Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

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Reaktivator
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Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von Reaktivator »

Nach jahrzehntelangem Beharren auf die traditionellen Regeln des Kodokan, hat die japanische Judo-Welt nun doch vor der IJF kapituliert und wird ab nächstem Jahr landesweit die IJF-Regeln übernehmen:
http://search.japantimes.co.jp/cgi-bin/ ... 320a2.html
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mcdüse
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von mcdüse »

Na hurra,

sind wir doch der Schaffung eines weltweiten anerkannten Standards wieder ein Stück näher.
Gruß

McDüse

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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von Lin Chung »

Da ist nichts mit Hurra. Überleg mal, was das heisst.
Grüße
Norbert Bosse
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mcdüse
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von mcdüse »

Manchmal halte ich es für besser, einen nicht optimalen Standard zu haben, als mehrere verschiedene Regelwerke. Ich erwähnte an anderer Stelle ja schon einmal das Beispiel Boxen mit WBO, IBF, IBO und was es da noch alles gibt.
Wo siehst Du denn das Hauptproblem?
Gruß

McDüse

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Shinbashi
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von Shinbashi »

Der Vergleich mit dem Boxen hinkt doch gewaltig. Irgendwie hast Du den Ursprung und Sinn von Jûdô nicht verstanden.
Man stelle sich nur mal vor, daß die Schweizer ihr traditionelles "Schwingen" weltweit populär machen würden und Schwingen olympische Disziplin würde. Dann gäbe es einen Weltverband und dessen Regeln (wie abstrus diese auch sein mögen) sollten sich dann die Schweizer beugen. Die würden eher sterben. :BangHead

Wenn die Japaner sich tatsächlich von der Kodokan-Tradition verabschieden, sollte der Gebrauch der Bezeichnung Judo und das Berufen auf Jigoro Kano verboten werden ! :angry4
Gruß
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tom herold
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von tom herold »

Erstens verstehe ich nicht, wieso es überhaupt ein "Einheits-Jûdô" geben muß, dessen Standards deutlich von dem abweichen (und zwar nach unten), was Kanô in seiner Kampfkunst für essentiell hielt.
Zweitens verstehe ich nicht, wieso sich jemand daran stört, daß nicht überall auf der Welt der gleiche unfunktionale Mümpel gemacht wird wie in der eigenen Sporthalle ...
Drittens: wenn man schon ein "Einheits-Jûdô" will, dann aber bitte nach den von Kanô definierten Standards.
Ach nee, geht ja nicht, lieber mcdüse - Jûdô hat sich ja "weiterentwickelt".
:rofl

Ja dann ...

:alright
Zuletzt geändert von Fritz am 23.03.2010, 11:30, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: "Klarnamen durch Forumsnamen ersetzt"
HBt.

Das Ende...

Beitrag von HBt. »

Shinbashi hat geschrieben:Der Vergleich mit dem Boxen hinkt doch gewaltig. Irgendwie hast Du den Ursprung und Sinn von Jûdô nicht verstanden.
(..)
Wenn die Japaner sich tatsächlich von der Kodokan-Tradition verabschieden, sollte der Gebrauch der Bezeichnung Judo und das Berufen auf Jigoro Kano verboten werden ! :angry4
Warum nur,
ich möchte kurz auf Moshe´zum Thema Kampfkünste verweisen, siehe Interview Dennis Leri - M. Feldenkrais, damit ist zu diesem Thema alles gesagt :crybaby :crybaby :crybaby .
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Fritz
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von Fritz »

Prinzipiell habe ich an sich nichts gegen _einen_ Weltverband.
Und der kann dann auch gern Weltmeisterschaften und Olympische Turniere usw. nach
eigenem Regel-Satz ausrichten. Nur wäre er gut beraten, wenn er die
Verwendung anderer "Regelsätze" nicht unterdrücken, sondern fördern würde.

So wie Kano damals die Kosen-Judo-Wettkampfregeln auch zumindest geduldet hatte, da er
doch wohl darin einen gewissen Wert für die Entwicklung des Bodenkampfes sah, obwohl seine
Priorität klar beim Stand lag.

