Keine Fragen - aber ein Statement.Jupp hat geschrieben:(...)Bis dahin kann dieser Faden genutzt werden für alle die es mögen, ihre Erfahrungen im Judounterricht mit Älteren mitzuteilen oder Fragen zu diesem Thema zu stellen, die dann diskutiert werden können.
Ich hoffe auf einen regen Gedankenaustausch über die Weihnachtstage und auch in 2015.
Jupp
Sportarten, die geselliges Miteinander, Koordinations- und Konditions- und Gesundheitsförderung bieten, gibt es wie Sand am Meer. Diese und weitere Punkte werden im Kontext der Konzeption von Breitensportangeboten oft als "Bedürfnisse der Sporttreibenden/-suchenden" herausgearbeitet und dann überlegt, wie man mittels einer bestimmten Sportart diese Bedürfnisse befriedigen kann. Judo bietet zweifellos vor diesem Hintergrund ein großes Potential.
Dennoch bin ich der Ansicht, dass mit einem derartigen Vorgehen, das Pferd von hinten aufgezäumt wird. Man müsste m.M.n. viel mehr danach schauen, worin die Faszination des Judo eigentlich liegt, bzw. liegen kann. Die Angebote sollten primär auf die "Faszination Judo" ausgerichtet sein und - sofern dann noch sinnvoll - punktuell auf die oben angesprochenen Bedürfnisse - ergänzt werden.
Letztlich sind das zwei Seiten derselben Medaille, der entscheidende Unterschied ist aber die Frage nach der primären Perspektive.
Ich glaube, es gibt niemanden, der Judo betreibt, der nicht von der Vielfalt, der Logik und der Funktionalität der Techniken fasziniert ist. Es ist das immer wieder in anderen Formen auftauchende Phänomen, dass eine geringe Kraft sinnvoll eingesetzt eine große Kraft kontrollieren kann. Dies ist eines der großen Kernprinzipien des Judo und ohne dieses Prinzip ist Judo nicht Judo.
Die Perfektionierung der Techniken, bzw. des eigenen technischen Vermögens, sind m.M.n. der Schlüssel zu einer gelebten Faszination des Judo. Dies kann in zwei grundsätzlich unterschiedlichen Übungsaktivitäten geschehen: in kooperativen/geschlossenen Situationen und in konfrontativen/offenen Situationen. Die erste Form nennt man im Judo Kata, die zweite Randori.
In der Realität erlebe ich viel zu viel technische Schlamperei und Oberflächlichkeit - und zwar sowohl im Kata-/Techniktraining als auch im Randori. Ich erlebe zu viele Übungsleiter und Trainer, die (ich sage das feststellend und ohne Vorwurf) glauben, sie hätten Judo und seine Techniken schon in großer Tiefe und Qualität verstanden - mit der Konsequenz, dass sie selbst nicht mehr regelmäßig üben und trainieren. Fairerweise muss man aber auch sagen, dass viele so eingespannt sind, dass ihnen keine Zeit zum eigenen Üben bleibt.
Wenn wir nachhaltig etwas verbessern und nicht nur ein Strohfeuer abbrennen wollen, müssen wir die Faszination der Übungsleiter und Trainer an der eigenen technischen Weiterentwicklung entfachen und ihnen die Chance geben, dies auch am eigenen Leib zu erleben und so mit gutem Beispiel voranzugehen.
Aus- und Fortbildungen - ganz allgemein und nicht nur auf die Gruppe der Älteren bezogen - müssen sich m.Mn. aus diesen Gründen daran messen lassen, ob sie ein Stück dieser Faszination und Einstellung vorleben und vermitteln.