Schnellere Gürtelprüfungen?

Hier geht es um Fragen und Inhalte zu den Kyu und Dan Prüfungen
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Patrick-Oliver
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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von Patrick-Oliver »

Beim Thema Prüfungen muss ich inzwischen kotzen!
In meinem Umkreis werden ausschließlich "Wettkampftechniken" unterrichtet.
Prinzipien hinter einer Technik? Kraft und Kondition.
Mit ca. 15 haben die meisten Kids keine Lust mehr, geschunden zu werden.
Nur wenige bleiben hängen und werden im "elitären" Kreis gegeneinander verheizt.
Konsens unter den Trainern? Nicht einmal in den Vereinen selbst! Die Anderen sind nämlich alle nicht fähig.
Auf Lehrgängen sieht man Entscheidungsträger nur, wenn der Lehrgang im eigenen Verein stattfindet. Dann auch oft nur als Zuschauer.
Kata? Mann, wir machen Judo! Wenn du tanzen willst, bist du hier falsch.
Lizenzverlängerungen für Trainer werden als normales Wettkampftraining aufgebaut.

So erlebe ich Judo und es macht mir immer weniger Spass.

Mein Vorschlag zum Thema "Qualitätssicherung bei Prüfungen":
Stellt das Wettkampfjudo hinten an.
dburk
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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von dburk »

Qualität
Zum Thema Qualität und Leistung folgende Hinweise:
http://de.wikipedia.org/wiki/Qualit%C3%A4t
http://de.wikipedia.org/wiki/Leistung_(Schule)
http://de.wikipedia.org/wiki/Leistung_(Sport)

Wenn in diesem Thread Qualitäten hinterfragt werden, habe ich den Eindruck, als würde eine wertende Deutung des Begriffes verwendet werden.
Nun liegt das grundlegende Problem aber darin, dass die offiziellen Quellen, also DJB und die LV, nur wenig messbare Kriterien darlegen, die zur Erfüllung einer Prüfung notwendig sind.
Korrigierend muss ich das Kyu-Prüfungsprogramm positiv erwähnen, da dort DVDs als Einordnungshilfen erstellt worden, die mit beispielhaften Demonstrationen den Rahmen für bestehen und durchfallen umreißen. Im Dan-Bereich fehlt soetwas kategorisch!
Für mich bleibt unklar, inwieweit diese Intransparenz den Prüfern oder den Prüflingen bei der Bewältigung ihrer jeweiligen Aufgaben helfen soll. :dontknow

Hier sehe ich Handlungsbedarf. Ich selber bin kein Fachmann für die Erstellung von Lernzielvorgaben, der Beschreibung von Schwellenfähigkeiten, usw.
Ausgebildete Didaktiker und Pädagogen können hierbei sicherlich Schützenhilfe liefern.

Leistung
Wenn es um Leistungen geht, sind die Prüfungsinhalte messbar zu gestalten.
Zum Beispiel, indem man klare Beispiele liefert, wie eine Technik x zu zeigen ist und wie nicht. Welche Fähigkeiten und welche Fertigkeiten sind in welcher Güte zu demonstrieren? Darf ein zukünftiger Shodan-Träger bei Würfen im allgemeinen Standprogramm aus der Balance kommen, oder nicht? Wie steht es mit der Umsetzung des Ökonomie-Begriffs? usw.
Sind diese Dinge "unmissverständlich" nachlesbar für Prüfling und Prüfer, so sind die Bedingungen für ein Bestehen der Prüfungen eigentlich gesteckt. "Vorbereitungzeiten" sind dann obsolet.

Das bedeutet, wenn ein Prüfling in der Lage ist, das Prüfungsprogramm von z.B. drei Prüfungsstufen "aus dem Stehgreif" abzuliefern, dann sollte nicht dagegen sprechen, dass besagter Prüfling auf die Prüfungsleistung anerkannt bekommt. Welche Modalitäten dafür herangezogen werden müssen oder sollten ("nur Stufe um Stufe abzuprüfen"...), sei dahin gestellt. Mindestalter und Wartezeiten sind sicherlich kein geeignetes Kriterium.

"Wartezeiten", nein "Vorbereitungszeiten" sind kein Garant für Qualität noch für Leistung. Alle bisher dazu angeführten Äußerungen sind sicherlich empfundenes Gut, aber wiederum nicht nachweisbar oder messbar. Diese Mühe hat sich, so glaube ich, bisher niemand gemacht.

Individuelles Lernen
Talente hat bestimmt schon jeder von uns kennen gelernt oder zumindest gesehen.
Anti-Talente (mir fällt nichts besseres ein) kennt garantiert auch jeder.

Nun stellt sich für mich die Frage, wie sinnhaft Zeitvorgaben sich für die Charakter-Entwicklung, die Ausbildung von Fähigkeiten und dem Erwerb von Fertigkeiten eignen.
Niemand würde dem Judoka sagen "hör auf zu wachsen!". Im Sinne der Bestätigung von Lernerfolgen (= Gürtelprüfung) machen wir Prüfer als Vermittler der Prüfungsordnung aber genau das.
Genauso würde keiner nach dem Gleichbehandlungsprinzip agieren wollen und allen Judoka einer Prüfungsgruppe "per se" den nächsten Gürtel verabreichen, nur weil sie die Warte...-sorry- ich meine die Vorbereitungszeit erfolgreich hinter sich gebracht haben.

