Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Hier könnt ihr alles posten was mit Judo zu tun hat

Jupp
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von Jupp »

also:
Sakujiro Yokoyama (1869-1912), war einer der vier Kodokan Shitenno (die vier Himmelskönige des Kodokan) und galt als einer der besten Kämpfer in Frühphase des Kodokan.

In seinem Buch "Judo Kyohan", das er gemeinsam mit Eisuke Oshima schrieb und das 1915 (also drei Jahre nach seinem Tod) veröffentlicht wurde, findet man auf 175 auch zwei Seiten Text über "Explanation of Atemi".

Anbei die Übersetzung der Seite 173 aus dem Nachdruck dieses Buches von 2003:
100. Training der Atemi-waza ("Stoßen, Schlagen und Tritttricks")
"Wie man einen Sieg über seinen Feind erreichen kann, galt als das Hauptziel des Jujutsu in früherer Zeit. Atemi-waza, genau wie Nage-waza und Katame-waza wurden damals viel praktiziert. Sie wurden als geheime Tricks der alten Schulen betrachtet und wurden Anfängern nicht unterichtet. Sind sie denn überhaupt so gefährlich, dass sie geheim gehalten werden müssen? Nein, das sind sie nicht notwendigerweise. Diese Tricks, die für den tatsächlichen Kampf sehr wertvoll sind, wurden oft, wenn nicht immer, vor den Anfängern geheim gehalten als ein Resultat der Bräuche, die damals Mode waren. Auch wenn das der Fall ist, brauchen sie nicht nur nicht geheim gehalten werden, sondern sollten mehr und mehr studiert werden für die weitere Entwicklung der Kunst.
Es ist nicht ausreichend, zu wissen, wie und wo man Schlagen oder Treten soll, um Atemi-waza effektiv anzuwenden, wie es bei anderen Tricks der Fall ist.
Man muss zuerst lernen, sich frei und uneingeschränkt zu bewegen, indem man die anderen Abteilungen des Judo praktiziert, um in der Lage zu sein, diese Tricks anzuwenden. Auch wenn du in der Lage sein solltest, jedes Körperteil deines Gegners mit der Hand oder dem Fuß zu treffen, so würde das nicht effektiv sein, bevor du geschickt bist im Schlagen, Stoßen oder Treten. Nicht nur deswegen must du lernen wo und wie zu treffen ist und es üben. Außerdem musst du versuchen, dir Fertigkeiten im Schlagen, Stoßen und Treten durch regelmäßigs Üben anzueignen. Aber Atemi-waza sind im Gegensatz zu anderen Tricks sehr gefährlich und Anfänger sollten sie nicht versuchen, sie auszuführen bevor sie ihre Muskeln entwickelt haben und gelernt haben sich beim Üben der Nage-waza und Katame-waza frei zu bewegen. Sie können diese Tricks vielleicht üben, indem sie gegen die Wände ihrer Häuser schlagen oder sich für ihre Fäuste, Ellbogen, Knie oder Füße einige andere Ziele suchen. Auch Anfänger können davon profitieren, wenn sie sich diese Übungen gönnen."
Auf Seite 174 sind dann an einem männlichen Körper die Namen und Treffpunkte der Atemi-waza angegeben.

Auf S. 175 wird dann darüber geschrieben, "Wie und wo man Atemi-waza anwendet" Nach ein paar knappen Worten zur Ausführung der Atemi-waza werden dann sieben Tricks mit kurzen Erklärungen beschrieben: Uto, Jinchu, Kasumi, Suigetsu, Denko und Tsukikage, Myojo, Tsurigane.

So!
Jetzt kann man auch im Forum nachlesen, was Sakujiro Yokoyama über Atemi-waza sagte.

Jetzt kann sich jeder einen eigenen Eindruck davon machen, wie bedeutsam Atemi-waza um 1910 für das Kodokan-Judo waren.

