Techniken mit dem Prinzip "verwringen"

Hier geht es um Techniken, deren Ausführung und Beschreibung
pmhausen

Re: Techniken mit dem Prinzip "verwringen"

Beitrag von pmhausen »

Fritz hat geschrieben:
HBt. hat geschrieben: Weil es zum Wohle derer wäre, die nicht wissen, wo sie fragen können?
In Urberach. Regelmäßig. Man muss nur den Hintern hochkriegen und kommen.

Gruß,
Patrick
Jupp
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Re: Techniken mit dem Prinzip "verwringen"

Beitrag von Jupp »

Verwringen - wo kann man es sehen?

Um ein Verständnis für den Einsatz des Zentrums zu erhalten, muss man nicht unbedingt irgendwo hinfahren. Es genügt vollkommen, sich z. B. die verschiedenen Technikausführungen des STKA in der englischen Daigo-Ausgabe anzuschauen (so z.B. auf S. 125 Bild 6, auf S. 127 Bild 27 und Bild 32).
Auf diesen Fotos wird deutlich, was ich mit einem Verwringen des Oberkörper gegen den Unterkörper bei der Wurfausführung des Sasae meine und wie dabei das Körperzentrum (Hara) eingesetzt wird.

Bei Mifune fehlt die entscheidende Sequenz leider, so dass man eigentlich wenig erkennen kann.

Wenn man weiß, was gemeint ist, kann man es auch in Kodokan-Judo auf S. 153 bei der Ausführung des STKA in der NNK erkennen. (Bild 70).

Yasuhiro Yamashita, mit 9 Siegen bei den Alljapanischen Meisterschaften, einer der Größten aller Zeiten und Schüler von Noboyuki Sato, zeigt in seinem Buch "The Fighting Spirit of Judo" (London 1993) auf S. 79 in Bild 6 und 7 ebenfalls eine starke Verwringung.

Isao Okano (Vital Judo, Wetzlar 1974) zeigt sogar eine extreme Verwringung (S.61, Bild 4), die auch bei den nachfolgenden Varianten auf S. 63, Bild 4, S. 64, Bild 3 und S. 67 Bild 4 zu erkennen ist.
Okano demonstriert jedoch auch in der ihm eigenen äußerst dynamischen Weise Ko-uchi-gari mit einer starken Verwringung des eigenen Körpers, was ich in meiner Beschreibung eingangs gar nicht erwähnt habe.

Durch das Studium der Literatur kann man möglicherweise auch den in der DJB-Dan-Prüfungsordnung verwendeten Begriff verstehen.

Allerdings ist es ganz sicher empfehlenswert, bei einem guten Lehrer herauszufinden, wie man sein Zentrum einsetzt.

Jupp
HBt.

Re: Techniken mit dem Prinzip "verwringen"

Beitrag von HBt. »

Danke 'Jupp',
allerdings kann nicht jeder Leser dieses Forums Deine Beispiele sofort nachschlagen, so wie ich dieses kann, mir ist völlig klar was Du mit verwringen am gewählten Beispiel meinst, bzw. verstehst.

Nach wie vor finde ich den Begriff sehr unpassend, wahrscheinlich finde ich (auch) deshalb keine Technik die diesem Prinzip des Werfens folgt.

Wird in Deinem angekündigtem neuen Buch Judo meistern auf diese Begriffe explizit eingegangen?