Warum sollte es also nicht offizielle Judo-Turniere geben, wo halt der Kodokan-Regelsatz angewendet wird,
oder diese Kosen-Judo-Regeln oder meinethalben sonstige experimentelle Regeln..? (Erfahrungen damit
könnten ja gegebenenfalls in die Verbesserung der offiziellen IJF-Regeln einfließen)

Dann und nur dann würde ich der IJF zugestehen, sich als Dachverband für das gesamte Judo zu sehen...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
tutor!
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von tutor! »

Zwischenfrage: wer von Euch kennt denn die Unterschiede zwischen den Kodokan-Regeln und den IJF-Regeln?
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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derLichtschalter
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von derLichtschalter »

Da mich die (Google-/Foren-)Suche nicht weit führte, stelle ich die Frage einfach mal hier. Mir ist bekannt, dass IJF und Kodokan teilweise Unterschiede bei der Benennung der Würfe haben, aber damit hört es schon auf. Was sind denn die Unterschiede zwischen den Kodokan-Regeln und denen der IJF? Was macht die Regeln der IJF gegenüber denen des Kodokan so schlecht? Natürlich ist es leicht, die traditionellen Regeln der Tradition wegen zu verteidigen, aber warum sollte man das tun? Persönlich würde ich ja auch sagen, dass ich den Kodokan unterstütze, aber eben "nur" der Tradition wegen, weil das die Regeln von Kano Osensei sind etc., aber nochmal die Frage: Was ist der Unterschied?

EDIT: Hihi, da war tutor! wohl schneller mit Absenden ;-)
Trini
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von Trini »

Ich weiß, dass ich als "Nur-DJB-Judokindermutter" wenig Berechtigung habe, mich hierzu zu äußern.

Aber, ich habe gerade hier im Forum schon ganz viel über den Sport meiner Kinder gelernt - auch über die "Differenzen" zwischen traditionellem Judo und Sportjudo und die Frage, ob Judo überhaupt ein Sport ist oder eine Kampfkunst.

Und immer wieder kommt in mir eine Frage hoch, die ich mir bisher nie zu stellen getraute:

Warum ist ausgerechnet beim Judo die Tradition so essentiell wichtig???

In jeder Sportart gibt es Entwicklung.
- Turngeräte haben sich seit Turnvater Jahn (ja sogar seit meiner Schulzeit) bis zur Unkenntlichkeit verändert
- kein Skispringer hat mehr die Füße parallel und die Arme nach vorn
- der klassische Skilanglauf hat bei den Nordisch-Kombinierern und den Biathleten keine Chance mehr
- über die rasanten Entwicklungen im Motorsport (und da auch in den Regeln) muss man glaube ich nichts weiter sagen

Ich glaube, es würde zu großem Unverständnis führen, wenn man alle diese Entwicklungen zurück drehen oder in Parallelverbänden parallel betreiben wollte.

Warum also beim Judo keine Entwicklung zulassen???

Trini
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Fritz
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von Fritz »

tutor! hat geschrieben:Zwischenfrage: wer von Euch kennt denn die Unterschiede zwischen den Kodokan-Regeln und den IJF-Regeln?
Vielleicht kann Reaktivator ja mal einen aussagekräftigen Verweis auf die aktuellen Kodokan-Regeln
einstellen.
Soviel ich weiß, haben sie z.B. keine blauen Anzüge und das Beingreiferverbot gibt es wohl auch nicht...
Keine Ahnung, wie aktuell dieser Verweis ist: http://www.judo-ch.jp/english/koudoukan_judge/

Aber letztendlich spielt es keine Rolle, wie die Regeln genau aussehen und inwieweit sie sich vom IJF-Regelsatz
unterscheiden.
Letztendlich ist es die ungeheuere Symbolik, die hinter dieser Aussage steckt, die böse aufstößt...
trini hat geschrieben:Warum ist ausgerechnet beim Judo die Tradition so essentiell wichtig???

In jeder Sportart gibt es Entwicklung.
Du hast es ja schon eigentlich vorher fast beantwortet:
Aber, ich habe gerade hier im Forum schon ganz viel über den Sport meiner Kinder gelernt - auch über die "Differenzen" zwischen traditionellem Judo und Sportjudo und die Frage, ob Judo überhaupt ein Sport ist oder eine Kampfkunst.
Weil eben Judo mehr ist als ein Sport. Es ist auch mehr als eine Kampfkunst.
Laut Kano ist es ein (Leibes-)Erziehungssystem (basierend auf alten Kampfkünsten Japans).
Und dummerweise bewegt sich Judo durch "Entwicklungen" immer weiter weg von seinen Wurzeln in
der Kampfkunst.
Damit entfällt aber langsam und stetig die Grundlage des Erziehungssystems, welches sich Kano ausgedacht hat...

