Eigentlich "laufen" hier ja gerade zwei verschiedene Diskussionstränge:
- Warum sind "Tani-otoshi und verwandte Techniken" bei der U11 verboten?
- Wie geht eigentlich ein "richtiger" Tani-otoshi?
Vielleicht fange ich bei der zweiten Frage an. Es gibt einige Techniken, von denen es zahllose Varianten gibt, die sich in der Ausführung und auch bei den Gelegenheiten zur Anwendung teilweise doch erheblich unterscheiden. Tani-otoshi gehört auf jeden Fall dazu, genauso wie z.B. Seoi-nage, Tai-otoshi, Uki-otoshi oder auch Sukui-nage.
Von daher ergibt sich für den Tani-otoshi eine recht "offene" Definition, so wie Jupp sie weiter oben aus dem englischen "Daigo" wieder gegeben hat.
Auf dem geposteten Videoclip von T. Hirano sind einige Beispiele zu sehen. Als Uke erkenne ich übrigens Wolfgang Hofmann und Mahito Ohgo, die beide Ende der 1960er und Anfang/Mitte der 1970er Jahre das Judo in Westdeutschland maßgeblich beeinflusst haben.
Die Aufnahmen entstanden im Rahmen einer Judo-Sommerschule etwa um 1967 in Holland. T. Hirano, W. Hofmann und M. Ohgo waren über ein Jahrzehnt Teile der Stammlehrerschaft der Sommerschule - genauso wie Gerd Alpers aus Hamburg. Diesen möchte ich in dem Zusammenhang erwähnen, weil er auf Gokyo-Tafeln des DDK (die mit den Serienbildern und nur einer Stufe pro Tafel) einen derartigen Tani-otoshi als Tori demonstriert.
Diese Form Tani-otoshi zu werfen, war also vor 30-40 Jahren in Deutschland sehr präsent. Es ist aber nicht die einzige Art Tani-otoshi zu werfen, was man ja auch ganz einfach dem "Daigo" entnehmen kann.
Zweifellos sind bestimmte Formen des Tani-otoshi - Jupp hat ja oben einige Beispiele genannt - verletzungsträchtig bei schlechter Ausführung. Bestimmten Anwendungen des Tani-otoshi (namentlich Konter gegen Eindrehtechniken) wird bei zu früher Einführung ein negativer Effekt auf die langfristige Entwicklung der Judoka zugeschrieben. Das würde ich so ähnlich beurteilen, jedoch kann man sich immer darüber streiten, was "zu früh" heißen mag.
Wir haben als zwei Begründungszusammenhänge für das Verbot von Tani-otoshi bei den jüngeren Kindern. Beide Argumentationen greifen aber jeweils nur für bestimmte Varianten von Tani-otoshi.
Hat man nun mit diesem Verbot das Kind mit dem Bad ausgeschüttet? Ich glaube nein, denn ich bin der Meinung, dass man Sutemi-waza generell etwas später lernen soll als die Tachi-waza. Diejenigen, die gerne die Gokyo als Reihenfolge des Vermittels von Techniken heranziehen wollen, müssten dem eigentlich sofort zustimmen. Seit 1920 die Gokyo überarbeitet wurde, gibt es keine Sutemi-waza mehr in den ersten beiden Stufen, Tani-otoshi selbst kommt erst in der 4. Stufe.