Die ursprüngliche Motivation für die Neugestaltung der aktuell gültigen Kyu-Prüfungsordnung lässt den Schluss zu, dass versucht wurde, durch "geeignete" Rahmenbedingungen diese Überlegungen zu stützen. Spätestens beim Dan-Prüfungsprogramm ebbt diese Motivation ab. Es ist kein plausibler Grund für derart aberwitzige Zeitvorgaben zu erkennen, noch hat man jemals klärende Worte für diesen Umstand in offiziellen Stellungnahmen nachlesen können. Gibt es dafür Gründe, außer "es war schon immer so"? Oder muss man vermuten, dass man Bestandschutz betreiben wollte/musste?


...Sidekick...
Wenn man sich die Anforderungen zum 1. bis 3. Dan anschaut, sind diese für einen talentierten und gut ausgebildeten Judoka quasi am Stück abreißbar.
Einzig einschränkend könnte die Verfügbarkeit des notwendigen Kata-Wissens in der Trainingsumgebung ein Hemmnis für ein derartiges Vorhaben darstellen.
Mir selbst sind in den letzten Jahren einige solcher Judoka über den Weg gelaufen, die bis zu ihrer Shodan-Prüfung auch die Inhalte zum Ni-Dan beherrschten.

Mehr fällt mir zur Zeit nicht ein.

_________________________________________________________________________
Für etwaige Polemik möchte ich mich an dieser Stelle entschuldigen und gelobe Besserung.
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judopa
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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von judopa »

Das Ganze nennt sich "Wirsysthem Unterricht" und besteht aus acht Bestandteilen, die alle von einander abhängig sind und sich gegenseitig beeinflussen.


Teilnehmer
Lehrkraft
Methoden
Medien
Lernbilanzen
Lernziele
Lerninhalte
Organisatorischer Rahmen

Stellt euch das als Achteck vor und verbindet jeden Punkt mit jedem. So sieht man ganz deutlich:
Ändert man an einer Stelle etwas hat das Auswirkungen auf alle anderen Punkte. Aber dies gilt eben auch wenn an einer Stelle etwas nicht funktioniert oder Fehler gemacht werden.
Weiteren Einfluss hat meiner Meinug aber auch die "Strichstärke" oder Gewichtung der einzelnen Beziehungen unter diesen acht Punkten. Hier ist dann eben die Lehrkraft/Trainer der jenige, der im Training (Methoden) den meisten direckten Einfluss ausüben kann.
MFG
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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von katana »

@dburk
Vielen herzlichen Dank, für diesen Beitrag. :eusa_clap
Ich wünschte, du würdest ihn zur Veröffentlichung ans Judomagazin schicken.
Herr Frese hat ja um Stellungnahmen diesbezgl. gebeten.

Danke
KK
dburk
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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von dburk »

Mir ist beim 2. Lesen der Beiträge noch eine Problemstellung aufgefallen:

Als Prüfer erlebt man durchaus mit gemischten Gefühlen so eine Prüfung.
Natürlich freut man sich über exzellente Prüfungsleistungen, andererseits fühlt man (ich zumindest)
sich nicht wirklich wohl, wenn die Erwartungshaltung an eine Prüfungsleistung nicht erreicht wird
bzw. einem grenzlastig erscheint.

In so einem Moment möchte ich mich an die Definitionen des jeweiligen Prüfungsprogramms und die
darin beschriebenen MESSBAREN Erwartungen an die Durchführungsqualitäten erinnern.
Gleichsam bin ich mir über den "Fischteicheffekt" (http://de.wikipedia.org/wiki/Fischteicheffekt)
bewusst. Im Zusammenhang einer Prüfungsgruppe interpretiere ihn so, dass bei einer durchschnittlichen
Gruppenleistung ein (wie auch immer erkennbar) "besserer Prüfling" eher hervorsticht, als in einer
homogenen Prüfungsgruppe. Das gilt übrigens für alle Qualitätsebenen. Wäre beispielsweise eine
komplette Prüfungsgruppe jeder für sich betrachtet "so schlecht", dass man den Judoka nicht
bestehen lassen wollte/könnte/dürfte, so wird es meistens mindestens einen oder zwei Prüflinge
darin geben, die "besser" sind als die anderen. Nun ist man leicht geneigt als Prüfer, diesen eine
ausreichende Prüfungsleistung zu bescheinigen.

Ist das sinnvoll oder gewollt? Brauchen wir bei Prüfungen einen "Klassenspiegel"? Muss jemand durchfallen?
Muss jemand bestehen?
Auch wenn ich mich wiederhole: "Wir brauchen messbare Merkmale, die es abzuprüfen gilt."
Die derzeitige Situation scheint ja niemanden wirklich glücklich zu machen.

Um so wichtiger ist es an dieser Stelle anzusetzen und allen Beteiligten an diesem Prozess,
also den
  • - Trainer
  • - Prüfer
  • - Prüfling
klarere Beispiele, Beschreibungen und Hinweise an die Hand zu geben, die sie gleichsam ermächtigen
und befähigen, die geforderte und erwartete Prüfungsleistung zu generieren. Idealer Weise durch den
DJB gesteuert und gefördert.

Wir (der Verband/die Judogemeinschaft) tut sich langfristig keinen Gefallen, wenn wir uns in Plattetüden
aufhalten.

