Nostalgie: Die Gokyo / Verständnis der Gokyo
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- 3. Dan Träger
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Gokyo und die "Bogen-Theorie" von Steve Cunningham
Obwohl es nur ein sehr spezieller Aspekt des Themas Gokyo ist, hier einige kleine Ergänzungen zum Thema Cunningham und "Bogen-Theorie":
Steve Cunningham hatte seine Gedanken dazu bereits in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre im Internet veröffentlicht - und 2001 dann sogar zwei Lehr-Videos herausgebracht, in denen er seine Überlegungen zu den einzelnen Techniken erläutert hat:
Steven R. Cunningham:
Core Throwing Techniques of the Kodokan Judo Syllabus
Volume 1: Dai Ikkyo
Volume 2: Dai Nikyo
Infos: http://www.whitebelt.org/steven_cunning ... wing1.html
http://www.amazon.com/Core-Throwing-Tec ... B0000638ST
http://www.amazon.com/Core-Throwing-Tec ... _rhf_p_t_2
Es kann nur darüber spekuliert werden, warum diese Video-Serie in den letzten sieben Jahren nicht fortgesetzt wurde und warum sich Cunningham mittlerweile weitgehend aus der Judo-Öffentlichkeit zurückgezogen hat. (U.a. hat er viele Beiträge wieder aus dem Netz genommen.)
Tatsache ist, daß er als Universitätsprofessor (wenn auch in einem gänzlich anderen Bereich, komplett ohne Japan-Bezug) einen sehr guten Ruf genießt.
Tatsache ist aber auch, daß viele seiner Veröffentlichungen zum Judo mehr auf Hörensagen als auf wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen basierten - wie bereits vor Jahren anhand diverser Einzelbeispiele belegt.
(Das Thema wurde - ebenso wie seine "Bogen-Theorie" - u.a. bereits in den Jahren 2004/2005 öffentlich in dem englischsprachigen Judoforum.com diskutiert.)
So könnte es durchaus sein, daß er mit seinen spekulativen Äußerungen ("Bogen-Theorie" etc.) einfach nur vorsichtiger geworden ist, um eben seinen guten Ruf nicht aufs Spiel zu setzen.
Oder aber er hat vielleicht sogar erkannt, daß die eine oder andere seiner Theorien falsch war....
Oft beruft er sich auf objektiv nicht mehr nachprüfbare Aussagen eines seiner Judo-Lehrer (Taizo Sone, ein Japaner, der bereits in jungen Jahren in die USA ausgewandert ist), ohne jedoch Quellen anführen zu können, die auch einer wissenschaftlichen Überprüfung standhalten würden.
Zum Thema Gokyo ist es leider tatsächlich so, daß sich selbst in den mittlerweile (auf Japanisch) veröffentlichten mehr als 5.000 Seiten (!) der gesammelten Werke von Jigoro Kano kein Text mit Ausführungen zu den Gründen für die Auswahl und Anordnung der Techniken innerhalb der Gokyo findet.
Aufgrund meiner bescheidenen Kenntnisse der Quellenlage halte ich es auch für eher unwahrscheinlich, daß in irgendwelchen "Geheim-Archiven" noch bislang unbekannte Texte von ihm zu diesem Thema schlummern - falls doch, wäre ich der erste, der für einen entsprechenden Hinweis sehr dankbar wäre.....
Steve Cunningham hatte seine Gedanken dazu bereits in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre im Internet veröffentlicht - und 2001 dann sogar zwei Lehr-Videos herausgebracht, in denen er seine Überlegungen zu den einzelnen Techniken erläutert hat:
Steven R. Cunningham:
Core Throwing Techniques of the Kodokan Judo Syllabus
Volume 1: Dai Ikkyo
Volume 2: Dai Nikyo
Infos: http://www.whitebelt.org/steven_cunning ... wing1.html
http://www.amazon.com/Core-Throwing-Tec ... B0000638ST
http://www.amazon.com/Core-Throwing-Tec ... _rhf_p_t_2
Es kann nur darüber spekuliert werden, warum diese Video-Serie in den letzten sieben Jahren nicht fortgesetzt wurde und warum sich Cunningham mittlerweile weitgehend aus der Judo-Öffentlichkeit zurückgezogen hat. (U.a. hat er viele Beiträge wieder aus dem Netz genommen.)
Tatsache ist, daß er als Universitätsprofessor (wenn auch in einem gänzlich anderen Bereich, komplett ohne Japan-Bezug) einen sehr guten Ruf genießt.
Tatsache ist aber auch, daß viele seiner Veröffentlichungen zum Judo mehr auf Hörensagen als auf wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen basierten - wie bereits vor Jahren anhand diverser Einzelbeispiele belegt.
(Das Thema wurde - ebenso wie seine "Bogen-Theorie" - u.a. bereits in den Jahren 2004/2005 öffentlich in dem englischsprachigen Judoforum.com diskutiert.)
So könnte es durchaus sein, daß er mit seinen spekulativen Äußerungen ("Bogen-Theorie" etc.) einfach nur vorsichtiger geworden ist, um eben seinen guten Ruf nicht aufs Spiel zu setzen.
Oder aber er hat vielleicht sogar erkannt, daß die eine oder andere seiner Theorien falsch war....
Oft beruft er sich auf objektiv nicht mehr nachprüfbare Aussagen eines seiner Judo-Lehrer (Taizo Sone, ein Japaner, der bereits in jungen Jahren in die USA ausgewandert ist), ohne jedoch Quellen anführen zu können, die auch einer wissenschaftlichen Überprüfung standhalten würden.
Zum Thema Gokyo ist es leider tatsächlich so, daß sich selbst in den mittlerweile (auf Japanisch) veröffentlichten mehr als 5.000 Seiten (!) der gesammelten Werke von Jigoro Kano kein Text mit Ausführungen zu den Gründen für die Auswahl und Anordnung der Techniken innerhalb der Gokyo findet.
Aufgrund meiner bescheidenen Kenntnisse der Quellenlage halte ich es auch für eher unwahrscheinlich, daß in irgendwelchen "Geheim-Archiven" noch bislang unbekannte Texte von ihm zu diesem Thema schlummern - falls doch, wäre ich der erste, der für einen entsprechenden Hinweis sehr dankbar wäre.....
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Re: Nostalgie: Die Gokyo / Verständnis der Gokyo
wenn es dies nicht von Kano gibt, dann ist vielleicht die Arbeitsgruppe des Kodokan, die die Go-Kyo 1920 reformiert hat eine bessere Suchrichtung. Arbeitsgruppen schreiben doch in aller Regel auf, warum sie etwas tun oder lassen. Hat hier jemand die Möglichkeit des Quellenzugriffs.
Ich erinnere mich hier an einen USer der einmal den Kurator des Kodokanmuseums angeschrieben hat, das wäre ja ein gangbarer Weg, oder nicht?
Methodisch-didaktische Diskusssionen müssten sich dann erst im Anschluss an die Ergebnisse dieser suche entwicklen, da sie sonst wohl eher sinnlos würden.
Ich erinnere mich hier an einen USer der einmal den Kurator des Kodokanmuseums angeschrieben hat, das wäre ja ein gangbarer Weg, oder nicht?
Methodisch-didaktische Diskusssionen müssten sich dann erst im Anschluss an die Ergebnisse dieser suche entwicklen, da sie sonst wohl eher sinnlos würden.
Re: Nostalgie: Die Gokyo / Verständnis der Gokyo
Man kann sich diese Arbeit sicherlich auch sparen, obwohl ich niemanden davon abhalten möchte:Ronin hat geschrieben:wenn es dies nicht von Kano gibt, dann ist vielleicht die Arbeitsgruppe des Kodokan, die die Go-Kyo 1920 reformiert hat eine bessere Suchrichtung. Arbeitsgruppen schreiben doch in aller Regel auf, warum sie etwas tun oder lassen. Hat hier jemand die Möglichkeit des Quellenzugriffs.
