Kata schlecht für Kämpfer?

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tom herold
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Re: Kata schlecht für Kämpfer?

Beitrag von tom herold »

Mal eine Frage. Lightmaster:
Kannst du durch die Art, wie dir bspw. Uki-Otoshi für eure Ausführung der Nage-no-Kata beigebracht wird, dieses Wurfprinzip im Kampf anwenden?
Auch gegen größere, schwerere, körperlich stärkere Gegner?
Falls ja - dann würde ich das gern sehen.
;)
Falls nein - wozu lernst du dann etwas, das im Kampf nicht funktioniert?
:dontknow

Und bevor du fragst: ich selbst KANN Uki-Otoshi im KAMPF werfen.
Das mag daran liegen, daß ich ihn völlig anders gelernt habe als du.
;)
Nun gut, genau das wurde mir eben anders vermittelt. Es wurde besonders betont, dass nicht Uke in der Luft gedreht wird, sondern einfach in Bewegungsrichtung schräg nach unten gezogen wird. Dadurch, dass man dem Druck, den Uke während der schneller und größer werdenden Vorwärtsbewegung aufbaut, plötzlich (natürlich kontrolliert) nachgibt, kommt er aus dem Gleichgewicht und "fällt hin".
Nöö.
Welchen Grund sollte Uke denn haben, "Druck" nach vorn aufzubauen?
Uki-Otoshi funktioniert auch wunderbar (wenn man ihn begriffen hat), OHNE daß Uke irgendwelchen "Druck nach vorn während der schneller und größer werdenden Vorwärtsbewegung aufbaut".

Und nochmal nein - Uke wird bei anwendbarer Vermittlung des Prinzips "Uki-Otoshi" tatsächlich NICHT in der Luft gedreht.
Derlei "Drehen" gehört nämlich nicht in die Handwürfe rein.
Richtig ist, daß Uke "nach unten" gerissen werden muß - und dabei kommt es sehr auf das "Wie" an.
Ich habe hierzulande bisher nur sehr, sehr wenige Jûdôka erlebt, die das im Kampf anwenden konnten.
Nun fragt man sich doch, warum das so ist ...

Mal 'ne ganz ketzerische Frage: wer von all den hochgraduierten Danträgern, die Leuten wie dir Nage-no-Kata vermitteln, KANN denn bspw. den Uki-Otoshi im KAMPF anwenden?
Würde mich mal interessieren, denn meine bisherigen Nachfragen "vor Ort" zeigten enttäuschende Ergebnisse.
Die meisten derer, die ich ansprach (nein, ich nenne keine Namen) erklärten freiheraus, es NICHT zu können.
Fragt man sich doch, auf welcher Grundlage sie dann Uki-Otoshi lehren ...?
Die vier, die kühn behaupteten, dieses Wurfprinzip im Randori anwenden zu können, versagten kläglich (was für Träger des 5. und 6. Dan einfach beschämend ist!).
Sie waren nicht einmal gegen (ihnen fremde, erwachsene!) Orange- und Grüngurte (die nicht mal MEINE Schüler waren) in der Lage, dieses Wurfprinzip anzuwenden.
Mehr möchte ich dazu nicht sagen.

Oder doch:
Ne supra crepidam sutor iudicaret ...
;)
tom herold
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Re: Kata schlecht für Kämpfer?

Beitrag von tom herold »

Ach du Schande ...
Das mit dem unkooperativen Uke ist ein durchaus guter Ansatz, denke ich auch.
Es ist ja meines Erachtens ohnehin weniger so, dass Uke während der Kata sehr kooperativ ist.
Er greift vielmehr mit unterschiedlichen Bewegungen an und lernt während der Kata dazu, wird also vielmehr unkooperativer. Aus einem ungestümen Schlag (-> Seoi-nage) wird ein kontrollierter Schlag (-> Ura-nage) mit nachfolgendem Schwitzkasten (-> Yoko-guruma).
Jetzt mal ehrlich - diesen Unsinn glaubst du?
Du glaubst tatsächlich, daß die Ausführungen der 15 Nage-no-Kata (Mehrzahl) kausal zusammenhängen?
Du glaubst wirklich, daß Kanô die 15 Nage-no-Kata, die er zu einer "großen" Kata zusammenfaßte, so zusammenstellte, daß sie linear aufeinander aufbauend so etwas wie einen "Kampf" darstellen?
Entschuldige, aber ...
:irre

Uke lernt also "während der Kata hinzu"?
Ach gar ...?

Dann hätte ich doch die eine oder andere Frage.
Uke greift also an, ja? Entweder durch Greifen oder durch "Schlag".
Warum bitte sollte jemand, der einmal oder gar zweimal EFFEKTIV geworfen wurde, überhaupt noch einmal angreifen können?
Aber gut, gehen wir davon aus, daß das so wäre - warum wird von Uke zuerst gegriffen (Uki-Otoshi), dann von Uke (Seoi-Nage) "wild geschlagen" (wo hast du denn den Unsinn her, daß Uke "wild und unkontrolliert" schlagen würde und wo bei Kanô kann ich das nachlesen?????) ... nur damit Uke danach doch wieder zufaßt (Kata-Guruma) ...?
Wo soll denn da ein Zusammenhang sein?
Wer phantasiert denn da einen kausalen, linearen und zeitlichen aufeinanderfolgenden Zusammenhang zwischen den drei als Beispiel gedachten Illustrationen der Wurfgruppe "Te-Waza" herbei?

