Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Hier könnt ihr über Gott und die Welt reden.
Jano
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Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von Jano »

Hallo zusammen,

ich hänge gerade so meinen Gedanken nach und komme auf keinen grünen Zweig. Es mag wie eine Belanglosigkeit scheinen, und doch beschäftigt mich das Ganze gerade ziemlich. Die Frage, mit der ich "kämpfe" ist: Ist es normal, dass man von seinen Sportlern außerhalb des Trainings über Stunden ignoriert wird? Was für mich aus der Geschichte mehr als eine Belanglosigkeit macht, ist die Tatsache, dass sich mir durch die Begebenheit auch die Frage: "Ist das am Ende der Lohn für meine Arbeit als Trainer?" stellt.

Die Geschichte in Kürze: Ich war am Sonntag Nachmittag Radfahren und bin letztendlich an einem Badeteich in der Nähe gelandet, wo ich halt machte, mir eine Bank suchte und mich hinsetzte um meine Gedanken zu sortieren und mit mir und der Welt klar zu kommen. (Es geht mir im Moment nicht so übermäßig toll, aber das ist eine andere Geschichte). Nach einer Weile bemerkte ich, dass vielleicht 30 Meter entfernt eine meiner Sportlerin mit ein paar anderen Leuten auf der Wiese lag und sich auch bewusst darüber war, dass ich hier auf meiner Bank als saß. Hätte ich nicht so mit mir zu tun gehabt, wäre ich sicherlich einfach mal hingegangen, aber mir war alles andere als danach, in eine bis auf einer Person fremde Gruppe hineinzuplatzen und ich kann mir vorstellen, dass hat man mir auch angesehen. Außerdem wusste meine Sportlerin auch nicht, dass ich sie schon entdeckt hatte und ich ging darum davon aus, dass sie dann schon mal die paar Meter rüber kommen würde, um ein paar Minuten zu reden oder wenigstens mal Hallo zu sagen.

Und so saß ich dann da, Stunde um Stunde um Stunde... und nichts passierte. Es wurde immer wieder mal rüber geschielt, doch ich wurde ignoriert bis zum Schluss. Und der Schluss war, dass die Gruppe samt meiner Sportlerin den Heimweg antrat und sich in alle Himmelsrichtungen verstreute, während ich immernoch mutterseelenalleine auf meiner Bank meinen Gedanken nachhing. Seit dreieinhalb Stunden. Dreieinhalb Stunden, in denen ich mich fragte, ob die 12 langen Jahre, die ich mich Monat für Monat, Woche für Woche um sie gekümmert hab, sie bis zu Deutschen Meisterschaften und in die 2. Bundesliga gebracht hab, nicht genug waren, um 30 Meter zu laufen und "Hallo, wie gehts." zu sagen. Und die Antwort tat mir ehrlich gesagt ein bisschen weh...
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Fritz
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Re: Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von Fritz »

Vielleicht hat sie Dir ja angesehen, daß Du mit Dir zu tun hattest und wollte Dich dabei nicht stören...

Kannst sie ja beim nächsten Training drauf ansprechen... An der Reaktion wirst Du sehen,

ob o.g. Vermutung zutrifft oder ob mehr dahinter steckt...

Reden ist bei sowas immer besser als grübeln...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
Jano
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Re: Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von Jano »

(Es ist vielleicht nützlich, wenn man weiß, dass unser Verhältniss eher mit Freundschaft beschrieben werden kann, als mit einem klassischen Trainer - Sportlerverhältnis. Ich denke, das macht in dieser Hinsicht einen Unterschied. Auch altersmäßig sind wir nicht wirklich weit auseinander. Dies nur als Hilfe, um die Situation besser einzuschätzen zu können.)

Tja, Fritz, Reden, das ist wohl das Stichwort...

Ich würde das Ganze ja auch so sehen wie du, wenn sie nicht erst kürzlich in einer ähnlichen Situation genauso (nicht) reagiert hätte.

Ich hab das nicht erwähnt, aber wenn sie gesehen hat, dass ich mir Gedanken mache, hätte das ein Grund mehr für sie sein müssen, ein paar Worte mit mir zu wechseln. Denn im Prinzip muss ihr damit sogar klar gewesen sein, worüber ich da gegrübelt habe. Denn ich hatte im letzten Training am Freitag erst erwähnt, dass es da ein paar Dinge gibt, über die ich mir klar werden muss. Dinge, die auch sie betrafen. Am Freitag war sie noch sehr an den Ergebnissen meiner Überlegungen interessiert. Als sie am Teich die Chance hatte, eben jene Ergebnisse in Erfahrung zu bringen, hat sie mich - Entschuldigung - mit dem Arsch nicht angeschaut.

Außerdem gibt es, wenn man so will, noch eine Vorgeschichte, die ihr Verhalten für mich nicht besser da stehen lässt.
Wenn die Kinder mit zu Wettkämpfen fahren, fahren wir auf dem Rückweg manchmal zu MC Donalds. Das war auch vor ein paar Wochen so. Wir waren nur zu viert. Sie, ihre kleine Schwester, eine weitere Sportlerin und ich.
Auch damals hatte ich, als wir bei Mc Donalds ankamen, mit diversen Gedanken und Problemchen zu kämpfen, so das ich sagte, dass ich im Auto bleiben wollte (und auch geblieben bin), ohne das weiter zu kommentieren. Da das bisher noch nie passiert war, dürften die Mädels daran auf jeden Fall erkannt haben, dass nicht alles so war, wie es sein sollte. Sie sind dann ohne Fragen und Kommentare alleine abmarschiert.
Da wir sonst fast immer im Auto essen, dachte ich eigentlich, dass sie gleich wieder kommen würden und dann sicherlich schon mal jemand fragen würde, was da los ist. Stattdessen haben sie sich nach drinnen verzogen und mich quasi sitzen lassen, bis sie fertig waren. Auch auf der gesamten restlichen Rückfahrt hat es niemand fertig gebracht mal nachzufragen. Sie haben ihre Abendpläne geschmiedet und ansonsten versucht, so zu tun, als ob nichts wäre.
Im nächsten Training kam die Sache zur Sprache. Ich wurde allerdings speziell von "ihr" deswegen eher angemotzt, was das solle, auf einmal nicht mehr zu reden und einfach im Auto sitzen zu bleiben. Ich habe damals geantwortet, dass sie anstatt jetzt zu meckern, einfach mal hätte fragen können, was los war. Und das ich mich darüber sogar gefreut hätte und auch etwas darauf gehofft hatte, weil mir das gezeigt hätte, dass ich mit meinen Problemen nicht hängen gelassen werde.