Wissenschaftliche Untersuchung nötig?
Vielleicht ist es auch an der Zeit hier eine wissenschaftliche Studie im Rahmen einer Diplom- oder Doktorarbeit
anzuregen. Evtl. erhalten wir für unsere Multiplikatoren-Situation (Verband zu Verein, Verein zu Judoka)
brauchbare Hinweise für die Zukunft.
tutor!
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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von tutor! »

Zur einmal möchte ich "dburk" im Forum willkommen heißen und für die beiden guten Beiträge danken.

Ich denke, dass ein Prozess in Gang gekommen ist, bei dem das Prüfungswesen überarbeitet wird. Auf der Delegiertenversammlung des NWDK - in NRW für das Prüfungswesen zuständig - wurde bereits beantragt, den Bereich SV zu überprüfen. Desweiteren wurden von der Versammlung andere Regelungen bei den formalen Voraussetzungen gewünscht.
http://nwdk.de/aktuelles-nwdk/item/prot ... mlung-2013

Ich denke, dass zunächst die Zulassungsvoraussetzungen, also Mindestalter und Vorbereitungszeiten, angegangen werden, weil diese sehr kurzfristig änderbar sind. In den letzten Tagen habe ich einige Gespräche dazu geführt. Es gibt durchaus radikale Vorstellungen, es wird sich aber zeigen, welche davon mehrheitsfähig sind. Der Impuls dazu kam übrigens von der Jahrestagung der Lehr- und Prüfungsreferenten des DJB. Peter Frese hat diesen nur aufgegriffen.

Die von "dburk" angesprochenen Punkte gehören eher in den zweiten Teil, nämlich in die Definition der Prüfungsanforderungen. Da stehen in der Tat nur Inhalte, keine qualitativen Normen. Inwieweit man diese braucht, ist eine grundsätzliche Frage: Soll das Graduierungssystem ein System der Anerkennung einer individuellen Leistung sein, muss an diese vor dem Hintergrund der individuellen Leistungsvoraussetzungen beurteilen und nicht anhand möglichst objektiver Normen. Geht es jedoch darum ein System objektiver Qualität der Erfüllung bestimmter Aufgaben - also eine Art Zertifizierung - zu schaffen, muss man nachvollziehbare, überindividuelle Kriterien definieren.

Das deutsche Bildungswesen hielt sich bis zum PISA-Schock 2002 für ein weltweit führendes System, wurde aber in dramatischer Weise eines anderen belehrt. Auf einen kurzen Nenner gebracht wurde deutlich, dass ein Wandel von einer Input- zu einer Output-Steuerung erforderlich ist, um wieder aufschließen zu können.

Im Lehr- und Prüfungswesen haben wir es mit einer klassischen Input-Steuerung zu tun. In das System - die Vereine mit ihrer breitensportlichen Ausbildung - wird Input gegeben in Form von:
- Prüfungsvorgaben, die zumeist inhaltsbezogen formuliert sind (Prüfungsinhalten)
- Prüferschulungen (Vorgaben für Prüfer)
- Aus-/Fortbildungen von ÜL/Trainern (Anregungen für Trainingsgestaltung)

Zu keiner Zeit erfolgt aber eine Evaluation, welche Wirkungen dieser Input tatsächlich auslöst. Die Frage wäre also:
- Welche tatsächlichen Leistungen werden erreicht?
- Wie verändert sich Prüferverhalten durch Prüferschulung?
- Wie verändert sich das Training durch Aus-/Fortbildung?

Natürlich machen sich die Verantwortlichen Gedanken, aber auf welcher Basis? Da keine Daten im Sinne einer Evaluation erfasst werden, bleibt nur die subjektive Beobachtung im eigenen Umfeld und damit die zwangsläufige Entkopplung von der etwas entfernteren Basis.

Aus meiner Sicht müsste dringend eine Expertise zum Lehr- und Prüfungswesen erstellt werden. Jedoch sollte diese nicht von Sportwissenschaftlern, an denen in aller Regel die PISA-Aufarbeitung der letzten 10 Jahre vorbei gegangen ist, und auch nicht von Leuten verfasst oder bewertet werden, die das derzeitige System verantworten. In der Fachsprache heißt dies "externe Evaluation" und ist eines der wichtigsten Instrumente der Qualitätsentwicklung von Systemen.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
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Makikomi Kid
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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von Makikomi Kid »

Sollte nicht die Gürtelprüfung die Evaluation sein?

Die PO ist der gewünschte Output - dumm ist nur, dass viele Trainer es als Traingsordnung (Input) nicht als Prüfungsordnung verstehen.
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Ronin
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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von Ronin »

Makikomi Kid hat geschrieben:Sollte nicht die Gürtelprüfung die Evaluation sein
ja...aber woauf hier hingedeutet wird, ist eigentlich eher, dass ein Prüfer eben ein - wieauchimmergeartetes - Ideal mit der gerade gesehenen Prüfungsleistung vergleicht (vergleichen muss), um zu einer Bewertung für sich zu kommen. Und das Ideal, das angelegt wird, ist das Problem (und dann kommt natürlich noch das Problem der Objektivität dazu, es ist ja nicht so, dass alles gezählt, gemessen gewogen werden kann... du verstehst?
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Makikomi Kid
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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von Makikomi Kid »

Aber genau das ist IMO das Problem.

