Hallo zusammen,
ich stoße mich schon lange an dem Kriterium "Kraft" für die Wurfbewertung und möchte das gerne zur Diskussion stellen.
In Artikel 20 a) heißt es, um einen Ippon zu erreichen:
"Wenn ein Wettkämpfer den anderen Wettkämpfer mit Kontrolle, zum großen Teil auf den Rücken, mit Kraft und Schnelligkeit wirft"
Ich meine, Schnelligkeit schließt notwendigerweise Kraft mit ein, so dass Kraft kein eigener Faktor sein darf. Kraft ist definiert als Masse mal Beschleunigung (F=m*a). Wenn also Ukes Masse schnell geworfen wird, muss sie vorher entsprechend beschleunigt worden sein, d. h. es war Kraft nötig. Nun könnte man erwidern, es gehe nur um Toris Kraftinvestition bei der Wurfausführung. Aber das Argument kann ich auch nicht gelten lassen, weil das bedeuten würde, ein Wurf, bei dem Tori Ukes Kraft ausnutzt, um ihn schnell auf den Rücken zu werfen, wäre ein schlechterer Wurf als ein Wurf, bei dem Tori unter großer Kraftanstrengung Uke schnell auf den Rücken wirft. Aber im Judo geht es doch darum, dass man mit möglichst wenig eigener Kraft eine möglichst große Wirkung erzielt.
Als ich vor diesem Beitrag die Suchfunktion zum Thema benutzt habe, bin ich auf die Kriterien für Ippon in Tom Herolds Verband gestoßen, die mir viel einleuchtender erscheinen, weil da gar nicht mehr von Kraft die Rede ist, sondern nur von Kontrolle, Dynamik und auf den Rücken bzw. auf die Seite.
Kraft als Kriterium für Ippon
- Taidoka
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Kraft als Kriterium für Ippon
Sportliche Grüße
Re: Kraft als Kriterium für Ippon
Im englischen Original heißt es übrigens:
The Referee shall announce Ippon when in his opinion the applied technique corresponds to the following criteria:
a) When a contestant with control throws the other contestant largely on his back with considerable force and speed.
Da sitzen eben keine Physiker, insofern hast Du recht: es gibt keine Schnelligkeit ohne Kraft. Es muss - und damit hast Du auch recht - nur nicht notwendigerweise die Kraft von Tori sein - entscheidend ist die Gesamtkraft, die auf Uke in Wurfrichtung wirkt. Sie beschleunigt Ukes Körpermasse und das Ergebnis ist eine der Gesamtkraft entsprechende Bewegungsgeschwindigkeit. Insofern ist der Begriff "Kraft" an der Stelle zwar (fast) überflüssig, aber dennoch nicht falsch.
Ein wenig Kraft - wenn auch nur ganz wenig - ist nämlich dennoch nötig: Tori muss nämlich schon aktiv etwas tun, damit er eine Wertung bekommt. Wirft sich Uke z.B. selbst, weil er vielleicht sein Bein bei einem Uchi-mata daneben schwingt und sich ohne Zutun des Gegners überschlägt, gibt es keine Wertung. Tori muss hier schon mit einer "gewissen" Kraft seinen Beitrag leisten, damit aus einer (un-)freiwilligen, aber dennoch selbstständigen Fallübung ein zu bewertender Wurf wird. Aus technischer Sicht ist es umso höher zu beurteilen, je weniger Kraft Tori aufwenden musste - auch das ist vollkommen korrekt.
Nun aber aus aus der Formulierung in den WK-Regeln ein "je-mehr-Kraft-desto-besser" zu schließen, ist eine klare Fehlinterpretation, denn da steht eindeutig "considerable". Dieses Wörtchen fehlt - leider - in der deutschen Übersetzung (übrigens auch in der - ebenfalls offiziellen - französischen, während es im spanischen wieder enthalten ist.)
The Referee shall announce Ippon when in his opinion the applied technique corresponds to the following criteria:
a) When a contestant with control throws the other contestant largely on his back with considerable force and speed.
Da sitzen eben keine Physiker, insofern hast Du recht: es gibt keine Schnelligkeit ohne Kraft. Es muss - und damit hast Du auch recht - nur nicht notwendigerweise die Kraft von Tori sein - entscheidend ist die Gesamtkraft, die auf Uke in Wurfrichtung wirkt. Sie beschleunigt Ukes Körpermasse und das Ergebnis ist eine der Gesamtkraft entsprechende Bewegungsgeschwindigkeit. Insofern ist der Begriff "Kraft" an der Stelle zwar (fast) überflüssig, aber dennoch nicht falsch.
