Hmm, ich bekomme aktuell keine E-Mail-Benachrichtigung für neue Posts mehr, deswegen erst jetzt eine Antwort - ah, sorry, der Spam-Filter wars. Das ganze hat sich doch anders entwickelt, als ich mit meiner zugegebenermaßen unbeabsichtigt provokativen Frage beabsichtigt habe. Ich wollte eigentlich ja gar nicht darauf hinaus, ob nun Judo oder BJJ besser ist - das ist eine Frage, die sich eigentlich nicht stellen sollte. Im Gegenteil. Ich wollte vielmehr - wobei ich mit
Jupp auf einer Linie bin - nur darauf hinweisen, dass es auf die Schwerpunkte ankommt, die die jeweiligen Trainierenden setzen, also letztendlich auf die Trainierenden selbst!
Aber
Jupp: Entschuldige bitte, dass ich trotz deiner durchaus validen Argumente bei dem Beispiel von dem BJJ-Blaugurt und dem Judo-Schwarzgurt bleibe. Natürlich hast du mit dem, was du sagst, völlig Recht, aber es vereinfacht den Vergleich sprachlich auf verlockende Weise sehr stark. Wir gehen also davon aus, dass für beide das gleiche Regelwerk gilt (meinetwegen das aus dem Judo), beide die gleiche sportartspezifische Kraft haben, denselben Trainer und dieselben Trainingspartner haben, beide sehr selbstbewusst sind, ihre Siegtechniken extrem gut geübt haben und vieles, vieles mehr. Wir lassen also einen super BJJ-Blaugurt und einen tollen Judo-Schwarzgurt gegeneinander antreten, beide im Gi, in zwei Disziplinen: einmal Stand, Ziel ist Ippon; einmal Boden, Ziel ist submission. Entschuldige das Nachplappern, aber ich finde die Punkte durchaus gut gewählt. So eine Situation ist vielleicht praktisch undenkbar, aber ich bitte dich einfach, dir das mal theoretisch vorzustellen
Es ist dementsprechend nur zu verständlich, dass ein BJJ-Blaugurt einen Judo-Schwarzgurt am Boden vernaschen kann, wenn man sich ansieht, wie viel Boden-Training in vielen Judo-Vereinen hierzulande gemacht wird (vielleicht 10-20 % nach meiner Wahrnehmung; verbunden mit einer Bitte um Verzeihung an alle, die sich ungerechtfertigterweise angesprochen fühlen!). Aber nicht nur deswegen: Auch von der Konzeption her, die Kano vorgeschlagen hat (also: 20-30 % des Trainings für Bodenkampf aufzuwenden, wenn ich mich richtig erinnere - ahja,
hier), ist da nicht viel mehr drin. Ein BJJ-Blaugurt hat aber mindestens zwei Jahre (und oft auch länger) in der Regel mehrere Stunden pro Woche auf den Bodenkampf aufgewendet.
katana bestätigt dagegen, dass die meisten Judo-Schwarzgurte einen BJJ-Blaugurt werfen könnten - ohne jetzt auf die Folgen (= Bodenkampf) einzugehen, es ging mir nur um die Fertigkeit des Werfens an sich. Auch hier ist die Schwerpunktsetzung entscheidend. Der Judoka hat die meiste Zeit seines Trainings und mit Sicherheit sogar mehr als nur 70-80 % (nach Kanos Konzeption) für Wurftechniken aufgewendet. Es ist nur natürlich, dass der Judo-Schwarzgurt den BJJ-Blaugurt wirft.
Worauf ich also hinaus will: Wenn wir uns als Judoka mit BJJ auseinandersetzen, verlagern wir unseren Schwerpunkt. Ich ganz persönlich tue das derzeit. Vielleicht setze ich den Schwerpunkt ja irgendwann einmal wieder anders (wer weiß schon, auf was?) - aber aktuell finde ich BJJ wegen der intensiven Boden-Arbeit einfach spannender als das wettkampforientierte Judo-Training (sic: 70-90 % Stand, 10-30 % Boden!). Warum müssen wir uns nun also damit auseinandersetzen? Ist das nicht vielleicht einfach nur eine Marotte von mir - eben weil ich es "spannender" finde? Nein, ich denke nicht und ich glaube,
Fritz denkt da ganz ähnlich. Ist es nicht so, dass Fertigkeiten, die das Judo an sich im Boden eigentlich durchaus kennt, einfach dadurch verloren gehen, dass der Schwerpunkt zu sehr auf den Stand gesetzt wird und diese Fertigkeiten kaum noch aktiv trainiert werden (also nicht nur als Kata, sondern auch im Randori)? Nur ein Beispiel: Allein schon Fußhebel! Wer trainiert noch aktiv Fußhebel? Wer schützt im Randori seine Füße vor dem Zugriff des Gegners? Kann man diese Fertigkeiten, die BJJ nicht nur kennt, sondern auch aktiv vermittelt, nicht durch zumindest einen Blick über den Rand der Judo-Schüssel in den BJJ-Topf versuchen zu reaktivieren? Zumindest zeitweise den Schwerpunkt leicht zu verlagern (ich spreche ja noch nicht von der Kündigung beim DJB und dem Beitritt in den BJJBD
) dürfte nicht nur nicht schaden, sondern im Gegenteil eine große Bereicherung sein. Auch andersherum kenne ich durchaus BJJler, die gerne mal ein Judo-Training besuchen - wegen des sehr hohen Stand-Anteils. Aber oft gehen die doch lieber ins Sambo - ohne mich dazu jetzt auch noch auslassen zu wollen, da ich zum Sambo kaum bis gar keine Berührung habe.
Auch wenn ich damit sehr weit vom Thema abdrifte: Ich fand
Asakusas Frage, warum wir uns im Judo mit BJJ auseinandersetzen müssen, einfach zu interessant, um meinen Senf nicht dazu abzugeben. Ich würde es schon fast für sinnvoll halten, diesen Teil des Threads abzutrennen...