In der Gruppe der Koshi-Waza haut Uke wieder zu ... ist das nun "wild und unkontrolliert" oder "kontrolliert"?
Und warum greift er danach wieder, statt weiter um sich zu hauen? Und warum macht er nach dem "Schlag" keinen "Schwitzkasten", wie du ihn bei Yoko-Guruma erkannt haben willst?
(Mal in einem wirklich ECHTEN Kampf versucht, jemanden, der dich ERNSTHAFT in einen Schwitzkasten nimmt, zu werfen? Noch dazu mit Yoko-Guruma???)
Mal darüber nachgedacht, warum Uke in Nage-no-Kata nicht tritt? Warum er mal greift und mal haut?
Oder warum er den Tori nicht packt und ihn zu sich ZIEHT?
Noch nicht darüber nachgedacht ...?
Kleiner Tip: Yoroi Kumi Uchi.
;)
Koryû Bugei.
Aus einem ungestümen Schlag (-> Seoi-nage) wird ein kontrollierter Schlag (-> Ura-nage) mit nachfolgendem Schwitzkasten (-> Yoko-guruma)
Pardon, aber was ist denn das für ein blühender Unsinn?!
:BangHead
Warum, bittesehr, folgt denn dann nicht auf den Seoi-Nage unmittelbar Ura-Nage und auf diesen unmittelbar Yoko-Guruma?
Diese "Erklärung", die du hier gepostet und die du sehr wahrscheinlich auf den entsprechenden Lehrgängen gehört hast, gibt wieder, was sich manche Leute so VORSTELLEN ... und das verkleistert zuverlässig den Blick dafür, was Kata ist und wozu sie geschaffen wurde und wie sie zu üben ist.

Und ihr wundert euch, daß ihr aus dem Üben bspw. der 15 Nage-no-Kata keinerlei konkreten Nutzen für den KAMPF ziehen könnt?
:BangHead

Katana hat geschrieben:
Eine Technik in einer Kata , die nicht anwendbar funktioniert, ist die Zeit nicht wert, sie zu trainieren
100% Zustimmung!

Zu dem Unfug des "erst wild, dann kontrolliert" Schlagens und zu dem Unfug, Uke würde "im Laufe der Kata dazulernen" und sein Angriffsverhalten angeblich anpassen, kann ich nur zitieren, was Katana so treffend schrieb:
Der Großteil der heute üblichen Katatechniken sind eine mittlere Katastrophe und tatsächlich im Kampf nicht anwendbar.
Das liegt aber nicht an dem Grundgedanken der Kata , sondern an dem Unfug, der seit Jahren erzählt und praktiziert wird.
So isses!
:angry4
tom herold
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Re: Kata schlecht für Kämpfer?

Beitrag von tom herold »

@Lightmaster:
Was meinst du in diesem Zusammenhang mit "Ukes Mithilfe" bei Kata-guruma? Vielleicht, dass Uke sich steif macht und hinten an Toris Rücken abstützen soll? Da habe ich zugegebenermaßen noch Schwierigkeiten, das nachzuvollziehen (habe da mit meinem Uke nicht herumexperimentiert, sie wollte nicht^^), aber habe es erstmal so hingenommen, wie es vermittelt wurde: Würde Uke wie ein "nasser Sack" auf Toris Schultern hängen, wäre es für Tori einfach, sich gerade nach hinten zu stürzen und Uke auf diese Weise zu werfen (Daigo spricht hierbei von einer Art Ura-nage, wobei er diesen Wurf trotzdem als Kata-guruma klassifiziert). Dadurch, dass Uke sich steif und lang macht und sich an Toris Hüfte/Rücken abstützt, verhindert er einen erfolgreichen Wurf dieser Art, weswegen Tori ihn zur Seite/schräg nach vorne abwerfen muss.
Ich fasse mal zusammen, was ich deinem Text entnommen zu haben glaube:
Du willst Kata-Guruma werfen.
Wenn Uke "nasser Sack" spielt, kannst du dich "einfach nach hinten" fallen lassen.
Stimmt.
Nun will Uke das aber aus irgendeinem Grunde nicht.
Und DESHALB macht er sich steif und DESHALB stützt er seine Hand in deinen Rücken, ja?
Dadurch, dass Uke sich steif und lang macht und sich an Toris Hüfte/Rücken abstützt, verhindert er einen erfolgreichen Wurf dieser Art, weswegen Tori ihn zur Seite/schräg nach vorne abwerfen muss.
Soll ich dir beweisen, daß ich dich TROTZDEM mühelos "nach hinten" werfen kann (noch dazu wenn ich mit umkippe), wenn du dich auf meinen Schultern "steif und lang" machst und dich mit deiner Hand an meiner Hüfte abstützt?

Sag mal ... wer erzählt euch eigentlich solchen Unfug wie den, den du hier wiedergibst?
:crybaby

Lernt ihr SOWAS bei euren Kata-Lehrgängen?
Ja?
Na dann: Gute Nacht.
Dann ist es kein Wunder daß ihr Kata als unverzichtbares Trainingstool zur konkreten Verbesserung der eigenen kämpferischen Fähigkeiten nicht versteht.
Wie schrieb doch Tutor so treffend?
Problematisch ist jedoch die Art und Weise, wie junge Leute oftmals mit Kata konfrontiert werden. Aber das hat nichts mit Kata grundsätzlich zu tun, sondern mit Defiziten bei den Lehrern.
Das ist absolut richtig - und sehr viel höflicher ausgedrückt als ich das tun würde.
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Re: Kata schlecht für Kämpfer?

Beitrag von judoka50 »

Nachdem ich unsere NWDK Seite - insbesondere im Bereich Berichte Kreis Hamm-Unna -

http://nwdk.de/j15/index.php?option=com ... mid=100068

ein wenig überarbeitet habe,

kann ich euch zur Beantwortung einiger Fragen auf das dort unter Lehrvideos Kata und vieles mehr....

verlinkte Nage no kata Lehrvideo verweisen:


Viele Grüße
U d o
katana
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Re: Kata schlecht für Kämpfer?

Beitrag von katana »

Das verlinkte Video ist leider nicht mehr aktuell.
Es gibt bereits seit (mindestens 2 Jahren) eine neue Version vom Kodokan.
Und auch diesbezüglich haben sich in den letzten 2 Jahren teilweise "Neuerungen" ergeben. ;)

KK
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Re: Kata schlecht für Kämpfer?

