Habersetzer: Enzyklopädie der Kampfkünste des Fernen Ostens

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tutor!
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Habersetzer: Enzyklopädie der Kampfkünste des Fernen Ostens

Beitrag von tutor! »

Rund 1.200 Seiten, über 9.000 Haupteinträge - es ist dick, sehr dick und kostet 69,- Euro.

Habersetzer hat seine Heimat und Wurzeln im Karate, was man dem Werk auch anmerkt. So ist der Eintrag zur Butokukai etwas Karate lastig geraten. Aber das darf es ruhig, denn auch das ist ja nicht uninteressant.

Beim ersten Durchblättern bin ich auf viel Interessantes gestoßen, von daher war der Kauf für mich durchaus ein Gewinn, vor allem, weil viele Querverbindungen und Namen auftauchen, die auf diese Weise (wieder) ins Bewusstsein gerückt sind. Aber ich hätte mir z.B. gewünscht, dass zu den japanischen Begriffen auch die Kanji angegeben werden.

Bei den Judoeintragungen habe ich allerdings ziemlich peinliche Fehler gefunden. Wer eine gezeichnete Bewegungsfolge von Yoko-tsuki aus der Kime-no-Kata als Technikbeispiel der Koshiki-no-Kata beschriftet, hat entweder überhaupt keine Ahnung oder hat die Druckfahnen nicht ordentlich kontrolliert. Ähnliches gilt für die Systematik der Katame-waza, wo Shiho-gatame in einer Übersichtstabelle plötzlich zu Würgetechniken werden. Die Gokyo-no-waza heißt fälschlich Gokyo-no-kaisetsu - ein Fehler, der ebenfalls nicht mehr passieren darf.

Ich hoffe mal, dass die Eintragungen, die ich nicht aus dem Kopf sofort überprüfen kann, besser recherchiert und/oder kontrolliert sind.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Empfehlung - mir gefällt es

Beitrag von HBt. »

Ich muss schmunzeln.
tutor! hat geschrieben:(...)Aber das darf es ruhig, denn auch das ist ja nicht uninteressant.

Beim ersten Durchblättern bin ich auf viel Interessantes gestoßen, von daher war der Kauf für mich durchaus ein Gewinn, vor allem, weil viele Querverbindungen und Namen auftauchen, die auf diese Weise (wieder) ins Bewusstsein gerückt sind. Aber ich hätte mir z.B. gewünscht, dass zu den japanischen Begriffen auch die Kanji angegeben werden.
Mir ging es dabei ganz ähnlich. Natürlich habe ich mich sofort auf Bekanntes gestürzt, es dann aber auch wieder gelassen, denn diese Bereiche & Dinge kenne ich ja schon (und teilweise) aus dem Effeff - warum soll ich danach suchen?!

;-)

#
Es ist das Nachschlagewerk eines Einzelkämpfers, eine dicke Schwarte ... leider sind nicht alle Einträge immer vollständig korrekt, ein paar wenige leicht-eklatante Fehler habe ich schon gefunden. Anfänglich ärgerte mich die eine oder andere Ungenauigkeit -> doch das macht gar nichts, weil es ein Lexikon ist/ darstellt und diese sind eben nie 100% korrekt & fehlerfrei.

Mir gefällt diese gewaltige Arbeit trotzdem sehr gut. Über die fehlenden Kanji hatte ich ebenso nachgedacht wie 'tutor!', doch alleine sie' hätten den Rahmen eines dicken Wälzers (alleine) gesprengt, drei Bände wären (bestimmt) die Folge ...


Roland Habersetzer lädt den Leser ausdrücklich zum Schmökern ein. In seinem Vorwort geht er umfangreich auf seine Intention & Wünsche ein, wissend, dass das Internet sehr schnell Informationen bereitstellen kann. Informationen, die spezifischer und hoffentlich auch korrekt(er) (richtig & umfangreicher) sind. Er sagt, bzw. warnt auch vor ebenso viel (wenn nicht noch mehr) Schrott und konstruierten Fehlaussagen ... etc. pp.

Roland Habersetzer kennt die Stärken und Schwächen einer Enzyklopädie, er ist absolut ehrlich und ist positiv überrascht vom Engagement des Verlages und des Übersetzers - Frank Elstner.

Sein (R.H.) Tipp:
Sich ins Buch ziehen lassen, sich treiben lassen ... rote Fäden verfolgen.


www.palisander-verlag.de/index.php?p[m]=2!


:drunken_smilie


HBt.


Nachtrag
tutor! hat geschrieben:Ich hoffe mal, dass die Eintragungen, die ich nicht aus dem Kopf sofort überprüfen kann, besser recherchiert und/oder kontrolliert sind.
Hoffentlich bist Du nicht enttäuscht, wenn ich Dir sage: "Du wirst noch so manchen Eintrag ausfindig machen." Doch dieses schmälert nicht das vorliegende Lexikon -> es regt an und zwingt zur Einkehr. Jeder Spezialist (Experte auf seinem Gebiet) wird Ungenauigkeiten und auch Fehler finden, wie in jedem anderen Lexikon / Kompendium / Atlant / Enzyklopädie auch.