Gruß
Helge

PS Mit elementarem Einsatz des Zentrums und der inneren Bewegung meine ich nicht Dein vermutliches Verständnis HARA. Bevor es zu esoterisch wird oder gar ausufert, gebe ich Dir recht: Ein guter Lehrer ist unumgänglich.
Zuletzt geändert von HBt. am 18.12.2010, 16:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Fritz
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Re: Techniken mit dem Prinzip "verwringen"

Beitrag von Fritz »

HBt. hat geschrieben:allerdings kann nicht jeder Leser dieses Forums Deine Beispiele sofort nachschlagen, so wie ich dieses kann, mir ist völlig klar, was Du mit verwringen am gewählten Beispiel meinst, bzw. verstehst.
[...]
PS Mit elementarem Einsatz des Zentrums und der inneren Bewegung meine ich nicht HARA.
Hmm, auch nicht alle Leser des Forums können nach Urberach kommen (und wenn doch alle kämen, wäre mit Training da auch nichts mehr ;-)),
und dort jemanden fragen, der den "elementaren Einsatz des Zentrums" beschreibt.
*zaunpfahlwiedereinsteck*
;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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kastow
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Re: Techniken mit dem Prinzip "verwringen"

Beitrag von kastow »

Beim Kata-Training in Hagen haben wir neulich vielleicht etwas ähnliches wie den elementaren Einsatz des Zentrums trainiert - bei den vagen Andeutungen hier will ich das natürlich nicht beschwören. Auf jeden Fall haben wir anhand des Tai-otoshi gelernt, wie wir den gesamten Körper mit wellenförmigen Bewegungen aus der Körpermitte zur Wurfausführung nutzen können. Das war sehr lehrreich und interessant! Ist vielleicht für einige eine Alternative, bevor Urberach zahlenmäßig überlastet wird ;)

Edit: Leicht umformuliert, da leider Verständnisprobleme auftraten
Zuletzt geändert von kastow am 18.12.2010, 17:49, insgesamt 1-mal geändert.
Herzliche Grüße,

kastow

Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)
HBt.

Re: Techniken mit dem Prinzip "verwringen"

Beitrag von HBt. »

Bei Mifune fehlt die entscheidende Sequenz leider, so dass man eigentlich wenig erkennen kann.
K. Mifune verwringt auch nicht(s) ;), hab mir mal das mittlerweile jedem Judoka bekannte Video angesehen.

Ein anderes Beispiel ist möglicherweise hilfreicher, gibt es eins?

Nachtrag:
Kastow, welch ein Zufall - Taiotoshi, ausgerechnet, wie passt denn jetzt diese Technik zum STKA ;) ;) ;), wird hier gewrungen?
Zuletzt geändert von Fritz am 18.12.2010, 17:43, insgesamt 2-mal geändert.
Grund: Nutzer-Name korrigiert ;-)
Aelianus

Re: Techniken mit dem Prinzip "verwringen"

Beitrag von Aelianus »

Ich hab da mal eine Frage ...
Fritz hatte hier zu Beginn aus dem Begleitskript zitiert:
Tori stellt mit seiner Hüfte Kontakt zu Ukes Rumpf her. Durch eine starke Verwringung (gleichzeitige Rotation um die Körperquer- und längsachse) im Oberkörper, verbunden mit einer Kopfdrehung und Armzug wird Uke geworfen.
Also Tori stellt mit seiner Hüfte Kontakt zu Ukes Rumpf her.
Das gehört zum Prinzip "Verwringen" dazu, ja?
Ich frage mich da aber, wie man den Sasae-Tsuri-Komi-Ashi dem Prinzip "Verwringen" zuordnen kann.
Oder ist die Ausführung des Sasae-Tsuri-Komi-Ashi in Nage-no-Kata neuerdings geändert worden?
Wird da jetzt von Tori "mit seiner Hüfte Kontakt zu Ukes Rumpf" hergestellt? Wenn ja, seit wann?

Oder ist die Ausführung des Sasae-Tsuri-Komi-Ashi in Nage-no-Kata nicht massgeblich?

Gibt es "verschiedene" Ausführungen, die man sich aussuchen kann?
Eine davon entspricht dann dem Prinzip "Verwringen" und deshalb wurde Sasae-Tsuri-Komi-Ashi diesem Prinzip zugeordnet?