Ich erinnere mich hier an einen USer der einmal den Kurator des Kodokanmuseums angeschrieben hat, das wäre ja ein gangbarer Weg, oder nicht?
http://judoforum.com/lofiversion/index. ... 72-50.html
"sam" lebt in Tokyo und hat ziemlich direkten Zugriff auf auf alle Quellen im Kodokan.
So sehe ich das auch!Ronin hat geschrieben:Methodisch-didaktische Diskusssionen müssten sich dann erst im Anschluss an die Ergebnisse dieser suche entwicklen, da sie sonst wohl eher sinnlos würden.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Re: Nostalgie: Die Gokyo / Verständnis der Gokyo
Lieber HBt - sind wir die "Jäger des verlorenen Schatzes", der sich in der Go-kyo geheimnisvoll verbirgt? Müssen wir die Go-kyo "nichtlinear lesen", damit sie unsere "Didaktiklandschaft" erleuchtet? Über welche neuen methodischen Ansätze sollen wir heute nachdenken? Sind mir diese neuen Ansätze entgangen/an mir vorbei gegangen? Welches tiefere Verständnis "unserer Materie" (sind damit die Judotechniken gemeint?) soll sich denn in den fünf Stufen der Go-kyo verbergen? Wobei kann uns das - derzeit offensichtlich nicht mögliche bzw. ergebnislose - Sichten "historischer Quellen/Aufzeichnungen (in ihrer Gänze) helfen? Wo sind die geheimnisumwitterten Archive von Mahito Ohgo (der mein Judolehrer war, der mich als Uke in seinem Buch "Judo, Go-kyo Kampftechniken" (Niedernhausen 1974) mehrere hundert Mal mit den Go-kyo Würfen fotogerecht niederwarf, ohne dass sich ihm oder mir Geheimnisse offenbarten), dessen Judo-Revue von Riccardo Bonfranchi und mir weitergeführt wurde? Welche Dinge der letzten 60 Jahre oder auch der letzten 15 Jahre müssen auf welcher gemeinsamen Literaturgrundlage bzw. Quellengrundlage "reflektiert werden"? Wer hat diese Quellen? Welche offiziellen Vertreter des DJB sollen sich warum mit Sharp in Verbindung setzen, aus welchem Grund, mit welchem angestrebten Ergebnis?
Mir geht diese oberflächliche Fragerei ziemlich "auf den Senkel", weil sie nicht weiter führt und durch sie kein produktiver Beitrag geliefert wird, der uns weiterhilft. Wer wissen will, welche Geheimnisse die Techniken der Go-kyo enthalten, der hat nur einen einzige Chance, dies herauszufinden: üben, üben, üben - versuchen , sich diese Techniken zu eigen zu machen.
tutor, reaktivator und judoka50 versuchen immer wieder mit sachlich fundierten Beiträgen Wissen zu verbreiten, das man auch nachprüfen kann bzw. welches deutlich als subjektive Meinung gekenzeichnet ist. Viele andere unterlassen gerade diese beiden wichtigen Kriterien in ihren Beiträgen, nämlich
a) entweder nachprüfbare Quellen anzugeben
oder
b) deutlich zu machen, dass es sich um eine persönliche Meinung handelt, die genau so viel wert ist, wie die eines jeden anderen Users auch.
Ich wünsche mir mehr Klarheit, mehr Antworten als provozierende Fragen.
Übrigens: Mahito Ohgo hat neben seinem oben erwähnten Buch auch ein anderes Buch geschrieben, in dem er einen gänzlich anderen systematischen und methodischen Weg zur Vermittlung der Judowürfe vorschlägt ("Judo Grundlagen-Methodik", Niedernhausen 1972) und auch Wolfgang Hofmann hatte zur Go-kyo in der Mitte der 70-er Jahre ein anderes Verhältnis, als er 1969 in seinem Buch "Judo - Grundlagen des Stand- und Bodenkampfes" (Niedernhausen 1969) deutlich gemacht hat.
Ich selber arbeite an einem Buch, das auch die Go-kyo als einen zentralen "Technik-Sammelplatz" anerkennt, ohne die moderne Technikentwicklung auszuklammern.
Ich halte folgende Fragen für diskussionswürdig - auch im Zusammenhang mit der Go-kyo:
1. was sind Judotechniken? (wodurch unterscheiden sie sich von anderen Techniken bzw. Bewegungen bzw. sportlichen Handlungen?)
2. nach welchen Kriterien sollte man Judotechniken systematisieren, unterscheidbar machen und zu Gruppen zusammenfassen? (Go-kyo? Hand-, Fuß-Hüftewürfe, Opferwürfe usw.; Grifftechniken?)
3. Wie lassen sich Judotechniken adressatengerecht vermitteln? (altersgerecht? niveaugerecht?
angemessene Reihenfolge? angemessene Vorbereitung von Uke? u.a.m.)
Gibt es dazu "mögliche Geheimnisse in der Go-kyo" - ich glaube nicht!
Jupp
Mir geht diese oberflächliche Fragerei ziemlich "auf den Senkel", weil sie nicht weiter führt und durch sie kein produktiver Beitrag geliefert wird, der uns weiterhilft. Wer wissen will, welche Geheimnisse die Techniken der Go-kyo enthalten, der hat nur einen einzige Chance, dies herauszufinden: üben, üben, üben - versuchen , sich diese Techniken zu eigen zu machen.
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a) entweder nachprüfbare Quellen anzugeben
oder
b) deutlich zu machen, dass es sich um eine persönliche Meinung handelt, die genau so viel wert ist, wie die eines jeden anderen Users auch.
Ich wünsche mir mehr Klarheit, mehr Antworten als provozierende Fragen.
Übrigens: Mahito Ohgo hat neben seinem oben erwähnten Buch auch ein anderes Buch geschrieben, in dem er einen gänzlich anderen systematischen und methodischen Weg zur Vermittlung der Judowürfe vorschlägt ("Judo Grundlagen-Methodik", Niedernhausen 1972) und auch Wolfgang Hofmann hatte zur Go-kyo in der Mitte der 70-er Jahre ein anderes Verhältnis, als er 1969 in seinem Buch "Judo - Grundlagen des Stand- und Bodenkampfes" (Niedernhausen 1969) deutlich gemacht hat.
Ich selber arbeite an einem Buch, das auch die Go-kyo als einen zentralen "Technik-Sammelplatz" anerkennt, ohne die moderne Technikentwicklung auszuklammern.
Ich halte folgende Fragen für diskussionswürdig - auch im Zusammenhang mit der Go-kyo:
1. was sind Judotechniken? (wodurch unterscheiden sie sich von anderen Techniken bzw. Bewegungen bzw. sportlichen Handlungen?)
2. nach welchen Kriterien sollte man Judotechniken systematisieren, unterscheidbar machen und zu Gruppen zusammenfassen? (Go-kyo? Hand-, Fuß-Hüftewürfe, Opferwürfe usw.; Grifftechniken?)
3. Wie lassen sich Judotechniken adressatengerecht vermitteln? (altersgerecht? niveaugerecht?
angemessene Reihenfolge? angemessene Vorbereitung von Uke? u.a.m.)
Gibt es dazu "mögliche Geheimnisse in der Go-kyo" - ich glaube nicht!
Jupp
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Die Gokyo und der Berg
"Jupp" hat Recht: Es gibt leider immer noch Leute, die nicht unterscheiden können zwischen historisch belegbaren Tatsachen und eigenen Interpretationen.