Und jetzt am Teich hat sich ja so ziemlich die gleiche Situation wieder ergeben, mit dem Unterschied, dass sie mittlerweile ganz genau weiß, dass ich es auf keinen Fall störend empfinde, wenn sich jemand für meine Sorgen interessiert und das ich jemand bin, dem das sogar ziemlich gut tut. Darum glaube ich nicht, dass sie Angst davor gehabt hätte, mich zu stören. Das "Schlimmste" was ihr hätte passieren hätte können, wäre doch gewesen von mir zu hören, dass ich alleine sein will.

Wenn ich mir umgekehrt vorstelle, da jemand, mit ich seit so langer Zeit so intensiv "zusammenarbeite", stundenlang alleine auf einer Bank sitzen zu sehen. Ich kann es ehrlich gesagt einfach nicht verstehen, wie man sowas über Stunden hinweg ignorieren kann, ohne ein elendig schlechtes Gewissen zu bekommen. Und wenn ich dann noch einfach meine Sachen packen und gehen würde... Nee, an der Stelle versagt meine Vorstellungskraft, sowas würde ich einfach nicht fertig bringen.
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Re: Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von tutor! »

Ferndiagnosen sind immer schwierig...
Jano hat geschrieben:Das "Schlimmste" was ihr hätte passieren hätte können, wäre doch gewesen von mir zu hören, dass ich alleine sein will.
...aber anders herum wird ein Schuh draus. Das Schlimmste, was ihr hätte passieren können - und wovon sie nach der Vorgeschichte wahrscheinlich ausgehen musste - wäre gewesen, dass sie nachfragt und Du sie mit einem Rattenschwanz von (unterstellt) schon lange in Dich hineingefressenen Problemen konfrontierst. Dann hätte sie sich aus der Gruppe für längere Zeit verabschieden müssen.

So, wie sich das Ganze für mich liest, willst du über Deine Probleme reden, wartest aber darauf, bis Dich jemand darauf anspricht. Das funktioniert nicht. Mach es anders rum: geh zu ihr hin und sag ihr, dass du jemandem zum Reden brauchst und frag sie, ob sie sich einmal die Zeit nehmen kann und möchte. Das Schlimmste, was Dir passieren kann, ist dass sie sich außerstande sieht oder nicht will. Dann hast Du Klarheit.
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Re: Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von Lin Chung »

Hallo Ihr Beiden.
Wie wäre es mit einem Winken in Ihre Richtung gewesen. Dann hätte sie zumindest gemerkt, dass Jano sie gesehen hat.
Passiert mir auch schon mal, dass ich an jemandem vorbeilaufe, da ich mit den Gedanken woanders bin.
Meist gibt es einen Klapps auf die Schulter und ein Hallo. Wenn jemand in Gedanken ist, dann störe ich auch nicht.
Grüße
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Fritz
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Re: Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von Fritz »

Ich bin da ganz bei Tutor!.
Jano hat geschrieben:Ich hab das nicht erwähnt, aber wenn sie gesehen hat, dass ich mir Gedanken mache, hätte das ein Grund mehr für sie sein müssen, ein paar Worte mit mir zu wechseln. Denn im Prinzip muss ihr damit sogar klar gewesen sein, worüber ich da gegrübelt habe. Denn ich hatte im letzten Training am Freitag erst erwähnt, dass es da ein paar Dinge gibt, über die ich mir klar werden muss. Dinge, die auch sie betrafen. Am Freitag war sie noch sehr an den Ergebnissen meiner Überlegungen interessiert. Als sie am Teich die Chance hatte, eben jene Ergebnisse in Erfahrung zu bringen, hat sie mich - Entschuldigung - mit dem Arsch nicht angeschaut.
Sie ist dort in einer Gruppe, die mit Deinem Problemen, in das sie offenbar involviert ist, nichts zu tun hat.
Du sitzt da offensichtlich leicht verträumt auf einer Bank - also so, daß für sie erkennt bar ist, daß Du noch
am Grübeln bist. Sie ist aber an den Ergebnissen der Grübelei interessiert, nicht am Grübeln (bzw. will da offensichtlich
auch Dich nicht ablenken). Ich denke, wärst zu Du einem Ergebnis gekommen, wäre es kein Problem gewesen,
sie heranzuwinken und ihr Dein Ergebnis mitzuteilen.
Im nächsten Training kam die Sache zur Sprache. Ich wurde allerdings speziell von "ihr" deswegen eher angemotzt, was das solle, auf einmal nicht mehr zu reden und einfach im Auto sitzen zu bleiben. Ich habe damals geantwortet, dass sie anstatt jetzt zu meckern, einfach mal hätte fragen können, was los war. Und das ich mich darüber sogar gefreut hätte und auch etwas darauf gehofft hatte, weil mir das gezeigt hätte, dass ich mit meinen Problemen nicht hängen gelassen werde.
Das paßt doch. Du fällst aus dem Rahmen, sie überspielen
es höflich, sie quatscht Dich danach derb drauf an, Du schilderst Deine Erwartungshaltung.
Später beim Training läßt Du die Katze offensichtlich aus dem Sack und erzählst Dein Problem, sie ist
am Ergebnis interessiert, weiter s.o...