Ich hab einen alten, ziemlich hochgraduierten Judoka (6.Dan) bei uns im Verein nach dem Prinzip "Verwringen" gefragt und er hat nur gelacht und zurückgefragt, ob dieses Prinzip jemals in Nage-no-Kata gelehrt wurde, ehe Wolfgang Hofmann es entdeckt zu haben meinte.
Ich hab ihm dann das Zitat aus dem Begleitskript vorgelesen.
Er hat wieder gelacht und mich auf folgenden Unfug hingewiesen:
Durch eine starke Verwringung (gleichzeitige Rotation um die Körperquer- und längsachse) im Oberkörper,
Körperlängsachse: vom Kopf zu den Füssen, richtig?
Körperquerachse: von einer Hüftseite (links) zur anderen (rechts), richtig?

Es ist möglich, sich um beide Achsen zu drehen.
Aber das geht nur nacheinander.
Entweder ich drehe mich zuerst mit dem Oberkörper um die Längsachse (also nach rechts oder links) und neige mich dann nach vorn (drehe mich also um die Querachse) oder ich neige mich zuerst nach vorn und drehe dann meinen Oberkörper um die Längsachse.
Ich bin vielleicht zu dumm dazu, aber ich bekomme das gleichzeitig einfach nicht hin.
Eine dieser Drehungen ist immer zuerst da, die andere kommt erst danach.
Versuche ich es gleichzeitig, verkrümmt sich mein Oberkörper unnatürlich, mein Brustkorb wird auf einer Seite komprimiert, was sehr unangenehm ist und ich kann mich weder richtig tief nach vorn beugen, noch mich richtig weit nach einer Seite drehen.

Diese ganze Dreherei um die beiden Achsen kommt aber bei Sasae-Tsuri-Komi-Ashi gar nicht vor.
Jedenfalls nicht in der Nage-no-Kata.
Wo ist bitte bei Sasae-Tsuri-Komi-Ashi eine andere Drehung von Ukes Oberkörper als die Drehung um die Längsachse, und zwar in Wurfrichtung?
Wann und wo dreht sich Uke bei Sasae-Tsuri-Komi-Ashi um die Körperquerachse?

Nun bin ich verwirrt ...
:dontknow
katana
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Re: Techniken mit dem Prinzip "verwringen"

Beitrag von katana »

Ich kann mir ehrlichgesagt ein Wurfprinzip "Verwringen
von Tori" nur unter Aufgabe des Gleichgewichts und daher als Sutemi Waza vorstellen.
Was ja auch das Video von Muneta zeigt.
Ein "Khabarelli" wäre in diesem Zusammenhang vielleicht auch denkbar.

KK
Aelianus

Re: Techniken mit dem Prinzip "verwringen"

Beitrag von Aelianus »

Ich muss mich korrigieren:
Diese ganze Dreherei um die beiden Achsen kommt aber bei Sasae-Tsuri-Komi-Ashi gar nicht vor.
Jedenfalls nicht in der Nage-no-Kata.
Wo ist bitte bei Sasae-Tsuri-Komi-Ashi eine andere Drehung von Ukes Oberkörper als die Drehung um die Längsachse, und zwar in Wurfrichtung?
Wann und wo dreht sich Uke bei Sasae-Tsuri-Komi-Ashi um die Körperquerachse?
Die letzten beiden Sätze müssen natürlich lauten:

Wo ist bitte bei Sasae-Tsuri-Komi-Ashi eine andere Drehung von Toris Oberkörper als die Drehung um die Längsachse, und zwar in Wurfrichtung?
Wann und wo dreht sich Tori bei Sasae-Tsuri-Komi-Ashi um die Körperquerachse?
HBt.

Mühlsteinprinzip: Kreise

Beitrag von HBt. »

Endlich bin ich hier nicht mehr allein.
Aelianus,
ignoriere den Unfug! Werfen durch tordieren der eigenen Körperlängsachse (und Querachse, gleichzeitig :? ) ist Blödsinn.


Rotation == kippen --> drehen
Werfen mit Schraube == Makikomi --> spiralförmige Bewegung...