Jupp

P.S.: Sollte ein Übersetzungsexperte in meiner Übersetzung Fehler entdecken - was auf die Schnelle nicht auszuschließen ist - so genügt ein PIN an mich und ich korrigiere das.
Reaktivator
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von Reaktivator »

Das ändert zwar nichts am Sachverhalt - unterstreicht aber vielleicht die Tatsache, daß nicht etwa nach Yokoyamas Tod irgendetwas sinnentstellend verändert worden sein könnte... :
Jupp hat geschrieben:In seinem Buch "Judo Kyohan", das er gemeinsam mit Eisuke Oshima schrieb und das 1915 (also drei Jahre nach seinem Tod) veröffentlicht wurde, (...)
Das Buch ist 1908 - also vier Jahre vor seinem Tod - erschienen...

Kleine Zusatz-Info zu Yokoyama:
1) Am Tag seines Todes (23. Sept. 1912, nach schwerer Krankheit) erhielt er von Kano den 8. Dan - und war damit der erste Judoka überhaupt mit dieser Graduierung.
2) Seinen letzten Wettkampf bestritt er 1899 - gegen den späteren 10. Dan Hideichi Nagaoka.
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Jupp
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von Jupp »

Dann steht in meiner Neuausgabe von 2003 etwas Falsches. Dort steht nämlich: Originally published as Judo Kyohan 1915 by Nishodo, Tokyo, Japan und 2003 by Buyu Shoseki Shuppan.

ISBN: 4-901619-05-5

Vielleicht kann ja die Homepage des Verlages (http://www.buyubooks.com) genaue Auskunft geben oder jemand hat eine Erstausgabe dieses Buches.

Jupp
Reaktivator
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von Reaktivator »

Vielleicht beziehen die sich nur auf die englische Ausgabe...!?
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tom herold
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von tom herold »

Auch wenn du in der Lage sein solltest, jedes Körperteil deines Gegners mit der Hand oder dem Fuß zu treffen, so würde das nicht effektiv sein, bevor du geschickt bist im Schlagen, Stoßen oder Treten. Nicht nur deswegen must du lernen wo und wie zu treffen ist und es üben. Außerdem musst du versuchen, dir Fertigkeiten im Schlagen, Stoßen und Treten durch regelmäßigs Üben anzueignen. Aber Atemi-waza sind im Gegensatz zu anderen Tricks sehr gefährlich und Anfänger sollten sie nicht versuchen, sie auszuführen bevor sie ihre Muskeln entwickelt haben und gelernt haben sich beim Üben der Nage-waza und Katame-waza frei zu bewegen. Sie können diese Tricks vielleicht üben, indem sie gegen die Wände ihrer Häuser schlagen oder sich für ihre Fäuste, Ellbogen, Knie oder Füße einige andere Ziele suchen. Auch Anfänger können davon profitieren, wenn sie sich diese Übungen gönnen."
Ob man in der deutschen Wiedergabe unbedingt das Wort "Tricks" hätte verwenden müssen, wage ich zu bezweifeln - es hat im Deutschen eine etwas andere, eher abwertende Intention als im Englischen.
Davon abgesehen finde ich in Yokoyamas Ausführungen vor allem DIES:
Aber Atemi-waza sind im Gegensatz zu anderen Tricks sehr gefährlich und Anfänger sollten sie nicht versuchen, sie auszuführen bevor sie ihre Muskeln entwickelt haben und gelernt haben sich beim Üben der Nage-waza und Katame-waza frei zu bewegen.
Steht da etwas davon, daß man diese Dinge PRINZIPIELL nicht üben soll? Oder daß sie nicht zum Jûdô gehören?
Oder wird eher darauf hingewiesen, daß es FÜR ANFÄNGER solange ungeeignet ist, bis diese ihre Muskeln entwickelt und gelernt haben, Nage-Waza und Katame-Waza frei anwenden zu können?

