Würgen

Hier geht es um Techniken, deren Ausführung und Beschreibung
sakura
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Würgen

Beitrag von sakura »

Liebe Judokas,

ich habe mir in der letzten Zeit mal verstärkt Gedanken zum Thema Würgetechniken und deren Auswirkungen bei Uke gemacht. Angenommen ich führe die Technik Koshi-jime gegen die Bank mit 100 prozentigen Erfolg bei Uke durch (Uke hat mit ein echtes Würgegefühl bestätigt). So kann es sein, dass die gleiche Technik in der Ausführung bei einem anderen Uke zu allem führt (Nackenschmerz, über den Kehlkopf) nur nicht zum echten Würgegefühl selbst. Was ich damit sagen möchte, ich glaube, dass das Empfinden von Uke (Würgegefühl ja oder nein) auch viel von seiner Anatomie abhängt (zb. größerer Kehlkopf). Besondere Herausforderung bei meiner Überlegung ist sicherlich die Technik Ushiro-jime. Was habt Ihr für Erfahrungen gemacht, bzw. was ist Eure Meinung !!!

Lieben Gruß
tutor!
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Re: Würgen

Beitrag von tutor! »

Nun ja - jeder Hals ist anders, und deshalb muss auch jeder Hals anders gewürgt werden, damit richtig gewürgt wird.
Was Du beschreibst hört sich mehr danach an, dass Du jedem den Hals abschnürst, wobei es bei dem einen (zufällig?) würgt, beim anderen eben nicht, sondern nur weh tut. Jetzt bitte nicht böse sein: aber das hört sich einfach nur nach schlechter Würgetechnik an. :cry:
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Re: Würgen

Beitrag von sakura »

tutor! hat geschrieben:Nun ja - jeder Hals ist anders, und deshalb muss auch jeder Hals anders gewürgt werden, damit richtig gewürgt wird.
Was Du beschreibst hört sich mehr danach an, dass Du jedem den Hals abschnürst, wobei es bei dem einen (zufällig?) würgt, beim anderen eben nicht, sondern nur weh tut. Jetzt bitte nicht böse sein: aber das hört sich einfach nur nach schlechter Würgetechnik an. :cry:
Ich danke Dir erst mal für Deine Meinung!!

Ich würde schon behaupten, dass ich weiss, worauf ich bei der Ausführung einer Würgetechnik zu achten habe (habe deine Aussage nicht böse aufgefasst :) . Bin mir aber trotzdem sicher, dass es "Menschen" gibt, die einfach aufgrund ihrer Anatomie schlechter zu würgen sind. Auf einem Dan-Vorbereitungs-Lehrgang war z.B. so ein Judoka. Er konnte von mehreren nicht bzw. wenn überhaupt nur schlecht gewürgt werden.
sakura
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Re: Würgen

Beitrag von sakura »

Diese "Problematik" findet man auch beim Hebeln "!!! Es gibt Kämpfer, die Gummiearme haben oder einfach sehr beweglich sind!!
Zuletzt geändert von Fritz am 16.02.2009, 13:51, insgesamt 2-mal geändert.
Grund: Vollzitat des Vorgängerbeitrags entfernt.
Björn

Re: Würgen

Beitrag von Björn »

Hmmm....Würgen ist so eine Sache!
Bei sich im Heim-Verein sollte sicherlich drauf geachtet werden, dass Winkel und Kraft stimmen, um dem Partner nicht den Kehlkopf zu zerdrücken oder ihn sonst wie zu verletzen....

...aber im Bereich des Wettkampfes ist es doch zumeist das Anliegen des Würgenden, möglichst schnell den Gegner (Unterscheide Partner - Gegner!!!) zur Aufgabe zu zwingen! Wenn ich in einen Würger komme, mach ich den, so schnell es geht, so stark wie möglich zu! Judo ist halt kein Auquajogging.... wenns weh tut wird abgeschlagen....!