Gruß
Helge


PS
'Jupp' hat anhand eines nachvollziehbaren Beispiels den Begriff VERWRINGEN dargestellt. Unabhängig von dem Wort VERWRINGEN gehört mindestens eine Form des Uranage und diverse Abtaucher ebenso dazu (zum von 'Jupp' dargestellten Prinzip).
Auf jeden Fall passt (wie Fritz schon eingangs schrieb) Seoinage, Koshiguruma, Tsurikomigoshi ... in die Lippmannsche Vorstellungswelt.

Der Begriff ist so weit gefasst, dass sich darunter einfach alles sublimiert - perfekt für eine Prüfung zum 4. Dan. Könnte man auch ersatzlos streichen.
(..) Wo ist bitte bei Sasae-Tsuri-Komi-Ashi eine andere Drehung von Toris Oberkörper als die Drehung um die Längsachse, und zwar in Wurfrichtung?
Wann und wo dreht sich Tori bei Sasae-Tsuri-Komi-Ashi um die Körperquerachse?
Gar nicht. Ups, doch er könnte sich in der Kakephase abbeugen.
:dontknow
:BangHead
Zuletzt geändert von HBt. am 21.12.2010, 22:50, insgesamt 1-mal geändert.
tutor!
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Re: Techniken mit dem Prinzip "verwringen"

Beitrag von tutor! »

Selbst in den Begleitmaterialien wird darauf hingewiesen, dass man einzelne Techniken mehrfach zuordnen kann, die Definitionen sind so formuliert, dass absurderweise bestimmte Techniken aus dem Prinzip herausfallen, dem sie eigentlich am ehesten entsprechen sollten und last not least sind einige Techniken gar nicht einzuordnen, d.h. diese Prinzipien bilden auch nicht alle Möglichkeiten des Werfens ab.

Etwas erklärlich wird das Ganze jedoch, wenn man etwas in die Geschichte zurückgeht und danach fragt, wie und warum überhaupt derartige "Prinzipien" entstanden sind. Wir müssen also zurück bis etwa gegen Ende der 1960er Jahre, einer Zeit, in der man sich viele Gedanken zur Verwandtschaft von Techniken gemacht hat, um Hinweise für deren optimierte Vermittlung zu bekommen. Im besonderen Fokus waren dabei die Fußtechniken und die Eindrehtechniken, weil diese vor im allem Anfängerbereich gelehrt wurden, den man ja optimieren wollte.

Achtung: dadurch, dass man "Eindrehtechniken" zusammenfasste, hatte man Koshi-, Te- und Ashi-waza zusammengefasst, die dann in die Gruppen "Eindrehtechniken auf beiden Beinen" und "Eindrehtechniken auf einem Bein" unterscheiden wurden. Geesink verwendete z.B. die Begriffe Spielarmtechniken und Spielbeintechniken.

Bei der Betrachtung der nach "Abzug" von Uchi-mata, Ashi-guruma und O-guruma aus den Ashi-waza und deren Zuordnung zu den Spielbeintechniken / Eindrehtechniken auf einem Bein, stellte man fest, dass die übrigen Ashi-waza grob eingeteilt werden können in Techniken:
  • bei denen ein sich bewegender Fuß von Uke in Bewegungsrichtung weitergeführt wird
  • das Standbein Ukes von hinten nach vorne weggezogen wird
  • ein Fuß/Bein Ukes von vorne blockiert und Uke über die Blockade gezogen wird
  • das Standbein Ukes durch einhängen nach hinten oder schräg hinten blockiert und Uke über diese Blockade zu Fall gebracht wird
Diese Einteilung der "frontalen" Ashi-waza stellt sozusagen den Urboden der Prinzipien "Fegen", "Sicheln", "Blockieren/Stoppen", "Einhängen" dar. Die gewählten Begriffe sind etwas unglücklich und dummerweise hat Geesink auch noch die japanischen Begriffe "barai" und "gari" verwendet und damit gleich noch die "widersprüchliche japanische Terminologie" (so seine Darstellung!) korrigiert. Die Folge: heute steht ein "Ko-uchi-barai" im Prüfungsprogramm....