Im BJJ steht der Lehrer für die Graduierung seiner Schüler grade. Und wenn etwas nicht passt, dann fällt es auf ihn zurück.

Wie sol ein "Prüfer", der die Personen auf der Matte nicht kennt, wissen, ob es für den Gürtel passt? Der Gürtel sollte zeigen, dass jemand einen bestimmten Level erreicht hat, dies dürfte aber im Rahmen einer "Prüfung" nur schwer zu zeigen sein und führt genau zu den Problemen.
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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von katana »

Im BJJ steht der Lehrer für die Graduierung seiner Schüler grade
Das ist durchaus auch bei uns so zu beobachten. Z.B. bei Turnieren.
Die Graduierten mancher "Vereine" werden kaum ernstgenommen, während man bei bestimmten Vereinen
sehr wohl Qualität erwartet/fürchtet(?).
Das kann man bei den Trainern, wie auch bei den Wettkämpfern selbst feststellen.
Die Feststellung (Wahrnehmung) von Qualitäten durch die Betrachter ist also durchaus real vorhanden,
auch ohne Definition und Regelung.
Genaue Definitionen und Maßstäbe sind eher ein Hilfeschrei von Hilflosen, die sehr oft in die Hose gehen, ...weil...
die Individualität der Kreativen dadurch blockiert wird.

KK
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Hofi
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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von Hofi »

Hi!
Ich kann im Moment mit den Formalien ganz gut leben, auch wenn man das ein oder andere entspannter handhaben könnte.
Andererseits erspart es auch manchmal eine sinnlose Diskussion, auf die man nach 20 Jahren keine Lust mehr hat, wenn man sagen kann "formale Voraussetzung fehlt", wenn man davon ausgeht, dass das ebenso richtige Argument " er/sie kann es nicht" nicht verstanden wird.

In einer Freizeitbeschäftigung halte ich als Maßstab den individuellen Leistungsfortschritt als ein deutlich wesentlicheres Kriterium für wichtiger als die Frage der Einhaltung eines normativen Standards. So lasse teilweise Leute zur Prüfung, wo ich weiß, dass wird ein "gerade noch ausreichend", weil sich derjenige bemüht hat und es auch in 3 Monaten nicht recht viel mehr sein wird. Und hoffe dann, dass er im Rahmen der altersgemäßen Entwicklung einen Schub macht und beim nächsten Mal es ordentlich wird, was schon oft genug der Fall war. Andererseits stelle ich Leute, die vielleicht sogar besser wären, etwas zurück (Vorteil, wenn man drei Haupttermine im Jahr zum Prüfen hat), da dann aus einer guten Prüfung eine sehr gute wird, eben um zu sehen, ob es die von mir erwartete Entwicklung gibt. Das wissen die Kids dann aber auch und kriegen gesagt, bestehen würdest Du, aber es geht noch besser. Und 99% der Fälle wollen dann auch die bessere Prüfung und bestehen nicht auf dem früheren Termin.
Bis dann
Hofi
Wer die Wahrheit sagt, braucht ein verdammt schnelles Pferd.

Heimat ist dort, wo man von der Dorfbevölkerung, die einen duzt, gelyncht wird.
Jupp
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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von Jupp »

dburk schreibt:
"In so einem Moment möchte ich mich an die Definitionen des jeweiligen Prüfungsprogramms und die darin beschriebenen MESSBAREN Erwartungen an die Durchführungsqualitäten erinnern."
tutor schreibt:
Das deutsche Bildungswesen hielt sich bis zum PISA-Schock 2002 für ein weltweit führendes System, wurde aber in dramatischer Weise eines anderen belehrt. Auf einen kurzen Nenner gebracht wurde deutlich, dass ein Wandel von einer Input- zu einer Output-Steuerung erforderlich ist, um wieder aufschließen zu können.

Im Lehr- und Prüfungswesen haben wir es mit einer klassischen Input-Steuerung zu tun. In das System - die Vereine mit ihrer breitensportlichen Ausbildung - wird Input gegeben in Form von:
- Prüfungsvorgaben, die zumeist inhaltsbezogen formuliert sind (Prüfungsinhalten)
- Prüferschulungen (Vorgaben für Prüfer)
- Aus-/Fortbildungen von ÜL/Trainern (Anregungen für Trainingsgestaltung)

Zu keiner Zeit erfolgt aber eine Evaluation, welche Wirkungen dieser Input tatsächlich auslöst. Die Frage wäre also:
- Welche tatsächlichen Leistungen werden erreicht?
- Wie verändert sich Prüferverhalten durch Prüferschulung?
- Wie verändert sich das Training durch Aus-/Fortbildung?

Natürlich machen sich die Verantwortlichen Gedanken, aber auf welcher Basis? Da keine Daten im Sinne einer Evaluation erfasst werden, bleibt nur die subjektive Beobachtung im eigenen Umfeld und damit die zwangsläufige Entkopplung von der etwas entfernteren Basis.

Aus meiner Sicht müsste dringend eine Expertise zum Lehr- und Prüfungswesen erstellt werden. Jedoch sollte diese nicht von Sportwissenschaftlern, an denen in aller Regel die PISA-Aufarbeitung der letzten 10 Jahre vorbei gegangen ist, und auch nicht von Leuten verfasst oder bewertet werden, die das derzeitige System verantworten. In der Fachsprache heißt dies "externe Evaluation" und ist eines der wichtigsten Instrumente der Qualitätsentwicklung von Systemen."
Ich hätte das alles gerne bei Kyuprüfungen und auch bei Danprüfungen ein paar Nummern kleiner!