Mein Appell an uns Fachleute lautet: den Verlag & Herrn Habersetzer (über den Verlag oder Übersetzer) kurz auf Fehler (mit Seitenzahl etc.pp.) hinzuweisen und zu korrigieren. Möglicherweise wird es irgendwann eine zweite (deutsche) Auflage geben oder ein iNetz-Eintrag ... letzten Endes ist aber auch dieses nicht besonders wichtig, denn wir Experten können bei aufkommenden Fragen (zum Beispiel auf der Matte, beim Bier ...) ... richtigstellen.
;)


Schmökern,
darum geht es.
Julian
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Re: Habersetzer: Enzyklopädie der Kampfkünste des Fernen Ostens

Beitrag von Julian »

Ich verweise mal auf die kurze Diskussion im KKB (https://www.kampfkunst-board.info/forum ... nen-Ostens).

Aber zusammengefasst: viele Ungenauigkeiten und Fehler, keine Quellenangaben, keine Kanji etc. Als persönliche Arbeit natürlich eine große Sache. Aber in Zeiten des Internets und mit mittlerweile viel guter Literatur auf Englisch und einiges auf Deutsch, kann ich dem für mich nichts mehr abgewinnen.

Das mit den Verlag und Herrn H. auf Fehler hinweisen... Na ja, ist ja nicht die Aufgabe der ganzen anderen Experten, da Unmengen von Fehler zu korrigieren und ggfs. ganze Artikel neu zu schreiben.
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Re: Habersetzer: Enzyklopädie der Kampfkünste des Fernen Ostens

Beitrag von tutor! »

Julian hat geschrieben: 30.12.2019, 07:31 (..)Aber zusammengefasst: viele Ungenauigkeiten und Fehler, keine Quellenangaben, keine Kanji etc. (..)
Das ist exakt meine Beobachtung und auch meine Kritik nach dem Lesen einer ganzen Reihe von Eintragungen. Zu spezifischen Judo-Einträgen habe ich ja bereits oben etwas geschrieben. Aber auch andere Artikel, wie z.B. Bushido zeigen eine sehr persönliche Sichtweise und lassen kritische Distanz vollkommen vermissen.

Aber wenn man das berücksichtigt, dann ergibt sich sogar eine interessante Metaebene. Dann gibt das Werk durchaus auch Einblicke in Irrungen und Wirrungen der Rezeption und Verbreitung ostasiatischer Kampfkünste. Man erfährt, was in den Köpfen ist - in jenen, die verbreiten und in jenen, die rezipieren. Dadurch ergeben sich auch Ansätze für notwendige Klarstellungen.

Kleiner Nachtrag: der Eintrag über Kito-ryu zeigt massive Übereinstimmungen mit dem in Linds Lexikon von 1996...
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KKB

Beitrag von HBt. »

Hallo Julian!
Julian hat geschrieben: 30.12.2019, 07:31 Ich verweise mal auf die kurze Diskussion im KKB (https://www.kampfkunst-board.info/forum ... nen-Ostens).
(...)
Das mit den Verlag und Herrn H. auf Fehler hinweisen... Na ja, ist ja nicht die Aufgabe der ganzen anderen Experten, da Unmengen von Fehler zu korrigieren und ggfs. ganze Artikel neu zu schreiben.
Damit hast Du natürlich vollkommen recht. Bzgl. des großen Nachbarforums: ich verfolge ziemlich viele Beiträge regelmäßig ... vom Kauf des Habersetzers seinem Werk (und der ewigen Kritik) hat mich der Faden nicht abgehalten, ganz im Gegenteil, er hat mich (sogar noch darin) bestärkt - mir eine eigene Meinung zu bilden.

Grüße,
HBt.
Zuletzt geändert von HBt. am 30.12.2019, 12:26, insgesamt 1-mal geändert.
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Die Metaebene

Beitrag von HBt. »

Ohne Schwarz kein Weiß,
ohne (Nicht)Verstehen kein Glaube,
ohne Glaube - im guten Glauben - kein Halt ...
tutor! hat geschrieben: 30.12.2019, 09:11
Julian hat geschrieben: 30.12.2019, 07:31 (..)Aber zusammengefasst: viele Ungenauigkeiten und Fehler, keine Quellenangaben, keine Kanji etc. (..)

Das ist exakt meine Beobachtung und auch meine Kritik nach dem Lesen einer ganzen Reihe von Eintragungen. Zu spezifischen Judo-Einträgen habe ich ja bereits oben etwas geschrieben. Aber auch andere Artikel, wie z.B. Bushido zeigen eine sehr persönliche Sichtweise und lassen kritische Distanz vollkommen vermissen.

Aber wenn man das berücksichtigt, dann ergibt sich sogar eine interessante Metaebene.

Dann gibt das Werk durchaus auch Einblicke in Irrungen und Wirrungen der Rezeption und Verbreitung ostasiatischer Kampfkünste. Man erfährt, was in den Köpfen ist - in jenen, die verbreiten und in jenen, die rezipieren. Dadurch ergeben sich auch Ansätze für notwendige Klarstellungen.

Kleiner Nachtrag: der Eintrag über Kito-ryu zeigt massive Übereinstimmungen mit dem in Linds Lexikon von 1996...
Die Hervorhebungen stammen von mir.
+1

Tja 'tutor!',
Du hast es erfasst - so ist es :D.

Zur ewigen (und völlig langweiligen) Geschichte "wer von wem abgeschrieben hat" kann man nichts beitragen, jenes ist so uninteressant, wie ein Pickel am Allerwertesten - doch wer eine fehlerfreie, transparente & eben in allen Belangen korrekte Ausgabe erwartet hat, ist naiv.