Diese Vierteilung der "frontalen" Ashi-waza ist eigentlich nichts schlechtes, denn sie kann als Hilfsmittel eingesetzt werden, um das "Warum" einer Technik besser zu verstehen.

Merke: diese vier Prinzipien bezogen sich ursprünglich nur auf "frontale" Fußtechniken!

Sodann machte man sich auf eine analoge Betrachtung der Eindrehtechniken auf beiden Beinen. Hierbei gibt es zwei Extreme: zum einen das unmittelbar gerade "kopfüber" Abwerfen von Uke, wie z.B bei einem seoi-nage in der Nage-no-kata und ein eher um sich herum rotieren lassen wie bei einem Uki-goshi (was auch nicht so extrem zu sehen ist, wie es manchmal gemacht/gedacht wird). Letztlich treten in der Praxis zumeist Mischformen auf, die mal näher am einen, mal näher am anderen Ende des Spektrums sind. Als Begriffe, mit denen man die beiden Extreme beschrieb, wählte man Ausheben (was sehr missverständlich ausgelegt werden kann) und Rotieren, das später zu "Rotieren/Verwingen" und mittlerweile nur noch zu "Verwringen" wurde.

Merke: Die Begriffe Ausheben und Rotieren (Verwringen) bezogen sich ursprünglich nur auf Eindrehtechniken auf beiden Beinen!

Dies ist den Definitionen noch deutlich anzumerken:
Begleitmaterial zu Dan-PO hat geschrieben:Verwringen: Tori stellt mit seiner Hüfte Kontakt zu Ukes Rumpf her.....
Ausheben: Tori stellt bei gebeugten Beinen mit seiner Hüfte Kontakt zu Ukes Rumpf her
Letztlich kann auch diese Unterscheidung beim Verständnis der Funktionsweise der Würfe helfen.

Irgendwann hat man diese sechs "Prinzipien", die stets nur ein (methodisches) Hilfsmittel zum Verständnis von Gemeinsamkeiten und Unterschieden einer genau definierten Gruppe von Techniken sein sollten, auch auf andere Techniken übertragen - offenbar ohne die Formulierung der Definitionen anzupassen. Schließlich hat man sie um "Selbstfallen", "Eindrehen" und "Einrollen" erweitert, um mehr Techniken abdecken zu können.

Die Systematik die dahinter stecken soll(?) ist aber derart widersprüchlich, dass ich das nicht mehr nachvollziehen kann. Warum man ein "Prinzip" "Eindrehen" formuliert, wenn man doch schon die Eindrehtechniken in die Prinzipien "Ausheben" und "Verwringen" unterteilt und erfasst hat, ist mir ein Rätsel. "Selbstfallen" lasse ich mir ja noch gefallen (ist ja sogar eine klassische Kano´sche Einteilung), aber Einrollen als eigenes Prinzip, wo doch jedes "Einrollen" auch ein "Selbstfallen" ist?

Würde ich heute - bzw. nach dem Jahreswechsel die Prüfung zum 4. Dan ablegen müssen - ich würde allein vier Wurfprinzipien mit Soto-maki-komi abdecken (Eindrehen, Verwringen, Selbstfallen, Einrollen). Und dann fünfmal Ko-uchi-gari/maki-komi zeigen und erläutern (Fegen, Sicheln, Einhängen, Einrollen und Selbstfallen).

Und bevor jetzt Fragen kommen: ja, als ich das im Entwurf gelesen habe, habe ich meine Bedenken sofort mitgeteilt. :(
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Re: Techniken mit dem Prinzip "verwringen"

Beitrag von Judoka34 »

Hallo,

also Ashi-guruma gehört zum Blockieren, weil Uke von vorne blockiert wird. O-guruma gehört zum Verwringen weil die Blockade (wie beim Ashi-guruma) nicht unterhalb des Schwerpunkts von Uke erfolgt.