Beitrag von judoka50 »

Das mag sein - hast Du sie denn schon im Netz gefunden.

Dann wäre es schön, wenn Du uns daran teilhaben lässt..

Ich habe leider nur das von mir eingefügte Lehrvideo gefunden. Ansonsten waren es bisher nur Aufnahmen von Veranstaltungen und Feierlichkeiten im Kodokan.

Übrigens ist die DVD, die an die Vereine verschickt wurde auch von 2008:
http://www.hint.co.jp/cgi-bin/kshop/ksh ... 63830.3273
Viele Grüße
U d o
katana
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Re: Kata schlecht für Kämpfer?

Beitrag von katana »

Sorry, dann muß ich mich korrigieren,
es gibt die neuere Version schon 3 Jahre ! :D
Auf dem Cover hat Tori rot-weiß umgebunden und auf dem Video ist das auch so.


Wie gesagt gab es aber mittlerweile schon wieder "einige Anpassungen".
Und... ich behaupte dreist, es wird künftig noch mehr geben.

KK
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Re: Kata schlecht für Kämpfer?

Beitrag von judoka50 »

Danke - habe ich auch gerade gefunden.

Habe meine DVD verliehen, aber so aus dem Gedächtnis ist sie identisch mit der
in NRW an die Vereine verschickten und aktuellen Version.

Insofern eine gute Gelegenheit alle Gruppen einzeln, die Demo und auch die Zeremonie herunter
zu laden.........

Übrigens wird es, auf jeden Fall in NRW keine neuere Version geben. Damit in allen Vereinen nach der gleichen Vorgabe einheitlich gelehrt wird, wurde die DVD angeschafft und kostenlos an die Vereine verteilt.

Nachtrag:
Es handelt sich natürlich nicht um eine Version für NRW - nein es ist die seit Januar 2009 gültige Version des DJB!!
Zuletzt geändert von judoka50 am 02.06.2011, 11:25, insgesamt 1-mal geändert.
Viele Grüße
U d o
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Fritz
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Re: Kata schlecht für Kämpfer?

Beitrag von Fritz »

tom herold hat geschrieben:Jetzt mal ehrlich - diesen Unsinn glaubst du?
Du glaubst tatsächlich, daß die Ausführungen der 15 Nage-no-Kata (Mehrzahl) kausal zusammenhängen?
Du glaubst wirklich, daß Kanô die 15 Nage-no-Kata, die er zu einer "großen" Kata zusammenfaßte, so zusammenstellte, daß sie linear aufeinander aufbauend so etwas wie einen "Kampf" darstellen?
Entschuldige, aber ...
Also ich glaube, daß zwar die Kata keinen "Kampf" durchspielt, aber durchaus die Art der Angriffe
variiert wird bzw. werden kann. Grundlos wird Kano eben nicht die "Angriffsschläge", die Kreisbewegung beim Uchi-Mata und
die Seitwärtsbewegung beim Okuri-Ashi-Barai hineingebaut haben und das sind augenscheinliche Variationen ;-)
Warum, bittesehr, folgt denn dann nicht auf den Seoi-Nage unmittelbar Ura-Nage und auf diesen unmittelbar Yoko-Guruma?
Diese "Erklärung", die du hier gepostet und die du sehr wahrscheinlich auf den entsprechenden Lehrgängen gehört hast, gibt wieder, was sich manche Leute so VORSTELLEN ... und das verkleistert zuverlässig den Blick dafür, was Kata ist und wozu sie geschaffen wurde und wie sie zu üben ist.
Weil sie in unterschiedliche Wurfgruppen gehören?
Irgendwie erinnert es mich jetzt an die Gokyo-Diskussion... (*)
Otaki/Dräger beschreibt durchaus die Angriffs-Schläge als leicht unterschiedlich.

Tom, Du hast beim Lehrgang ja den Seoi-Nage als Abwehr gegen einen Schwertstreich gezeigt.
Und Du hast auch kurz angerissen, wie entsprechend der Uki-Goshi ausgeführt werden sollte.
Nun frage ich mich - wenn es keine deutlichen Unterschiede im Angriffsverhalten des Uke gibt, warum
soll man dann zwei verschiedene Prinzipien zur Abwehr drillen? ;-)
Und warum macht er nach dem "Schlag" keinen "Schwitzkasten", wie du ihn bei Yoko-Guruma erkannt haben willst?
(Mal in einem wirklich ECHTEN Kampf versucht, jemanden, der dich ERNSTHAFT in einen Schwitzkasten nimmt, zu werfen? Noch dazu mit Yoko-Guruma???)
Beim Uki-Goshi? Weil er es da nicht gut kann...
Ich finde die Sache mit dem "Schwitzkasten" - es ist ja eigentlich kein Schwitzkasten - sondern eine _mögliche_
Meid-Reaktion von Uke beim Ura-Nage-Ansatz, eben nicht auf den Kopf gestellt zu werden, beugt er sich eben
seitlich weg, schon recht einleuchtend und ziemlich folgerichtig, wenn Tori ihn dann mit Yoko-Guruma auf den Kopf wirft ;-)
Tom, Du selbst hast doch Yoko-Guruma gegen den "Knechtgriff" mehrmals auf Lehrgängen gezeigt :D
Du fragst doch immer mal, was für einen Wettkämpfer die N-n-K überhaupt noch für einen Wert hat - diese
"Kombination" Ura-Nage -> Yoko-Guruma ist schon eine sehr feine Sache... :-)
Welchen Grund sollte Uke denn haben, "Druck" nach vorn aufzubauen?
Die Begründung hast Du
selbst schon auf Lehrgängen geliefert und gezeigt: Nimmt man an das Uke ein Schwert ziehen will und Tori
dies durch Kumi-Kata verhindern möchte, dann muß er sinnvollerweise Tori wegschieben...
Gut nehmen wir an Lightmaster, kennt diese Demonstration und Erläuterung nicht, deswegen kann er ja
trotzdem üben, daß Uke den Tori schiebt...
Bleiben wir auf der Wettkampfschiene: Ich sehe oft, daß gerade im Anfängerbereich
(aber nicht nur da) einer schiebt, warum auch immer...
Uki-Otoshi funktioniert auch wunderbar (wenn man ihn begriffen hat), OHNE daß Uke irgendwelchen "Druck nach vorn während der schneller und größer werdenden Vorwärtsbewegung aufbaut".
Ich bin sehr dafür,
da einfach pragmatisch zu sagen: Wenn Kata ein Trainingsinstrument ist - warum soll man nicht üben:
- Uke schiebt und Tori nutzt diese Bewegung direkt aus.
- Uke wird von Tori in die Bewegung gelockt.
- Eine Mischform: Uke beginnt zu schieben, Tori übernimmt und verstärkt diese Bewegung...
Was spricht dagegen?
Und nochmal nein - Uke wird bei anwendbarer Vermittlung des Prinzips "Uki-Otoshi" tatsächlich NICHT in der Luft gedreht.
Derlei "Drehen" gehört nämlich nicht in die Handwürfe rein.
Richtig ist, daß Uke "nach unten" gerissen werden muß - und dabei kommt es sehr auf das "Wie" an.
Das ist simple Physik, klar - Tori reißt Uke sehr direkt nach unten. Raus kommt ein Drehmoment, da Uke nicht direkt am Schwerpunkt
gezogen wird...
Ich habe hierzulande bisher nur sehr, sehr wenige Jûdôka erlebt, die das im Kampf anwenden konnten.
Nun fragt man sich doch, warum das so ist ...
Das wird ein ewiges Rätsel bleiben. Die Ironie des Schicksals ist:
Beobachtet mal Anfänger: Ein gewisser Anteil macht Handwürfe instinktiv von sich aus. Und irgendwann geht dann
diese Fähigkeit verloren... :eusa_think

