Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

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Syniad
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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von Syniad »

Hallo!

Hat gerade jemand eine bombastische Empfehlung? Ich brauche etwas zum "Neben-dem-Philosophie-Hausarbeits-Kram" lesen. Mein letztes Buch war "The Hollow Chocolate Bunnies of the Apocalypse" von Robert Rankin. Aber das war selbst mir etwas zu schräg und außerdem stellenweise so krampfhaft auf lustig gemacht (Aus demselben Grund war ich mit Matt Ruffs "Fool on the Hill" nicht glücklich). Allerdings ist das erste Kapitel von den "Hollow Chocolate Bunnies" wirklich ganz groß, vor allem, wenn man den "Everyman" kennt (aber auch sonst. Ein Knaller. Lest das erste Kapitel mal im Buchladen, unbedingt zu empfehlen).
Außerdem hatte ich gerade "The Big Over Easy" (vom wegen seiner "Thursday Next"-Reihe von mir verehrten Jasper Fforde) gelesen; da wurde ebenfalls Humpty Dumpty ermordet, und zweimal nacheinander ermüdet es doch. Die NCD-Bücher von Fforde sind mir aber auch etwas zu abgehoben.
Hm, sollte von Euch gerade nichts Ansprechendes kommen, lese ich vielleicht doch endlich mal "Vanity Fair" zu Ende...

Viele Grüße,
Sonja
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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von Lin Chung »

Mind over Muscle von Kano, falls du es nicht schon gelesen hast. :D
Grüße
Norbert Bosse
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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von Syniad »

Sogar zu Teilen abgeschrieben ;) .
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Patrick
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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von Patrick »

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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von Syniad »

Du meinst, das könnte mir gefallen? Hm, wird ausprobiert. Erwarte meinen ausführlichen Bericht demnächst...
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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von Patrick »

Syniad hat geschrieben:Erwarte meinen ausführlichen Bericht demnächst...
Und? ;)

Tannöd von Andrea Maria Schenkel

Bayern, kurz nach dem zweiten Weltkrieg. Auf einem Einödhof werden alle Bewohner erschlagen aufgefunden.
Der Leser erlebt das Geschehen aus verschiedenen Blickwinkeln mit.
Auch die Dorfbewohner äußern sich in Form von Interviews.

Kein Krimi im üblichen Sinne.
Besonders gut hat mir gefallen, dass die regionale Sprache (keine Sorge, nicht als Dialekt geschrieben...) hervorragend eingefangen wurde.

Sehr lesenswert.
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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von Syniad »

Ähm... tut mir leid. Ich habe erst einmal ungefähr fünfzehn andere Bücher gelesen. Irgendwie reizt mich diese Heftform so gar nicht. Ich muss wohl auch ein richtiges BUCH beim Lesen in Händen halten. Man ist ja auch ein taktil veranlagtes Wesen ;) .
Ich mache mich demnächst wieder daran und empfehle bis dahin mit Begeisterung "The Thirteenth Tale" von Diane Setterfield. Eine junge, etwas weltabgewandte Biographin wird von der berühmten Autorin Vida Winter gebeten, ihre Biographie zu schreiben. Die Vergangenheit der Autorin liegt in einem Nebel von zuvor erzählten Lügen, entfernten Verwandtschaftsbeziehungen und lange verschütteten Geheimnissen verborgen. Ich hätte nicht gedacht, dass heute noch jemand so beeindruckend durchdachte Handlungen und Charaktere erfinden kann. Das Buch erinnert denn auch nicht von ungefähr an "Jane Eyre", deren Geschichte sich unauffällig bis explizit durch die Handlung webt. Großartig!
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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von judomama »

Hallo, wie wär`s denn mal mit Mittelalterromane. Besonders empfehlen kann ich einige Bücher von Rebecca Gable. Sie vermischt in ihren Romanen, die in England spielen, fiktive und reale (die es im Mittelalter wirklich gegeben hat) Persönlichkeiten. Die (realen) Begebenheiten sind, meiner Meinung nach, sehr gut recherchiert. Zumindest hat man als Laie das Gefühl, dass sich das so abgespielt haben könnte.