In einem der letzten Judo-Magazin wurde z.B. Kubi-nage zum Ausheber zugeordnet, wenn ich mich recht erinnere.

Habe am Sonntag meine Prüfung zum 4. Dan bestanden, daher kann ich mich noch recht gut erinnern :)

Viele Grüße
HBt.

Heftiges Kopfschütteln

Beitrag von HBt. »

Judoka34 hat geschrieben:Hallo,

also Ashi-guruma gehört zum Blockieren, weil Uke von vorne blockiert wird. O-guruma gehört zum Verwringen weil die Blockade (wie beim Ashi-guruma) nicht unterhalb des Schwerpunkts von Uke erfolgt.

In einem der letzten Judo-Magazin wurde z.B. Kubi-nage zum Ausheber zugeordnet, wenn ich mich recht erinnere.

Habe am Sonntag meine Prüfung zum 4. Dan bestanden, daher kann ich mich noch recht gut erinnern :)

Viele Grüße
Herzlichen Glückwunsch.

Hab da mal ne Frage: "Du blockierst beim Oguruma tatsächlich oberhalb von Ukes KSP (?) und was machst Du danach ?"
tutor!
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Re: Techniken mit dem Prinzip "verwringen"

Beitrag von tutor! »

Von mir aus auch herzlichen Glückwunsch!

Dein Beispiel zeigt, dass es in der Praxis keine Probleme gibt, denn Ashi- und O-guruma kann man genauso gut auch genau anders herum zuordnen. Außerdem passen auch beide zum "Eindrehen".
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HBt.

Reden wir wieder aneinander vorbei ???

Beitrag von HBt. »

Sein Beispiel zeigt aber auch, dass ein 4ter Dan (im Sportjudo) keinen Plan hat: blockieren oberhalb Ukes KSP beim 'Großen Rad'! So kann niemand werfen, weder 'Jupp, tutor!, kastow, ...' noch 'HBt., Fritz, ...'; ich stelle mir diese Blockade gerade lebhaft vor: "Ein Bein vor Ukes Bauch, und lache herzlich über derlei Unfug."

:eusa_doh

Verwringen --> um die Reckstange herumwickeln

wirklich?

:eusa_think
katana
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Re: Techniken mit dem Prinzip "verwringen"

Beitrag von katana »

Judoka34 hat geschrieben:O-guruma gehört zum Verwringen weil die Blockade (wie beim Ashi-guruma) nicht unterhalb des Schwerpunkts von Uke erfolgt.
Welchen Sinn soll diese "Blockade" dann haben ?
Toris Wurfausführung zu blockieren ?

KK
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Re: Techniken mit dem Prinzip "verwringen"

Beitrag von califax »

katana hat geschrieben:
Judoka34 hat geschrieben:O-guruma gehört zum Verwringen weil die Blockade (wie beim Ashi-guruma) nicht unterhalb des Schwerpunkts von Uke erfolgt.
Welchen Sinn soll diese "Blockade" dann haben ?
Toris Wurfausführung zu blockieren ?
Selbstverständlich. Sonst könnte ja ein Schwächerer einen Stärkeren werfen.
Und wo kämen wir dann hin?
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(Kacem Zoughari.)
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Re: Techniken mit dem Prinzip "verwringen"

Beitrag von Makikomi Kid »

Eindrehen kann kein Prinzip sein.
Hier ist also entweder sprachlich oder fachlich was falsch gelaufen. Beides ist aber nicht gerade ein gutes Zeichen.