(*) Vielleicht war tatsächlich der erste Entwurf der N-n-K so, daß jeweils drei Wurfprinzipien pro Wurfgruppe zu
Illustration genommen wurden.
Allerdings hat Kano ja irgendwann die Kata überarbeitet (und das wird er nicht grundlos getan haben):
Hier in dieser Bildersammlung (http://www.library.umass.edu/spcoll/ead/muph006.html )
sieht man wohl den ersten "Versuch"...
Und wie bei der Gokyo sträubt es sich in mir zu glauben, daß es bei der
Auswahl dieser Techniken/Prinzipien nicht noch tiefere Ebenen gibt...
Und irgendwie _glaube_ ich auch nicht, daß die Nage-No-Kata am Ende nur so etwas wie ein Mini-Gokyo ist ;-)

Mal ne blöde Frage: Gibt es irgendeinen Text, in dem Kano die Nage-No-Kata erschöpfend beschreibt?
Es muß doch im Zuge der "Standardisierung" mit der Butokukai irgendwas niedergeschrieben worden sein... ?
Mit freundlichem Gruß

Fritz
tom herold
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Re: Kata schlecht für Kämpfer?

Beitrag von tom herold »

Nun frage ich mich - wenn es keine deutlichen Unterschiede im Angriffsverhalten des Uke gibt, warum soll man dann zwei verschiedene Prinzipien zur Abwehr drillen?
Weil sich sowohl das eine als auch das andere Prinzip anwenden lassen.
Warum sollte man auf eins davon verzichten?
Du kannst bspw. einen Schwertschlag "von oben" (Shomen uchi) auch auf verschiedene Weise abwehren. Im Kenjutsu hast du dafür Drills (= Kata), und zwar verschiedene für den gleichen (oder einen prinzipiell ähnlichen) Angriff. Willst du jetzt alle bis auf eine Abwehr weglassen?
Im Aikidô begegnet man den immer wiederkehrenden Angriffen Ukes (Shomen uchi/ Yokomen uchi) mit verschiedenen Prinzipien, die sich noch dazu in Irimi und Tenkan unterteilen ...
Sollen die sich jetzt auf ein Prinzip pro Angriff beschränken?
Komm, Fritz, das meinst du doch nicht ernst.
;)

Nage-no-Kata zeigt: es gibt fünf Wurfgruppen, und diese werden durch jeweils drei Beispiele / Prinzipien verdeutlicht.
Das bedeutet AUCH: Nicht nur in den Te-Waza gibt es die Möglichkeit, Shomen uchi zu parieren.
Das funktioniert auch mit Koshi-Waza, mit Sutemi-Waza ...
Komm, erzähl mir nicht, daß dir das nicht auch längst klar ist.
;)
Welchen Grund sollte Uke denn haben, "Druck" nach vorn aufzubauen?
Die Begründung hast Du selbst schon auf Lehrgängen geliefert und gezeigt: Nimmt man an das Uke ein Schwert ziehen will und Tori dies durch Kumi-Kata verhindern möchte, dann muß er sinnvollerweise Tori wegschieben...
Ach nu komm aber, Fritz ...
:irre
Seit wann wird denn DIESE von MIR angegebene Begründung bei euch im Sportjudo-Verband als Grund für Ukes Vorwärtsdrang akzeptiert?

Fritz, es geht hier doch um die "Erklärungen", die Lightmaster erhalten und hier wiedergegeben hat.
Diese Erklärungen scheinen bei euch im Verband Standard zu sein.
Du kannst nicht ernsthaft behaupten, daß die (meine) Erläuterungen, die sich auf die Art der Koryû beziehen, Kata zu trainieren, in eurem Verband ebenfalls "offiziell" verwendet werden.
;)
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Fritz
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Re: Kata schlecht für Kämpfer?

Beitrag von Fritz »

tom herold hat geschrieben:Ach nu komm aber, Fritz ...
:irre
Seit wann wird denn DIESE von MIR angegebene Begründung bei euch im Sportjudo-Verband als Grund für Ukes Vorwärtsdrang akzeptiert?