Daraus resultierende Verletzungen oder ohnmächtig wegklappende Kämpfer könnte man sicherlich durch Umschulung der Kampfrichter verhindern.... wenn man endlich mal wieder ein bisschen mehr Zeit im Bodenkampf bekommen würde, wärs nicht so dringend gleich zuzuziehen!

greetz
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Re: Würgen

Beitrag von shila »

ich bin der Meinung, dass die meisten Wettkämpfer das Prinzip des Würgens nicht verstanden haben und das Würgen nur "so nebenbei" (also neben dem Wettkampftraining) kurz gezeigt bekommen und das dann falsch nachmachen. Das halt nicht viel Wert auf die Technik selbst - sondern vielmehr Wert auf den schnellen Sieg gelegt wird.

Ich meine, auch im Wettkampf ist der, der uns da gegenübersteht im Prinzip unser Uke. Und egal, ob es jetzt ein Randori beim Training oder ein Wettkampf auf einem Turnier ist, sollte jeder pflegsam mit dem Gegenüber umgehen.
Immerhin wäre es uns ohne den Gegenüber nicht möglich, Judo zu betreiben. Von daher zeugen solche Aussagen wie
"Im Wettkampf zieh ich so schnell und so feste wie möglich zu - wenns weh tut kann er ja abschlagen" von einer gewissen Unreife bezüglich unseres Judo-Sportes.

Wir sind in jeder Hinsicht und zu jeder Zeit, in der wir Judo machen, für unseren Partner oder auch Gegner (wie auch immer ihr wollt) verantwortlich. Er vertraut uns, dass wir die Techniken einigermaßen gut beherrschen und dass er anschließend noch gehend die Matte verlassen kann... Auch wenn es ein Wettkampf ist, wo es ums Gewinnen geht, so kann man meiner Meinung nach "in aller Ruhe" und ohne Hektik an den Würger rangehen, wenn der andere beispielsweise unten liegt, kann ich mich erst mal schwer machen, ihn belasten, dann läuft er vorerst nicht mehr weg, dann hab ich Zeit mir den Würger korrekt zu erarbeiten, wenn der Kampfrichter sieht, dass ich arbeite, wird er den Kampf nicht unterbrechen... Natürlich kann es passieren, dass die Techniken im Randori oder im Wettkampf unsauber ausgeführt werden, das bestreite ich gar nicht. Jedoch sollten diese Ausführungen nicht dein Ziel sein. Nach Kano sollst du bestrebt sein, das gegenseitige Wohlergehen zu fördern und zu unterstützen und dich stets zu verbessern und weiterzubilden.

Ich kann deine Auffassung zum Thema Würgen also beim besten Willen nicht teilen, lieber Björn.
Oder wie verstehst du den "sanften Weg" ???
Hast du schon mal was vom Prinzip der Effektiven Nutzung der Energie / der maximalen Effektivität gehört???

Was sagen die anderen dazu???
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Re: Würgen

Beitrag von Jobi »

Hallo Shila,
Dein und der Beitrag von Björn zeigen mir, wie auf der einen (Deiner) Seite Judo als Do verstanden wird, auf der anderen Seite als Wettkampfsport mit dem einzigen Ziel des Sieges.
Ich trete ja nicht (mehr, früher Freistil-Ringen) in Wettkämpfen an, aber beim (Boden-) Randori verfahren wir generell so, wie Du es beschreibst, und zwar mit allem. Es hilft zum einen, die Techniken auch gegen Wiederstand sauber anzuwenden und zum anderen eröffnen sich oft auch neue Möglichkeiten z.B. zu Technikverkettungen und Gegentechniken (Flexibilität = Ju).
Wenn ich aber alles nur rein auf das Ziel "gewinnen" ausrichte, bleiben Lerneffekte und Einsichten (=Do) aus, was ist vom Ju und Do dann noch übrig?