Folgende Romane von ihr kann ich empfehlen:

"Das zweite Königreich":

Kurzbeschreibung
England 1064: Ein Piratenüberfall setzt der unbeschwerten Kindheit des jungen Cædmon of Helmsby ein jähes Ende – ein Pfeil verletzt ihn so schwer, dass er zum Krüppel wird. Sein Vater schiebt ihn ab und schickt ihn in die normannische Heimat seiner Mutter. Zwei Jahre später kehrt Cædmon mit Herzog William und dessen Eroberungsheer zurück. Nach der Schlacht von Hastings und Williams Krönung gerät Cædmon in eine Schlüsselposition, die er niemals wollte: Er wird zum Mittler zwischen Eroberern und Besiegten. In dieser Rolle schafft er sich erbitterte Feinde, doch er hat das Ohr des despotischen, oft grausamen Königs. Bis zu dem Tag, an dem William erfährt, wer die normannische Dame ist, die Cædmon liebt ...

"Der König der purpurnen Stadt":

Kurzbeschreibung
London im Jahr 1330: Der achtzehnjährige Jonah hat kein leichtes Leben als Lehrjunge im Haushalt seines trunksüchtigen Cousins, des Tuchhändlers Rupert Hillock. Einzig seine Großmutter Cecilia schenkt ihrem verwaisten Enkel ein wenig von der Zuneigung, die der verschlossene Junge braucht. Doch eine Begegnung mit dem jungen König Edward und Königin Philippa lenkt Jonahs Schicksal in neue Bahnen. Als jüngstes Mitglied ihrer Geschichte findet er Aufnahme in der elitären Londoner Tuchhändlergilde, und gemeinsam mit Königin Philippa revolutioniert er die englische Tuchproduktion. Aber je größer sein Erfolg, desto heimtückischer werden die Intrigen seiner Neider und Widersacher, allen voran seines Cousins Rupert, und Jonahs Schwäche für Frauen - vor allem für die Königin - macht ihn verwundbar. Als der Hundertjährige Krieg ausbricht, gelangt Jonah als Bankier der Krone dennoch zu Reichtum und politischem Einfluss. Doch der alte Adel betrachtet die neue Macht der Kaufleute mit Missgunst, und der ungestüme König Edward führt die Seinen nicht nur in finanzielle Wagnisse ...
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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von judomama »

Außerdem von Rebecca Gable noch empfehlenswert ist die "Triologie" der Waringhams.

Diese Bücher heißen:

"Das Lächeln der Fortuna": (1.Teil)

Kurzbeschreibung
England 1360: Nach dem Tod seines Vaters, des wegen Hochverrats angeklagten Earl of Waringham, zählt der zwölfjährige Robin zu den Besitzlosen und ist der Willkür der Obrigkeit ausgesetzt. Besonders Mortimer, der Sohn des neuen Earls, schikaniert Robin, wo er kann. Zwischen den Jungen erwächst eine tödliche Feindschaft. Aber Robin geht seinen Weg, der ihn schließlich zurück in die Welt von Hof, Adel und Ritterschaft führt. An der Seite des charismatischen Duke of Lancaster erlebt er Feldzüge, Aufstände und politische Triumphe - und begegnet Frauen, die ebenso schön wie gefährlich sind. Doch das Rad der Fortuna dreht sich unaufhörlich, und während ein junger, unfähiger König England ins Verderben zu reißen droht, steht Robin plötzlich wieder seinem alten Todfeind gegenüber ...

"Der Hüter der Rose" (2.Teil):
Kurzbeschreibung
England, 1413: Der dreizehnjährige John of Waringham leidet darunter, im Schatten seiner ruhmreichen erwachsenen Brüder zu stehen. Als er glaubt, sein Vater wolle ihn in eine kirchliche Laufbahn drängen, reißt er aus und macht sich allein auf den Weg nach Westminster, um in den Dienst des jungen Königs Harry zu treten. An dessen Seite erlebt er die Wiederbelebung des hundertjährigen Krieges und die legendäre Schlacht von Agincourt. Doch Johns Gefangennahme setzt dem fröhlichen Ritterdasein ein jähes Ende. Kardinal Beaufort, des Königs Onkel und trickreichster Diplomat, kann ihn schließlich freikaufen. Der mächtige Kardinal ist seit jeher Johns väterlicher Freund, und selbst als John mit dessen Tochter Juliana durchbrennt und somit unerlaubt eine Lancaster heiratet, überdauert diese Freundschaft. König Harrys plötzlicher Tod auf dem Höhepunkt seines Ruhms schafft jedoch ein gefährliches Machtvakuum, sodass niemand mehr sicher ist, der einen Tropfen Lancaster-Blut in den Adern hat. Und während auf den Schlachtfeldern Frankreichs eine Jungfrau auftaucht, die die englischen Besatzer aus dem Land jagen will, beginnt John zu begreifen, dass er nicht nur um das Leben des kleinen Thronfolgers Henry bangen muss, sondern auch um das seiner eigenen Kinder ...
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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von judomama »

und der 3. Teil der Waringham-Saga:

"Das Spiel der Könige":

Kurzbeschreibung
England 1455: Zwischen den beiden Adelshäusern Lancaster und York beginnen die legendären "Rosenkriege". Für Julian und Blanche of Waringham brechen schwere Zeiten an, denn mit dem Widerstand gegen das neue Regime riskieren sie nicht nur ihr Leben ...

Den 3. Teil habe ich allerdings noch nicht gelesen, da ich noch darauf warte, dass er als Taschenbuch erscheint.

Über Rebecca Gable:

Rebecca Gablé, Jahrgang 1964, studierte nach mehrjähriger Berufstätigkeit Anglistik und Germanistik mit Schwerpunkt Mediävistik in Düsseldorf. Sie wirkte an einem Projekt zur Erforschung anglonormannischer Manuskripte mit. Diese Forschungsergebnisse flossen in ihre weitere literarische Arbeit mit ein. Heute arbeitet sie als freie Autorin und Literaturübersetzerin. Ihr erster Roman Jagdfieber wurde 1996 für den Glauser-Krimipreis nominiert. Neben der Literatur gilt ihr Interesse der (mittelalterlichen) Geschichte, dem Theater und vor allem der Musik in fast jeder Erscheinungsform. Sie spielt Klavier, Gitarre und Cello und singt seit vielen Jahren in einer Rockband.
Zuletzt geändert von judomama am 22.06.2008, 22:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von judomama »

Ansonsten kann ich in der Sparte Mittelalter-Romane noch die Klassiker "Die Säulen der Erde" von Ken Follet und "Der Medicus" von Noah Gordon empfehlen.

"Die Säulen der Erde":

König Heinrich ist tot, und schon ist im England des 12. Jahrhunderts ein Kampf um seine Nachfolge entbrannt. Der Geistliche Francis, der seine Eltern auf grausame Weise durch marodierende Söldner verloren hat, bittet seinen Bruder Philip, inzwischen erfolgreicher Prior eines einstmals heruntergekommenen und der Sünde anheim gefallenen Klosters, um Hilfe, um eine Verschwörung gegen den inzwischen mit dem Segen der Kirche versehenen Thronfolger zu verhindern. Philip macht sich auf den Weg zum Erzbischof von Canterbury und Abt von Glastonbury, der die Macht hat, die Aufständischen aufzuhalten. Gemeinsam mit dem ebenso mittellosen wie begabten Baumeister Tom, der ebenfalls ein schweres Schicksal hinter sich hat, träumt er den Traum einer Himmel stürmenden Kathedrale, die den Wogen der aufgewühlten Zeit standzuhalten versteht und ein ewiges Zeugnis Gottes auf Erden sowie seiner Barmherzigkeit unter den Menschen ist: die „Säulen der Erde“, das größte Bauwerk des Abendlands.

"Der Medicus":

Rob Jeremy Cole ist gerade neun Jahre alt als er im Jahre 1021 von einem fahrenden Bader als Gehilfe angenommen wird. Dieser Croft ist nicht nur ein Genie, was den Verkauf seiner Elixiere und das Behandeln verschiedenster Leiden anbetrifft, sondern auch ein grosser Lebenskünstler. Der Bader lehrt Rob jedoch nicht nur die Grundlagen der Heilkunst sondern auch die Furcht vor der katholischen Kirche, da Bader in jenen Tagen häufig als Hexer auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden.