Gemessen daran wäre doch wohl jeder, der Atemi-Waza nicht beherrscht, ein Anfänger ...?
:P

Yokoyama gibt auch Trainingstipps:
Sie können diese Tricks vielleicht üben, indem sie gegen die Wände ihrer Häuser schlagen oder sich für ihre Fäuste, Ellbogen, Knie oder Füße einige andere Ziele suchen. Auch Anfänger können davon profitieren, wenn sie sich diese Übungen gönnen.
Und ... macht das heute noch jemand?
Dan-Träger vielleicht? Oder eher nicht?
Wenn nicht - WARUM nicht?
Gibt es eine vernünftige Begründung dafür, die Atemi-Waza heutzutage NICHT, wie von Kanô gefordert "on a daily practice" oder wie von Yokoyama erwähnt zu üben?

Nochmal Yokoyama, ja?
Auch wenn du in der Lage sein solltest, jedes Körperteil deines Gegners mit der Hand oder dem Fuß zu treffen, so würde das nicht effektiv sein, bevor du geschickt bist im Schlagen, Stoßen oder Treten. Nicht nur deswegen mußt du lernen wo und wie zu treffen ist und es üben.
(Hervorhebungen von mir)

Klingt das nach "alles nur unnützer Kram, brauchste sowieso nicht, mußte nicht üben" ...?

Und nun hätte ich doch gern (bspw. von Jupp) eine stichhaltige, nachvollziehbare Erklärung dafür, daß zumindest hier in Deutschland selbst hochgraduierte Danträger des Jûdô nicht effektiv schlagen und treten können.
Und das, obwohl Kanô und Yokoyama doch darauf hinweisen, daß und wie man selbiges zu üben habe ...

Konkret: wie sieht es denn bspw. bei dir, lieber Jupp, mit den Atemi-Waza aus?
7. Dan ... da sollte man so etwas doch erwarten können - oder irre ich mich da?
:dontknow
Jupp
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von Jupp »

Fragen wir doch lieber nach der inhaltlichen Bedeutung, die Yokoyama den Atemi-waza in seinem Buch "Judo-Kyohan", das hier im Forum so oft als wichtige Quelle heransgezogen wird, beimisst.

Er schreibt auf 82 Seiten über Nage-waza, auf 23 Seiten üer Katame-waza und auf 2 Seiten über Atemi-waza

Kann die Bedeutung/Wichtigkeit eines Bereichs innerhalb des Kodokan-Judo auch daran gemessen werden, welchen Umfang man diesem Bereich in einer der wichtigsten Bücher, von einem der wichtigsten Protagonisten des Kodokan zu dieser Zeit zugemessen wird - jenseits aller Worte und herausgehobenen Zitate?

fragt

Jupp
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von tom herold »

... kann es sein, daß du einer einfachen, simpel formulierten Frage ausweichst, indem du die bedeutung der Atemi-waza herunterzuspielen versuchst?
Das wäre aber sehr schade, denn dann bliebe meine Frage ja unbeantwortet ...

Ich wiederhole:
Konkret: wie sieht es denn bspw. bei dir, lieber Jupp, mit den Atemi-Waza aus?
7. Dan ... da sollte man so etwas doch erwarten können - oder irre ich mich da?
Oder stellt man solche Fragen einfach nicht?
Lin Chung
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von Lin Chung »

Hallo Jupp
warum hat er nur 2 Seiten der Atemi gewidmet?
Wir können ihn nicht mehr fragen, allenfalls mutmaßen.
Fakt ist jedoch, dass die Atemi ein wichtiger Bestandteil des Judo sind.
Aber kaum gelehrt werden.
Grüße
Norbert Bosse
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von Jobi »

Ja Jupp,
das stimmt wohl, doch eigentlich ist die Frage doch recht einfach zu Beantworten:
Vergleicht mann die Komplexität der Ausführung eines Wurfes oder auch der Hebel und Würgen im Vergleich zu Schlägen und Tritten und setzt dann die Auswirkungen am "Opfer" in Relation gegenüber, so ist doch eigentlich recht klar, warum den ersteren ein unvergleichlich größerer Platz eingeräumt wird. Außerdem sollten Atemi wirklich immer (!!!) im Zusammenhang mit Kyushojutsu und Kappo unterichtet werden, zumindest ist`s bei uns so! Das geht mit Buch überhaupt nicht!