Die Konstellation Trainer-Übling - auch wenn es eher ins Freundschaftliche geht - ist eher etwas unsymmetrisch.
D.h. der Übling ist normalerweise nicht interessiert daran, die negativen Seiten des Trainer (zu denen ich jetzt
auch mal das "Problem haben" zähle) allzu deutlich wahrzunehmen... Und schon gar nicht vor ner Gruppe mit
Außenstehenden...

In der Regel ist es bei "Problemen" so, daß man selbst seine Probleme etwas überbewertet, während andere
sie eher als belangloser einstufen ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
Jano
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Re: Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von Jano »

Ja, ich hätte einfach mal winken können. Aber ich wollte ehrlich gesagt auch einfach mal wissen, wie sie mit der Situation umgeht.
tutor! hat geschrieben:...aber anders herum wird ein Schuh draus. Das Schlimmste, was ihr hätte passieren können - und wovon sie nach der Vorgeschichte wahrscheinlich ausgehen musste - wäre gewesen, dass sie nachfragt und Du sie mit einem Rattenschwanz von (unterstellt) schon lange in Dich hineingefressenen Problemen konfrontierst. Dann hätte sie sich aus der Gruppe für längere Zeit verabschieden müssen.
Aber ist das wirklich ein Grund, nicht wenigstens mal Hallo zu sagen? Nach eigener Aussage ist sie daran interessiert, dass solche Dinge aus der Welt geschafft werden. Aber getan wird nichts dafür. Das macht sie für mich nicht unbedingt glaubwürdiger. Und wenn ich wirklich angefangen hätte alles vor ihr abzuladen hätte sie ja einfach sagen können, dass es für sie ein ungünstiger Moment gewesen wäre und z.B. eine Alternative anbieten können.

Und so hineingefressen sind die Probleme nicht wirklich. Sie (und andere) wissen recht genau, wo mir der Schuh drückt, denn ich habe in der Vergangenheit mehr als einmal geäußert, was mich (seit längerem) bewegt:
Ich hab das Gefühl - und das nicht nur auf sie speziell sondern auf das Training ansich bezogen - das das Ganze von meiner Seite nur noch aus Geben besteht. Der ganze Verein ruht zu 95 Prozent auf meinen Schultern. Wenn ich alles hinschmeißen würde, wäre der Laden dicht. Ich muss mich um das Training aller Altersstufen kümmern, ebenso um die Fahrerei und Betreuung bei Wettkämpfen. Und das sind weiß Gott nicht wenige. Man steckt so unglaublich viel da rein, ist eigentlich permanent damit beschäftigt, das nächste Training zu planen, zu versuchen es wieder allen recht zu machen. Woche um Woche, Jahr für Jahr. Ständig sucht man nach neuen Ideen um alles und jeden immer wieder neu zu motivieren.
Aber irgendwie muss der Akku ja auch mal wieder voll werden. Nur dazu fehlen wohl ganz allgemein die Rückkopplungen. Es wird mittlerweile als selbstverständlich angesehen, dass ich tue was ich tue. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass sich mal jemand dafür bedankt hätte. Es gibt keinerlei Rückmeldungen, wenn ich etwas gut gemacht hab. Jeder geht davon aus, dass ich das schon selber mitbekommen werde. Wenn dann aber mal was nicht so läuft, bekomme ich das sehr deutlich zu spüren, wie das Beispiel zeigt. Es sind immer irgendwelche Außenstehende, Verwandte auf Geburtstagsfeiern, zum Teil völlig Fremde, von denen man hört wie gut und toll das doch ist, dass man sich immer noch engagiert. Von den Leuten, die meine Mühen pausenlos in Anspruch nehmen, kommt gar nichts. Für mich ist das Ganze insgesamt völlig aus dem Gleichgewicht geraten. Ich fühle mich manchmal nur noch ausgenutzt. Das weiß sie, dass wissen andere, weil ich das nicht nur einmal erwähnt habe. Unternommen wird nichts.
Wie schreibt Antoine de Saint-Exupéry in "Die Stadt in der Wüste" so schön: "Je mehr du gibst, um so mehr wächst du. Es muß aber einer da sein, der empfangen kann. Und es ist kein Geben, wenn man dabei nur verliert."
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Fritz
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Re: Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von Fritz »