Dieses Schwergewicht ist ein echter Habersetzer - aus dem Hause Palisander ;-). Meine Empfehlung bleibt bestehen (aus welchen Gründen auch immer? Nein, die Gründe sind offensichtlich. Es ist notwendig, in die Köpfe der Anderen schauen zu können, wie soll man sie sonst verstehen & mit ihnen umgehen???).

Gruß,
HBt.

PS
Selbstverständlich würde ich mir ein transparentes & fehlerfreies Lexikon wünschen, doch dieses konnte man nicht erwarten ... auch zu den Einträgen bzgl. der CMA lässt sich so einiges kritisch anmerken.
Allerdings erinnerte ich mich schnell an andere Werke, z.B. den vielen Schülerlexika -> nicht eines ist korrekt, beinahe zu jedem Eintrag lässt sich etwas anmerken oder ist zu korrigieren ... da man das schnell herausfindet & und eben in der weiteren, viel tieferen Recherche automatisch korrigiert, sage ich: Schwamm darüber.

In meinen Augen ist es wichtig, dass es dieses Werk (als echtes, real existierendes Buch) überhaupt gibt.
"Man erfährt, was in den Köpfen ist - in jenen, die verbreiten und in jenen, die rezipieren." [tutor!] das ist der Kern, und deshalb, na? ;)!
Julian
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Re: Habersetzer: Enzyklopädie der Kampfkünste des Fernen Ostens

Beitrag von Julian »

Gute Idee, als Beitrag zur Rezeptionsgeschichte der KK ist es sicherlich ein gutes Beispiel.

Ansonsten - ich hatte es viele Monate vor dem Erscheinen auf dem Schirm, aber dann letzten Endes doch nicht gekauft. Nicht weil alles tip-top korrekt in einem Buch sein muss, aber letztlich konnte ich für mich gar keinen Mehrwert mehr darin sehen. Vielleicht stecken ja tatsächlich wertvolle Infos mit drin, die sich aus der persönlichen Biographie des Autors ergeben. Nur gehen die wohl, so vorhanden, in den paar hundert Seiten völlig unter. Davon abgesehen gibt es heutzutage ja zu allem im Internet mit ein-zwei Klicks eine Fülle an Informationen zum Einstieg (natürlich auch mit sehr unterschiedlicher Qualität), so dass außer dem "in der Hand halten können" vom gedruckten Buch mir derzeit nichts einfällt, warum ich es empfehlen könnte oder mir doch noch zulegen würde.
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Die Enzyklopädie & der Verlag

Beitrag von HBt. »

Palisander-Verlag hat geschrieben:Dr. Frank Elstner

Frank Elstner, geb. 1963 in Heiligenstadt, ist promovierter Physiker. Seine Arbeit als Physiker führte ihn für mehrere Jahre nach Limoges und Toulouse. Heute ist er freischaffend als Übersetzer, Autor und Fotograf tätig und lebt in Chemnitz.
Für den Campus Verlag übersetzte er John McNeills „Blue Planet. Die Geschichte der Umwelt im 20. Jahrhundert“ aus dem Englischen. Für den Palisander Verlag übersetzt er Werke des Autors Roland Habersetzer aus dem Französischen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Palisander_Verlag
Wer sich ein Buch aus diesem Hause kauft, weiß im Vorfeld aus welcher Richtung der Wind bläst. Bei mir muss wohl oder übel (irgendeine) eine Affinität vorliegen :rofl.


Ach,
wenn ich bedenke, wer (in meinem ehemaligen Umfeld) ..., es ist schon gruselig, denn Gläubige haben immer Recht. Aus diesem Reich, reiche ich einen (ehemals) offiziellen Lesetipp weiter, den Namen des empfehlenden Kodansha nenne ich freilich nicht ;-).

ISBN-13: 978-3938305-07-2
mein Lesezeichen ist bis heute auf der Seite 258 steckengeblieben, heute würde ich über die ersten Seiten gar nicht mehr hinauskommen:
Die Krieger des alten Japan
(Berühmte Samurai, Ronin und Ninja - Erzählungen aus 700 Jahren japanischer Geschichte)
R. Habersetzer übersetzt von Herrn Elstner


:bricks
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Rezeption

Beitrag von HBt. »

Julian hat geschrieben: 30.12.2019, 12:54 Gute Idee, als Beitrag zur Rezeptionsgeschichte der KK ist es sicherlich ein gutes Beispiel.

Ansonsten - ich hatte es viele Monate vor dem Erscheinen auf dem Schirm, aber dann letzten Endes doch nicht gekauft. Nicht weil alles tip-top korrekt in einem Buch sein muss, aber letztlich konnte ich für mich gar keinen Mehrwert mehr darin sehen. Vielleicht stecken ja tatsächlich wertvolle Infos mit drin, die sich aus der persönlichen Biographie des Autors ergeben. Nur gehen die wohl, so vorhanden, in den paar hundert Seiten völlig unter. Davon abgesehen gibt es heutzutage ja zu allem im Internet mit ein-zwei Klicks eine Fülle an Informationen zum Einstieg (natürlich auch mit sehr unterschiedlicher Qualität), so dass außer dem "in der Hand halten können" vom gedruckten Buch mir derzeit nichts einfällt, warum ich es empfehlen könnte oder mir doch noch zulegen würde.
Exakt Julian,
und den Rest las ich schon von Dir - ich stimme Dir sogar zu. Mein Punkt ist der (u.a.), den Du eben schon nanntest: "in der Hand halten". Und das Printmedien eben wichtig sind, ebenso die Konkurrenz ... wenn es nichts mehr gibt, was dann?

