "entdeckt" und damit seine Randoripartner
geärgert. Nach einer Weile konnten diese damit dann aber auch gut umgehen, zusätzlich hab ich ihm verboten, es an Neulingen auszuprobieren. Hat ihm in seiner sportlichen Entwicklung auch nicht
groß behindert, denn irgendwann, als er evt. spürte, daß diejenigen, welche mit weniger Begabung aber fleißiger trainierten, ihm ernsthaft Paroli bieten konnten, war dann sein Interesse am Judo
auch schnell verflogen ...
Mit anderen Worten, sicherlich ist es für den Einzelnen evt. etwas schwierig, wenn er zu zeitig Tani-Otoshi entdeckt.
Aber die Gesamtheit derjenigen, welche länger beim Judo verweilt, profitiert sozusagen indirekt davon, da sie zeitiger lernen,
mit der Gefahr eines Tani-Otoshi umzugehen. Und dann ist das Ding irgendwann als Modeerscheinung einfach "durch", weil sicherlich jeder
Trainer dann im Training seine Leute auch drauf einstellen wird ...
Natürlich sollte dabei aber seitens der Kampfrichter die Art von Tani-Otoshi-Ausführungen hart bestraft werden, welche Potential haben, Ukes Knie zu zerlegen.
Aber auch zeigt die Erfahrung: Je jünger die Kinder sind, desto flexibler sind sie noch und stecken solche Sachen eher schadlos weg, als bspw. Ältere.
Also würde die Gesamtheit wiederum davon profitieren, wenn ihnen die Knie-Zerlege-Tani-Otoshi-Variante in jungen Jahren "ausgetrieben" wurde zugunsten gesundheitskompatibler
Ausführungen ...
Mit freundlichem Gruß
Fritz
Fritz
- nur_wazaari
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Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?
Der Faden geht natürlich etwas vom Eingangsthema weg, aber gewinnt dadurch immerhin an Substanz.Fritz hat geschrieben: ↑28.05.2024, 22:12 Natürlich sollte dabei aber seitens der Kampfrichter die Art von Tani-Otoshi-Ausführungen hart bestraft werden, welche Potential haben, Ukes Knie zu zerlegen.
Aber auch zeigt die Erfahrung: Je jünger die Kinder sind, desto flexibler sind sie noch und stecken solche Sachen eher schadlos weg, als bspw. Ältere.
Also würde die Gesamtheit wiederum davon profitieren, wenn ihnen die Knie-Zerlege-Tani-Otoshi-Variante in jungen Jahren "ausgetrieben" wurde zugunsten gesundheitskompatibler
Ausführungen ...
Tani-otoshi ist in der Tat ein gutes Beispiel, aus meiner Sicht. Ich habe mir vor ein paar Wochen nach einer Aktion eines deutlich schwereren Tori nämlich den Fuß angebrochen - weil ich aufgrund des vollständigen Einklemmens beider Beine (fast Kani-basami-artig) nicht mehr wegkam, aber immerhin noch flexibel genug gewesen bin, das Knie aus der Sache rauszuhalten. Dafür wurde der Fuß geopfert, aber zum Glück wieder einigermaßen funktioniert. Tori hatte die Technik so gelernt - im U15-Alter - und war erfolgreich damit. Keiner hat ihn je darauf ernsthaft darauf hingewiesen, denn er war ja erfolgreich. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass man diesen Leuten im Erwachsenenalter nur noch selten beikommt, man kann sie im Randori nur meiden, wenn man kein Risiko eingehen will.
Meiner Meinung nach ist es ein großes Problem, wenn Gelenke sowohl bei Uke als auch bei Tori während der Technikausführung nicht frei sind, insbesondere in der Phase, in der möglicherweise Gewicht und/oder Bewegungsenergie auf diese einwirken. Das gilt meiner Erfahrung nach für fast alle Tachi-waza, aber es gibt natürlich ein paar besonders riskante Lösungen, Tani-otoshi ist häufig eine davon. Ich sehe auch immer noch, dass eine mangelnde Situationserfassung durch das Einklemmen oder Blockieren von Gelenken (der Gliedmaßen) ausgeglichen wird, um zum heiß ersehnten Technikerfolg zu kommen, egal ob im Training oder Wettkampf, über alle Altersklassen und Geschlechter hinweg, in denen die Technik erlaubt ist. Selbstredend betrifft das auch Verteidigungssituationen, bei denen Uke die falsche, da verletzungsgefährliche Verteidigung wählt.
Ich habe auch bei der WM mal explizit darauf geachtet, wie die Techniken jeweils ausgeführt werden und erstaunlicherweise wurden diese höchst selten darüber zum Erfolg geführt, dass insbesondere Kniegelenke und Fußgelenke blockiert oder eingeklemmt wurden, insbesondere bei der Ausführung von Tani-otoshi, O-uchi-gari und Uchi-mata, selbst bei schnellen und sehr kräftigen Ausführungen nicht. Bei der Ausführung (insbesondere tiefer) O-soto-gari / Ko-soto-gake sah das schon anders aus, hier wurde oft aus einer hoffnungslosen Situation noch versucht, die Situation regelrecht "umzubiegen". Alles anekdotische Evidenz meinerseits, versteht sich.
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Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?
Klingt sehr unschön ... hoffe, es ist geheilt ...nur_wazaari hat geschrieben: ↑28.05.2024, 23:23 Tani-otoshi ist in der Tat ein gutes Beispiel, aus meiner Sicht. Ich habe mir vor ein paar Wochen nach einer Aktion eines deutlich schwereren Tori nämlich den Fuß angebrochen - weil ich aufgrund des vollständigen Einklemmens beider Beine (fast Kani-basami-artig) nicht mehr wegkam, aber immerhin noch flexibel genug gewesen bin, das Knie aus der Sache rauszuhalten. Dafür wurde der Fuß geopfert, aber zum Glück wieder einigermaßen funktioniert. Tori hatte die Technik so gelernt - im U15-Alter - und war erfolgreich damit. Keiner hat ihn je darauf ernsthaft darauf hingewiesen, denn er war ja erfolgreich.
Ja wenn schon Trainer nicht in der Lage sind, da gegenzusteuern, sollten es wenigstens Kampfrichter tun, in dem sie erkennen, wann eine Technik-Ausführung nicht mehr Judo ist und diese dann ggfs. nicht bewerten
bis hin zur Disqualifikation je nach Gefährdungspotential ... (Das wäre m.E. viel wichtiger, als drauf zu achten, wer wie oben rüber greift und daß ja keine Hand unterm Gürtel anfasst ... )
Wenn dann die hoffnungsvollen Talente mal so eine bittere Pille schlucken mussten, bin ich mir sicher, sind dann auch wie durch Zauberhand die meisten Trainer in der Lage, ihre Schützlinge zu sauberer Wurfausführung zu bewegen
Mit freundlichem Gruß
Fritz
Fritz