Jano hat geschrieben:Ich hab das Gefühl - und das nicht nur auf sie speziell sondern auf das Training ansich bezogen - das das Ganze von meiner Seite nur noch aus Geben besteht. Der ganze Verein ruht zu 95 Prozent auf meinen Schultern. Wenn ich alles hinschmeißen würde, wäre der Laden dicht. Ich muss mich um das Training aller Altersstufen kümmern, ebenso um die Fahrerei und Betreuung bei Wettkämpfen. Und das sind weiß Gott nicht wenige. Man steckt so unglaublich viel da rein, ist eigentlich permanent damit beschäftigt, das nächste Training zu planen, zu versuchen es wieder allen recht zu machen. Woche um Woche, Jahr für Jahr. Ständig sucht man nach neuen Ideen um alles und jeden immer wieder neu zu motivieren.
Ja so ist das üblich bei kleineren Vereinen...
Die einen geben, die anderen nehmen, in der Summe kommt das dann so hin...
Aber Deine Sportlerin hat Dir doch auch schon was gegeben: Nämlich den Stolz sie zur DM und in die 2.Bundesliga
bekommen zu haben...
Von den Leuten, die meine Mühen pausenlos in Anspruch nehmen, kommt gar nichts. Für mich ist das Ganze insgesamt völlig aus dem Gleichgewicht geraten. Ich fühle mich manchmal nur noch ausgenutzt. Das weiß sie, dass wissen andere, weil ich das nicht nur einmal erwähnt habe. Unternommen wird nichts.
Tja... Ich kann ja mal ins Blaue hineinspekulieren, wie sowas zustande kommt. Da haben
wir einen Jung-ÜL, der für den Judosport brennt, zuverlässig ist und fähig, Training zu geben... Irgendwann
hat dieser Jung-ÜL dann tatsächlich ne Übungsgruppe "am Hals". Das läuft gut. Die anderen Alt-ÜL
ziehen sich langsam zurück, ist der Gang der Dinge, der Jung-ÜL bekommt noch ne Gruppe und noch ne Gruppe.
Dann macht der Jung-ÜL einen ersten Fehler, er beginnt über die Übungsleiterei hinaus Ämter, Funktionen oder
zusätzliche Aufgaben im Verein zu übernehmen, weil es ja so naheliegend ist, hat er
doch den besten Kontakt zur "Basis"...
(Manch ist dieser Fehler auch nicht vermeidbar, wenn tatsächlich Personalnot da ist...)
Irgendwann ist der Jung-ÜL dann halt nicht mehr "Jung-ÜL" sondern nur noch ÜL.
Und seine eigenes Training leidet, er sucht verzweifelt für Anregungen zur Trainingsgestaltung u- er versucht
es allen recht zu machen - was dann der zweite Fehler ist (und der ist definitiv vermeidbar), denn
man kann es _nie_ _allen_ recht machen!
Und der dritte Fehler ist, daß er es nicht schafft, neue Jung-ÜL aufzubauen. Denn in seiner Feuer-und-Flamme
Zeit kam es dem ÜL nicht in den Sinn, entsprechende Üblinge dahingehend anzuleiten und jetzt, wo er in
sein Motivationsloch fällt, wird es auf Krampf auch nichts mehr... braucht ja auch Zeit...
Und für die anderen bestand / besteht ja auch kein Handlungsdruck, läuft doch alles bestens, der ÜL
kümmert sich doch perfekt.

Aber Fehler sind zum Lernen da...

Was kannst Du also tun? Das Hoffen auf Dankbarkeit und Anerkennung und
deren Zuschaustellung kannst Du komplett vergessen.
Du mußt Dich zwingen, knallhart andere mit einzubinden in alle Aufgaben, der Scheitern nicht zum Zusammenbruch
des Vereins führt:
* Meldungen für Wettkämpfe? - Drück die Ausschreibung der Wettkämpferin in die Hand, laß sie die Meldung schreiben.
* Feiern, Partys? - Schreib maximal eine Aufgabenliste, laß es Deine Leute organisieren einschließlich der Aufgabenverteilung.
* Training geben? - Dein Akku ist leer, Du fühlst Dich nicht gut, laß die/den jeweiligen Höchstgraduierte/n einen
Teil übernehmen nach dem Motto: Du hast 15min Zeit für Erwärmung, Du erklärst jetzt die und die Technik, Du
leitest die Randoris, aber bitte ruhig etwas Abwechslung reinbringen...
So kannst selbst auch mal einfach nur mitmachen...
Und wichtig: Gib schonungslose Rückmeldungen bei den ersten beiden Punkten. Positive wie negative, vor der Gruppe.
Und bei der Trainingsgeschichte - kritisiere die dargebotenen Dinge aus Deiner Sicht, nenne
dabei gutes wie schlechtes - unter vier Augen mit "der Vertretung". Und wenn sie maulen, dann kannst
einen entgeisterten Blick aufsetzen und erstaunt zurückfragen, was das soll, von Dir würden sie ja auch erwarten,
daß das Training toll u. abwechslungsreich sein soll... Mault die Gruppe, darf der Lauteste es dann beim nächsten
Mal besser machen... :evil:

Das wird emotional hart und Du wirst einige verlieren. Aber insgesamt werden sie lernen, Deine Arbeit
zu schätzen, weil sie dann nämlich spüren, was außerhalb der eigentlichen Trainingszeit noch so dran hängt...
Und Du wirst merken, daß sich von den Jüngeren dann auch potentielle Nachwuchs-ÜL herausbilden werden...

Sie müssen kommen und Dich bitte, daß Du ihnen bei irgendwas hilfst.
Wenn Du nur anbietest und sie nur nehmen zu brauchen, dann brauchst Du Dich nicht über
Deine Situation wundern...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
tutor!
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Re: Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von tutor! »

Das bekommt jetzt eine konkrete und eine allgemeine Dimension.

An den Punkt, an dem Du jetzt bist, kommen viele - nicht nur Trainer, sondern vor allem auch Eltern oder z.B. auch viele Lehrer. Man engagiert sich und fühlt sich ausgenutzt und nicht anerkannt. Das kann ich für Dich nicht lösen, denn Du allein musst die Balance herstellen.

Das wirkt sich natürlich auch auf den konkreten Fall aus. Denn wenn es so war, wie Du beschreibst, dann musste ihr vollkommen klar sein, worauf Du wartest und was sie erwarten würde. Und diese Situation wollte sie sichtlich nicht. Wer will sich denn schon anhören, dass jemand von einem enttäuscht ist? Ich übrigens auch nicht....