Und kann mir jemand sagen, wie man O-guruma wirft, wenn man das Bein über Ukes Ksp hat?
"Es gibt auf Dan Prüfungen zu höheren Stufen noch Dan-Träger, die noch nicht richtig fallen können" - Judoka50
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Re: Techniken mit dem Prinzip "verwringen"

Beitrag von stoneaway »

.
Zuletzt geändert von stoneaway am 01.10.2012, 08:40, insgesamt 1-mal geändert.
tutor!
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Re: Techniken mit dem Prinzip "verwringen"

Beitrag von tutor! »

stoneaway hat geschrieben:Vielen Dank für deine interessanten Ausführungen.
Kannst du die Aussage zur widersprüchlichen japanischen Terminologie noch etwas erläutern?
Gerne. Anton Geesink hat Ende der 1960er Jahre eine Reihe von Kritikpunkten an der damals in Europa bestehenden Lehre des Judo geübt und eine eigene Konzeption entwickelt. Einer dieser Kritikpunkte war die seiner Meinung nach widersprüchliche japanische Terminologie, die kritiklos von den Japanern übernommen worden sei.

Er erläuterte dies am Beispiel O-uchi-gari und Ko-uchi-gari. Hier würden die Japaner fälschlicherweise nicht in der Namensbezeichnung zwischen einem Angriff gegen das stehende Bein und das bewegende Bein differenzieren. Nur der erste Fall - so Geesink - sei mit "Gari" zu bezeichnen, während der zweite Fall für Geesink (ein) "Barai" zu nennen sei. Konsequent unterscheidet Geesink O- bzw. Ko-uchi-gari von O- bzw. Ko-uchi-barai als zwei verschiedene Techniken. Er geht sogar so weit, die Wurfgruppe "Gari" von der Wurfgruppe "Barai" zu unterscheiden.

In Japan wird kein derartiger Unterschied gemacht. Der korrekte Name ist und bleibt stets O- bzw. Ko-uchi-gari, wobei selbstverständlich die unterschiedlichen Ausführungen bekannt sind und praktiziert werden.

Den Wurfprinzipien der Dan-PO liegen genau diese Gedanken Geesinks zugrunde und die von Geesink eingeführte Differenzierung der Namensbezeichnung hat der DJB in der Kyu-PO ebenfalls vor einigen Jahre übernommen. Die Gründe dafür lagen vor allem darin, dass sicher gestellt werden sollte, dass beide Möglichkeiten - das Angreifen des belasteten und des unbelasteten Beins - vermittelt werden.

Letztlich muss man aber feststellen, dass die japanische Terminologie gar nicht widersprüchlich ist, sondern missverstanden und ein (widersprüchlicher) Ansatz hineininterpretiert wurde, der der korrekten japanischen Terminologie gar nicht zugrunde liegt. Von der Funktionsweise ist es sicher ein großer Unterschied, ob ein belastetes (Stand-)Bein angegriffen wird oder ein unbelastetes, sich bewegendes Bein. Eine dritte - vor dem Benennungshintergrund wenig diskutierte Möglichkeit wäre das Angreifen eines unbelasteten oder nur minimal belasteten Beins, das sich aber nicht mehr oder noch nicht bewegt (hier gibt es viele Privatmeinungen wie z.B. die "49%-51%-These"(1) aber m.W. keine "offizielle" Stellungnahme). Für das Verständnis des Werfens ist es sicherlich wichtig und richtig, diese Fälle zu unterscheiden.

Jedoch sollte man es tunlichst vermeiden, japanische Vokabeln als Baukasten zu verwenden um daraus Techniknamen zu basteln. Denn selbst wenn es gelingen sollte, eine in sich nicht widersprüchliche Terminologie zu entwickeln - wird sie auf jeden Fall im Widerspruch zur Terminologie des Kodokan stehen....

------
(1) Diese von unverbesserlichen Theoretikern vertretene These bezeichnet es als "Barai", wenn das Gewicht max. zu 49% auf dem angegriffenen Bein steht, und als "Gari", wenn das Gewicht > 51% auf dem angegriffenen Bein steht. Moderate Leute benutzen einfach den Terminus "überwiegend".
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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