MfG
Jobi
Mit freundlichen Grüßen
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von judoka50 »

Norbert - nur zur Info:
Mifune schreibt dazu gar nichts - dafür einige Seiten über Kappo / Kuatsu.
Im Kodokan Judo von Kano sind es ebensfalls nur 3 Seiten und damit eben so viel wie
dort dem Bereich Kappo / Kuatsu gewidmet wird.
Ist demnach auch ein wichtiger Bestandteil - wer kann das noch ???
Damit meine ich nicht, wie ich mehrere Lehrgänge besucht und sich in der Lage fühlen,
es in einigen Bereichen anzuwenden, sondern tatsächlich lehren und vermitteln.

Warum wird eigentlich darüber nicht auch eine solche Debatte geführt.
Lin Chung
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von Lin Chung »

Hallo Udo

ja du hast recht, wer kann noch Kuatsu? Auch das ist ein wichtiger Bestandteil des Judo.
Vieles verschwindet langsam von der Bildfläche, weil es zu gefährlich, nicht sporttauglich, usw. ist. Die Jugend wird es nicht mehr mitbekommen, da wir ihnen das vorenthalten haben.
Leider.

Danke für den Hinweis.
Grüße
Norbert Bosse
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von tom herold »

Kann die Bedeutung/Wichtigkeit eines Bereichs innerhalb des Kodokan-Judo auch daran gemessen werden, welchen Umfang man diesem Bereich in einer der wichtigsten Bücher, von einem der wichtigsten Protagonisten des Kodokan zu dieser Zeit zugemessen wird - jenseits aller Worte und herausgehobenen Zitate?
Allerdings!
Völlig richtig!

Wenn man die Bedeutung der einzelnen Bereiche nach der Anzahl der Seiten bemisst, die ihnen in Sakujiro Yokoyamas Buch gewidmet sind, dann stellen sich mir jedoch automatisch und unvermeidliche einige Fragen.

Zum Beispiel diese:

Auf wieviel Seiten erwähnt Yokoyama denn den Wettkampf im Jûdô?
Bemisst sich die Bedeutung des Wettkampfes nun nach der Anzahl der Seiten in Yokoyamas Buch (nämlich NULL), auf denen der Wettkampf erwähnt und/oder beschrieben und in seiner Wichtigkeit gewürdigt wird?
Wie ist das mit ... na sagen wir mal ... Jûdô-Verbänden? Bemisst sich deren Wertigkeit nach der Anzahl der Seiten, auf denen sie in Yokoyamas Buch erwähnt werden?
Sollte das so sein ... läge ihre Wertigkeit bei Null.
Wie ist das mit Funktionären? Die werden in Yokoyamas Buch auch nicht erwähnt ...
Wie ist das mit "leistungslosen Dan-Verleihungen"? Die kommen bei Yokoyama auch nicht vor ... und dennoch gibt es sie heute im Judosport.
Und wie ist das mit Olympia? Davon erwähnt Yokoyama auch nichts ...
Nochmal:
Kann die Bedeutung/Wichtigkeit eines Bereichs innerhalb des Kodokan-Judo auch daran gemessen werden, welchen Umfang man diesem Bereich in einer der wichtigsten Bücher, von einem der wichtigsten Protagonisten des Kodokan zu dieser Zeit zugemessen wird - jenseits aller Worte und herausgehobenen Zitate?
Olympia ...?