Gruß,
HBt.
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Beitrag von HBt. »

tutor! hat geschrieben: 28.12.2019, 12:48 Rund 1.200 Seiten, über 9.000 Haupteinträge - es ist dick, sehr dick und kostet 69,- Euro.
Habersetzer hat seine Heimat und Wurzeln im Karate, was man dem Werk auch anmerkt. So ist der Eintrag zur Butokukai etwas Karate lastig geraten. Aber das darf es ruhig, denn auch das ist ja nicht uninteressant.

Beim ersten Durchblättern bin ich auf viel Interessantes gestoßen, von daher war der Kauf für mich durchaus ein Gewinn, (...)

Lieber 'tutor!',
warum & wozu hast Du Dir dieses Buch gekauft? Als Hantel möchtest Du es bestimmt nicht benutzen, es ist mit 2317g +/-1g doch etwas zu leicht. Ich selbst, habe es mir zum Nikolaus geschenkt - meinem Geburtstag, ich fand es passend :cry: .

Gruß,
HBt.

Ergänzung:
Seite 471
Ähnliches gilt für die Systematik der Katame-waza, wo Shiho-gatame in einer Übersichtstabelle plötzlich zu Würgetechniken werden.
Also wirklich, das ist aber schon ein bisschen kleinkariert ... Nein-nein, ich gebe Dir recht, die Tabelle sieht im Ganzen misslungen aus. Hier hätte man zwischenzeitlich auch korrekt aus dem Standardwerk des Kodokan
abschreiben können ...

Seite 238
Die Gokyo-no-waza heißt fälschlich Gokyo-no-kaisetsu - ein Fehler, der ebenfalls nicht mehr passieren darf.
Naja,
man kann es auch einfach nur als einen Eintrag verstehen & korrekt zur Gokyo no waza und dem Begriff Kaisetsu (Seite 421) verzweigen ... etc.pp.

Doch Du wirst noch ganz viele dieser kleinen Ausrutscher finden, auf 1194 Seiten, jeweils zweispaltig in der Schriftgröße 8 gefüllt, beginnend mit "Abaniko" und endend mit "Zutsuki" plus einem Anhang und der üblichen Werbung.

Lassen wir Habersetzer selbst zu Wort kommen:
Seite 37 hat geschrieben:Jeder seriöse Forscher benötigt Informationen aus erster Hand, aber auch Interpretationen, Überlegungen und Erklärungsversuche anderer Forscher: die vorliegende Arbeit beruht auf den Leistungen vieler, auch wenn es bei einem Werk diesen Umfanges nicht immer leicht ist, die Urheberschaft für dieses und jenes Teils des gewaltigen Puzzles zu benennen. Es ist mir unmöglich eine vollständige Liste aller Werke und Fachartikel, die in dieses Werk eingeflossen sind, zu erstellen (...)
Total einsichtig -> und ein Puzzle ist es natürlich auch, ebenso verweist Herr Habersetzer (im weiteren Verlauf) noch zusätzlich auf Herrn Werner Lind und dessen Lexikon der "Ostasiatischen Kampfkünste" von 1996.

Unsere heutige (und über alle Maßen berechtigte) Kritik sollte deutlich in die Richtung des Verlages & des Übersetzers gehen -> Herr Elstner hätte die Manuskripte und auch Druckfahnen kritisch gegenlesen /und überprüfen lassen sollen - müssen, wenn er einen Meilenstein setzten möchte. Auf die Gefahr hin, ein dreibändiges Werk herauszubringen.

Aber muss das vorliegende Werk wissenschaftlich (sachlich) korrekt sein, gar spezifisch auf Judo, Aikido, Karate, Koryu-Bujutsu oder CMA zugeschnitten sein? Nö, weil alleine aus dem Titel des Buches hervorgeht, um was es sich dabei handelt.

Die Enzyklopädie steht in einer Tradition ganz ähnlicher Werke (und viel dünnere Machwerke :eusa_doh). International existiert noch viel, viel mehr Schrott -> doch Habersetzer setzt sich (hoffentlich) positiv davon ab.
Zuletzt geändert von HBt. am 30.12.2019, 15:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Einkaufen

Beitrag von tutor! »

HBt. hat geschrieben: 30.12.2019, 14:30 Lieber 'tutor!',
warum & wozu hast Du Dir dieses Buch gekauft?
Ich hab in letzter Zeit wieder häufiger in Geschichtsbüchern gestöbert, um mir einige Dinge wieder ins Gedächtnis zu rufen. Von daher passte ein Enzyklopädie mit dem Versprechen 2019 aktuell zu sein....

Der Vorteil eines gedruckten Buches gegenüber dem Internet ist der, dass man sich nach einer Weile besser erinnern kann, wo man was gelesen hat - ich jedenfalls ;-)
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Re: Einkaufen

Beitrag von Julian »

tutor! hat geschrieben: 30.12.2019, 14:59
Ich hab in letzter Zeit wieder häufiger in Geschichtsbüchern gestöbert, um mir einige Dinge wieder ins Gedächtnis zu rufen. Von daher passte ein Enzyklopädie mit dem Versprechen 2019 aktuell zu sein....
Also aktuell ist daran glaube ich nichts, allein der Übersetzungsprozess hat ja lange Zeit in Anspruch genommen. Und dann gab es ja die Vorläufer-Ausgaben etc. (2000-2019).
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Quintessenz?