Ein wenig Kraft - wenn auch nur ganz wenig - ist nämlich dennoch nötig: Tori muss nämlich schon aktiv etwas tun, damit er eine Wertung bekommt. Wirft sich Uke z.B. selbst, weil er vielleicht sein Bein bei einem Uchi-mata daneben schwingt und sich ohne Zutun des Gegners überschlägt, gibt es keine Wertung. Tori muss hier schon mit einer "gewissen" Kraft seinen Beitrag leisten, damit aus einer (un-)freiwilligen, aber dennoch selbstständigen Fallübung ein zu bewertender Wurf wird. Aus technischer Sicht ist es umso höher zu beurteilen, je weniger Kraft Tori aufwenden musste - auch das ist vollkommen korrekt.
Nun aber aus aus der Formulierung in den WK-Regeln ein "je-mehr-Kraft-desto-besser" zu schließen, ist eine klare Fehlinterpretation, denn da steht eindeutig "considerable". Dieses Wörtchen fehlt - leider - in der deutschen Übersetzung (übrigens auch in der - ebenfalls offiziellen - französischen, während es im spanischen wieder enthalten ist.)
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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-
- 3. Dan Träger
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- Registriert: 01.02.2007, 18:07
Re: Kraft als Kriterium für Ippon
Um das noch zu unterstützen, was "tutor!" gerade eben geschrieben hat:
In den japanischen Wettkampfregeln des Kōdōkan (an denen sich die IJF ja bei Abfassung der internationalen Regeln orientiert hatte), kommt das Wort "Kraft" überhaupt nicht vor.
Dort ist in §37 Abs. 1 wörtlich von "ikioi oder hazumi" die Rede.
ikioi heißt "Macht", "Energie" - und auch "Entschlossenheit"
hazumi heißt "Schwung"
Wobei im Japanischen übrigens auch dabei steht "beträchtlich" (sōtō no).
In den japanischen Wettkampfregeln des Kōdōkan (an denen sich die IJF ja bei Abfassung der internationalen Regeln orientiert hatte), kommt das Wort "Kraft" überhaupt nicht vor.
Dort ist in §37 Abs. 1 wörtlich von "ikioi oder hazumi" die Rede.
ikioi heißt "Macht", "Energie" - und auch "Entschlossenheit"
hazumi heißt "Schwung"
Wobei im Japanischen übrigens auch dabei steht "beträchtlich" (sōtō no).
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- Taidoka
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Re: Kraft als Kriterium für Ippon
für eure Antworten.
Mir erscheint es jedoch so, dass der Begriff "Kraft" auch nicht nötig ist, um das Zutun Toris bei einem Wurf zu beschreiben, weil das Kriterium "Kontrolle", das für jede Wertung notwendig ist, dieses Zutun Toris bereits umfasst.
Mir erscheint es jedoch so, dass der Begriff "Kraft" auch nicht nötig ist, um das Zutun Toris bei einem Wurf zu beschreiben, weil das Kriterium "Kontrolle", das für jede Wertung notwendig ist, dieses Zutun Toris bereits umfasst.
Sportliche Grüße
Re: Kraft als Kriterium für Ippon
Ich denke auch, dass diese Formulierung durch die mehrfache Übersetzung ungenau geworden ist. Ohne Interpretation sind einige Regeln nicht eindeutig.
Es ist bei IJF gerade damit begonnen worden das Regelwerk komplett zu überarbeiten. Es sollen die Änderungen der letzten Jahre eingebaut werden und viele Formulierungen präzisiert werden.
Dabei auch die Definitionen für die Wertungen, noch deutlicher als das Beispiel mit der "Kraft" ist ja z.B. dass nirgends steht, dass für eine Landung auf der Seite Yuko gegeben wird.
Die Überarbeitung wird allerdings vermutlich noch eine Weile dauern, weil eben sehr viele da mit reden. Vielleicht kann man im Laufe von 2010 mit einem neuen Regelwerk rechnen.
Es ist bei IJF gerade damit begonnen worden das Regelwerk komplett zu überarbeiten. Es sollen die Änderungen der letzten Jahre eingebaut werden und viele Formulierungen präzisiert werden.
Dabei auch die Definitionen für die Wertungen, noch deutlicher als das Beispiel mit der "Kraft" ist ja z.B. dass nirgends steht, dass für eine Landung auf der Seite Yuko gegeben wird.
Die Überarbeitung wird allerdings vermutlich noch eine Weile dauern, weil eben sehr viele da mit reden. Vielleicht kann man im Laufe von 2010 mit einem neuen Regelwerk rechnen.