Kyu- und Danprüfungen sind keine schulischen oder universitären Prüfungen zu Verteilung von Lebenschancen, sondern ganz einfach Überprüfungen des (technischen) Könnens im Judo.

Daher sollten an die gezeigten Judotechniken auch nur die Anforderungen gestellt werden, die man auch im Randori an die Techniken stellt:
a) sie sollten erkennbar das sein, was sie sein sollen (Minimalanforderung); d.h. der geforderte Tai-otoshi sollte klar als Tai-otoshi erkennbar sein und kein Seoi-nage sein
b) die Ausführungsqualität sollte wie bei einem Ippon sein, also mit Kraft, Geschwindigkeit und Kontrolle Uke auf den Rücken (Körperseite) werfen
c) sie sollten sicher und verletzungsfrei ausgeführt werden.

Dafür muss man doch nicht für jeden Wurf präzise Qualitätsanforderungen schreiben. Die/der Prüfer sollten in ihrer Karriere doch gelernt haben, die Techniken voneinander zu unterscheiden und zu erkennen, ob Ippon-Qualität erreicht wurde.

Das reicht!

Die Diskussion um Mindestalter und Vorbereitungs- (Warte-)zeiten ist eine rein formale, da sich bei den notwendigen Abstimmungen in den dafür zuständigen Gremien Mehrheiten für die eine oder andere Regelung finden werden - oft relativ unabhängig von den vorher ausgetauschten Argumenten.

Von dieser Diskussion unterscheidet sich die inhaltliche, bezogen auf die Auswahl und Reihenfolge der Prüfungsinhalte.
Auch diese Diskussion findet in Gremien statt, die sich mehrheitlich für Lösungen entscheiden. Dabei zeigt sich oft, dass die "fertige" Prüfungsordnung eben nicht aus "einem Guss" ist, sondern das Ergebnis von "Mehrheitsmeinungen" der Gremiumsmitglieder bei den verschiedenen Inhalten.

Daher ist eine Prüfungsordnung natürlich nie etwas, was unumstritten und nicht verbesserungswürdig ist. Sie ist ganz einfach ein einmaliges Ergebnis von Diskussionen mehrerer Experten, das bei weiteren Diskussionen (eventuell, aber nicht notwendigerweise) mit gleicher/unterschiedlicher Zusammensetzung der Expertenrunde völlig anders ausfällen würde.

Wer also meint (oder hofft), dass es so etwas wie eine "rationale", "richtige", "gute" Prüfungsordnung geben könnte, der irrt - und zwar grundsätzlich! Es gibt immer nur die jeweils "mögliche" Fassung.

Nur in Diktaturen oder anderen totalitären Systemen können Einzelne eine in sich widerspruchsfreie Konzeption entwickeln, die dann (mit der entsprechenden Macht) durchgedrückt werden kann.

Wenn man also Ordnungen findet, die keinerlei Widerspruch wecken oder in sich widerspruchsfrei sind, sollte uns das nicht fröhlich stimmen, sondern misstrauisch!

Wer also die Demokratie liebt, der muss sich leider damit anfreunden, dass die Ergebnisse einer solchen oft eher unfertig und unzulänglich erscheinen - leider auch im Judo des Deutschen Judo-Bundes.

Ich kann mit dieser Erkenntnis und den sich daraus ergebenden Folgerungen ganz gut leben - meine Judoschüler übrigens auch!

Jupp
tutor!
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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von tutor! »

Jupp hat geschrieben:Ich hätte das alles gerne bei Kyuprüfungen und auch bei Danprüfungen ein paar Nummern kleiner!

Kyu- und Danprüfungen sind keine schulischen oder universitären Prüfungen zu Verteilung von Lebenschancen, sondern ganz einfach Überprüfungen des (technischen) Könnens im Judo.
(...)
Dafür muss man doch nicht für jeden Wurf präzise Qualitätsanforderungen schreiben. Die/der Prüfer sollten in ihrer Karriere doch gelernt haben, die Techniken voneinander zu unterscheiden und zu erkennen ob Ippon-Qualität erreicht wurde.
Ich hatte lang überlegt, ob ich diesen Vergleich schreiben sollte. Denn obwohl Du schreibst, dass es bei Judoprüfungen gerade nicht um die Verteilung von Lebenschance geht, wie in Schule/Uni, nahm die Prüfungsordnung dieselbe Entwicklung wie die Lehrpläne für Schulen. Sie wurde immer dicker und dicker und die Vorgaben wurden immer enger und enger. Die Prüfungsordnung(en) wurde(n) immer mehr als Steuerungsinstrument verstanden.

Daran ist auch nichts zu kritisieren, aber wir müssen auch schauen, wie die Wirkung ist. Sicher gibt es Trainer, die mit den gesetzten Rahmenbedingungen zurecht kommen, aber die Vereine im DJB haben in der Altersklasse der 7-14-jährigen in den letzten 12 Jahren ein Drittel der Mitglieder (absolut ca. 50.000) verloren, während der DOSB insgesamt in dieser Altersklasse in diesem Zeitraum eine schwarze Null geschrieben hat (ca. 4,4 Mio).