MfG
Jobi
Mit freundlichen Grüßen
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Re: Würgen

Beitrag von Lin Chung »

wie auf der einen (Deiner) Seite Judo als Do verstanden wird, auf der anderen Seite als Wettkampfsport mit dem einzigen Ziel des Sieges
...sehe ich nicht so. Im Wettkampfsport will man natürlich gewinnen und versucht dies mit aller Kraft, wobei man gewisse Regeln einzuhalten hat. Also aufhören, wenn der Gegner abklopft oder wegsackt oder der Kampfrichter abbricht.

Das hat mit dem DO überhaupt nichts zu tun, solange wir Judo als Sport betrachten.
Erst, wenn wir das Judo als Kampfkunst sehen und leben, dann können wir vom DO reden.
Denn hinter dem DO steckt viel mehr als die meisten ahnen.

Mal wieder meinen Senf dazu. ;)
Grüße
Norbert Bosse
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Re: Würgen

Beitrag von Jobi »

Lin Chung hat geschrieben:...sehe ich nicht so. Im Wettkampfsport will man natürlich gewinnen und versucht dies mit aller Kraft, wobei man gewisse Regeln einzuhalten hat. Also aufhören, wenn der Gegner abklopft oder wegsackt oder der Kampfrichter abbricht.

Das hat mit dem DO überhaupt nichts zu tun, solange wir Judo als Sport betrachten.
Erst, wenn wir das Judo als Kampfkunst sehen und leben, dann können wir vom DO reden.
Denn hinter dem DO steckt viel mehr als die meisten ahnen.

Mal wieder meinen Senf dazu. ;)
Hallo Lin Chung,
aber ich rede doch von Kampfkultur! Das, was ich meine, hat damit was zu tun, das kämpfen lernen ein Prozeß ist (Do), ich bin der Meinung, das man richtiges Kämpfen erst als Fortgeschrittener kann, das heißt eigentlich, daß man erst die Techniken lernen muß, bevor man am Randori und Shiai teilnimmt.
Das heißt nicht, daß wir die Techniken nicht ernsthaft ansetzen, im Gegenteil, gerade bei Blutwürgen klopfen wir (im Randori) oft nicht ab, dann wird`s eben mal kurz finster, das gehört halt dazu. Wir machen (im Erwachsenenbereich) halt aber auch überhaupt kein wettkampforientiertes Training.
Naja, wir kommen so langsam wieder vom eigentlichen Thema ab, deshalb lass ich`s jetzt dabei bewenden.

MfG
Jobi
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Re: Würgen

Beitrag von sakura »

Hallo Björn, Shila, Jobi, Li Chung,

vielen Dank für eure Beiträge zum dem Thema Würgen. Ich schließe mich ganz klar auch der Meinung an, dass man als erstes seinen Gegner nicht mit "roher Kraft" beim Würgen zur Aufgaben zwingen sollte (Wettkampf)

Mir ging es eher um die Ausführung einer Würgetechnik, die nicht unter Wettkampfbestimmungen durchgeführt wird. z.B zur Vorbereitung einer Prüfung beim Üben.

Wir ihr vielleicht in meinem Erstbericht gelesen habt, behaupte ich eben, daß eine Technik z.B. Okuri-eri-jime bei einem Uke erfolgreich zum Schluss gebracht werden kann, während bei einem anderem Uke angeblich kein Würgegefühl aufkommt!! Ich behaupte, es liegt auch viel an der Anatomie des Halses und dem Empfinden von Uke. Ein Uke empfindet sicherlich gleich ein Würgegefühl, während bei einem anderen eher Schmerz oder Druck gefühlt wird. Deswegen kann ich mich mit der Aussage von Tutor nicht so anfreunden "jeder Hals muss anders gewürgt werden". Jede Würgetechnik hat in der Ausführung nun mal nur ihr eigenes Prinzip was den Einsatz der Hände oder Beinen betrifft und kann deswegen nicht je nach Beschaffenheit des Halses von Uke geändert werden!!!

Was habt ihr für Erfahrungen gemacht???? Schreibt mir mal eure Erfahrungen...