Fritz, es geht hier doch um die "Erklärungen", die Lightmaster erhalten und hier wiedergegeben hat.
Diese Erklärungen scheinen bei euch im Verband Standard zu sein.
Du kannst nicht ernsthaft behaupten, daß die (meine) Erläuterungen, die sich auf die Art der Koryû beziehen, Kata zu trainieren, in eurem Verband ebenfalls "offiziell" verwendet werden.
;)
In der Tat kam mir bisher von Verbandsseite keine Begründung für ein massives Vorwärtsdrängen von Uke unter ;-)

Die "offiziellen" Erklärungen beginnen halt immer mit: "Uke möchte schieben", warum er das möchte, bleibt immer
im Dunkeln, falls mich meine Erinnerung nicht trügt. Darum ist die Frage der Akzeptanz Deiner Erklärung müßig, wer sie
nicht "akzeptieren" will, soll halt eine bessere Erklärung bringen.
Ein andere Erklärung gäbe es vielleicht noch:
Bei dem Lehrgang mit John Gage in Riesa ging dieser auch kurz auf das Thema ein, und er "erklärte" es so, daß Uke
halt gern greifen möchte und Tori nach hinten ausweicht und so Uke "hinterher lockt" - also genau das, was ihr (also
Frank Thiele u. Du) immer bei den THGL versucht zu vermitteln...
Möchte man dieser Erklärung folgen, müßte allerdings dies sich in der Ausführung der Rückwärtsbewegung Toris und
dem Abstand Uke - Tori widerspiegeln, da der Wurf spätestens dann erfolgen müßte in dem Moment, wo Uke tatsächlich
greifen kann. Natürlich bleibt die Frage, warum greift Uke, aber da wäre klar die Antwort: Na weil er kämpfen will ;-)
Wobei er natürlich auch nach Toris nicht gezogener Waffe greifen wollen könnte?
Weil sich sowohl das eine als auch das andere Prinzip anwenden lassen.
Warum sollte man auf eins davon verzichten?
Du kannst bspw. einen Schwertschlag "von oben" (Shomen uchi) auch auf verschiedene Weise abwehren. Im Kenjutsu hast du dafür Drills (= Kata), und zwar verschiedene für den gleichen (oder einen prinzipiell ähnlichen) Angriff. Willst du jetzt alle bis auf eine Abwehr weglassen?
Im Aikidô begegnet man den immer wiederkehrenden Angriffen Ukes (Shomen uchi/ Yokomen uchi) mit verschiedenen Prinzipien, die sich noch dazu in Irimi und Tenkan unterteilen ...
Sollen die sich jetzt auf ein Prinzip pro Angriff beschränken?
Komm, Fritz, das meinst du doch nicht ernst.
;)
Hmm ich bin mir nicht sicher. Wenn man diese Kata als Trainingsinstrument nimmt und die
Bewegungen gegen Waffenangriffe drillt, heißt das doch nichts anderes, als daß Abwehren reflexhaft
erfolgen müssen. Und glaube ich nicht, daß sich zwei verschiedene Reflexhandlungen an ein und denselben
"Schalter" anbinden lassen. Also irgendwas muß es doch geben, was im Ernstfall Tori in den einen oder anderen
Handlungszweig "rutschen" läßt...
Prinzipiell ähnlich ist halt nicht gleich in der Beziehung:
In alten Kata-Beschreibungen heißt es z.B. für Uki-Goshi schlägt Uke eher in Richtung Schläfe und nicht
nach "Tento". Würde für mich ganz pragmatisch heißen, der Schlag haut etwas seitlicher / schräger rein und
deshalb ist Seoi-Nage nicht mehr so optimal, bzw. die von Dir vor Seoi-Nage gezeigte Abwehrbewegung birgt eine höheres
Durchkomm-Risiko...
*grübel*
Mit freundlichem Gruß

Fritz
tutor!
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Re: Kata schlecht für Kämpfer?

Beitrag von tutor! »

Fritz hat geschrieben:Irgendwie erinnert es mich jetzt an die Gokyo-Diskussion... (*)
Mich auch. Ähnlich wie bei der Gokyo wurden mit der Zeit persönliche Erkenntnisse und Variationen, die durchaus sehr interessant sein können, nachträglich als Ideen/Konzepte der Nage-no-Kata verstanden und "verkauft". Nage-no-Kata ist eine grundlegende Übungsform, um ein grundlegendes Verständnis für Wurftechniken zu bekommen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Im Laufe der Zeit wurde immer mehr hineininterpretiert und damit z.T. auch der Blick auf das Grundlegende verstellt. Herausgekommen sind Ansichten, die mal links, mal rechts, mal oben, mal unten am Ziel vorbei schießen. Da es scheinbar in der Natur des Menschen liegt, sich nicht mit einfachen Erklärungen zufrieden zu geben, wurden und werden leider komplizierte Erklärungen hinzugedichtet... (s. Gokyo).
Fritz hat geschrieben:Otaki/Dräger beschreibt durchaus die Angriffs-Schläge als leicht unterschiedlich.
Genau genommen beschreiben Otaki/Draeger nicht unterschiedliche Angriffsschläge, sondern unterschiedliche Körperhaltungen Ukes bei diesen Schlägen. Wenn man es einmal praktisch durchspielt, wird man feststellen, dass die von Technik zu Technik sich entwickelnde veränderte Körperhaltung die jeweils vorige Wurftechnik erschwert und die folgende begünstigt. Insofern ist dieser Gedanke des "lernenden Uke" durchaus hilfreich. Der Kodokan lehrt dies aber nicht so, jedenfalls habe ich das in dieser Form noch nicht mitbekommen. Auf der anderen Seite widerspricht es auch nicht dem, was der Kodokan lehrt....
Fritz hat geschrieben:Mal ne blöde Frage: Gibt es irgendeinen Text, in dem Kano die Nage-No-Kata erschöpfend beschreibt?
Es muß doch im Zuge der "Standardisierung" mit der Butokukai irgendwas niedergeschrieben worden sein... ?
Nein, die einzige Kata, die Kano selbst ausführlich beschrieben hat, ist Ju-no-Kata. Es gibt aber eine Beschreibung (etwa) aus dem Jahr 1915 von Yamashita, Nagaoka und Murakami. Yamashita und Nagaoka waren bei der Festlegung dabei.
Fritz hat geschrieben:In alten Kata-Beschreibungen heißt es z.B. für Uki-Goshi schlägt Uke eher in Richtung Schläfe und nicht
nach "Tento"
Nicht bei Yamashita, Nagaoka, Murakami. Dort steht, dass immer auf dieselbe Art geschlagen wird. Der seitliche Schlag bei Uki-goshi ist also eine spätere "Version"/Variation.