Beitrag von HBt. »

Julian,
das ist der springende Punkt - und mein Vorwurf an Herrn Elstner (er ist schließlich der Verlag und Herausgeber ...).


@tutor!,
dito - davon bin auch ich ausgegangen, bzw. hätte mir dieses gewünscht.
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Re: Einkaufen

Beitrag von tutor! »

Julian hat geschrieben: 30.12.2019, 15:09

Also aktuell ist daran glaube ich nichts, allein der Übersetzungsprozess hat ja lange Zeit in Anspruch genommen. Und dann gab es ja die Vorläufer-Ausgaben etc. (2000-2019).
Deswegen schrieb ich ja das Versprechen 2019 aktuell zu sein. ;)
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Die Kito-Ryu

Beitrag von HBt. »

tutor! hat geschrieben:(...) der Eintrag über Kito-ryu zeigt massive Übereinstimmungen mit dem in Linds Lexikon von 1996...
Ich habe Linds Lexikon nicht zur Hand, was stimmt denn mit dem Eintrag "Kito-ryu" auf Seite 514 & 515 nicht?

Möglicherweise hat Habersetzerle ebenso vom Lindle abgeschrieben (also von der deutschen Sprache in die französische Sprache übersetzt und jetzt durch Elstnerle wieder zurück!), als er den Eintrag zur Tenjin Shinyo-ryu auf Seite 1008 konstruierte. Mahito Ohgo hat er beim Abpausen allerdings gut getroffen, siehe z.B. Seite 985, Tandoku-renshu Beispiele. Nur der unbescholtene Leser erkennt die Quellen nicht. Roland H. bekommt auf jeden Fall, für seinen Fleiß und seine Kreativität, eine Eins im Zeugnis. Mich stört dieses nicht.
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Das aktuelle Thema

Beitrag von Cichorei Kano »

Für den Rest:

Letztendlich wird ein Großteil des Problems, um das es hier geht, erklärt durch den Dunning-Kruger-Effekt. Das ist wirklich alles, was ich zu sagen habe ...

http://de.wikipedia.org/wiki/Dunning-Kruger-Effekt

Fairerweise muss man sagen, dass die Kritik an diesem Autor auf die meisten westlichen Judobücher zutrifft. Schließlich handelt es sich um 'populäre' Texte, nicht um wissenschaftliche Texte. In der Tat könnten" populäre Texte auf der Grundlage korrekter Informationen geschrieben werden, aber typisch für ihre Arbeitsweise ist, dass Autoren populärer Bücher einfach unbestätigte Gerüchte oder andere westliche populäre Bücher ihrer Quellen verwenden. Darüber hinaus leiden sie unter all den Problemen, auf die Julian zu Recht hinweist. Gegen dieses Problem kämpfe ich schon seit vielen, vielen Jahren.

Dennoch gibt es einen Grund, warum dieses Problem so hartnäckig und die Lösung nicht so einfach ist. Vor nicht allzu langer Zeit war ein Judokollege von mir wütend auf mich, weil ich mein Buch oder weitere wissenschaftliche Arbeiten über Judo noch immer nicht veröffentlicht habe, während ein anderer Autor vor kurzem ein Buch nach dem anderen über Judogeschichte und Judokata veröffentlicht hat. Ich weiß nicht, ob Sie verstehen, was ich zu erklären versuche, aber es hat wirklich mit dem Unterschied zwischen populären und wissenschaftlichen Texten zu tun.

Die beiden sind so unterschiedlich. Ich kann ein populäres Judo-Buch in weniger als einer Woche schreiben. Es wird alle 'Qualitäten' der populären Judo-Bücher erfüllen:

- unbestätigte Ansprüche
- keine Quellen genannt
- zahlreiche Rechtschreibfehler gegen Japanisch
- völlig falsch geschriebene oder gelesene Namen
- völliger Unsinn

Doch innerhalb von 2 Wochen wird mein Bankkonto aufgeladen und ich werde alle möglichen Einladungen von Leuten erhalten, die Judo-Seminare unterrichten, bei denen ich ständig auf mein Buch Bezug nehme, so dass viele zusätzliche Leute es kaufen und versuchen werden, sich mit mir zu fotografieren. Ich werde ein großes Lächeln auf meinem Gesicht haben, wenn ich ständig an mein Bankkonto erinnert werde.

Überlegen Sie sich jetzt, ob Sie einen anständigen wissenschaftlichen Text schreiben wollen. Das kann nicht in einer Woche, einem Monat oder einem Jahr geschehen. Es erfordert einen enormen Forschungsaufwand, und es erfordert erhebliche Investitionen in Zeit, Geld und Mühe. Man muss vielleicht reisen, für die Beschaffung von Quellen bezahlen und viele Stunden damit verbringen, Referenzen zu überprüfen, Kanji zu korrigieren, Texte zu übersetzen usw.