Gruß
tutor!
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Re: Würgen

Beitrag von tutor! »

sakura hat geschrieben:Ein Uke empfindet sicherlich gleich ein Würgegefühl, während bei einem anderen eher Schmerz oder Druck gefühlt wird. Deswegen kann ich mich mit der Aussage von Tutor nicht so anfreunden "jeder Hals muss anders gewürgt werden".
Ich bin weit davon entfernt perfekt würgen zu können, aber ich war einmal Zeuge davon, was möglich ist.

Ein Referent hat auf einem Lehrgang fünf Partner genommen und mit Gyaku-juji-jime gewürgt. Er hat den Leuten jeweils ausdrücklich gesagt, sie sollten abschlagen, wenn eine Würgewirkung spürbar ist. Der Referent hat die Technik in aller Ruhe erklärt, nicht plötzlich gewürgt o.ä.

Die ersten vier wurden bewusstlos, bevor sie überhaupt gemerkt hatten, was los war. Mitten in der Erklärung einfach eingeschlafen. Der fünfte hat zur Überraschung tatsächlich abgeschlagen, aber auf Nachfrage erklärt, er hätte noch nichts gemerkt, nur hätte dieser Referent dasselbe mit ihm schon im Jahr zuvor gemacht, so dass er vorsichtshalber abgeschlagen hat, weil er wusste, dass er es nicht merken würde....

Glaub es oder glaub es es nicht. Jeder Hals ist anders und ich habe lang und oft versucht, es ähnlich zu machen. Mitunter gelingt es mir, oft aber auch nicht - aber eines weiß ich ganz genau: wenn es nicht ganz leicht wirkt, muss ich die Technik ändern. Dieser eine Würgespezialist konnte es.

Es war kein geringerer als "Opa" Schutte.
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Re: Würgen

Beitrag von Jobi »

Tutor!`s Erfahrungen decken sich mit meinen, allerdings gibt es auch (wenige!) Leute, wo Würgen so gut wie wirkungslos sind (zB. mein Meister), obwohl man die Techniken eigentlich richtig ansetzt.

MfG
Jobi
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Re: Würgen

Beitrag von shila »

Also meiner Meinung nach ist dieser Referent nicht klar bei Verstand. Es kann meiner Meinung nach nicht sein, dass jemand mit einer solchen Verantwortung reihenweise Partner in die Ohnmacht würgt.
Er sollte als Referent die Würgetechniken beherrschen, und wissen, dass eine erfolgreiche Technik nicht auf die Ohnmacht des Partners hinausläuft...
Ein aufmerksamer und konzentrierter Tori achtet auf das, was sein Uke macht. Dazu muss ich die Technik gerade zum Demonstrieren langsam und kontrolliert machen. Erstens, damit es alle sehen und verstehen können und zum anderen, weil die Aufmerksamkeit durch das Erklären der Technik nicht 100%ig bei der Technik liegt.
Wenn ich merke, dass mein Partner zuckt, kann ich mich demnach anpassen, ich weiß, dass der Würger jetzt jeden Moment kommen kann.

Ein solcher Referent, gehört meiner Meinung nach nicht auf die Matte, weil er letztendlich lehrt, dass es okay ist, wenn die Ukes bei den Würgetechniken reihenweise ohnmächtig umfallen... Und genau das ist es nicht.

Trotzdem liebe Grüße.
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Re: Würgen

Beitrag von Nick »

shila hat geschrieben:Er sollte als Referent die Würgetechniken beherrschen, und wissen, dass eine erfolgreiche Technik nicht auf die Ohnmacht des Partners hinausläuft...
Ähhhh..... Worauf denn sonst?
tutor!
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Re: Würgen

Beitrag von tutor! »

shila hat geschrieben:Also meiner Meinung nach ist dieser Referent nicht klar bei Verstand. Es kann meiner Meinung nach nicht sein, dass jemand mit einer solchen Verantwortung reihenweise Partner in die Ohnmacht würgt.
[...]
EIn solcher Referent, gehört meiner Meinung nach nicht auf die Matte, weil er letztendlich lehrt, dass es okay ist, wenn die Ukes bei den Würgetechniken reihenweise ohnmächtig umfallen...Und genau das ist es nicht.