Vielleicht sollte ich noch ergänzen, dass es 1959/60 eine Kommission am Kodokan unter Einbeziehung von Vertretern aller Landesteile unter Leitung von Mifune gab, die die Kata gesichtet und die Beschreibungen überarbeitet hat. In den Berichten wird von "hitzigen Diskussionen" berichtet und von zahlreichen unterschiedlichen Meinungen. am Ende des Prozesses stand aber eine Empfehlung für die weitere einheitliche Lehre der Kata, an die sich alle halten sollten.

Es gab also schon vor 50 Jahren Unterschiede bei der Vermittlung der Kodokan-Kata, die angeglichen werden sollten. Den Lehrern wurde für begründete Fälle ein Spielraum gelassen, jedoch wie gesagt wurden alle aufgefordert, sich an die Absprachen zu halten. Letztlich lässt sich das mit einem kurzen Satz zusammenfallsen, den ich auch so unterschreiben würde: "Das ewige rumbasteln an den Kata muss ein Ende haben". Und wer weiterführende Ideen hat, soll sagen: "Das ist die (Nage-no-)Kata und übertragen auf diese Situation bedeutet das.....". Aber eben nicht umgekehrt: Das Übertragene darf nicht nachträglich als intendiert hineinphantasiert werden.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Re: Kata schlecht für Kämpfer?

Beitrag von califax »

Fritz hat geschrieben:Hmm ich bin mir nicht sicher. Wenn man diese Kata als Trainingsinstrument nimmt und die
Bewegungen gegen Waffenangriffe drillt, heißt das doch nichts anderes, als daß Abwehren reflexhaft
erfolgen müssen. Und glaube ich nicht, daß sich zwei verschiedene Reflexhandlungen an ein und denselben
"Schalter" anbinden lassen. Also irgendwas muß es doch geben, was im Ernstfall Tori in den einen oder anderen Handlungszweig "rutschen" läßt...
Du verwechselst Kata mit Technikdrill.
Kata schleift keine nützliche Reflexhandlung ein, das passiert in Randori und Kampf durch persönliche Erfahrung.
Kata lehrt Bewegung. Hat man die in den Kata gespeicherten Lektionen gelernt und kann sie gut umsetzen, soll man die Kata "vergessen" und wieder frei werden. D.h. man soll die durch Kata erfolgte Konditionierung auf bestimmte Reiz-Reaktions-Schema unbedingt wieder loswerden.
Im Judo erfolgt diese Befreiung trainingsbegleitend durch Randori.
In anderen Ausbildungssystemen erfolgt sie durch massive eigenmächtige Variation der Kata, des Timings, der Dynamik und zunehmende Bosheit und Heimtücke des Uke, wobei ein fließender Übergang zu Randori und Kampf passiert.
"To possess a high grade means nothing. Ever since martial arts were born, the grade of someone is what he can do in battle."
(Kacem Zoughari.)
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Re: Kata schlecht für Kämpfer?

Beitrag von tom herold »

Fritz hat geschrieben:Hmm ich bin mir nicht sicher. Wenn man diese Kata als Trainingsinstrument nimmt und die
Bewegungen gegen Waffenangriffe drillt, heißt das doch nichts anderes, als daß Abwehren reflexhaft erfolgen müssen. Und glaube ich nicht, daß sich zwei verschiedene Reflexhandlungen an ein und denselben "Schalter" anbinden lassen. Also irgendwas muß es doch geben, was im Ernstfall Tori in den einen oder anderen Handlungszweig "rutschen" läßt...
Stimmt.
:D
Und das, was du da ansprichst und wovon abhängt, welches Bewegungsprinzip zur Anwendung kommt, nennt sich Ma Ai / De Ai.
Eben deshalb sind ja auch immer gleiche "genormte" Abstände zwischen Uke und Tori in jeder der 15 Nage-no-Kata unsinnig.
;)