Die Frage ist doch, welchen Wert hat Judo für den Ausübenden noch jenseits vom sportlichen Erfolg?

Gegen Entwicklungen im "Judo-Sport" hin zu effektiveren Techniken, hin zu Techniken,
die auch jenseits sportlicher Reglementierung (Gewichtsklassen) funktionieren,
hin zu Technikausführungen, die die Gesundheit der "Sportler" erhalten, gegen Entwicklungen, die weg von
idiotischen Verhaltensweisen wie "Bankstellung/Bauchlage am Boden", die weg vom übermäßigen Bestrafen
im Wettkampf zum Erzwingen von "Verzweiflungsangriffen" führen, hätten wir nichts...

Leider klebt aber an fast allen bisherigen Entwicklungen meist die Aufschrift: "Soll attraktiver für den
(Fernseh)-Zuschauer werden". Nur daß sich an den Zuschauerzahlen und an den (in der Regel nicht vorhandenen)
Fernsehübertragungen nichts ändert, nur daß man sich als Trainer auf der Matte
z.B. an blauen Anzügen "erfreuen" darf ;-) oder als Verein neue Matten kaufen kann, oder Diskussionen mit
seine Üblingen führen darf: "Der ist mir als Partner viel zu schwer" usw. usf.
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Shinbashi
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von Shinbashi »

Trini hat geschrieben:In jeder Sportart gibt es Entwicklung.
- Turngeräte haben sich seit Turnvater Jahn (ja sogar seit meiner Schulzeit) bis zur Unkenntlichkeit verändert
- kein Skispringer hat mehr die Füße parallel und die Arme nach vorn
- der klassische Skilanglauf hat bei den Nordisch-Kombinierern und den Biathleten keine Chance mehr
- über die rasanten Entwicklungen im Motorsport (und da auch in den Regeln) muss man glaube ich nichts weiter sagen

Ich glaube, es würde zu großem Unverständnis führen, wenn man alle diese Entwicklungen zurück drehen oder in Parallelverbänden parallel betreiben wollte.

Warum also beim Judo keine Entwicklung zulassen???

Trini
Sicher kann sich der judoähnliche Zweikampfsport weiterentwickeln und man muß auch keine japanischen Begriffe verwenden und kann sich bunte Gi`s anziehen. Das hat aber mit der Kampfkunst Jûdô nichts mehr zu tun und die IJF sollte konsequenterweise darauf verzichten, auf die Historie Bezug zu nehmen.
Entweder versucht man sich dem Jûdô im Ganzen zu nähern oder bleibt beim Sportjudo.
Dann würde ich mir aber niemals herausnehmen in einer Linie mit Jigoro Kano und den alten Meistern zu stehen.
Sicher, der Rehpinscher stammt auch vom Wolf ab - das ist aber nicht mehr zu erkennen. Außer das er auch 4 Beine hat.
Gruß
Shinbashi

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Hofi
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von Hofi »

Hi!
Warum ist Tradition wichtig? Nun eine Entwicklung kann zunächst wertneutral gut oder schlecht sein. Wie man sie beurteilt ist eine Frage des Standpunktes.
Natürlich wird es bei den Techniken immer wieder Veränderungen in ihrer konkreten Ausführung geben, aber um überhaupt bewerten zu können, ob diese Veränderung positiv oder negativ ist, sollte man ihre traditionellen Ursprünge kennen und beherrschen. Und vielleicht kommt man dann in gewissen Punkten zu dem Schluss, dass es gar keine Neuerung/Veränderung war, sondern schlicht eine mögliche Variante des der speziellen Technik zu Grunde liegenden Prinzip.
Und für mich (auch wenn ich in Toms Augen sicher eher in die Kategorie Sportjudoka falle) ist es wichtig, mich von Sportarten wie Fußball, Turnen etc. zu unterscheiden, eben auch im Hinblick auf gewisse Traditionen.
Dass man im Wettkampfbereich gewisse Anpassungen braucht oder zumindest zulässt, ist eine Sache. Zugegeben, wir kämpfen im Mannschaftsbereich in grünen Hosen (gerade im Jugendbereich stärkt das das Mannschaftsgefühl ungemein), bei einer Kata-Vorführung halte ich das für ein absolutes Unding. Auch bei Prüfungen sollten in meinen Augen die Kandidaten in traditionellem Weiß antreten. Hat das Auswirkungen auf die Qualität der Technik? Nein, aber für mich gehört es sich einfach.
In manchen Punkten ist Tradition einfach ein Wert für sich. Und wenn man von einer Tradition abweicht, sollte man sich überlegen, ob dies notwendig ist, ob die Abweichung wirklich positiv ist. Ist sie überflüssig, sollte man an der Tradition festhalten.
Bis dann
Hofi
Wer die Wahrheit sagt, braucht ein verdammt schnelles Pferd.