Das Hauptproblem sind dabei die breitensportlich tätigen Kinder bis etwa gelb-orange / orange, die die Vereine verlassen. Hier muss man fragen, warum das passiert und wie man gegensteuern kann. Der Verband kann dies nur durch Schaffung von Rahmenbedingungen. Diese werden ja auch von Vereinen beklagt. Da hilft es nichts, darauf zu verweisen, dass es einigen Vereinen gelingt, erfolgreich zu arbeiten. Denn die darin versteckte Botschaft lautet: "ich schaffe das, aber ihr seid zu bl*d dafür".

Das Gesamtsystem muss kritisch unter die Lupe genommen werden, wobei die Prüfungsordnung nur ein Teil ist. Dann muss man überlegen, wie man das Gesamtsystem besser steuern kann. Ein derartiges "Changemanagement" ist eine äußerst anspruchsvolle Sache, zumal zwischen Verienen und DJB ja auch noch die Landesverbände sind. Es darf aber nicht damit verwechselt werden, dass am Ende kompliziertere Prüfungsordnungen herauskommen. Das Gegenteil muss viel eher der Fall sein...

Nicht umsonst sind die stoffbezogenen Lehrpläne der 70er bis 90er Jahre immer dicker und die kompetenzorientierten Lehrpläne der letzten 10 Jahre immer dünner geworden. Daran müssen wir uns ein Beispiel nehmen.
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Fritz
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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von Fritz »

Jupp hat geschrieben:Ich hätte das alles gerne bei Kyuprüfungen und auch bei Danprüfungen ein paar Nummern kleiner!

Kyu- und Danprüfungen sind keine schulischen oder universitären Prüfungen zu Verteilung von Lebenschancen, sondern ganz einfach Überprüfungen des (technischen) Könnens im Judo.


Daher sollten an die gezeigten Judotechniken auch nur die Anforderungen gestellt werden, die man auch im Randori an die Techniken stellt:
a) sie sollten erkennbar das sein, was sie sein sollen (Minimalanforderung); d.h. der geforderte Tai-otoshi sollte klar als Tai-otoshi erkennbar sein und kein Seoi-nage sein
b) die Ausführungsqualität sollte wie bei einem Ippon sein, also mit Kraft, Geschwindigkeit und Kontrolle Uke auf den Rücken (Körperseite) werfen
c) sie sollten sicher und verletzungsfrei ausgeführt werden.
Das reicht nicht, meines Erachtens nach.
Ich halte für wichtig, daß der Prüfling zeigt bzw. nachweist, daß er auch intellektuell
begriffen hat, wie die Technik funktioniert...
Aus dem einfachen Grund, daß er in der Lage sein soll, sich, seine(n) Trainingspartner bei der Ausführung
der Technik kritisch zu beobachten und entsprechend selbstständig Verbesserungen im Bewegungs-Ablauf
zu erreichen.
Es ist relativ wenig wert, wenn er zwar gelernt hat, ok ich muß die und die Bewegung machen, damit es ein
z.B. Uki-Goshi oder Tai-Otoshi oder sonstwas wird,
sondern es kommt auf das "Warum" an. Also warum soll Uke mit dem und nicht dem anderen
Bein vornstehen, warum sollte mein Ellbogen am Körper bleiben und nicht in der Luft rumrudern, usw. usf...
Wenn das "Warum" klar ist, dann erinnert man sich später auch leichter an des Wie&Was und kann besser an sich
arbeiten und gewisse geistige "Transfer-Leistungen" erbringen, wenn es darum geht, sich Neues zu erarbeiten...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von Hofi »

Hi!
Die Frage ist, ab welcher Stufe man so etwas fordert. Bei einem 7-jährigen Weiß-gelben sicher nicht. Wenn man böse ist und den 1. Dan als Anfänger-Gurt ansieht, dort sicher auch noch nicht. Der 3. Dan fordert z.B. im Boden die Erklärung der Technik-Prinzipien, da muss man sich sehr intensiv damit auseinandersetzen, warum was funktioniert.
Auch wenn ich versuche, selbst den Kleinen das "Warum" klarzumachen, erwarte ich in der Prüfung nur, dass sie die Technik sauber beherrschen.
Bis dann
Hofi
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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von Fritz »

Hofi hat geschrieben:Die Frage ist, ab welcher Stufe man so etwas fordert.
So etwa ab U14 ;-)
Wenn man böse ist und den 1. Dan als Anfänger-Gurt ansieht,
Ja und? Warum soll ein Anfänger nicht über das Warum dessen, was er tut
Bescheid wissen?
Anfängergurt heißt ja nun nicht zwangsläufig, daß der Betreffende nur Bewegungen "nachäffen" können
sollte...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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guk
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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von guk »

dburk hat geschrieben:Korrigierend muss ich das Kyu-Prüfungsprogramm positiv erwähnen, da dort DVDs als Einordnungshilfen erstellt worden, die mit beispielhaften Demonstrationen den Rahmen für bestehen und durchfallen umreißen. Im Dan-Bereich fehlt soetwas kategorisch!
Volle Zustimmung. Im Kyu-Bereich wusste man mit den Klocke-Büchern und den DVD's einigermaßen, was erwartet wird, in den Vorbereitungslehrgängen wurde diese Varianten auch gezeigt. Im DAN-Bereich dagegen gibt es keine konkreten Anhaltspunkte zu den Techniken, auch das neue "Judo meistern" spiegelt nicht die PO wieder. Der unbedarfte Nichtforumsleser findet zudem einige Würfe unter neuem Namen wieder - und umgekehrt (z.B. Seoi-otoshi...), da das Buch jetzt klar im Daigo-Stil mit Kodokan-Nomenklatur verfasst ist. Ein Unterscheidung zwischen den DAN-Graden analog zu den Kyu-Graden der Judo lernen und anwenden-Bücher gibt es ebenfalls nicht.