Denn auch, wenn manche Leute innere Zusammenhänge zu erkennen glauben und diese für sehr plausibel halten, ändert das nichts an der Tatsache, daß bislang keine historischen Belege zu den Gründen für die Auswahl und Anordnung der Techniken innerhalb der Gokyo bekannt sind.
Da denkt man doch unweigerlich an die bekannte Zen-Anekdote vom Berg:
Auf die Frage seines Meisters, was er da sehe, antwortet der vor einem Berg stehende Anfänger: »Nun - einen Berg«
Der Fortgeschrittene (kürzen wir ihn hier einfach einmal mit »S.C.« oder »T.H.« ab) erkennt hingegen, daß es eigentlich doch viel mehr ist als bloß ein Berg, und liefert auch direkt zahlreiche geistreiche Interpretationen, die den Anfänger zutiefst beeindrucken - und doch zugleich verwirren.
Am Ende dann wenden sich beide gespannt an den Meister und fragen ihn, was es denn nun in Wirklichkeit ist. Der Meister antwortet: »Nur ein Berg«
Denn auch, wenn manche Leute innere Zusammenhänge zu erkennen glauben und diese für sehr plausibel halten, ändert das nichts an der Tatsache, daß bislang keine historischen Belege zu den Gründen für die Auswahl und Anordnung der Techniken innerhalb der Gokyo bekannt sind.
Da denkt man doch unweigerlich an die bekannte Zen-Anekdote vom Berg:
Auf die Frage seines Meisters, was er da sehe, antwortet der vor einem Berg stehende Anfänger: »Nun - einen Berg«
Der Fortgeschrittene (kürzen wir ihn hier einfach einmal mit »S.C.« oder »T.H.« ab) erkennt hingegen, daß es eigentlich doch viel mehr ist als bloß ein Berg, und liefert auch direkt zahlreiche geistreiche Interpretationen, die den Anfänger zutiefst beeindrucken - und doch zugleich verwirren.
Am Ende dann wenden sich beide gespannt an den Meister und fragen ihn, was es denn nun in Wirklichkeit ist. Der Meister antwortet: »Nur ein Berg«
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Re: Nostalgie: Die Gokyo / Verständnis der Gokyo
Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass die Reihenfolge der Gokyo willkürlich wäre. Im englischsprachigen Judoforum wurde die Reihenfolge z.B. wie folgt begründet:Reaktivator, Verfasst: 02.09.2008, 01:30
Denn auch, wenn manche Leute innere Zusammenhänge zu erkennen glauben und diese für sehr plausibel halten, ändert das nichts an der Tatsache, daß bislang keine historischen Belege zu den Gründen für die Auswahl und Anordnung der Techniken innerhalb der Gokyo bekannt sind.
- zunehmende Schwierigkeit für den durchschnittlichen Tori
- zunehmende Schwierigkeit für den durchschnittlichen Uke
- möglichst breite Auswahl an verschiedenen Techniken pro Kyo
Natürlich könnten einige Techniken bei einer solchen Bewertung leicht variiert abfolgen, aber im Großen und Ganzen erklärt sich m.E. so schon ein großer Teil der Abfolge. Didaktisch (vom Leichten zum Schweren, breites Fundament) entspricht diese Reihenfolge doch durchaus den 'modernen' Ansprüchen.
Hat es bei der großen Reform der deutschen PO zu Beginn der 90er eigentlich Überlegungen dazu gegeben, welche Struktur die Gokyo besitzt. (Um etwas zu verbessern, muss ich es doch zunächst verstehen.) Wenn ja: welche Vorteile hat die neue PO zur Gokyo? Außer dem späteren Auftauchen der einbeinigen Techniken kann ich keine finden. Die geringere Technikzahl pro Kyu ist zwar kindgerechter, berücksichtig dafür aber m.E. nicht erwachsene Anfänger.
Herzliche Grüße,
kastow
Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)
kastow
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Re: Nostalgie: Die Gokyo / Verständnis der Gokyo
@"kastow": Das entspricht ja im Großen und Ganzen auch dem, was seit Jahrzehnten in Deutschland (und zwar auch im bösen DJB) über die Gokyo gesagt wurde und was sicherlich auch mehr als einmal im Zusammenhang mit irgendwelchen Prüfungsordnungen diskutiert wurde.kastow hat geschrieben:Natürlich könnten einige Techniken bei einer solchen Bewertung leicht variiert abfolgen, aber im Großen und Ganzen erklärt sich m.E. so schon ein großer Teil der Abfolge. Didaktisch (vom Leichten zum Schweren, breites Fundament) (...)
Trotzdem bleibt eine solche Aussage immer noch sehr pauschal und damit auch in vielen Punkten diskussionsfähig - und ist vor allem eben nicht durch Quellen von Kano oder besagter Gokyo-Arbeitsgruppe aus den Jahren 1895 bzw. 1920 belegbar, so daß weitere Ausschmückungen nichts weiter sind als persönliche Interpretation und/oder Spekulation.
Aber irgendwie dreht sich alles im Kreis. Bis jemand irgendwelche neue Quellen entdeckt, sollten wir es einfach dabei belassen - und uns stattdessen Zeit nehmen, den Berg zu betrachten....
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Re: Nostalgie: Die Gokyo / Verständnis der Gokyo
Solange keine Quellen verfügbar sind. können wir doch auch logisch an die Sache herangehen. Eine Theorie wird in den Raum gestellt. Entweder wird sie widerlegt und kann ergo nicht stimmen. Oder eine Theorie passt ohne Ausnahme auf alle 40 Würfe der Gokyo-no-kaisetsu. Selbst wenn sie ursprünglich nicht von Kano so gedacht wahr, ist sie dann richtig. Schlimmsten Falls erweitern bzw. ergänzen wir also die eventuell noch aufzufindenden Quellen zur Gokyo.
Beispiel: Tutor hat widerlegt, dass die Bogentheorie sich auf die Raumachsen bezieht. Allerdings ist damit nicht die Bogentheorie an sich widerlegt. Tom, der die Bögen ins Gespräch gebracht hat, hat bisher hier nicht gesagt, worauf sich die Bögen beziehen. Sie bezeichnen also evtl. etwas anderes als die Raumachsen.
Warum sollen wir uns diese interessante Diskussion entgehen lassen. Und wenn sie in den 70ern schon so intensiv geführt wurde, könnten die älteren Semester die damaligen Argumente doch hier aufführen. Ist schließlich schon 30 - 40 Jahre her. Auch wenn ich mittlerweile die Mindesthaltbarkeit überschritten habe, konnte ich - wie wohl die meisten Forumsmitglieder - seinerzeits das Geschehen altersbedingt noch nicht beobachten
Beispiel: Tutor hat widerlegt, dass die Bogentheorie sich auf die Raumachsen bezieht. Allerdings ist damit nicht die Bogentheorie an sich widerlegt. Tom, der die Bögen ins Gespräch gebracht hat, hat bisher hier nicht gesagt, worauf sich die Bögen beziehen. Sie bezeichnen also evtl. etwas anderes als die Raumachsen.
Warum sollen wir uns diese interessante Diskussion entgehen lassen. Und wenn sie in den 70ern schon so intensiv geführt wurde, könnten die älteren Semester die damaligen Argumente doch hier aufführen. Ist schließlich schon 30 - 40 Jahre her. Auch wenn ich mittlerweile die Mindesthaltbarkeit überschritten habe, konnte ich - wie wohl die meisten Forumsmitglieder - seinerzeits das Geschehen altersbedingt noch nicht beobachten
Herzliche Grüße,
kastow
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Re: Nostalgie: Die Gokyo / Verständnis der Gokyo
Die Gokyo wurde 1920 geändert, warum?