Heimat ist dort, wo man von der Dorfbevölkerung, die einen duzt, gelyncht wird.
tom herold
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von tom herold »

Deine Frage, liebe Trini, ist einfach zu beantworten.

Man muß wissen, was man will - eine strikt (über)reglementierte (Rand)Sportart, die sich vom Ringen nur noch dadurch unterscheidet, daß Ringer die besseren und technisch anspruchsvolleren Kämpfer sind ... oder eine universelle, seriöse Kampfkunst mit pädagogischem Impetus, deren weitgehend unverfälschte Inhalte man AUCH partiell für sportliche (imho völlig überbewertete) Wettkämpfe gebrauchen kann.

Will man letzteres, kann man den ganzen sportpolitisch motivierten Unfug der "Weiterentwicklung" nicht mitmachen.

Will man ersteres ... ist das in Ordnung, nur sollte man dann ehrlicherweise zugeben (können), daß der "Judosport" so gut wie nichts mehr mit Kanôs Kampfsystem zu tun hat.

Zudem kann man nachlesen, was Kanô über "westliche Sportarten" schrieb. Er sprach ihnen "einen gewissen Wert" zu, wollte sein Jûdô aber nicht damit verwechselt sehen. Er sprach dezidiert davon, daß Jûdô einen wesentlich höheren Anspruch habe.
Diese Worte Kanôs sind hier im Forum schon so oft zitiert worden, daß ich das nun nicht wiederholen muß.
Man KANN also Kanôs Kampfkunst nicht mit Fußball, dem Skispringen oder gar dem Motorsport vergleichen!


Ich habe nichts dagegen, daß in bunten Höschen Kleiderringen nach - in meinen Augen - völlig unsinnigen Regeln betrieben wird. Wer's mag ...
Nur zu.

Ich habe aber etwas dagegen, daß der absurde Alleinvertretungsanspruch irgend einer (Sport-)Organisation unter fragwürdiger Berufung auf Kanô "legitimiert" wird.

Natürlich kann und wird jeder im Jûdô das finden, was er dort finden will. So auch im "Judosport".
Damit habe ich kein Problem.
Diesen Weg aber zum verbindlichen "Standard" hochzustilisieren, halte ich für sehr anmaßend.

Geht man den "Weg der Weiterentwicklung" und verwirft Traditionen, deren Sinn man nicht (mehr?) versteht oder die man noch nie verstanden hat, dann muß man sich fragen lassen, wieso man andere Traditionen beibehält.
Wie ist das noch mit den bunten und schwarzen Gürtelchen?
Warum behält man diese bei? Ausgerechnet?
Im Ringen geht's doch auch ohne!
Im (ursprünglichen) Sambo auch!

Aber es ist ja so schön, sich bei aller "Modernität" und bei aller "Emanzipierung über Kanô hinaus" dann doch irgendwie mit jenem Nimbus umgeben zu können, den so ein "schwarzer Gürtel", so ein angeblicher "Meistergrad" ausstrahlt ...
Man lese dazu das lustige Begleitskript eurer Dan-PO.
Vanitas, vanitas ...

Just my 1 cent.