Trotzdem liebe Grüße.
Liebe shila,

vielleicht urteilst Du nicht so schnell, sondern informierst Dich. Dieser Referent hat eben nicht brutal die Leute "weg-gewürgt", sondern sehr exakt erklärt, wie würgen funktioniert, welche Wirkung wie und warum zustande kommt. "Opa" war Mediziner "Zahnarzt" und wusste genau, was er tat. Glaube mir: ich bin der erste, der Dir zustimmt, wenn dies eine "Feld-Wald-und-Wiesen-Trainer" machen würde. "Opa" war aber eine absolute Koryphäe, sonst wäre er nicht 30 Jahre nach seinem Tod noch Legende.
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Re: Würgen

Beitrag von shila »

An sakura:

Natürlich hast du Recht damit, dass jeder Hals individuell ist. Das kann man schon gut an der unterschiedlich stark ausgeprägten Halsmuskulatur sehen. Für die folgende Erklärung nehme ich als Beispiel den Ushiro-jime. Aus der Demonstrationsposition.
Uke sitzt auf dem Hintern und hat die Beine nach vorne gestreckt. Seine Arme liegen auf seinen Beinen. Tori kniet auf dem linken Knie hinter Uke.
Dabei richtet Tori seinen Uke auf, indem er seine linke Seite (Hüfte) an Ukes Rücken drückt. Uke sitzt nun aufrecht. Das andere Bein Toris ist an der rechten Körperseite von Uke aufgestellt. (Kontakt ist wichtig)
--->>> Tori sollte darauf achten, dass sein Knie auf der selben Höhe wie Ukes Steißbein ist. (Der Oberschenkel verläuft entlang Ukes Wirbelsäule).

Nun legt Tori seine linke Hand auf die linke Schulter Ukes. Die Handfläche zeigt dabei nach oben.
Nun nimmt Tori seinen rechten Unterarm (Handfläche zeigt nach unten) und schiebt diesen in einem weiten Kreis um Ukes Kopf herum. Dabei ist zu beachten, dass Tori diese Bewegung möglichst groß macht, er versucht, um Ukes Kopf herum in sein eigenes Revers zu greifen... (ist schwer zu erklären).
Nun setzt Tori seine Daumen-/Handkante der rechten Hand knapp unter Ukes linkes Ohr. Die Handflächen Toris befinden sich nun übereinander. Tori schließt seine Hände. Mit der Daumen-/Handkante, welche jetzt unter unter Ukes linkem Ohr liegt, baut Tori einen leichten Druck auf Ukes Halsmuskel (wenn man den eigenen Kopf dreht, ist das der Muskel, der sich anspannt.)
Tori zieht jetzt seinen rechten Ellenbogen nach rechts, über sein aufgestelltes Bein. Dieses Bein drückt nun nach innen, gegen Ukes rechte Körperseite. Es entsteht mit dem Bein ein Gegendruck zur Armbewegung. (Ellenbogen Toris geht nach rechts)

Der Druck auf Ukes linken Halsmuskel muss dabei erhöht werden.
Gegebenenfalls kann Tori seinen Uke noch zusätzlich strecken, indem Tori seine linke Hüftseite nach vorne (gegen Ukes Rücken) schiebt.

Ich hoffe, ich konnte dir etwas helfen, ist ziemlich detailliert beschrieben aber halt schwer zu erklären. Du kennst das Problem sicherlich.
Ich werde versuchen, diese Technik per Video zu filmen und dann hier reinstellen. Allerdings bin ich zur Zeit ziemlich beschäftigt, weil ich mich auf meinen 1. Dan vorbereite. Hab bald Prüfung.