Gibt es darüber "historische" Aufzeichnungen?
Zum Thema "Methodik"-Diskussion in den 70er Jahren: Wenn man sich "damals" dazu
berufen fühlte, über "andere" methodische Ansätze nachzudenken und die überlieferte
Methodiken - also Judoklassen nach Gokyo zu unterrichten - kritisch zu betrachten,
warum sollen wir nicht jetzt nicht dasselbe mit den "Methodiken" von 1970 tun, jetzt wo
"wir" damit auch etwas Erfahrungen gesammelt haben?
Evt. ermöglichen ja gerade erst diese Erfahrungen, die "damals"
getroffenen Annahmen / Ansichten zur "Gokyo-Methode" nochmals neu zu überdenken?
Gibt es darüber "historische" Aufzeichnungen?
Zum Thema "Methodik"-Diskussion in den 70er Jahren: Wenn man sich "damals" dazu
berufen fühlte, über "andere" methodische Ansätze nachzudenken und die überlieferte
Methodiken - also Judoklassen nach Gokyo zu unterrichten - kritisch zu betrachten,
warum sollen wir nicht jetzt nicht dasselbe mit den "Methodiken" von 1970 tun, jetzt wo
"wir" damit auch etwas Erfahrungen gesammelt haben?
Evt. ermöglichen ja gerade erst diese Erfahrungen, die "damals"
getroffenen Annahmen / Ansichten zur "Gokyo-Methode" nochmals neu zu überdenken?
Mit freundlichem Gruß
Fritz
Fritz
Gegenwart
Hallo "Fritz", danke.Fritz hat geschrieben: Die Gokyo wurde 1920 geändert, warum?
Gibt es darüber "historische" Aufzeichnungen?
[...]
Evt. ermöglichen ja gerade erst diese Erfahrungen, die "damals"
getroffenen Annahmen / Ansichten zur "Gokyo-Methode" nochmals neu zu überdenken?
Ein bestehendes System zu reformieren, eine Arbeitsgruppe zu bilden / zu beauftragen, geschieht
bestimmt nicht aus "Jux & Dollerei". Über die Intentionen und Ergebnisse sind mit Sicherheit schriftlich Berichte angefertigt worden -
heute gehen wir exakt so vor. Wir können davon ausgehen, dass die GoKyo no Waza nicht beliebig zusammengesetzt ist, (andernfalls wäre die "Reform" unnötig gewesen) sondern einem bestimmten Muster und Leitgedanken folgt.
Gruß
Helge
Zuletzt geändert von Fritz am 02.09.2008, 17:53, insgesamt 2-mal geändert.
Grund: Vollzitat gekürzt
Grund: Vollzitat gekürzt
Re: Nostalgie: Die Gokyo / Verständnis der Gokyo
Zuerst einmal einen Dank an Reaktivator für das Bild vom Berg. Ganz spontan erinnert mich das an die Betrachtung von (moderner) Kunst. Ich bin mir da auch nie so sicher, ob die Künstler sich alles auch so gedacht haben, was die Kritiker in den Werken sehen.Reaktivator hat geschrieben:Auf die Frage seines Meisters, was er da sehe, antwortet der vor einem Berg stehende Anfänger: »Nun - einen Berg«
Der Fortgeschrittene (kürzen wir ihn hier einfach einmal mit »S.C.« oder »T.H.« ab) erkennt hingegen, daß es eigentlich doch viel mehr ist als bloß ein Berg, und liefert auch direkt zahlreiche geistreiche Interpretationen, die den Anfänger zutiefst beeindrucken - und doch zugleich verwirren.
Am Ende dann wenden sich beide gespannt an den Meister und fragen ihn, was es denn nun in Wirklichkeit ist. Der Meister antwortet: »Nur ein Berg«
Eine etwas andere Variation der Geschichte findet man übrigens im englischsprachigen Forum unter http://judoforum.com/index.php?showtopic=28600
Für jene, die sich in der Vergangenheit immer wieder mit dem Aufbau der Gokyo beschäftigt haben, macht es nicht wirklich Sinn, die damaligen Diskussionen mit ihren Argumenten und Gegenargumenten niederzuschreiben. Mögliche Grundgedanken wurden ja u.a. von mir benannt.kastow hat geschrieben:Warum sollen wir uns diese interessante Diskussion entgehen lassen. Und wenn sie in den 70ern schon so intensiv geführt wurde, könnten die älteren Semester die damaligen Argumente doch hier aufführen. Ist schließlich schon 30 - 40 Jahre her. Auch wenn ich mittlerweile die Mindesthaltbarkeit überschritten habe, konnte ich - wie wohl die meisten Forumsmitglieder - seinerzeits das Geschehen altersbedingt noch nicht beobachten
Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich jedoch zu dem Ergebnis, dass weniger die Gokyo selbst, sondern vielmehr die Prüfungsordnung oder genauer die Tatsache, dass die Neufassung der PO in den 90ern nicht mehr auf der Gokyo basierte, das Problem ist.kastow hat geschrieben:Hat es bei der großen Reform der deutschen PO zu Beginn der 90er eigentlich Überlegungen dazu gegeben, welche Struktur die Gokyo besitzt. (Um etwas zu verbessern, muss ich es doch zunächst verstehen.) Wenn ja: welche Vorteile hat die neue PO zur Gokyo? Außer dem späteren Auftauchen der einbeinigen Techniken kann ich keine finden. Die geringere Technikzahl pro Kyu ist zwar kindgerechter, berücksichtigt dafür aber m.E. nicht erwachsene Anfänger.
Während ich also wenig Sinn darin sehe, über die Gedanken zu spekulieren, die der Zusammenstellung der Gokyo zu Grunde lagen, ist die Frage der PO durchaus eine Debatte wert.
Mit einer PO reagiert ein Verband immer auf festgestellte Defizite oder Probleme. Das klappt nicht immer und hinterher, wenn eine Rechnung nicht aufgegangen oder ein Schuss nach hinten losgegangen ist, wissen immer viel mehr Leute als vorher bereit waren sich einzubringen, warum es einfach nicht klappen konnte. Ich denke, wir alle kennen derartige Stammtisch-Parolen.
Die Anfang der 90er Jahren erarbeite APO reagierte auf Probleme im Westen, da die Kommission hauptsächlich mit westdeutschen Judoka besetzt war. Das Judo hatte sich in beiden getrennten Staaten über mehrere Jahrzehnte getrennt voneinander entwickelt und musste erst auch an der Basis zusammenwachsen. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum es in Ostdeutschland mehr Widerstände gegen die neue APO gab als im Westen.
Auf welche Probleme (im Westen) hat die damalige APO reagiert?
(Grob vereinfacht:) Die Fähigkeit zur Anwendung der verschiedenen Techniken in unterschiedlichen Situationen wurde immer schlechter. Außerdem mussten bei Kyu-Prüfungen immer nur vier Techniken aus der jeweiligen Stufe der Gokyo gezeigt werden. Das führte z.B. dazu, dass die Braungurte nur noch die halbe Gokyo machen mussten und viele auch nur das konnten. Es gab keinen verbindlichen gemeinsamen Standard mehr (im Westen). Die Gokyo in Ihrer Gänze war schon seit 1969/70 nicht mehr Basis für die Kyu-Prüfungsordnung!
Die Grundideen der 90er Jahren waren in Reaktion darauf:
- Schaffung eines gemeinsamen Standards; deshalb hieß das Ganze auch APO (Ausbildungs- und Prüfungsordnung)
- Einbeziehung der Situationen, aus denen heraus die Techniken geworfen werden mussten (pro Ausbildungsstufe kamen neue Ausgangssituationen hinzu).