Dazu vielleicht mal dies hier lesen ...

http://www.judo-voj.com/contents/judocompetitions.html
For us the Japanese, Judo is a martial art and thus, without exception, requires a duel. More concretely, we consider that Judo matches should be fought with no regard to weight difference. With this concept, we are able to see cases where a small player throws a larger opponent. This is one of Judo’s main characteristics, and the Japanese generally consider that the current system of dividing into several weight categories has killed it. This is why we continue to hold the All Japan Judo Championship in the form of “open weight.”
Übrigens ...
Aus obenstehend verlinktem, äußerst lesenswerten Artikel entnahm ich auch dieses Zitat:
It would help Judo come a bit closer to its original character, often described by the Japanese as “ Juu yoku go wo seisu ( 柔よく剛を制す),“ meaning “ Flexibility can overcome force.”
(Hervorhebung von mir)

Das als Anmerkung zu der Übersetzung "sanft" ...
:alright
Zuletzt geändert von Fritz am 23.03.2010, 14:13, insgesamt 2-mal geändert.
Grund: 3 Beiträge vereint
HBt.

Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von HBt. »

Liebe Trini,
gerade als Mutter solltest Du Fragen stellen dürfen und müssen. Dir liegt mit Sicherheit wie jedem Elternteil das Wohl und die Entwicklung unserer Sprößlinge am Herzen, damit bist Du mehr als berechtigt auch unbequeme Fragen zu stellen.

Schau doch einmal:
ISBN 3-87387-565-9
Feldenkrais im Überblick

In meinen Augen ist die alleinige Ausprägung Sportjudo, in der derzeitigen Form, mit unqualifizierten ÜL/TR, die keine Ahnung haben, vorsätzliche Körperverletzung.

Gruß
Helge Bartelt
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von kastow »

Weiß denn jemand, warum sich die Japaner zu diesem Schritt entschieden haben? Solange diese Gründe nicht bekannt sind, spekulieren wir hier doch sehr ins Blaue hinein.

Und in diesem Zusammenhang rufe ich auch noch einmal tutor!s und lighmasters Frage in Erinnerung: was genau ändert sich denn nun für die Japaner.
Herzliche Grüße,

kastow

Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)
HBt.

Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von HBt. »

Liebe Eltern,
jedes auch noch so schöne Programm oder Parole..., welches ich mir auf die Fahne schreibe, ist nichts weiter als Makulatur.

Habe fertig. Aufwachen bitte.
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Hofi
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von Hofi »

Na da waren wir gestern in der Bezirksliga ja recht nah am japanischen Ideal. Ich hab als 81er zweimal im Schwergewicht (+90) gekämpft, einmal hatte ich einen 130-Kilo-Mann, der wunderschön auf Ko-Soto links gefallen ist, beim zweiten Mal haben die anderen, einen 66er zu mir reingestellt, der mich erwischt hat :D .
Der Wettkampf ist für mich ein schöner Teil des Judo, aber eben nur ein Teil. Dass er, aus sportpolitischen Gründen wie der auf Wettkampferfolgen basierenden Sportförderung, andere Aspekte in den Hintergrund gedrängt hat, ist kaum zu bestreiten. Hier muss dringend etwas getan werden.
Dass die Regeln teilweise überreglementiert sind, auch da ist vielfach Zustimmung zu hören, zumindest im Jugendbereich wird dies aber z.T. auch mit erzieherischem Anspruch begründet.
Und wie gesagt, wenn man von Traditionen abweicht, sollte man diese verstanden haben und die Abweichung sollte zu einer Verbesserung führen. Wo das nicht der Fall ist, gibt es keinen Grund, von einer Tradition abzuweichen.
Bis dann
Hofi
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HBt.

Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von HBt. »

Hofi hat geschrieben:Ich hab als 81er zweimal im Schwergewicht (+90) gekämpft, einmal hatte ich einen 130-Kilo-Mann, der wunderschön auf Ko-Soto links gefallen ist, beim zweiten mal haben die andern einen 66er zu mir reingestellt, der mich erwischt hat.
Der 130 Kg schwere Gegner ist also mit einer "kleinen Technik" Ippon gefallen, ja? Warum ist er nicht mit Morote-Seoi-nage auf Ippon "eingeschlagen"? Immerhin schon eine deutliche Massendifferenz (130kg - 81kg), wie trainierst Du dieses Können? Wie trainieren Deine kleinsten Üblinge diese Kompetenz? In der allgemein üblichen Art und Weise? Ja, dann ist das vorsätzl...

Grüßle und nicht gleich wieder böse werden ;) .
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