Ich denke, Du musst DEINE Entscheidung treffen und zwar für DICH. So viel "Egoismus" muss sein. Wenn es für die Vereinsarbeit ist, dann beklag Dich nicht, wenn es gegen die Vereinsarbeit ist, dann steh dazu. Aber Du musst am Ende wissen, was Du willst. Wie sagt Kano so schön: überlege reiflich, handle entschlossen!
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Jano
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Re: Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von Jano »

Also Fritz und tutor!,
ihr habt das mal wieder sehr treffend auf den Punkt gebracht. Ich werde sicher einige von Fritz´Tipps konsequenter umsetzten als bisher.

Stand der Dinge mit meiner "speziellen Sportlerin" ist, dass sie von mir das Angebot zu einem Gespräch bekommen hat. Sie hat das auch angenommen, mir aber anstatt eines Terminangebots nur groß und breit erklärt, wann sie alles keine Zeit hat. Das finde ich nicht sehr sinnvoll, muss aber hier nicht ausgewertet werden.

Im Zuge dessen hat sich allerdings eine andere Sache herausgestellt, zu der ich eher keine gute Meinung finden kann, aber vermeiden möchte zu emotional damit umzugehen:
Meine Sportlerin macht eine Ausbildung als Bankkauffrau. Die Ausbildung erfolgt im Dualen System, Schule und Praxis wechseln sich also ab. Sofern sie nicht in der Schule ist, hat sie freitags um 14 Uhr Feierabend. Ich hatte sie deshalb schon öfters gebeten, mich um 16 Uhr beim Kindertraining zu unterstützen, was auch ein ein zwei mal geklappt hat, seit dem aber sicher schon 6 Monate nicht mehr. Grund in der Regel: zu wenig Zeit, zu viel zu tun, nicht zu schaffen.
Das könnte ich nun vielleicht so akzeptieren, hätte sich jetzt nicht herausgestellt, dass sie jeden Montag um 17 Uhr Schluss hat und so gut wie immer ab 18 Uhr in einem anderen Verein zum Training auf der Matte steht. Da ich es für absolut unwahrscheinlich halte, während einer Ausbildung jeden Montag Zeit aber jeden Freitag keine Zeit zu haben, ist das für mich eine nicht wirklich akzeptable Situation...
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Re: Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von Fritz »

Jano hat geschrieben:Im Zuge dessen hat sich allerdings eine andere Sache herausgestellt, zu der ich eher keine gute Meinung finden kann, aber vermeiden möchte zu emotional damit umzugehen:
Meine Sportlerin macht eine Ausbildung als Bankkauffrau. Die Ausbildung erfolgt im Dualen System, Schule und Praxis wechseln sich also ab. Sofern sie nicht in der Schule ist, hat sie freitags um 14 Uhr Feierabend. Ich hatte sie deshalb schon öfters gebeten, mich um 16 Uhr beim Kindertraining zu unterstützen, was auch ein ein zwei mal geklappt hat, seit dem aber sicher schon 6 Monate nicht mehr. Grund in der Regel: zu wenig Zeit, zu viel zu tun, nicht zu schaffen.
Das könnte ich nun vielleicht so akzeptieren, hätte sich jetzt nicht herausgestellt, dass sie jeden Montag um 17 Uhr Schluss hat und so gut wie immer ab 18 Uhr in einem anderen Verein zum Training auf der Matte steht. Da ich es für absolut unwahrscheinlich halte, während einer Ausbildung jeden Montag Zeit aber jeden Freitag keine Zeit zu haben, ist das für mich eine nicht wirklich akzeptable Situation...
So langsam setzt sich das Puzzle zusammen...
Und es ergibt ein häßliches Bild.
Wenn es so ist, wie Du es darstellst: Vergiß diese Sportlerin, auch wenn es weh tut.
Schmeiß sie raus, oder bring sie dazu, von sich aus zu verschwinden. Sie tut Dir nicht gut,
sie tut Deinem Verein nicht gut, sie ist unaufrichtig... Und - sie weiß das alles - sonst würde sie nicht so reagieren, wie Du es schilderst...
Werd sie los, bevor sie am Ende noch Schaden bei euch anrichtet, dahingehend, daß sie vielleicht noch andere mitnimmt...
Und mach Deinen Leuten klar, daß Du solch illoyales Verhalten nicht duldest. (*)
Wenn sie aufrichtig und ehrlich mit Dir geredet und Dich informiert hätte, daß sie _zusätzlich_ auswärts trainieren möchte, wäre es der korrekte Weg und
sicherlich auch kein Problem für Dich gewesen. Du hättest sie dann sicherlich auch nicht wegen dem Kindertraining gefragt bzw. Deine Erwartungshaltung entsprechend
niedriger angesetzt..

Ist in der Regel sowieso der ungünstigste Weg, wenn _Du_ jemanden um Unterstützung _bittest_ / bitten mußt.
Beobachte Deine älteren Kinder/jüngere Jugendliche, es sind sicherlich auch bei euch welche dabei, die sich mehr um andere kümmern, als der Durchschnitt...
Also die z.B. Spaß dran haben, Anfänger Fallschule beizubringen, oder ihren jeweiligen Übungspartner auch mal etwas korrigieren usw...
_Belohne_ solche Leute aus der Gruppe (für Trainingsfleiß usw.) in dem sie z.B. öfters mal Erwärmung machen läßt... Mit etwas Glück, findest Du dann
gelegentlich ein, zwei, die _Dich_ dann irgendwann _bitten_, Dich beim Training unterstützen zu dürfen... wenn sie dann eigentlich aus der Gruppe rauswachsen...
Bzw. für die es ganz natürlich ist, als ÜL mitzuhelfen, die da sozusagen "reinwachsen"...