Mir ist aber noch eine Sache aufgefallen:
tutor! hat geschrieben:Nage-no-Kata ist eine grundlegende Übungsform, um ein grundlegendes Verständnis für Wurftechniken zu bekommen.
Eben.
Und genau deshalb halte ich es für sinnvoll, sich so weit wie möglich der Art (wieder) anzunähern, in der Kata in den Koryû praktiziert wurde/wird.
Das jedenfalls ergibt sich für mich persönlich aus dem Wissen um die Wurzeln des Jûdô.
Ich wiederhole, was schon oft gesagt wurde: Nage-no-Kata wurde von Kanô um 1883 herum geschaffen, also zu einer Zeit, in der an das heutige Sportjudo noch nicht zu denken war.
Ich persönlich bezweifle also heftig, daß die schon von Katana (und nun auch völlig zu Recht von Tutor) gerügten "ewigen Basteleien" an dieser Trainingsform irgend einen nützlichen Effekt haben.
Da es scheinbar in der Natur des Menschen liegt, sich nicht mit einfachen Erklärungen zufrieden zu geben, wurden und werden leider komplizierte Erklärungen hinzugedichtet...
Das sieht man sehr schön beim Prinzip Uki-Goshi, bei Kata-Guruma ... und auch bei Seoi-Nage.
Dabei könnte es schon helfen, sich mal tatsächlich praktisch (und nicht nur theoretisch) auf der Matte mit dieser oder jener Koryû längere zeit unter fachkundiger Anleitung auseinanderzusetzen.
Man merkt dabei sehr schnell, WOHER bestimmte Bewegungsmuster rühren, wozu sie dienen (sollten) und was genau daran heutzutage mißverstanden oder absichtlich verändert wurde, um Kata bspw. an die Erfordernisse des Sports anzupassen.
Vielleicht sollte ich noch ergänzen, dass es 1959/60 eine Kommission am Kodokan unter Einbeziehung von Vertretern aller Landesteile unter Leitung von Mifune gab, die die Kata gesichtet und die Beschreibungen überarbeitet hat. In den Berichten wird von "hitzigen Diskussionen" berichtet und von zahlreichen unterschiedlichen Meinungen. am Ende des Prozesses stand aber eine Empfehlung für die weitere einheitliche Lehre der Kata, an die sich alle halten sollten.
... woran sich dann aber doch nicht alle zu halten schienen.
Wenn ich mir ansehe, was Hirano zur Nage-no-Kata zeigt und erklärt (Uke teilweise mit Tanto/Gunto), dann ist das m.M.n. schon sehr, sehr nah an den Koryû dran.
Verglichen mit dem neuesten Lehrvideo des Kôdôkan könnte man meinen, zwei komplett verschiedene Kata zu sehen.
:dontknow
Und wer weiterführende Ideen hat, soll sagen: "Das ist die (Nage-no-)Kata und übertragen auf diese Situation bedeutet das.....". Aber eben nicht umgekehrt: Das Übertragene darf nicht nachträglich als intendiert hineinphantasiert werden.
Da wirst du von mir keinen Widerspruch hören.
ABER: Das gilt dann bitte nicht nur für die "rückwärtsgewandte, an den Koryû orientierte" Interpretation der Nage-no-Kata, wie sie durch Hirano überliefert wurde, das gilt dann bitte auch für SÄMTLICHE Interpretationen, die von "Experten" und "Päpsten" vorgenommen wurden und werden.

Da es offenbar KEINE detaillierte Beschreibung der Nage-no-Kata durch Kanô gibt, scheint es jedem freizustehen, diese Form an das anzupassen, was er selbst unter Jûdô versteht.
Damit aber erübrigt sich (wieder einmal) eine Diskussion über "richtig" und "falsch", denn wie ich bereits in einem anderen Faden schrieb - wer Jûdô vorrangig als Sport versteht, wird die Kata des Jûdô zwangsläufig anders bewerten und lehren als jemand, der Jûdô als effektives Kampfsystem versteht, das sich nicht auf die Erfordernisse einer bloßen Sportart eingrenzen läßt.
Von daher scheint es unvermeidlich zu sein, daß man aneinander vorbeiredet.
:dontknow

WAS nun jeder für sich unter Jûdô versteht, ist wohl vor allem davon abhängig, bei und von wem man lernt und welche Ziele man hatte, als man mit dem Jûdôtraining begann.
Oder davon, wie sich diese Ziele eventuell unter dem Einfluß verschiedener Faktoren geändert haben.

Irgendwie erinnert mich das allmählich an Lessing ...
Ringparabel ...
;)
tutor!
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Re: Kata schlecht für Kämpfer?

Beitrag von tutor! »

böser tom hat geschrieben:
Und wer weiterführende Ideen hat, soll sagen: "Das ist die (Nage-no-)Kata und übertragen auf diese Situation bedeutet das.....". Aber eben nicht umgekehrt: Das Übertragene darf nicht nachträglich als intendiert hineinphantasiert werden.
Da wirst du von mir keinen Widerspruch hören.
ABER: Das gilt dann bitte nicht nur für die "rückwärtsgewandte, an den Koryû orientierte" Interpretation der Nage-no-Kata, wie sie durch Hirano überliefert wurde, das gilt dann bitte auch für SÄMTLICHE Interpretationen, die von "Experten" und "Päpsten" vorgenommen wurden und werden.
So habe ich es geschrieben - und auch gemeint.
böser tom hat geschrieben:Da es offenbar KEINE detaillierte Beschreibung der Nage-no-Kata durch Kanô gibt, scheint es jedem freizustehen, diese Form an das anzupassen, was er selbst unter Jûdô versteht. ;)
Es gibt aber eine detaillierte Beschreibung der Kodokan-Nage-no-Kata durch den Kodokan. In erster Fassung durch Yamashita, Nagaoka und Murakami zu Kanos Lebzeiten verfasst und erschienen. Danach gibt es eine überarbeitete Beschreibung nach Beratungen unter Leitung von Mifune, die ebenfalls vom Kodokan veröffentlicht wurde. Diese Beschreibung - nicht die Kata, denn die wurde auch 1959/60 nicht verändert - wurde noch mehrmals überarbeitet.

Von mir aus kann jeder mit der Nage-no-Kata machen, was er will, für sinnvoll oder für richtig hält. Nur ehrlicher Weise soll man dann auch bitte dazu sagen, dass es ab einem gewissen Punkt nicht (mehr) die Kodokan Nage-no-Kata ist (s.o.).
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
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Re: Kata schlecht für Kämpfer?

Beitrag von tom herold »

Von mir aus kann jeder mit der Nage-no-Kata machen, was er will, für sinnvoll oder für richtig hält. Nur ehrlicher Weise soll man dann auch bitte dazu sagen, dass es ab einem gewissen Punkt nicht (mehr) die Kodokan Nage-no-Kata ist (s.o.).
Damit habe ich kein Problem.
Was unsere Linie angeht: Wie ich immer wieder betone, praktizieren wir Jûdô (inklusive Kata) so, wie uns das von unserem Lehrer Tokio Hirano überliefert wurde.
Wir haben uns, soweit ich mich erinnern kann, stets auf Hirano berufen und nicht auf den Kôdôkan.
;)
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Re: Kata schlecht für Kämpfer?