Eines Tages hörte Rob von der berühmten medizinischen Akademie in Isfahan und beschliesst nach Persien zu pilgern und Arzt zu werden Doch sine Reise dorthin dauert Jahre und schliesslich verbringt er lange Zeit als "jude" unter den islamischen Einwohnern Isfahans, bevor er als ausgebildeter Medicus wieder nach England zurückkehrt.
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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von judomama »

Die oben genannten Bücher gibt es übrigens auch als Hörbücher ;)

Wer sich für die Waringham-Saga interessiert, sollte aber (logischerweise) diese Bücher der Reihenfolge nach lesen, weil sich die Geschichte der Familie fortsetzt.

Ich wünsche viel Spaß beim Lesen! :D
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Patrick
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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von Patrick »

Bevor der Thread hier in Vergessenheit gerät:

Ghost von Robert Harris
Der ehemalige britische Premierminister Adam Lang arbeitet an seinen Memoiren.
Als sein Ghostwriter stirbt, wird schnell ein Ersatzmann gebraucht.
Dieser Ersatzmann stößt bei seinen Recherchen auf brisantes Material. Jede Antwort wirft neue Fragen auf.


Spannende Story, aber nicht unbedingt ein Thriller für höchste Ansprüche.
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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von Syniad »

Die Tage werden kürzer... nach dem Training (statt dem Training für die Verletzten ;) ) sollte man sich einkuscheln und LESEN!

Nachdem ich mit „Santa Esperanza“ nicht so ganz warm wurde (es gehört zu den wenigen Büchern, die ich angefangen habe und nicht schlecht fand, aber bei denen das „gewisse Etwas“ fehlt. Tut mir leid, lieber Patrick! Als Trost: Irgendwann kommt eine Phase, in der ich dann genau das Buch lesen will), möchte ich Euch nun ein anderes Buch vorstellen.
Ausnahmsweise stelle ich mal etwas vor, das nicht unter „Fiktion“ fällt!

Ich habe gerade Jung Changs Wild Swans gelesen. Dabei handelt es sich um die Biographie dreier Chinesinnen, der Großmutter und Mutter der Autorin und der Autorin selbst. Es wird außerordentlich viel historischer Hintergrund verarbeitet; die Großmutter zählte noch zu den letzten Frauen, deren Füße verkrüppelt wurden („Lotosfüße“; ich weigere mich, den Euphemismus „gebunden“ zu verwenden. Wer von diesem abscheulichen Vorgehen noch nicht gehört hat: http://de.wikipedia.org/wiki/Lotosf%C3%BC%C3%9Fe, und nicht auf nüchternen Magen lesen) und wird Konkubine eines Warlords, heiratet aber nach dessen Tod einen Arzt, gegen den Widerstand der neuen Familie, die sie als ehemalige Konkubine nicht akzeptiert (einer der Söhne des Arztes bringt sich aus Protest um). Jung Changs Mutter zeigt schon früh kämpferische Tendenzen, rebelliert gegen das Kuomintang-Regime und arbeitet danach für die Kommunisten. Sie heiratet dann einen ebenso vom Kommunismus begeisterten Mann, und sie gründen eine Familie.
Den größten Teil des Buches nimmt die Schilderung des täglichen Lebens der Familie im kommunistischen Mao-Regime ein, als Folter, Denunziation und Verhaftungen an der Tagesordnung sind und die Familie ihre Ideale verraten sieht.
Jung Chang gerät in die Mühlen des Mao-Regimes, sieht, wie Schüler ihre Lehrer foltern, wie Bücher verbrannt werden und wird selbst zur „Umerziehung“ aufs Land geschickt, was sie hasst.
Es ist ein eindrucksvolles Familienportrait mit ganz viel Hintergrundinformation über China zur Zeit Maos.
Mir kam mehrfach Orwell in den Sinn, den man mit diesem Hintergrund auch besser versteht.
Manches klingt in unseren Ohren wie Realsatire, etwa der Versuch einiger Kommunisten, in ihrer Stadt die Verkehrsregeln zu ändern (da es als unerhört angesehen wird, dass „Rot“ „Stillstehen“ bedeutet und man außerdem natürlich LINKSverkehr einführen müsse; als das Projekt wegen des Chaos auf den Straßen scheitert, wird dies von einer Kommunistin damit abgetan, dass ja schließlich im kapitalistischen England Linksverkehr herrsche und man sich davon abgrenzen müsse).