(*) alles was sich hier wie ein Ratschlag liest, basiert nur auf dem was Jano geschildert hat - "erfahrungsgemäß" stellt sich
die Wirklichkeit komplett anders dar, wenn man "die Gegenseite" hört ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
Jano
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Re: Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von Jano »

Öhm, ja Fritz,

da ist etwas doch nicht ganz so rüber gekommen, wie es sollte. Das lag aber an mir, weil ich es versäumt habe zu erwähnen, dass es kein Geheimnis ist, dass sie ab und zu auswärts trainiert. Wir sind an anderen Tagen schon alle zusammen dort zum Training gewesen. Was ich allerdings tatsächlich nicht wusste, ist, dass sie montags nahezu regelmäßig zu diesem Verein fährt. Das wäre an sich aber auch kein Problem, wenn sie mir auf der anderen Seite eben nicht erzählen würde, dass sie nie Zeit hat, beim Kindertraining zu helfen. Das ist es, was mich verärgert. Montags regelmäßig innerhalb einer Stunde nach der Arbeit auf der Matte stehen können, freitags ist das innerhalb von zwei Stunden nicht zu machen. Montags so gut wie immer Zeit, freitags nie.
Ich erinnere mich daran, dass sie auch schon freitags (mit meinem Wissen) während der Trainingszeit der Kinder zu diesem Verein gefahren ist, um sich auf einen Wettkampf vorzubereiten. (Fairerweise muss man sagen, dass bekannt war, dass an diesem Tag später zum Erwachsenentraining nicht dazu geeigneten Trainingspartner anwesend sein würden.) Andere Male war sie schlicht und einfach Radfahren, um was für ihre Kondition zu tun. Es geht ihr also scheinbar immer nur um sich selbst und das eigene Fortkommen. Ich persönlich finde das sehr egoistisch.

Die Sache ist also doch etwas anders als ich den Eindruck erweckt habe. Aber es ist für mich insgesamt trotzdem irgendwie nicht in Ordnung bzw. nachvollziehbar (gerade weil es vorm Wochenende viel einfacher ist, tatsächlich anstehende Dinge auf die kommenden Tage zu verteilen). Ich überlege deshalb auch gerade, ob es angemessen wäre, ihre Erlaubnis zum Auswärtstraining von ihrer Mitarbeit im / für den eigenen Verein abhängig zu machen. Wäre ich dazu überhaupt im Recht?
tutor!
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Re: Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von tutor! »

Für mich ergibt sich etwa folgendes Bild.

Das Mädel ist jetzt wohl etwa 20, 21 Jahre alt, hat vor der Ausbildung intensiv Judo gemacht und tritt nun in einen vollkommen neuen Lebensabschnitt ein. Eine derartige duale Ausbildung ist kein Zuckerschlecken und bedeutet in der Regel das Ende des Leistungssports, mindestens aber deutlich größere Probleme, ein angemessenes Trainingspensum hinzubekommen. Für jemanden, der jahrelang intensiv Sport gemacht hat, ist dies nicht einfach.

Nach den Schilderungen sieht es für mich so aus, dass diese Sportlerin so gut es eben geht selbst weiter Sport machen möchte und nicht die Zeit, die ihr noch bleibt, mit Kindertraining verbringen möchte. Dafür habe ich allergrößtes Verständnis. Wenn Du Dich mit ihr irgendwann über die Situation unterhalten wirst, wird sich zeigen, ob mich mit meiner Einschätzung richtig liege - und dann wirst Du Dich an der Stelle positionieren müssen.

Ich kann den Druck, dem Du unterliegst nicht einschätzen, weiß also nicht, wie groß die Not ist. Sie ist aber kaum die Ursache für diesen Druck? Aber in ihrer derzeitigen Situation ist es zu früh, von ihr zu erwarten, dass sie sich für eine Vereinsarbeit entscheiden wird. Das muss reifen.
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Re: Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von Jano »

Damals während ihrer Schulzeit hat sie zwei Mal pro Woche trainiert. Genau genommen macht sie jetzt nicht weniger, sondern mehr Judo. Es gab also keinen "Bruchstrich nach dem Leistungsport" durch den sie jetzt nicht mehr in der Lage wäre, ihr übliches Trainingspensum zu schaffen.

Der Druck ist z.B. in der Hinsicht groß, dass die Kindergruppe mit Sportlern im Alter von 6 bis 14 viel zu durchmischt ist, um alle mit den gleichen Trainingsinhalten zu versorgen. Das ist grundsätzlich nicht das Problem, man muss dann halt inhaltlich differenzieren. Das Problem ist aber, dass die Kleinsten überhaupt nicht in der Lage sind, länger als 5 Minuten selbständig zu trainieren. Sie brauchen also im Prinzip ständige intensive Betreuung (und im Grunde genommen parallel ein komplett anderes Training als die Älteren). Das führt zwangsläufig dazu, dass ich den Rest der Gruppe viel zu oft vernachlässigen muss, kaum zu Korrekturen komme, z.T. noch nicht mal bei allen sehe, was sie gut oder schlecht machen. Ich schätze über kurz oder lang wird das dazu führen, dass wir Mitglieder verlieren werden.
Dieses Problem wäre mit einem Assistenten beim Training auf einen Schlag komplett aus der Welt. Die besagte Sportlerin ist schlicht und einfach die Einzige, die zeitlich (und nicht nur zeitlich) dazu in der Lage wäre.
Zuletzt geändert von Jano am 09.08.2010, 12:47, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von Fritz »