Es gibt Vorbereitungslehrgänge, in denen aber nur ein Teil angerissen wird, oft mit dem Zusatz "das müsst ihr ja als Braungurte ja schon alles können". Wer also seine ersten Gurte noch "nach Gokyo" gemacht hat, kann zwar einige Würfe des 1. DAN schon, andere anwendungsorientierte Sachen fehlen aber einfach.

Völlig verwirrend wird es, wenn eine Technik komplett anders gezeigt wird, als man sie jahrelang gemacht hat und wie sie auch in den "alten" Büchern (Kodokan Judo, Mifunes Canon for Judo etc.) steht. Im Boden ist es ähnlich: während wir früher Würger, Hebel und auch Haltegriffe möglichst direkt angesetzt haben, wird heute fast nur gekippt, gedreht, gerollt und getaucht.
Bei der Kata ist es ähnlich: Man kann nirgendwo verbindlich nachlesen, wie die Techniken genau auszusehen haben. Im Kyu-Lehrgang werden sie oft anders gezeigt als im DAN-Lehrgang. Irgendwann ist man so verunsichert, dass nichts mehr klappt. Das ist keine Kritik an den Lehrgangsleitern - jeder vermittelt es so, wie er es gelernt hat und für richtig hält. Es fehlen einfach exaktere Vorgaben in der PO bzw. dem Begleitscript oder ein passendes Buch, wo man nachschauen kann. Natürlich kann man eine Technik nicht nur aus einem Buch lernen, aber zumindest kann man bei Unsicherheiten oder verschiedenen "Meinungen" zu einem Wurf oder Wurfeingang nachlesen, welche "Version" für die Prüfung gefordert ist. Gerade kleinere Vereine haben oft keine Trainer für die DAN-Vorbereitung.
Daher fände ich einen umfassenderen Lehrgang mit begleitender Prüfung und Fehlerkorrektur und ein insgesamt kompakteres Programm ("eine Nummer kleiner" s.o.) sinnvoller.
tutor!
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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von tutor! »

--- OT Anfang----
guk hat geschrieben:(...) Bei der Kata ist es ähnlich: Man kann nirgendwo verbindlich nachlesen, wie die Techniken genau auszusehen haben. Im Kyu-Lehrgang werden sie oft anders gezeigt als im DAN-Lehrgang. (...)
Abgesehen davon, dass in der Tat die Quellenlage auf deutsch schwierig ist, kann man die offiziellen englischen Übersetzungen sehr wohl nachlesen (http://nwdk.de/kata/beschreibungen).

Zu jeder Kata kann man auch sehen, wann es zu Überarbeitungen der Texte gekommen ist, nämlich viel seltener als es in Deutschland oft kolportiert wurde.

In die Texte eingefügt sind die wichtigsten Beobachtungspunkte und deren Bewertung bei internationalen Kata-Meisterschaften. Diese können beim Üben hilfreich sein, gehören aber nicht zum offiziellen Text.

Wer das Ganze auch bildlich sehen möchte, dem stehen die offiziellen Lehrvideos zur Verfügung, die mittlerweile frei im Internet zu finden sind.

Dass es immer noch unterschiedliche "Varianten" gibt, die bei Lehrgängen gezeigt werden, liegt daran, dass es jeder - wie Du auch schreibst - so macht, wie sie/er es gelernt hat. Das ist leider nicht bei jedem Referenten wirklich ausreichend. NRW hat, um dem entgegen zu wirken, z.B. damit begonnen, den Multiplikatoren gezielte Angebote zu machen.

--- OT Ende----
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von dburk »

tutor! hat geschrieben: Abgesehen davon, dass in der Tat die Quellenlage auf deutsch schwierig ist, kann man die offiziellen englischen Übersetzungen sehr wohl nachlesen (http://nwdk.de/kata/beschreibungen).
Hier möchte ich einhaken:
  1. Warum "riskiert" der DJB keine bundeseinheitliche Veröffentlichung im Bereich "Kata"?
  2. Bei Schriftwerken ist man auf "dunkle Kanäle" angewiesen, wenn man von aktuellen Entwicklungen aus Japan/International profitieren möchte.
    Dabei steht noch nicht einmal fest, welche "dieser Entwicklungen" überhaupt prüfungsrelevant sind.
  3. Auf Lehrgängen erhält man zumeist, nicht immer, keine klaren Hinweise, die einen Prüfling erkennen lassen, welche "Hürden" er/sie zu nehmen hat.
Letzteres bezieht sich nicht ausschließlich auf KATA, sondern auf alle Prüfungsfächer.
Jupp hat geschrieben:Ich hätte das alles gerne bei Kyuprüfungen und auch bei Danprüfungen ein paar Nummern kleiner!

Kyu- und Danprüfungen sind keine schulischen oder universitären Prüfungen zu Verteilung von Lebenschancen, sondern ganz einfach Überprüfungen des (technischen) Könnens im Judo.