Ein äußerst empfehlenswertes Buch!
Zuletzt geändert von Syniad am 01.12.2008, 16:25, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von Patrick »

Syniad hat geschrieben:Nachdem ich mit „Santa Esperanza“ nicht so ganz warm wurde (es gehört zu den wenigen Büchern, die ich angefangen habe und nicht schlecht fand, aber bei denen das „gewisse Etwas“ fehlt. Tut mir leid, lieber Patrick! Als Trost: Irgendwann kommt eine Phase, in der ich dann genau das Buch lesen will), möchte ich Euch nun ein anderes Buch vorstellen.
Ausnahmsweise stelle ich mal etwas vor, das nicht unter „Fiktion“ fällt!
Kein Problem, Sonja - es geht hier schließlich um eine reine Frage des persönlichen Geschmackes.

Dann habe ich auch noch einen Tipp der eher außergewöhnlichen Art:

Eine kurze Geschichte von fast allem von Bill Bryson

Nie war Naturwissenschaft - He! Nicht aufhören zu lesen, nur weil hier das Wort Naturwissenschaft auftaucht! - also nochmal: nie war Naturwissenschaft spannender und verständlicher vorgestellt als bei Bill Bryson. Wie ist das Universum entstanden? Wie ist das Leben auf der Erde entstanden? Was ist mit den Dinosauriern geschehen? Warum gibt es den Menschen? All diese Fragen beantwortet Bryson spannend und äußerst kurzweilig - und vor allem ohne Fach-Chinesisch. Er geht dabei immer wieder auf die Personen ein, die als Forscher oder aus reinem Zufall an den entsprechenden Entdeckungen beteiligt waren.

"Köstlich-komisch und kompetent zugleich!" Focus
"Man liest und liest und will eigentlich nur wissen, worüber man auf der nächsten Seite staunen darf. Prädikat: fünf Sterne!" Geo

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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von Olaf »

Hat mich auch sehr gut unterhalten.

LG
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Immer wieder muß das Unmögliche versucht werden,
um das Mögliche zu erreichen

Derjenige, der sagt „Es geht nicht“, soll denjenigen nicht stören, der es gerade tut.

Jeder kann unter http://www.obernkirchenraptors.de mehr über uns erfahren.
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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von Syniad »

Als angehende Anglistin habe ich natürlich The Mother Tongue und Notes from a Small Island von ihm hier stehen. Wie oft ich The Mother Tongue schon gelesen habe, lässt sich nicht mehr überblicken.
Hm, ich könnt' mal wieder... :D
Jetzt zur Weihnachtszeit sollte dieser Thread unbedingt wiederbelebt werden!
Haben wir eigentlich keine Teeniemädels hier im Forum? Dieser hier ist wahrscheinlich der einzige Bücher thematisierende Faden im gesamten Internet, in dem niemand von Bella und Edward schwärmt *grins*.
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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von Ko-soto-gake »

Patrick hat geschrieben: Dann habe ich auch noch einen Tipp der eher außergewöhnlichen Art:
Eine kurze Geschichte von fast allem von Bill Bryson
Hey, ein guter Tipp zu einem guten Zeitpunkt - ich glaube, das bekommt mein Bruder zu Weihnachten. Danke!
Eine Gelegenheit, den Mund zu halten, sollte man nie vorübergehen lassen.
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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von Patrick »

Es wird mal wieder Zeit für eine Buchvorstellung.

The white Tiger (deutscher Titel überraschenderweise "Der weiße Tiger" ;) ) von Aravind Adiga
Nacht für Nacht sitzt Balram, der "weiße Tiger" an einem Brief an den chinesischen Premierminister, der in Kürze Balrams Heimatland Indien besuchen wird. Nacht für Nacht schildert er ihm das wahre Indien, das Wen Jiabao auf Staatsbesuch sicher nicht zu sehen bekommen wird, indem Balram ihm die Geschichte seines Lebens erzählt. Balram ist in der indischen Provinz in ärmlichsten Verhältnissen aufgewachsen und hat sich dann über verschiedene Stationen (Teestuben-Helfer, Fahrer, Mörder...) zum Unternehmer hochgearbeitet.

Ich habe die englische Ausgabe gelesen und kann nur sagen, es ist herrlich, dem Schlitzohr Balram auf seinem Weg zu folgen. Dies gilt hoffentlich auch für die deutsche Übersetzung.
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Re: Die Bücherkiste - Lesetipps für Bücherwürmer

Beitrag von Syniad »

Meine Güte, haben wir hier lang nichts mehr vorgestellt!
Ich habe während der Examensarbeit naturgemäß weniger Unterhaltungsliteratur gelesen (als Ausgleich in der Woche nach Abgabe etwa zehn Bücher hintereinander weg ;) ).