@Jano: So klingt es wirklich etwas anders...
Auf der einen Seite kann ich tutor beipflichten, sie hat wohl noch einige leistungssportliche Ambitionen,
dafür "opfert" sie Freizeit für zusätzliches Training und mehr ist dann einfach nicht drinnen...
Jano hat geschrieben:Die Sache ist also doch etwas anders als ich den Eindruck erweckt habe. Aber es ist für mich insgesamt trotzdem irgendwie nicht in Ordnung bzw. nachvollziehbar (gerade weil es vorm Wochenende viel einfacher ist, tatsächlich anstehende Dinge auf die kommenden Tage zu verteilen). Ich überlege deshalb auch gerade, ob es angemessen wäre, ihre Erlaubnis zum Auswärtstraining von ihrer Mitarbeit im / für den eigenen Verein abhängig zu machen. Wäre ich dazu überhaupt im Recht?
Du kannst ihr nicht vorschreiben, wie sie ihre Zeit organisiert... Du kannst ihr letztendlich auch nicht
vorschreiben, wo sie trainiert bzw. wo nicht.
Da sie Dich bzgl. des Auswärtstrainings informiert hat, entfällt auch die (moralische) Voraussetzung, ihr deswegen die
Leviten zu lesen... Also mußt Du damit leben... Nach ihrer Ausbildung besteht sowieso die Chance, daß sie mit dem
Judo aufhört.
Es geht ihr also scheinbar immer nur um sich selbst und das eigene Fortkommen. Ich persönlich finde das sehr egoistisch.
Na was erwartest Du? Letztendlich kannst Du aber die Ursache bei Dir selbst suchen, letztendlich
hast Du offensichtlich zu wenig auf Deine Leute eingewirkt, um einen Gemeinschaftsinn, eine Art familiäres
Zusammengehörigkeits-/Verantwortungsgefühl zu erreichen. Natürlich gibt es _immer_ Leute, bei denen der
Egoismus stärker ist, als ein gegenläufiger Einfluß durchs Training, aber wenn Du schreibst, daß sie nicht nur zeitlich die
einzige wäre die in der Lage wäre
, beim Kindertraining zu helfen, spricht das für ein grundsätzliches Problem...
Der Druck ist z.B. in der Hinsicht groß, dass die Kindergruppe mit Sportlern Alter von 6 bis 14 viel zu durchmischt ist, um alle mit den gleichen Trainingsinhalten zu versorgen. Das ist grundsätzlich nicht das Problem, man muss dann halt inhaltlich differenzieren. Das Problem ist aber, dass die Kleinsten überhaupt nicht in der Lage sind, länger als 5 Minuten selbständig zu trainieren. Sie brauchen also im Prinzip ständige intensive Betreuung (und im Grunde genommen parallel ein komplett anderes Training als die Älteren). Das führt zwangsläufig dazu, dass ich den Rest der Gruppe viel zu oft vernachlässigen muss, kaum zu Korrekturen komme, z.T. noch nicht mal bei allen sehe, was sie gut oder schlecht machen. Ich schätze über kurz oder lang wird das dazu führen, dass wir Mitglieder verlieren werden.
Kannst Du es nicht organisatorisch "entzerren" - also Trainingszeiten so organisieren, daß Du die Kindergruppe
in zwei Gruppen aufteilst?
Wieviele Trainingstage hat die Gruppe eigentlich? Hoffentlich nicht nur den Freitag...
Wie in meinen vorherigen Beiträgen angedeutet: Heterogene Gruppen bieten auch die Chance, daß die Älteren Dir
helfen, den Jüngeren was beizubringen...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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kastow
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Re: Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von kastow »

Vielleicht verrennst du dich auch gerade. Sehr offensichtlich will sie nicht diese Funktion übernehmen. Dann solltest du das auch akzeptieren. Die Annahme eines Ehrenamtes zu erzwingen ist nicht empfehlenswert, da es sonst höchstwahrscheinlich entsprechend lustlos gehandhabt wird. In der Folge würdet ihr auch Mitgleiderverluste einfahren - eventuell auch sie.

Wie Fritz weiter oben schon schrieb: die Gewinnung von ÜL-Nachwuchs ist eine langfristige Angelegenheit. Sie über das Knie zu brechen rächt sich meistens.
Herzliche Grüße,

kastow

Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)
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Re: Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von Jano »

Fritz hat geschrieben:aber wenn Du schreibst, daß sie nicht nur zeitlich die
einzige wäre die in der Lage wäre
, beim Kindertraining zu helfen, spricht das für ein grundsätzliches Problem...
Nein, so ist das nicht gemeint. Ich wollte damit nicht ausdrücken, dass sie die Einzige wäre, die fachlich oder menschlich dazu in der Lage wäre, beim Training zu helfen. Da gibts durchaus noch andere. Nur ist von denen keiner vor 18 Uhr zuhause.
Fritz hat geschrieben:Kannst Du es nicht organisatorisch "entzerren" - also Trainingszeiten so organisieren, daß Du die Kindergruppe
in zwei Gruppen aufteilst?
Wieviele Trainingstage hat die Gruppe eigentlich? Hoffentlich nicht nur den Freitag...
Wie in meinen vorherigen Beiträgen angedeutet: Heterogene Gruppen bieten auch die Chance, daß die Älteren Dir
helfen, den Jüngeren was beizubringen...
Wir sind ein Verein mit verschiedenen Abteilungen. Das heißt, die Halle ist ziemlich verplant. Außerdem würde sich eine zusätzliche Trainingseinheit direkt und spürbar auf die Mitgliedsbeiträge auswirken, da wir für die Nutzung der Halle zahlen. Weiterhin würde ich mir damit eine zusätzliche Belastung aufbürden. Ich weiß nicht, ob ich mir einen Gefallen tun würde, mir neben meiner beruflichen Tätigkeit noch 5 oder gar 6 zu planende Trainingseinheiten pro Woche aufzubürden.
Die Gruppe hat 2 Trainingstage. Dienstag und Freitag. Dienstags besteht grundsätzlich dasselbe Problem, aber daran lässt sich aufgrund der Arbeitszeiten nichts ändern. Es gibt in der Kinder-Gruppe durchaus Sportler, die ihre Hilfe anbieten und ab und zu beim Training helfen. Aber das Problem ist ja ein dauerhaftes und die Sportler kommern in erster Linie um selbst zu trainieren. Ich kann nicht einige der Kinder permanent zu Trainern machen. Dazu sind sie bei aller Hilfsbereitschaft auch geistig noch gar nicht in der Lage. Man kann sich vielleicht vorstellen, was dabei herauskommt, wenn eine zwölfjährige versucht einen Streit zwischen zwei sechsjährigen zu schlichten.
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Fritz
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Re: Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von Fritz »