Daher sollten an die gezeigten Judotechniken auch nur die Anforderungen gestellt werden, die man auch im Randori an die Techniken stellt:
a) sie sollten erkennbar das sein, was sie sein sollen (Minimalanforderung); d.h. der geforderte Tai-otoshi sollte klar als Tai-otoshi erkennbar sein und kein Seoi-nage sein
b) die Ausführungsqualität sollte wie bei einem Ippon sein, also mit Kraft, Geschwindigkeit und Kontrolle Uke auf den Rücken (Körperseite) werfen
c) sie sollten sicher und verletzungsfrei ausgeführt werden.
Ich denke, dass ist eine gute Ausgangsbasis, nach der man verfahren könnte.
Fritz hat geschrieben:Ich halte für wichtig, daß der Prüfling zeigt bzw. nachweist, daß er auch intellektuell
begriffen hat, wie die Technik funktioniert...
und
Fritz hat geschrieben:Es ist relativ wenig wert, wenn er zwar gelernt hat, ok ich muß die und die Bewegung machen, damit es ein
z.B. Uki-Goshi oder Tai-Otoshi oder sonstwas wird,
sondern es kommt auf das "Warum" an.
Auch diese Argumentation ist nicht von der Hand zu weisen.

Jetzt wäre nur noch zu klären, in welchen Rahmen beide Haltungen zur Wirkung kommen können.

Überzeichnung...
  • Muss nach "Fritz" ein Prüfling nun im Vorfeld einer z.B. Dan-Prüfung unter
    Aufsicht der Prüfer eine Trainingseinheit zur "Spezialtechnik" führen, in der es
    zu beweisen gilt, dass das "warum etwas funktioniert" verstanden wurde und
    sogar noch transportiert werden kann?
  • Muss nach "Jupp" der Prüfling seinen Uke nur mal eben auf dei Matte werfen?
    Fällt er quasi zufällig auf den Rücken, mit irgendwie "Kontrolle" und ohne eigene
    Balance,... Im Wettkampf kann das immer noch ein "Ippon" geben.
Versöhnlich...
In meiner Welt stehen beiden Haltungen Raum zur Verfügung und haben ihre Berechtigung.
Charmant an der "Minimalanforderungs"-Idee finde ich, dass sie der Prüfungssituation am ehesten
gerecht zu werden scheint. Es treten oft genug Prüflinge zu einer Prüfung an, die man als Prüfer
noch nicht zuvor gesehen hat, geschweige denn mit denen man nicht reden konnte. Eine
tiefschürfenden und erkenntnisreichen Dialog über die Funktionsweisen einer Technik darf man
während der Prüfungssituation wohl eher nicht erwarten.

Mir selbst ist während des Vermittlungsprozesses und dem Arbeiten mit den interessierten Judoka
auch sehr wichtig, dass dem "Warum" und dem "Wie" etwas funktioniert ausreichend viel
Aufmerksamkeit widmet. Desweiteren die Vermittlung geeigneter, oft auch individualisierter "Werkzeuge"
für das Selbstlernen spielen eine große Rolle.

ABER:
- Was ist den "Vordenkern" wichtig?
- Was wird mit einer inhaltlichen Prüfung bezweckt?
- Gibt es Langzeitziele in der Vermittlung (und Prüfung)?
- Warum ist eine Evaluation im Kontext einer formellen Prüfung wichtig?
- Geht so etwas nicht grundsätzlich trainingsbegleitend?
- Muss es zentralisierte Prüfungen geben? Wenn "ja", warum?
Wenn qualitative Aspekte angeführt werden:
- Wäre eine Evaluation von Trainern im Rahmen ihres eigenen Trainings zielführender?
- Müssten Ausbilder und Prüfer nicht ebenfalls ihr Verständnis von dem "Warum", dem "Wie" regelmäßig unter Beweis stellen? Und wer sollte die Vermittlungsstrategie als "erfolgreich" beurteilen? Die Trainingsgruppe?

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Re: Schnellere Gürtelprüfungen?

Beitrag von Fritz »

dburk hat geschrieben: Muss nach "Fritz" ein Prüfling nun im Vorfeld einer z.B. Dan-Prüfung unter
Aufsicht der Prüfer eine Trainingseinheit zur "Spezialtechnik" führen, in der es
zu beweisen gilt, dass das "warum etwas funktioniert" verstanden wurde und
sogar noch transportiert werden kann?
Ich bin kein Freund von diesem "Spezial-Technik"-Zeug, das nur nebenbei...
dburk hat geschrieben:Hier möchte ich einhaken:

Warum "riskiert" der DJB keine bundeseinheitliche Veröffentlichung im Bereich "Kata"?
Bei Schriftwerken ist man auf "dunkle Kanäle" angewiesen, wenn man von aktuellen Entwicklungen aus Japan/International profitieren möchte.
Dabei steht noch nicht einmal fest, welche "dieser Entwicklungen" überhaupt prüfungsrelevant sind.
Auf Lehrgängen erhält man zumeist, nicht immer, keine klaren Hinweise, die einen Prüfling erkennen lassen, welche "Hürden" er/sie zu nehmen hat.
Ich vermute mal, weil Kata im DJB den Stellenwert hat: Das machen Ältere, die nicht mehr Randori oder Wettkämpfe machen wollen...
Die Idee, daß Kata ein Trainingsinstrument ist, hat sich m.M.n noch nicht so recht verbreitet...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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