An tutor:

Das das Ganze so abgelaufen ist, hattest du vorher nicht gesagt. Es kam so rüber, als ob es - wie du schon sagtest - ein "Wald-und-Wiesen-Trainer" wäre.
Aber trotzdem sollte man auch bei einer Demonstration nicht bis zur Ohnmacht würgen. Klar man kann es einmal zeigen, damit man weiß, was passieren kann, aber muss man es denn gleich vier - oder fünfmal machen???

Liebe Grüße
shila

--

Diese Technik habe ich von einem 8.Dan Träger und ebenfalls von Shiro Yamamoto Sensei (auf einem Lehrgang) gelernt. Das spricht, denke ich für sich. (Die Graduierungen sind in der Realität, nicht wie hier im Forum nach den Beiträgen ------>>>> Wegen sakura)
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Re: Würgen

Beitrag von tutor! »

shila hat geschrieben:Das das Ganze so abgelaufen ist, hattest du vorher nicht gesagt. Es kam so rüber, als ob es - wie du schon sagtest - ein "Wald-und-Wiesen-Trainer" wäre.
Aber trotzdem sollte man auch bei einer Demonstration nicht bis zur Ohnmacht würgen. Klar man kann es einmal zeigen, damit man weiß, was passieren kann, aber muss man es denn gleich vier - oder fünfmal machen???
Du hast vollkommen recht, shila! Ich hatte nur die technische Seite beschreiben wollen, aber man sieht ja, dass die ganze Situation - mit Recht - falsch interpretiert werden kann. Also beschreibe ich am "Morgen danach" das gesamte Szenario.

"Opa" Schutte war zu dieser Zeit wohl _der_ Bodenspezialist in Europa. Ich habe nie wieder jemanden getroffen, der über die Wirkmechanismen von Bodentechniken derart viel zu vermitteln wusste.

Das Thema war grob umrissen "wie funktionieren Würgetechniken und wie reagiert der Körper darauf". Insbesondere ging es in diesem Teil um die Blutzufuhr zum Gehirn, die vorübergehend unterbrochen wird. Die erste Frage, die "Opa" stellte, war: "Wer möchte es einmal selbst erleben?", er fragte also nach Freiwilligen. Diese Freiwilligen sollten - das war seine Anweisung - bei Schmerz, Luftnot o.ä. sofort abschlagen. Er würde dann auch sofort aufhören, was er beim fünften auch tat. Es ging ja um die Wirkung auf die Blutzufuhr und um nichts anderes.

"Opa" hat genaustens erklärt, wie der die Technik (Gyaku-juji-jime aus der eigenen Rückenlage mit dem Partner zwischen den Beinen) ansetzt, hat die jeweiligen Probanden immer wieder angesprochen und gefragt, wie es ihnen geht, ob sie etwas merken würden usw. Irgendwann waren sie dann einfach "weggetreten". "Opa" holte sie dann ganz sanft zurück und fragte sie nach deren Wahrnehmung, ihren Eindrücken von der Situation.

Auf diese Art und Weise konnte jeder lernen, wie Würgen funktioniert - vor allem, dass es immer funktioniert, wenn der Ansatz nur richtig ist - wie es sich "anfühlt", wenn man selbst gewürgt wird, und wie man den Partner zurückholen kann, wenn es dann doch einmal aus Versehen passiert ist.

Beim Üben und Probieren - auf dem Lehrgang und auch später - war meine tragende Erfahrung, dass die Technik grundsätzlich bei jedem "sauber" funktioniert, dass jedoch der Ansatz immer ein wenig variiert werden muss. Daher meine Aussage "jeder Hals muss anders gewürgt werden". Wer eine Würgetechnik stets gleich ansetzt und dabei feststellt, dass die Wirkungsweise immer unterschiedlich ist, macht schlicht eine suboptimale Technik.