- Methodischer Aufbau der Prüfungsaufgaben (sowohl der Techniken selbst als auch der Situationen) von Kyu-Grad zu Kyu-Grad.
Die Umsetzung ist allerdings weniger gut gelungen, sowohl von der Ausgestaltung der Inhalte als auch vom Projektmanagement her. Das hat viel an Akzeptanz gekostet. Insbesondere waren die Situationen zu künstlich und schematisch (Tori schiebt, Uke Kreisbewegung usw.). Das führte zur Notwendigkeit von Nachbesserungen und Klarstellungen, aber die Missverständnisse waren schon zu weit verbreitet und das Kind in den Brunnen gefallen.
Bei der jüngsten Anpassung ist man von den schematischen Ausgangssituationen weg zu den Prüfungsfächern Grundform --> Anwendungsaufgabe --> Randori und damit zu einer besseren Lernprogression gekommen. Außerdem sind wieder die meisten Techniken der Gokyo, auf jeden Fall alle Techniken der Nage-no-Kata im Ausbildungs- und Prüfungsprogramm. Allerdings – und das muss ganz deutlich gesagt werden – ein guter Trainer braucht keine PO um sein Training von außen zu steuern zu lassen, die PO darf im Gegenteil einen guten Trainer nicht bei der Arbeit behindern!
Aus den Fehlern bei der Implementierung hat man schließlich auch gelernt und gleich zu Beginn Medien, Präsentationsmaterial und ausführliche Erläuterungen mit veröffentlicht.
Aber wie das im Leben so ist: erst wird nach Erklärungen geschrieen, dann bekommt man sie und dann wird sich darüber beklagt, dass sie a) zu umfangreich und b) zu wissenschaftlich sind. Aber wehe, sie sind zu knapp, missverständlich oder gar wissenschaftlich nicht haltbar.
Bisher wurden keine gefunden - auch nicht in den 5000 Seiten der veröffentlichten original Kano-Texte! Oben steht mehr dazu.Fritz hat geschrieben:Die Gokyo wurde 1920 geändert, warum?
Gibt es darüber "historische" Aufzeichnungen?
Das hatte ich ja bereits vorgeschlagen, aber der richtige Ort für eine Methodik-Diskussion ist sicher nicht dieser Faden. Mit Ulrich Klocke haben wir einen echten Fachmann gerade für die Methodik-Diskussion der 70er hier im Forum.Fritz hat geschrieben:Zum Thema "Methodik"-Diskussion in den 70er Jahren: Wenn man sich "damals" dazu
berufen fühlte, über "andere" methodische Ansätze nachzudenken und die überlieferte
Methodiken - also Judoklassen nach Gokyo zu unterrichten - kritisch zu betrachten,
warum sollen wir nicht jetzt nicht dasselbe mit den "Methodiken" von 1970 tun, jetzt wo
"wir" damit auch etwas Erfahrungen gesammelt haben?
Evt. ermöglichen ja gerade erst diese Erfahrungen, die "damals"
getroffenen Annahmen / Ansichten zur "Gokyo-Methode" nochmals neu zu überdenken?
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Re: Nostalgie: Die Gokyo / Verständnis der Gokyo
Im "Westen". (siehe auch meinen Beitrag weiter vorn im Faden:tutor! hat geschrieben:Die Gokyo in Ihrer Gänze war schon seit 1969/70 nicht mehr Basis für die Kyu-Prüfungsordnung!
http://www.dasjudoforum.de/forum/viewtopic.php?p=10795
Interessant, daß dies also mit der erwähnten Methodikdiskussion zusammenfällt...
Fäden zur PO haben wir auch hier im Forum...Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich jedoch zu dem Ergebnis, dass weniger die Gokyo selbst, sondern vielmehr die Prüfungsordnung oder genauer die Tatsache, dass die Neufassung der PO in den 90ern nicht mehr auf der Gokyo basierte, das Problem ist.
Während ich also wenig Sinn darin sehe, über die Gedanken zu spekulieren, die der Zusammenstellung der Gokyo zu Grunde lagen, ist die Frage der PO durchaus eine Debatte wert.
Das Problem ist, wir hatten Leute mit einer mehr oder weniger guten gokyobasierten Technikgrundlagen,
diese Leute haben "Schwächen" in diesem System zu erkennen geglaubt.
Und diese auch prompt "korrigiert", dabei allerdings nicht berücksichtigt, daß ihr Technik-Wissen
erst durch das System Gokyo entstanden ist. Und leider scheint die zwangsläufige Folge
zu sein, daß die Schüler welche nach den Nicht-Gokyo-POs ausgebildet werden, dieses Technik-Wissen
nicht so verinnerlichen konnten... Wahlmöglichkeiten haben in der Regel die Konsequenz, daß
90% der Üblinge (die Zahl ist geschätzt ) eher die schwierigeren Techniken beiseite lassen...
Ich bezweifele, ob die meisten noch heutiger PO ausgebildeten Braungurte aus dem Stegreif
mal eben 40 Würfe zeigen können, oder noch wissen, was die Techniken sind, die ein
heutiger Gelb-Orange-Gurt können muß. (Das wissen in der Regel nicht mal die Prüfer, ohne
einen Zettel in der Hand zu haben).
Die Trennung zwischen Stoffsammlung, Methodik, Kata und PO ist sowieso nur eine "künstliche"
sicherlich gilt:
Allerdings gibt es nicht nur "gute Trainer". Es gibt ja auch unerfahrene ÜL. Und hier sollte ein PO schon einen gewissen "Mindeststandard" erzwingen.Allerdings – und das muss ganz deutlich gesagt werden – ein guter Trainer braucht keine PO um sein Training von außen zu steuern zu lassen, die PO darf im Gegenteil einen guten Trainer nicht bei der Arbeit behindern!
Das tat die Gokyo-PO nahezu zwangsläufig und die jetzige PO halt nur teilweise...
Mit freundlichem Gruß
Fritz
Fritz
NAPO 1994
Diese Notwendigkeit und ihre Argumentation verstehe ich bis heute nicht, in meinen Augen ist die 1994-APO attraktiverTutor! hat geschrieben: Die Umsetzung ist allerdings weniger gut gelungen, sowohl von der Ausgestaltung der Inhalte als auch vom Projektmanagement her. Das hat viel an Akzeptanz gekostet. Insbesondere waren die Situationen zu künstlich und schematisch (Tori schiebt, Uke Kreisbewegung usw.). Das führte zur Notwendigkeit von Nachbesserungen und Klarstellungen, aber die Missverständnisse waren schon zu weit verbreitet und das Kind in den Brunnen gefallen.
(besser) als die Nachsteuerung (Fortschreibung) von 2005!
Egal,
hier geht es doch hoffentlich noch um die GO KYO die FÜNF mal 8 Technik (=40, Techniksammlung) - Liste, die sie bekanntlich nicht ist, oder?
In diesem Sinne
10 Kyo * 4 Technik = 40, 8 Kyo * 5 Technik = 40, 40 Kyo * 1 Technik = 40
Helge
Re: NAPO 1994
Ich meinte nicht die 2005er-Fortschreibung, sondern kleine redaktionelle Änderungen bei den Bewegungsvorgaben bereits Mitte/Ende der 90er.HBt hat geschrieben:Diese Notwendigkeit und ihre Argumentation verstehe ich bis heute nicht, in meinen Augen ist die 1994-APO attraktiverTutor! hat geschrieben: Die Umsetzung ist allerdings weniger gut gelungen, sowohl von der Ausgestaltung der Inhalte als auch vom Projektmanagement her. Das hat viel an Akzeptanz gekostet. Insbesondere waren die Situationen zu künstlich und schematisch (Tori schiebt, Uke Kreisbewegung usw.). Das führte zur Notwendigkeit von Nachbesserungen und Klarstellungen, aber die Missverständnisse waren schon zu weit verbreitet und das Kind in den Brunnen gefallen.