Yokoyama erwähnt Atemi-Waza. Auf zwei Seiten.
Wir dürfen davon ausgehen daß Atemi-Waza daher Bestandteil des Jûdô sind.
Folgen wir Jupp, so sind sie ein eher unwichtiger Bestandteil des Jûdô, denn sie werden ja nur auf zwei Seiten erwähnt.

Die anderen Dinge jedoch (Verbände, Wettkampf, Funktionäre, leistungslose Dan-Verleihungen, Olympia) werde bei Yokoyama GAR NICHT erwähnt.
Was dürfen wir - folgen wir strikt Jupps Argumentation - denn bitte DARAUS schließen?

Conclusio:
Folgen wir Jupps Argumentation, dann sind diese Dinge völlig unwichtige Bestandteile des Jûdô - so unwichtig, daß Yokoyama sie nicht einmal erwähnte.

DEM STIMME ICH ZU.

Ich freue mich, endlich mal einer Meinung mit Jupp zu sein.
Lin Chung
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von Lin Chung »

Nach Toms Schreiben (Ne, ich bin nicht der gleichen Meinung wie du und Jupp),

warf ich einen Blick auf meine Signature.

Dort steht:

"Wissen stirbt, wenn es bewahrt wird, und lebt, wenn es geteilt wird." (Ed Parker)

und er hat recht.

"Das Do-Prinzip der Kampfkunst, welches lehrt, wie man durch die Harmonie von Körper und Geist sich und andere schützen und heilen kann, gerät immer mehr in Vergessenheit" (Ko. Myong)

auch er spricht es aus.
Zuletzt geändert von Lin Chung am 04.11.2009, 21:15, insgesamt 2-mal geändert.
Grüße
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von Jobi »

Jobi hat geschrieben:Außerdem sollten Atemi wirklich immer (!!!) im Zusammenhang mit Kyushojutsu und Kappo unterichtet werden, zumindest ist`s bei uns so! Das geht mit Buch überhaupt nicht!
Hab grad noch mal drüber nachgedacht: Das stimmt so nicht, ich hab mich geirrt! Wir üben Atemi auch ohne K&K! Wir machen ja zB. auch Randori/Sparring mit Schutzausrüstung oder Einzelübungen. Aber beim formalen, also abgesprochenen Üben isses mit K & K.

MfG
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von tom herold »

Jobi, ich glaube, daß es wichtig ist, die Atemi überhaupt ins Training zu integrieren, da man sonst gegen eine Empfehlung Kanôs verstößt ;)
Im Ernst - ich halte die Behauptung, Atemi-Waza seien "nicht so wichtig" für eine reine Schutzbehauptung derer, die sich mt diesem Bereich des Jûdô nicht auskennen.
Sie können es nicht (schon gar nicht in Anwendung) und irgendwie ist es ihnen (na wenigstens das!) etwas peinlich.
Statt nun zuzugeben, daß man da Defizite hat und diese auszugleichen oder wenigstens zu sagen, daß sie sich nicht dafür interessieren, versuchen solche Menschen oftmals (vor allem, wenn sie höher graduiert sind) alles zur "Unwichtigkeit" zu erklären was sie nicht kennen und nicht können - schade.
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von Fritz »

Tom Herold hat geschrieben:
Yokoyama gibt auch Trainingstipps:
Zitat:
Sie können diese Tricks vielleicht üben, indem sie gegen die Wände ihrer Häuser schlagen oder sich für ihre Fäuste, Ellbogen, Knie oder Füße einige andere Ziele suchen. Auch Anfänger können davon profitieren, wenn sie sich diese Übungen gönnen.
Und ... macht das heute noch jemand?
Dan-Träger vielleicht? Oder eher nicht?
Wenn nicht - WARUM nicht?
Macht das nicht jeder - irgendwann mal?
Die Phase hat doch sicherlich irgendwann mal jeder, daß man halbwegs geeignetes Material
als Makiwara deklariert und drauf haut? Dazu mußte man nicht mal Yokoyama lesen... ;-)

Aber wem es zu wenig ist, was im Kyohan steht: Immerhin gibt es eine
"Seiryoko Zenyo Kokumin Taiiku"-Übungsfolge, Moment - die nimmt ca 10 Seiten im "Kodokan Judo von Jigoro Kano" ein + 3 Seiten allgemeines über die Atemi.