Jano hat geschrieben:Es gibt in der Kinder-Gruppe durchaus Sportler, die ihre Hilfe anbieten und ab und zu beim Training helfen.
Das ist doch optimal.
Jano hat geschrieben:Aber das Problem ist ja ein dauerhaftes und die Sportler kommen in erster Linie um selbst zu trainieren. Ich kann nicht einige der Kinder permanent zu Trainern machen. Dazu sind sie bei aller Hilfsbereitschaft auch geistig noch gar nicht in der Lage.
Unterschätze diese Kinder/Jugendlichen nicht. Es ist alles eine Frage, wie Du es organisierst.
Mit zwei Trainingstagen bist Du schon halbwegs flexibel...
Wenn es also mehrere sind, kannst Du sehr gut Aufgaben verteilen und auch entsprechend "durchrotieren", so daß deren
eigenes Training nicht zu kurz kommt... Nebenbei solltest Du ihnen gelegentlich auch erklären, warum Du was wie beim
Training machst. Mitunter ist es auch beim Technik lernen gar nicht mal schlecht, wenn ein Übling versucht, eine
Technik selbst zu erklären / korrigieren. Das fördert durchaus das Verständnis... und die geistige Entwicklung...
Klar, Jugendliche "permanent" zu "Trainern" machen,
kannst Du erst, wenn sie aus der Gruppe in die Erwachsenengruppe wechseln.
Dann haben sie ihr eigenes Training dort...
Jano hat geschrieben: Man kann sich vielleicht vorstellen, was dabei herauskommt, wenn eine zwölfjährige versucht einen Streit zwischen zwei sechsjährigen zu schlichten.
Du wirst staunen, wie gut das funktioniert...
Das machen die teilweise dann sogar besser, als ein erwachsener Trainer es kann ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von Jano »

Fritz, es ist ja nicht so, dass ich den Kindern noch nie derartige Aufgaben gegeben hätte. Deshalb kann ich aus Erfahrung sagen, das diejenigen, die ihre Hilfe "anbieten" in der Regel eben noch nicht soweit sind, Streitigkeiten zu schlichten, geschweige denn, herumrennende und kletternde Sechsjährige wieder zum Üben zu bringen. Ich möchte damit nicht sagen, dass das nicht schon mal klappen kann. Aber in der Regel ist mit dieser Lösung nicht viel mehr drin, als sich ein paar Minuten Luft zu verschaffen, um wenigstens mal ein Auge auf den "Rest" werfen zu können. Die "große" Hilfe ist es nicht. Damit möchte ich deine Tipps allerdings auf keinen Fall als unbrauchbar hinstellen, denn das sind sie ganz sicher nicht. Du hast grundsätzlich mit allem Recht, was du geschrieben hast. Aber für die Leute, die mir dazu konkret zur Verfügung stehen, ist das einfach noch zu früh. Es sind keine Jugendliche, es sind Kinder.
tutor! hat geschrieben:Nach den Schilderungen sieht es für mich so aus, dass diese Sportlerin so gut es eben geht selbst weiter Sport machen möchte und nicht die Zeit, die ihr noch bleibt, mit Kindertraining verbringen möchte. Dafür habe ich allergrößtes Verständnis. Wenn Du Dich mit ihr irgendwann über die Situation unterhalten wirst, wird sich zeigen, ob mich mit meiner Einschätzung richtig liege - und dann wirst Du Dich an der Stelle positionieren müssen.
Es ist ja noch nicht einmal so, dass ihr in irgendeiner Form Trainingszeit verloren gehen würde und sie dadurch am Sporttreiben gehindert werden würde. Die Situation ganz schlicht und einfach: Sie hat 14 Uhr Feierabend, ist ca. 14.30 Uhr zuhause, könnte ab 16 Uhr bei den Kindern helfen und direkt im Anschluss an ihrem eigenen gewohnten Training mit den Erwachsenen teilnehmen. Für mich ein Traumbeispiel von Geben und Nehmen.
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Hofi
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Re: Gedanken über 12 Jahre und 30 Meter

Beitrag von Hofi »

Hi Jano,
ich glaube, Du erwartest einfach zu viel. Natürlich könnte die Sportlerin am Freitag um16 uhr in der Halle sein. Aber sie hat eine Woche mit Schule und Ausbildung hinter sich. Gerade der Bereich Ausbildung mit Arbeitszeiten bis spätnachmittags ist etwas neues für sie. Da ist es durchaus verständlich, wenn sie dann nicht gleich ein oder eineinhalb Stunden später zur nächsten Verpflichtung rennen will. Wenn sie es freiwillig von sich aus tun will, ist das schön, aber man darf es einfach nicht erwarten.
Bis dann
Hofi
Wer die Wahrheit sagt, braucht ein verdammt schnelles Pferd.

Heimat ist dort, wo man von der Dorfbevölkerung, die einen duzt, gelyncht wird.
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