(besser) als die Nachsteuerung (Fortschreibung) von 2005!
Zuletzt geändert von tutor! am 02.09.2008, 20:58, insgesamt 1-mal geändert.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Re: Nostalgie: Die Gokyo / Verständnis der Gokyo
Müsste aus meinem Text auch so hervorgehen, dass ich den Westen gemeint habe. Da Du selbst den Link postest: So ähnlich wie im Osten sah die PO bis 1969/70 auch im Westen aus, danach gab es die Wahlmöglichkeiten bei den Wurtechniken, was zu den beschriebenen Problemen geführt hat. Die "menschliche" Seite hast Du ja treffend geschildert. Der Grund für die Änderungen/Erleichterungen lag darin, dass in dieser Zeit das Judo von immer mehr Kindern betrieben worden ist. Es gab zu dieser Zeit einen gewaltigen Boom, der zur Folge hatte, dass es mehr Kinder als qualifizierte Trainer gab, viele Vereine neu gegründet wurden, ohne einen wirklich ausreichend qualifizierten Trainer und dass in der Folge viele Prüflinge überfordert waren. Also erleichterte man die Prüfungsordnung ein wenig.Fritz hat geschrieben:Im "Westen". (siehe auch meinen Beitrag weiter vorn im Faden:tutor! hat geschrieben:Die Gokyo in Ihrer Gänze war schon seit 1969/70 nicht mehr Basis für die Kyu-Prüfungsordnung!
http://www.dasjudoforum.de/forum/viewtopic.php?p=10795
Das darf eigentlich nicht überraschen, denn alles andere wäre doch merkwürig. Wann sonst soll denn eine Methodikdiskussion stattfinden, wenn nicht in einer Boom-Zeit in der auch noch die Zielgruppe sich wandelt. Gerade in dieser Zeit stand das Judo vor großen Herausforderungen: Trainer und Übungsleiter mussten ausgebildet werden, es mussten kindgerechte Vermittlungswege gefunden werden usw. Wenn man dann herausfindet, dass die bestehende PO die Entwicklungen hemmt, dann muss man die PO anpassen.Fritz hat geschrieben:Interessant, daß dies also mit der erwähnten Methodikdiskussion zusammenfällt...
Allerdings hatten viele ÜL das Wesentliche nicht verstanden und viele Alteingesessene - ich hatte es weiter oben schon einmal angedeutet - fühlten sich von der aufkommenden Generation der akademisch ausgebildeten ÜL/Trainer überrollt. Es gelang damals leider nicht immer, diese verdienten Trainer der "alten Schule" mitzunehmen.
Andere verstanden - etwas überspitzt - unter "spielerisch lernen" plötzlich die Judomatte als eine Art Spielplatz und das Üben der Techniken als mehr oder weinger belastendes Beiwerk.
Es kann doch gar kein Zweifel daran bestehen, dass man als Judoka die gesamte Gokyo beherrschen sollte. Das ist auch nie anders gesehen worden (falls doch: bitte Quelle nennen), sonst wäre die Gokyo in Gänze nicht Programm für den 1. Dan. Es geht einzig und allein um die Reihenfolge, in der die Techniken als Kyu-Grad gelernt werden sollen.Fritz hat geschrieben:Das Problem ist, wir hatten Leute mit einer mehr oder weniger guten gokyobasierten Technikgrundlagen,
diese Leute haben "Schwächen" in diesem System zu erkennen geglaubt.
Und diese auch prompt "korrigiert", dabei allerdings nicht berücksichtigt, daß ihr Technik-Wissen
erst durch das System Gokyo entstanden ist. Und leider scheint die zwangsläufige Folge
zu sein, daß die Schüler welche nach den Nicht-Gokyo-POs ausgebildet werden, dieses Technik-Wissen
nicht so verinnerlichen konnten... Wahlmöglichkeiten haben in der Regel die Konsequenz, daß
90% der Üblinge (die Zahl ist geschätzt ) eher die schwierigeren Techniken beiseite lassen...
Es ist doch pures Geschwätz, wenn man sagt, dass das Judo besser wird, wenn man die Gokyo bis zum Braungurt komplett gelernt hat, als wenn man sich bis zum 1. Dan Zeit nimmt.
Wenn ein Trainer nicht in der Lage ist, z.B. einen Uchi-mata zu vermitteln, dann spielt es keine Rolle, ob er das im Rahmen einer Gokyo-basierten oder einer anderen PO nicht kann: er kann es einfach nicht! Oder wenn er es kann, dann spielt es auch keine Rolle, wie die PO konstruiert ist.
Die Braungurte sollten es fast können, ab dem ersten Dan müssen sie es. Das ist eine Verschiebung nach hinten um einen Grad. Allerdings ist bitter und aus meiner Sicht nicht in Ordnung, dass man als Braungurt eine Trainer-Lizenz erwerben kann. Auf der anderen Seite muss man dafür ja auch noch eine praktische Prüfung absolvieren und so dramatisch ist nach der letzten Änderung der Sprung auch nicht mehr.Fritz hat geschrieben:Ich bezweifele, ob die meisten noch heutiger PO ausgebildeten Braungurte aus dem Stegreif
mal eben 40 Würfe zeigen können, oder noch wissen, was die Techniken sind, die ein
heutiger Gelb-Orange-Gurt können muß. (Das wissen in der Regel nicht mal die Prüfer, ohne
einen Zettel in der Hand zu haben).
Dem muss ich ein klein wenig widersprechen: dadurch, dass es keine Wahlmöglichkeiten mehr gibt, gibt es (auch im Westen ) wieder einen gemeinsamen Nenner. Und genau die Argumentation, dass nicht jeder Trainer das - methodische - Rad neu erfinden muss, führte dazu, dass es in den 90ern ein Ausbildungs- und Prüfungsprogramm und nicht nur eine PO wurde.Fritz hat geschrieben:Allerdings gibt es nicht nur "gute Trainer". Es gibt ja auch unerfahrene ÜL. Und hier sollte ein PO schon einen gewissen "Mindeststandard" erzwingen. Das tat die Gokyo-PO nahezu zwangsläufig und die jetzige PO halt nur teilweise...
Nur mal rein aus Spaß eine Ausflistung der Techniken der aktuellen PO. Techniken, die um mehr als eine Stufe verschoben sind, habe ich fett markiert.
weiß/gelb + gelb
- O-goshi
- Uki-goshi
- O-soto-otoshi
- O-uchi-gari
- Seoi-otoshi
gelb-orange/orange
- Ippon seoi nage (re+li)
- Tai-otoshi
- Ko-uchi-gari
- Ko-soto-gari oder Ko-soto-gake
- De-ashi-barai
- Morote-seoi-nage
- Sasae-tsuri-komi-ashi oder Hiza-guruma
- Okuri-ashi-barai (re+li)
- O-soto gari(re+li)
- Harai goshi
- Tsuri-komi-goshi
- (Koshi)-Uchi-mata
- O-uchi-barai oder Ko-uchi-barai
- Ko-uchi-maki-komi
- Tomoe-nage (re+li)
- Koshi-guruma
- Ushiro-goshi
- Hane-goshi
- Sumi-gaeshi
- Tani-otoshi
- Yoko-otoshi
- (Ashi)-Uchi-mata
- Utsuri-goshi
- Yoko-gake
- Kata-ashi-dori oder Kuchiki-taoshi
- Ashi-guruma oder O-guruma
- Ura-nage oder Yoko-guruma (re+li)
- Te-guruma (re+li)
- Kata-guruma
- Soto-maki-komi oder Hane-maki-komi
- Uki-otoshi
- Harai-tsuri-komi-ashi
- Tsuri-goshi
- Yoko-wakare
- Uki-waza
- O-soto-guruma
- Sumi-otoshi
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Re: Nostalgie: Die Gokyo / Verständnis der Gokyo
Mir geht die ganze Angelegenheit jetzt allmählich doch etwas zu durcheinander. Also versuche ich - aus meiner Sicht noch einmal einige der wesentlichen Themen, die sich um die Go-kyo herum entwickelt haben, zusammenzufassen:
1. Gibt es eine historisch durch Quellen abgesicherte Begründung für die Auswahl und Reihenfolge der Go-kyo Antwort: Nein, bis heute haben alle internationalen Fachleute keine diesbezüglichen Quellen gefunden. Dies gilt auch, wenn hbt und kastrow weiterhin annehmen, dass es "noch verfügbare Quellen geben müsse." Wer glauben will, der glaube - das ist dann allerdings eine religiöse Frage, keine wissenschaftliche.