Beitrag von derLichtschalter »

Lieber Tom H., ich greife nur wenige Dinge heraus. Inhaltlich möchte ich dir nicht widersprechen, das maße ich mir nicht an, zumal ich ja bisher auch nur weitergegeben habe, was mir gezeigt wurde. Aber zumindest bei der Art, wie du mit mir redest, sind mir durchaus ein paar Dinge ein wenig aufgestoßen.
tom herold hat geschrieben:Und nochmal nein - Uke wird bei anwendbarer Vermittlung des Prinzips "Uki-Otoshi" tatsächlich NICHT in der Luft gedreht.
Derlei "Drehen" gehört nämlich nicht in die Handwürfe rein.
Nichts anderes habe ich geschrieben. Ich verstehe nicht, wieso du mir das nun unterstellst.
tom herold hat geschrieben:Aber gut, gehen wir davon aus, daß das so wäre - warum wird von Uke zuerst gegriffen (Uki-Otoshi), dann von Uke (Seoi-Nage) "wild geschlagen" (wo hast du denn den Unsinn her, daß Uke "wild und unkontrolliert" schlagen würde und wo bei Kanô kann ich das nachlesen?????) ... nur damit Uke danach doch wieder zufaßt (Kata-Guruma) ...?
Wo soll denn da ein Zusammenhang sein?
Exakt diesen Zusammenhang meinte ich eigentlich gar nicht. Ich meinte eigentlich nur den Zusammenhang zwischen den Techniken, bei denen geschlagen wird. Und nein, ich meine tatsächlich nicht, dass die Nage-no-kata einen großen Kampf darstellen, bei dem der Gegner immer wieder aufsteht und angreift. Solches habe ich nie geschrieben. Niemals. Nie. Daraus dürfte sich auch die Antwort auf einige der weiteren Fragen von dir ergeben, ob ich mir sowas denn wirklich vorstelle.
tom herold hat geschrieben:Ich fasse mal zusammen, was ich deinem Text entnommen zu haben glaube:
Du willst Kata-Guruma werfen.
An dieser Stelle schrieb ich selbst:
Da habe ich zugegebenermaßen noch Schwierigkeiten, das nachzuvollziehen [...], aber habe es erstmal so hingenommen, wie es vermittelt wurde.
Unterstelle mir also bitte nicht, Dinge zu glauben, die ich noch nicht einmal nachvollzogen habe.
katana
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Re: Kata schlecht für Kämpfer?

Beitrag von katana »

Von mir aus kann jeder mit der Nage-no-Kata machen, was er will, für sinnvoll oder für richtig hält. Nur ehrlicher Weise soll man dann auch bitte dazu sagen, dass es ab einem gewissen Punkt nicht (mehr) die Kodokan Nage-no-Kata ist (s.o.).
Dazu müsste dann aber zuerst einmal eine Veröffentlichung der "ersten/ältesten" Kodokan-Version stattfinden.
Woran sollen sich die Praktikanten denn sonst orientieren, bzw. vergleichen ?
Es gibt aber eine detaillierte Beschreibung der Kodokan-Nage-no-Kata durch den Kodokan. In erster Fassung durch Yamashita, Nagaoka und Murakami zu Kanos Lebzeiten verfasst und erschienen.
Es sollte doch ein Anliegen sein, wenn man schon "Katabeauftragte" in einem "Judoverband" hat, daß
gerade solche Informationen den Mitgliedern zugänglich gemacht werden,...
...zumal man ja ein historisches Grundwissen in der Prüfungsordnung verlangt.

Stattdessen sieht man Danträger-und Aspiranten über die Matten stolpern, daß es einem die Tränen in die Augen treibt.
Wenn ich ehrlich bin, glaube ich, man hat das "neue Katawesen" nur geschaffen, um mal wieder ein paar
Wertungsrichter und Funktionärspöstchen zu produzieren, für die man sich dann Dangrade verleihen kann.
Bewegt hat sich doch seit Jahren kaum etwas. :crybaby
KK
HBt.

Dokumente

Beitrag von HBt. »

Eine sehr interessante Diskussion.
Ich bin der Meinung, sie zeigt wieder einmal nur, dass es an den notwendigen Informationen fehlt.

Historische, alte Dokumente müssen gesichtet, aufgearbeitet und veröffentlicht werden. Ausnahmslos.

Gruß,
Helge
Jobi
Braun Gurt Träger
Braun Gurt Träger
Beiträge: 238
Registriert: 13.03.2008, 07:37

Re: Kata schlecht für Kämpfer?

Beitrag von Jobi »

tom herold hat geschrieben: Und nochmal nein - Uke wird bei anwendbarer Vermittlung des Prinzips "Uki-Otoshi" tatsächlich NICHT in der Luft gedreht.
Derlei "Drehen" gehört nämlich nicht in die Handwürfe rein.
Richtig ist, daß Uke "nach unten" gerissen werden muß - und dabei kommt es sehr auf das "Wie" an.
Ich habe hierzulande bisher nur sehr, sehr wenige Jûdôka erlebt, die das im Kampf anwenden konnten.
Nun fragt man sich doch, warum das so ist ...
;)
Um Toms Hinweis noch etwas zu unterstützen, es ist sehr hilfreich, sich bei Uki-otoshi (und Sumi-otoshi), nachdem man sich eingehend mit dem Kuzushi befasst hat, auf seine eigene Hüftarbeit zu konzentrieren. Das ist extrem wichtig.
Mit freundlichen Grüßen
Jobi


Wer das Ziel kennt, kann entscheiden.
wer entscheidet, findet Ruhe.
Wer Ruhe findet, ist sicher.
Wer sicher ist, kann überlegen.
Wer überlegt, kann verbessern.
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