Und Kawaishi widmet in "Ma Methode de Self-defense"
ca 100 Seiten den Atemi - das Buch ist zweigeteilt, die Atemi sind im zweiten Teil angeordnet insgesamt sind es knapp 400 Seiten
(und auch im ersten Teil taucht das Wort Atemi recht oft auf)
Leider fiel davon einiges in der englischen Ausgabe weg,
ich glaube mich zu erinnern, daß da sinngemäß etwas stand in der Richtung, daß die Engländer ja sehr gut im Boxen bewandert sind und deshalb es nicht nötig war, da alles
zu übersetzen...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von katana »

Und nun hätte ich doch gern (bspw. von Jupp) eine stichhaltige, nachvollziehbare Erklärung dafür, daß zumindest hier in Deutschland selbst hochgraduierte Danträger des Jûdô nicht effektiv schlagen und treten können.
Und das, obwohl Kanô und Yokoyama doch darauf hinweisen, daß und wie man selbiges zu üben habe ...
Der maßgebliche Unterschied besteht wohl darin,
daß für Kano alles, was im Judo praktiziert wurde, einen reell anwendbaren Sinn haben mußte.
Hat er irgendetwas entdeckt, daß im sinnvoll und damit anwendbar erschien, hat er es integriert.

Im heutigen Judo geht es nicht mehr um einen anwendbaren Sinn in reellen Situationen.
Der einzige Sinn des heutigen Judo (nach IJF etc.) ist der Wettkampf,
nach einem willkürlich festgelegten Reglement.

wie Kano so schön sagte,
...was Judo vor allen anderen Arten körperlicher Ertüchtigung auszeichnet, liegt im Erwerb "nützlicher Fähigkeiten".
Er bezeichnete dies, als das "oberste Ziel der Erziehung "!!!
Und definierte es als die Fähigkeit, sich selbst und seine Familie gegebenenfalls verteidigen zu können.

Sportliche Betätigungen oder gymnastische Übungen, die nur einseitige Fähigkeiten ausbilden
(in diesem Zusammenhang kritisierte er auch den Wettkampf als Priorität) oder nicht in
reellen Situationen anwendbar sind, betrachtete er als wertlos. (Im Sinne des Judo)
Genauer ..."a meaningless form of exercise and not of practical use "
tom herold
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von tom herold »

Lieber Katana,
bitte bestätige, daß du keiner meiner Schüler bist und auch nicht von mir gesandt oder bezahlt wurdest, hier ketzerische Standpunkte zu vertreten, welche die unseren sind ... ;)

Nee, im Ernst - es freut mich, daß auch andere sich Fragen stellen und mit den "üblichen" Antworten nicht mehr zufrieden sind.
Vielleicht bringt's das Jûdô ja voran ...
Wäre gut, denke ich.
Reaktivator
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von Reaktivator »

tom herold hat geschrieben:(...) es freut mich, daß auch andere sich Fragen stellen und mit den "üblichen" Antworten nicht mehr zufrieden sind.
Vielleicht bringt's das Jûdô ja voran ...
Jede Frage bringt das Judo voran - sofern sie nur gestellt wird... ;-)
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Re: Judolehre von Jigoro Kano V.S Heutige Judoweltebene-Lehre

Beitrag von Lin Chung »

Und Kawaishi widmet in "Ma Methode de Self-defense"
ca 100 Seiten den Atemi - das Buch ist zweigeteilt, die Atemi sind im zweiten Teil angeordnet insgesamt sind es knapp 400 Seiten
....na endlich, da ist es.
Danke Tutor
Grüße
Norbert Bosse
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