Nicht der Ansatz der Technik ist gleich und die Wirkung je nach Anatomie unterschiedlich, sondern der Ansatz muss der Anatomie angepasst werden, damit die Wirkung stets dieselbe ist. Das ist der Unterschied zwischen einem funktionalen (= an der Funktion einer Bewegung ausgerichtetem) Technikverständnis und einem formalen (= an der äußeren Form orientierten). Die "Form folgt der Funktion" und nicht umgekehrt.

Diese Erkenntnis ist aber nur der erste Schritt - danach kommt das Lernen und Üben. Ich selbst bin meilenweit davon entfernt, das zu können, was "Opa" damals gezeigt hat - aber seine Lektion hab ich gelernt. "Opa" ist übrigens 1978 im Alter von 77 Jahren gestorben. Besagter Lehrgang fand im Sommer 1977 in Papandal/NL statt. Dass die Erinnerung immer noch so wach ist, mag als Indiz dafür gelten, dass dort etwas ganz besonderes passiert ist. Es gibt nicht viele Trainingseinheiten, die man nach fast 32 Jahren noch so klar vor Augen hat.
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Re: Würgen

Beitrag von sakura »

Hallo Tutor,

ich danke Dir für Deinen ausführlichen Kommentar und Deinen gemachten Erfahrungen !!! Möchte diese auch auf keinem Falle anzweifeln !! :) Mit Opa Schutte hast du natürlich einen echten Bodenspezialisten als Lehrmeister gehabt. Vielleicht habe ich dies Aussage "jeder Hals ist anders und muß anders gewürgt werden" im ersten Moment falsch verstanden.

Aber mir hat die hier entstandene Diskussion doch gezeigt, das die Thematik "Würgen" eine der anspruchsvollsten Arten der Bodentechniken ist die es im Judo gibt. Jeder hat anscheinend ganz unterschiedliche Erfahrungen mit Würgen gemacht!!!

Ich beobachte es selbst immer wieder auf Dan-Vorbereitungslehrgängen oder in Trainingseinheiten, dass zu dem Thema "Würgen" immer wieder Defiziete vorhanden sind und bestehen.
Lin Chung
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Re: Würgen

Beitrag von Lin Chung »

Er sollte als Referent die Würgetechniken beherrschen, und wissen, dass eine erfolgreiche Technik nicht auf die Ohnmacht des Partners hinausläuft...
Hallo Shila
...ich bin entsetzt, wie du über Opas Schutte urteilst.
Der Mann war in Europa, wie es Tutor schon schrieb, der beste Bodenspezialist.
Außerdem, was nützen dir Würgetechniken, wenn du nicht weißt, wie man richtig würgt.
Schon sind wir wieder bei einem P R I N Z I P im Judo.
Wenn mir jemand vorher sagt, dass es zur Ohnmacht kommen kann und ich abschlagen soll, wenn mir die Luft wegbleibt, dann bin ich vorgewarnt. In dem Sinne hat Opa Schutte alles richtig gemacht.
Diese Technik habe ich von einem 8.Dan Träger und ebenfalls von Shiro Yamamoto Sensei (auf einem Lehrgang)gelernt.
...hast du das auch richtig verstanden? Wenn ja, würdest du damit keine Probleme haben.
Grüße
Norbert Bosse
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Re: Würgen

Beitrag von tutor! »

Lin Chung hat geschrieben: Hallo Shila
...ich bin entsetzt, wie du über Opas Schutte urteilst.
Hi Lin Chung, schau bitte kurz in shilas Profil - und "Opa" lebt seit 31 Jahren nicht mehr. Ich muss mich entschuldigen, dass ich geglaubt habe, dass es ausreichend ist "Opas" Name zu erwähnen, um solchen Missverständnissen vorzubeugen, aber es war ein guter Anlass, mal etwas über diesen Mann zu schreiben und ihn in Erinnerung zu rufen.

@shila: er wurde übrigens tatsächlich von allen Judoka nur mit "Opa" angesprochen, kein Vorname, kein Herr Schutte o.ä. Konsequent hieß seine Frau auch nur bei allen "Oma".
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