Jetzt versuche ich, neben der Klausurvorbereitung nebenher auch noch interessante Bücher zu finden. Gerade erst habe ich Mein eiskaltes Leben, die Autobiographie Gundi Buschs, beendet. Gundi Busch war eine der bekanntesten und erfolgreichsten Eisläuferinnen der Nachkriegszeit. In der Biographie wird ihr Leben ab ihrem fünften Lebensjahr, als sie erstmalig auf dem Eis steht, geschildert, wobei die persönlichen Erlebnisse und Gedanken von Zeitungsausschnitten ergänzt werden (bei denen man sich eine bessere Einbettung in den Text manchmal gewünscht hätte). Es ist auch die Geschichte, wie sich das Eislaufen von einem Hobby zu reinem Zwang entwickelt, vorangetrieben von einer ehrgeizigen, dominanten Mutter.

Gundi Busch läuft - und gewinnt- im Alter von vier oder fünf Jahren ihren ersten Wettbewerb - mit zwei Tagen zuvor gebrochenem Schlüsselbein und dem Versprechen der Mutter im Ohr, NACH dem Wettbewerb einen Arzt mit ihr aufzusuchen (eine Stelle, die mich persönlich sehr berührt hat, haben sich doch meine Eltern anno 1989 einen lautstarken Streit im Garten geliefert, bis meine Mutter durchgesetzt hatte, dass ich zum Arzt gebracht wurde - ebenfalls mit gebrochenem Schlüsselbein. Ich bin sehr dankbar, dass sich bei mir das richtige Elternteil durchgesetzt hat).

Erschwerte Trainingsbedingungen ergeben sich durch die Kriegszeit. Auch Umzüge und Schulwechsel sind teilweise kriegs-, teilweise trainingsbedingt. Die Mutter, Prototyp der "Eislaufmutter", findet aber ohnehin bald, dass die Schule zuviel Zeit kostet, in der trainiert werden müsse, und lässt ihre Tochter gegen ihren Willen von der Schule abmelden und privat unterrichten. Geschildert wird eine freudlose Jugend, die von stundenlangem Training in eisiger Kälte beherrscht wird und in der der einzige Lichtblick Gundis liebevolle Omi ist, mit der sie zeitweise kriegsbedingt zusammen wohnen.
"Der Haltung wegen" verordnet die Mutter zusätzlich Ballett- und Reitstunden, der Kondition wegen Leichtathletik. Beim Reiten zeigt Gundi Begeisterung und Talent. Unterrichtet wird sie von Rittmeister Lange, Olympiasieger von 1936 und ein ganz Großer des Reitsports. Er tritt sogar an sie heran und fragt, ob sie nicht Turnierreiterin werden wolle, aber da ihre Mutter bereits ihr ganzes Leben auf die Eislaufkarriere hin geplant hat, ergibt sich dies nie. Das Leben besteht aus Training, ständigen Umzügen und später Reisen von Wettkampf zu Wettkampf, immer aus dem Koffer.
Kaum hat Gundi 1954 die Weltmeisterschaft gewonnen, unterschreiben ihre Eltern einen Vertrag mit einer Eisrevue in Amerika - Gundi ist noch nicht volljährig (damals wurde man dies erst mit 21) und muss sich dem Willen der Eltern beugen. Selbstverständlich reist ihre Mutter mit und bewacht ihre Tochter mit Argusaugen. Der Bruch zwischen beiden ist zu diesem Zeitpunkt ganz offenbar - als ihre Eltern den Vertrag auch noch gegen ihren Willen verlängert, kann er sich kaum noch vergrößern.
Sobald möglich, heiratet Gundi einen schwedischen Eishockeyspieler und ist von nun an glückliche Ehefrau und bald Mutter. Es ist verständlich, dass sie, die in ihrem Leben bereits soviel erlebt hat, in ihrer Rolle als Familienmensch nun völlig aufgeht.
Ihr Sohn wird trotz offensichtlichen Talents von den Eltern nie zum Eisläufer ausgebildet.
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