Der Publikationsprozess ist oft mühsam. Bis zu diesem Zeitpunkt wird sich mein Bankkonto nur durch die damit verbundenen Substantiekosten, die ich zahlen musste, verringert haben. Wenn ich meine Ergebnisse als Papier veröffentliche, kann es sogar noch mehr kosten. Für die letzte große Arbeit über Judo, die ich veröffentlicht habe, musste ich mir etwa 3.500 € bezahlen, um sie zu veröffentlichen. Dieses Geld ist weg, und ich habe null Einnahmen daraus erhalten. Sicher, wie bei populären Texten wird es einige Leute geben, die daran interessiert sind, Sie zu treffen oder Sie zu Seminaren einzuladen, aber es gibt einen Unterschied. Bei populären Texten fühlen sich die Leute wohl, weil viel von dem Unsinn, den man schreibt, dem nahe kommt, was sie gelernt haben. Im Falle eines wissenschaftlichen Textes gibt es jedoch Angst, Angst vor der Bedrohung des Establishments und vor der Konfrontation, dass die etablierte Ordnung sehr wenig über das weiß, worüber sie seit Jahren reden.

Vielleicht ist das, was ich gerade geschrieben habe, nicht neu oder anders als die Dinge, die ich zuvor erwähnt habe, aber man muss wirklich verstehen, warum Bücher wie die hier besprochenen immer wieder veröffentlicht und gekauft werden und warum viel bessere Arbeit selten und sehr schwer zu produzieren ist.

Insbesondere beim Thema Kitô-ryû rolle ich ständig mit den Augen, da so viel über das, was darüber gesagt oder geschrieben wird, entweder falsch oder weitgehend unvollständig ist. Aber ist das eine Überraschung ? Ich habe schon oft gesagt, dass es ein kompliziertes Thema ohne Abkürzungen ist. Es ist kein Sportjudo und wurde nie so konstruiert. Es ist nicht etwas, das man einfach so lernen kann, wie man es vom Erlernen typischer Sporttechniken her kennt. Wenn man wirklich eine Veränderung auf diesem Niveau will, dann wird dies wahrscheinlich erst ab dem Moment geschehen, wo Bücher (oder Lehrer) einfach und ehrlich damit beginnen würden, dass sie wirklich "nichts darüber wissen". Ohne eine solche Änderung wird das Judowissen weiterhin von Schriften und Büchern dominiert, auf die alle von Ihnen allen diskutierten Kritikpunkte weiterhin zutreffen.
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Populärwissenschaftliche Folianten ;-)

Beitrag von HBt. »

Können sehr unterhaltsam sein.

#
Cichorei Kano hat geschrieben: 01.01.2020, 20:13 Letztendlich wird ein Großteil des Problems, um das es hier geht, erklärt durch den Dunning-Kruger-Effekt. Das ist wirklich alles, was ich zu sagen habe ...

http://de.wikipedia.org/wiki/Dunning-Kruger-Effekt
Interessant.

CK,
man darf die Zielgruppe nicht aus den Augen verlieren - ebenso den Verlag, das Haus, aus dem dieses Werk das Licht der Welt erblickte.

Gruß,
HBt.

PS
Du hattest in der Zwischenzeit Deine Nachricht umfangreich vervollständigt, Danke.
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Index?! (Eine Flut)

Beitrag von HBt. »

Diesen Schlusspunkt möchte ich einfach nur wiederholen.
CK hat geschrieben: (...)
Vielleicht ist das, was ich gerade geschrieben habe, nicht neu oder anders als die Dinge, die ich zuvor erwähnt habe, aber man muss wirklich verstehen, warum Bücher wie die hier besprochenen immer wieder veröffentlicht und gekauft werden und warum viel bessere Arbeit selten und sehr schwer zu produzieren ist.

Insbesondere beim Thema Kitô-ryû rolle ich ständig mit den Augen, da so viel über das, was darüber gesagt oder geschrieben wird, entweder falsch oder weitgehend unvollständig ist. Aber ist das eine Überraschung ? Ich habe schon oft gesagt, dass es ein kompliziertes Thema ohne Abkürzungen ist. Es ist kein Sportjudo und wurde nie so konstruiert. Es ist nicht etwas, das man einfach so lernen kann, wie man es vom Erlernen typischer Sporttechniken her kennt. Wenn man wirklich eine Veränderung auf diesem Niveau will, dann wird dies wahrscheinlich erst ab dem Moment geschehen, wo Bücher (oder Lehrer) einfach und ehrlich damit beginnen würden, dass sie wirklich "nichts darüber wissen". Ohne eine solche Änderung wird das Judowissen weiterhin von Schriften und Büchern dominiert, auf die alle von Ihnen allen diskutierten Kritikpunkte weiterhin zutreffen.

Mehr gibt es dazu tatsächlich nicht zu sagen. Ich hoffe, nach wie vor, dass Deine Arbeit veröffentlicht wird und wir Basisjudoka sie käuflich erwerben können. Nebenbei sei angemerkt, der 'Julian' ist vom Fach - ein Wissenschaftler.
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Re: Habersetzer: Enzyklopädie der Kampfkünste des Fernen Ostens

Beitrag von tutor! »

Man kann den Dunning-Kruger-Effekt auch sehr populär ausdrücken:

Wer nur über sagen wir mittlere, aber eben nicht über tiefe Kenntnisse/Fähigkeiten/Fertigkeiten verfügt, glaubt häufig, dass er/sie schon Experte ist. Schließlich hat er/sie einen gewissen, selbst als „abgeschlossen“ oder auch als „kompetent“ empfundenen Wissens-/Könnensstand - ohne auch nur in Betracht zu ziehen, dass vielleicht doch noch größere Kompetenzlücken vorhanden sind.