2. Ist die Go-kyo nach didaktischen oder methodischen Kriterien strukturiert? Antwort: Bisher haben alle internationalen Experten (soweit ich die entsprechende Literatur kenne) keine durchgängigen methodischen Sinnstränge entdecken können. Dies gilt auch, wenn hbt oder kastrow "davon ausgehen", dass "mit Sicherheit schriftliche Berichte angefertigt wurden", weil sie (also kastrow und hbt) "heute exakt so vorgehen". Auch dies sind leider nur Mutmaßungen und Hoffnungen, also religiöse Glaubensbekenntnisse, keine nachprüfbaren wissenschaftlichen Aussagen.
3. Ist die Go-kyo dann überhaupt ein "Lehrsystem"? Die Antwort ist "Jain!". Sie hat weltweit jahrelang als solches gedient, bis sich in fast allen Ländern der Welt ausgebildete Sportlehrer oder Sportwissenschaftler Gedanken darüber machten, in welcher Reihenfolge die Judotechniken den Zielgruppen entsprechend anders anzuordnen seien.
Auch wenn viele die Gokyo immer noch als eine methodische Reihung mißverstehen, zeigen zahllose Bücher in allen Judonationen, dass sich die Fachleute in der Praxis anderer Kriterien für ihren Unterricht bedienen, als sie aus der Go-kyo heraus zu interpretieren sind.
4. Kann man über die Gokyo und die DJB-Kyu-Prüfungsordnung überhaupt als Gegensätze oder Alternativen diskutieren?
Die Antwort ist: Nein, weil es zwei völlig verschiedene Dinge sind. Das eine ist eine schöne, durchaus erfolgreiche Stoffsammlung (also eine Ansammlung von Techniken, die man im Judo um 1920 herum zu unterrichten müssen glaubt) und das andere ist eine Ausbildungskonzeption im Jahre 2005 (oder 1994 oder, oder, oder...) für die Mitglieder des Deutschen Judo-Bundes.
Ziele und Zwecke sind völlig verschieden und daher auch die jeweiligen Ergebnisse.
Wie Fritz schreibt kann man auch mit der Reihenfolge der Gokyo Judo erlernen - das haben ja wohl auch Generationen von Judoka getan. Aber es gibt eben auch andere, an neuen Zielgruppen orientierte Ausbildungskonzeptionen, von denen viele Judoexperten, Trainer, Lehrer, Übungsleiter, Schüler glauben, dass sie so angemessener ins Judo eingeführt werden. Eine wissenschaftliche Längsschnittuntersuchung über die Wirkungen des Unterrichtens mit oder ohne Gokyo ist mir derzeit nicht bekannt. Wer also wonach unterrichtet, muss sich in letzter Konsequenz auf seine eigenen Erfahrungen verlassen (oder auf der Menschen, auf die er zu hören bereit ist...)
Auch ohne Gokyo und ohne die Beherrschung aller Techniken der Go-kyo (Kodokan nennt übrigens bei den "Shinmeisho-no-waza" - den hinzugekommenen Techniken - noch weitere 27 Namen...) kann man durchaus ein guter, ernst zu nehmender Judoka mit einer reifen Persönlichkeit werden - was ich als Judolehrer durchaus wichtiger einschätze als die Fähigkeit, alle 40 Gokyo-Würfe auf Kommando ausführen zu können (ich glaube übrigens, ich könnte es noch, obwohl ich mir die Partner für Yoko-gake in der "klassischen" Variante vorher erst schießen müßte...).
5. Benötigt man die Beherrschung aller 40 Techniken der Gokyo, um als kompletter Judoka zu gelten?
Meine Antwort ist: Jain!
Einerseits gehört es zu einem fortgeschrittenen Judoka (also einem 2.-3. Dan) dazu, diesen "klassischen Technikkanon" zu kennen und zu können, andererseits weiß ich aus Erfahrung, dass es erfolgreichen Wettkämpfer mit dem 2. oder 3. Dan überhaupt nicht schwer fällt, diese Techniken sich innerhalb kürzester Zeit anzueignen, weil sie über sehr Bewegungsgefühl, extreme körperliche Voraussetzungen und sehr gute technische Grundlagen verfügen. Spitzenjudoka sind immer überdurchschnittlich talentierte Techniker - verglichen mit Breiten- und Freizeitsportler oder Wettkämpfern auf niedrigem Niveau.
Man kann ein guter Judoka, ein guter Mensch und eine sozial verantwortliche Persönlichkeit sein, ohne die Gokyo zu kennen oder zu können.
Ulrich
1. Gibt es eine historisch durch Quellen abgesicherte Begründung für die Auswahl und Reihenfolge der Go-kyo Antwort: Nein, bis heute haben alle internationalen Fachleute keine diesbezüglichen Quellen gefunden. Dies gilt auch, wenn hbt und kastrow weiterhin annehmen, dass es "noch verfügbare Quellen geben müsse." Wer glauben will, der glaube - das ist dann allerdings eine religiöse Frage, keine wissenschaftliche.
2. Ist die Go-kyo nach didaktischen oder methodischen Kriterien strukturiert? Antwort: Bisher haben alle internationalen Experten (soweit ich die entsprechende Literatur kenne) keine durchgängigen methodischen Sinnstränge entdecken können. Dies gilt auch, wenn hbt oder kastrow "davon ausgehen", dass "mit Sicherheit schriftliche Berichte angefertigt wurden", weil sie (also kastrow und hbt) "heute exakt so vorgehen". Auch dies sind leider nur Mutmaßungen und Hoffnungen, also religiöse Glaubensbekenntnisse, keine nachprüfbaren wissenschaftlichen Aussagen.
3. Ist die Go-kyo dann überhaupt ein "Lehrsystem"? Die Antwort ist "Jain!". Sie hat weltweit jahrelang als solches gedient, bis sich in fast allen Ländern der Welt ausgebildete Sportlehrer oder Sportwissenschaftler Gedanken darüber machten, in welcher Reihenfolge die Judotechniken den Zielgruppen entsprechend anders anzuordnen seien.
Auch wenn viele die Gokyo immer noch als eine methodische Reihung mißverstehen, zeigen zahllose Bücher in allen Judonationen, dass sich die Fachleute in der Praxis anderer Kriterien für ihren Unterricht bedienen, als sie aus der Go-kyo heraus zu interpretieren sind.
4. Kann man über die Gokyo und die DJB-Kyu-Prüfungsordnung überhaupt als Gegensätze oder Alternativen diskutieren?
Die Antwort ist: Nein, weil es zwei völlig verschiedene Dinge sind. Das eine ist eine schöne, durchaus erfolgreiche Stoffsammlung (also eine Ansammlung von Techniken, die man im Judo um 1920 herum zu unterrichten müssen glaubt) und das andere ist eine Ausbildungskonzeption im Jahre 2005 (oder 1994 oder, oder, oder...) für die Mitglieder des Deutschen Judo-Bundes.