Im Judo begegnet uns dieser Effekt sicherlich am häufigsten im Kata-Bereich. Hierzu gibt es eine Reihe von Indizien, die dies einerseits untermauern, andererseits aber auch verursachen.

Da sind zum Beispiel die typischen Lehrgänge nach dem Muster „eine komplette Kata an einem Tag (also in 6 Stunden)“. 6 Stunden sind 360 Minuten. Bei einer Kata mit 15 Techniken (Nage-/Katame-/Ju-no-Kata) bleiben 24 Minuten/Technik, bei einer Kata mit 20/21 Techniken (Kime-no-kata, Koshiki-no-Kata, Kodokan goshinjutsu) sind es noch 18 Minuten. Und das ist noch zu hoch, weil Aufwärmen, Begrüßung usw. davon noch runtergehen.....

Netto rund 15-20 Minuten pro Technik! Einschließlich Erklären, Demonstrieren, Üben, Korrigieren... Wieviel Tiefe kann da erreicht werden? Wer nun 10 oder 20 mal einen Lehrgang zu einer bestimmten Kata besucht hat und nur in diesem Layout geblieben ist, wird irgendwann nichts Neues mehr erfahren und sich dann als „ich weiß schon alles darüber“-Experte fühlen. Das ist aber - sorry - so, als ob jemand, der das kleine Einmaleins gemeistert hat, nun glauben würde, er beherrsche höhere Mathematik.

Hieraus erwächst noch eine weiteres Problem: es entsteht eine Peer-Group von Personen, die ähnlich gestrickt sind. Die Mitglieder dieser Peer-Group bescheinigen sich nun wechselseitig, „Experten“ zu sein und bilden den Grundstock für ein Establishment, das den Bereich kontrolliert. Es entwickeln sich also soziale Strukturen, die durch Sachkompetenz von ins Wanken geraten können. Also behält man „bewährte“ Strukturen bei: Tageslehrgänge, am liebsten bei japanischen Lehrern mit bekannten Namen.

Im Feld der Judogeschichte begegnet und ähnliches. Hier wird (oft) nicht ausreichend zwischen faktenbasierter Geschichte und Überlieferungsgeschichte unterschieden. Also der Frage, wie sich Dinge TATSÄCHLICH zugetragen haben, und WIE UND WARUM SIE SO UND NICHT ANDERS ÜBERLIEFERT wurden. Hierzu gibt es eine Reihe von Beispielen, das offensichtlichste sind sicherlich die Geschichten von den Kämpfen Judo gegen Jujutsu und den 1880er Jahren oder auch einige Anekdoten über Kanos Jujutsu-Lehrzeit. Die schriftlichen Quellen, die üblicherweise zugrunde gelegt werden, stammen aus den 1920ern, vor allem aus Interviews von Ochiai mit Kano. Aus historischer Sicht sagen sie sicherlich mehr darüber aus, wie Kano sich in einer Retrospektive 40-50 Jahre nach den Ereignissen dargestellt wissen wollte, als dass sie in allen Einzelpunkten historische Fakten akkurat wiedergeben würden.

Dies ist ein grundsätzliches Problem des Genres Biographie/Autobiographie, mit dem man umgehen können muss, um die Dinge einzusortieren. Bei der Rezeption von Quellen kommt es so sicherlich auch häufig zu einem Dunning-Kruger-Effekt ;)
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
HBt.
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Beitrag von HBt. »

Bem.: linear hinein kommentiert, ich weiß also nicht, was noch kommt und somit auf mich (den Leser) wartet.
tutor! hat geschrieben: 02.01.2020, 08:02 Man kann den Dunning-Kruger-Effekt auch sehr populär ausdrücken:

Wer nur über sagen wir mittlere, aber eben nicht über tiefe Kenntnisse/Fähigkeiten/Fertigkeiten verfügt, glaubt häufig, dass er/sie schon Experte ist. Schließlich hat er/sie einen gewissen, selbst als „abgeschlossen“ oder auch als „kompetent“ empfundenen Wissens-/Könnensstand - ohne auch nur in Betracht zu ziehen, dass vielleicht doch noch größere Kompetenzlücken vorhanden sind.
Habe ich Lücken? Ganz bestimmt habe ich diese - wolltest Du mir dieses signalisieren? Du bist wirklich klasse, in jeder Hinsicht. Das Schöne am Dunning-Kruger-Effekt ist, niemand ist frei von ihm. Habe ich Vertrauen in meinen bescheidenen Kenntnisstand? Ja. Glaube ich? Nein. Bin ich reflektionsfähig? Ja. Bin ich einsichtig? Natürlich ...
Bin ich vollkommen? Nein. Bin ich selbstverliebt, ein Narziss? Hoffentlich nicht allzu sehr ;) Nein, nein. Auf gar keinen Fall, da bin ich mir sicher. Glaube ich? Entsetzlich!, ein entschiedenes Nein! Fazit: Es bleibt die Frage im Raum stehen, in wie weit der D-K-Effekt trotzdem auf mich persönlich und andere Mitmenschen zutrifft?

#
Herr Habersetzer scheint ein Exemplar der von Dir umschriebenen Gattung zu sein, der Verdacht liegt wenigstens sehr nahe. Wie können wir ihn nun bestätigen? Wollen wir einen Menschen brandmarken???
Im Judo begegnet uns dieser Effekt sicherlich am häufigsten im Kata-Bereich. Hierzu gibt es eine Reihe von Indizien, die dies einerseits untermauern, andererseits aber auch verursachen.

Da sind zum Beispiel die typischen Lehrgänge nach dem Muster „eine komplette Kata an einem Tag (also in 6 Stunden)“. 6 Stunden sind 360 Minuten. Bei einer Kata mit 15 Techniken (Nage-/Katame-/Ju-no-Kata) bleiben 24 Minuten/Technik, bei einer Kata mit 20/21 Techniken (Kime-no-kata, Koshiki-no-Kata, Kodokan goshinjutsu) sind es noch 18 Minuten. Und das ist noch zu hoch, weil Aufwärmen, Begrüßung usw. davon noch runtergehen.....

Netto rund 15-20 Minuten pro Technik! Einschließlich Erklären, Demonstrieren, Üben, Korrigieren... Wieviel Tiefe kann da erreicht werden? Wer nun 10 oder 20 mal einen Lehrgang zu einer bestimmten Kata besucht hat und nur in diesem Layout geblieben ist, wird irgendwann nichts Neues mehr erfahren und sich dann als „ich weiß schon alles darüber“-Experte fühlen. Das ist aber - sorry - so, als ob jemand, der das kleine Einmaleins gemeistert hat, nun glauben würde, er beherrsche höhere Mathematik.
Interessant, interessant ... schön geschrieben - man muss Dir unweigerlich zustimmen, denn so ist es nun einmal.
+1
Woran glaubst Du? Rhetorisch; nur eine sanfte Erinnerung, ein leicht mahnender Zuruf, an die eigene Umsicht und Reflektion.


Diese lokalbezogenen Lehrgänge dienen doch der Multiplikation, so sagt man. Und dem Einstieg oder zum letzten Schliff' vor einer Dan-Prüfung. Daran kann man alleine noch keinerlei Anstoß nehmen.
Hieraus erwächst noch eine weiteres Problem: es entsteht eine Peer-Group von Personen, die ähnlich gestrickt sind. Die Mitglieder dieser Peer-Group bescheinigen sich nun wechselseitig, „Experten“ zu sein und bilden den Grundstock für ein Establishment, das den Bereich kontrolliert.
Exakt und dieses schon seit Jahrhunderten (in der Menschheitsgeschichte) -> sie bauen ganz natürlich eine Machtstruktur auf.
Es entwickeln sich also soziale Strukturen, die durch Sachkompetenz von (?) ins Wanken geraten können. Also behält man „bewährte“ Strukturen bei: Tageslehrgänge, am liebsten bei japanischen Lehrern mit bekannten Namen.
Sage ich doch: Strukturen & Verblendung, bei gleichzeitigem Adeln.

Auf der einen Seite' ist diese Gesetzmäßigkeit ärgerlich, doch der "japanische Lehrmeister", kann (davon unberührt) ein echter Experte sein. Und sein Besuch damit ein Gewinn.
Im Feld der Judogeschichte begegnet und ähnliches. Hier wird (oft) nicht ausreichend zwischen faktenbasierter Geschichte und Überlieferungsgeschichte unterschieden. Also der Frage, wie sich Dinge TATSÄCHLICH zugetragen haben, und WIE UND WARUM SIE SO UND NICHT ANDERS ÜBERLIEFERT wurden.
Verdammt, ja. Ich wünsche mir klare Sicht, so dass ich die Dinge bei Licht betrachten kann. Die ganze Pampe ist mir zu schwer - her mit der Wahrheit und logischen, unabdingbaren Folgen der Entwicklung, folgerichtig ...!

Mir reicht es schon sehr lange. Aber was soll ich tun? (Diese Frage ist natürlich nicht ernst gemeint.)
Hierzu gibt es eine Reihe von Beispielen, das offensichtlichste sind sicherlich die Geschichten von den Kämpfen Judo gegen Jujutsu und den 1880er Jahren oder auch einige Anekdoten über Kanos Jujutsu-Lehrzeit. Die schriftlichen Quellen, die üblicherweise zugrunde gelegt werden, stammen aus den 1920ern, vor allem aus Interviews von Ochiai mit Kano. Aus historischer Sicht sagen sie sicherlich mehr darüber aus, wie Kano sich in einer Retrospektive 40-50 Jahre nach den Ereignissen dargestellt wissen wollte, als dass sie in allen Einzelpunkten historische Fakten akurat wiedergeben würden.

Dies ist ein grundsätzliches Problem des Genres Biographie/Autobioraphie, mit dem man umgehen können muss, um die Dinge einzusortieren. Bei der Rezeption von Quellen kommt es so sicherlich auch häufig zu einem Dunning-Kruger-Effekt ;)
Stimmt - Konsens
:D

Doch was wollen wir jetzt mit der dicken Schwarte anfangen? Empfehlen oder davor warnen? Wir könnten sie konstruktiv verwenden ;-).

Gruß,
HBt.

Psst Ich werde zukünftig aufs Gendern verzichten, das ist ja eine Katastrophe, absolut nicht mehr lesbar ...
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