Ziele und Zwecke sind völlig verschieden und daher auch die jeweiligen Ergebnisse.
Wie Fritz schreibt kann man auch mit der Reihenfolge der Gokyo Judo erlernen - das haben ja wohl auch Generationen von Judoka getan. Aber es gibt eben auch andere, an neuen Zielgruppen orientierte Ausbildungskonzeptionen, von denen viele Judoexperten, Trainer, Lehrer, Übungsleiter, Schüler glauben, dass sie so angemessener ins Judo eingeführt werden. Eine wissenschaftliche Längsschnittuntersuchung über die Wirkungen des Unterrichtens mit oder ohne Gokyo ist mir derzeit nicht bekannt. Wer also wonach unterrichtet, muss sich in letzter Konsequenz auf seine eigenen Erfahrungen verlassen (oder auf der Menschen, auf die er zu hören bereit ist...)
Auch ohne Gokyo und ohne die Beherrschung aller Techniken der Go-kyo (Kodokan nennt übrigens bei den "Shinmeisho-no-waza" - den hinzugekommenen Techniken - noch weitere 27 Namen...) kann man durchaus ein guter, ernst zu nehmender Judoka mit einer reifen Persönlichkeit werden - was ich als Judolehrer durchaus wichtiger einschätze als die Fähigkeit, alle 40 Gokyo-Würfe auf Kommando ausführen zu können (ich glaube übrigens, ich könnte es noch, obwohl ich mir die Partner für Yoko-gake in der "klassischen" Variante vorher erst schießen müßte...).
5. Benötigt man die Beherrschung aller 40 Techniken der Gokyo, um als kompletter Judoka zu gelten?
Meine Antwort ist: Jain!
Einerseits gehört es zu einem fortgeschrittenen Judoka (also einem 2.-3. Dan) dazu, diesen "klassischen Technikkanon" zu kennen und zu können, andererseits weiß ich aus Erfahrung, dass es erfolgreichen Wettkämpfer mit dem 2. oder 3. Dan überhaupt nicht schwer fällt, diese Techniken sich innerhalb kürzester Zeit anzueignen, weil sie über sehr Bewegungsgefühl, extreme körperliche Voraussetzungen und sehr gute technische Grundlagen verfügen. Spitzenjudoka sind immer überdurchschnittlich talentierte Techniker - verglichen mit Breiten- und Freizeitsportler oder Wettkämpfern auf niedrigem Niveau.
Man kann ein guter Judoka, ein guter Mensch und eine sozial verantwortliche Persönlichkeit sein, ohne die Gokyo zu kennen oder zu können.
Ulrich
UPS: Das habe ich doch alles schon einmal gehört!
schweres offtopic:
Heute bin ich der Meinung, wir müssen (sollten uns bemühen) uns die GoKyo unbedingt noch einmal genauer ansehen, aus der
Sicht des ausgehenden 19en-Jahrhunderts. Und, wir dürfen Kodokan Judo wieder als Kampfkunst betrachten und anerkennen.
Warum:
Weil unsere Nagewaza nicht funktionieren, nicht nach dem obersten Prinzip ... siehe mind over muscle , oder Olympia, besser noch -> Randori und Kreismeisterschaften.
Eine Methodikdiskussion schließt sich demzufolge nahtlos an; hinsichtlich unserer Hauptmitglieder/ Rekruten, unserer Kunden (Schützlinge) unbedingt erforderlich. Nur die wenigsten Kinder sind tatsächlich am Shiai (dem Kloppen) interessiert und leider hören die meisten Kinder schnell wieder auf, erreichen oftmals nur den GelbOrange-Gurt.
Also die Augen auf, die CPU ein, ...
Tschüß
Helge
Psst
Warum Okure-ashi-barai und nicht Okuriashiharai ???
Nachtrag:
Ulrich Klockes jüngster Beitrag war schneller als mein UPS.
Das schweift aber bedenklich ab, ... findest Du nicht? So einen Blödsinn nimmt doch niemand in den Mund (und legt ihn auch dem Nachbarn nicht in den Selben).Tutor! hat geschrieben:Wie leicht zu sehen ist, sind die Abweichungen eher gering und ehrlich gesagt, kann ich niemanden für voll nehmen, der mir sagt, dass man zwar mit der Gokyo als strenges System, aber nicht mit dieser Stufung gutes Judo vermitteln könne. Hier wird eigene Unfähigkeit auf "die da oben" abgewälzt!
Aus damaliger Sicht fand ich die Bewegungsvorgaben und die Komplexaufgabe als einen entscheidenen Schritt nach vorne, gestern fand ich die (Betonung der) Beidseitigkeit (als) unbedingt erforderlich, sie ist ja nun auch ein Bestandteil der APO2005.Ich meinte nicht die 2005er-Fortschreibung, sondern kleine redaktionelle Änderungen bei den Bewegungsvorgaben bereits Mitte/Ende der 90er.
Heute bin ich der Meinung, wir müssen (sollten uns bemühen) uns die GoKyo unbedingt noch einmal genauer ansehen, aus der
Sicht des ausgehenden 19en-Jahrhunderts. Und, wir dürfen Kodokan Judo wieder als Kampfkunst betrachten und anerkennen.
Warum:
Weil unsere Nagewaza nicht funktionieren, nicht nach dem obersten Prinzip ... siehe mind over muscle , oder Olympia, besser noch -> Randori und Kreismeisterschaften.
Eine Methodikdiskussion schließt sich demzufolge nahtlos an; hinsichtlich unserer Hauptmitglieder/ Rekruten, unserer Kunden (Schützlinge) unbedingt erforderlich. Nur die wenigsten Kinder sind tatsächlich am Shiai (dem Kloppen) interessiert und leider hören die meisten Kinder schnell wieder auf, erreichen oftmals nur den GelbOrange-Gurt.
Also die Augen auf, die CPU ein, ...
Tschüß
Helge
Psst
Warum Okure-ashi-barai und nicht Okuriashiharai ???
Nachtrag:
Ulrich Klockes jüngster Beitrag war schneller als mein UPS.
Zuletzt geändert von HBt am 02.09.2008, 22:10, insgesamt 1-mal geändert.
- Olaf
- 2. Dan Träger
- Beiträge: 548
- Registriert: 30.03.2004, 11:46
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- Verein: Obernkirchen Raptors/PSV Herford
- Kontaktdaten:
Re: Nostalgie: Die Gokyo / Verständnis der Gokyo
Danke Ulrich
Immer wieder muß das Unmögliche versucht werden,
um das Mögliche zu erreichen
Derjenige, der sagt „Es geht nicht“, soll denjenigen nicht stören, der es gerade tut.
Jeder kann unter http://www.obernkirchenraptors.de mehr über uns erfahren.
um das Mögliche zu erreichen
Derjenige, der sagt „Es geht nicht“, soll denjenigen nicht stören, der es gerade tut.
Jeder kann unter http://www.obernkirchenraptors.de mehr über uns erfahren.
Re: Nostalgie: Die Gokyo / Verständnis der Gokyo
@Ulrich: eine hervorragende Zusammenfassung, die die Diskussion in Bezug auf die Ausgangsfrage "Verständnis der Gokyo" noch einmal fokussiert und - wie ich meine - inhaltlich eigentlich abschließen müsste.
Ich möchte aber eine Meta-Ebene aufziehen und hinterfragen, warum diese Diskussion immer wieder virulent wird, obwohl sie im Prinzip schon seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten (wie Du selbst geschrieben hast zumindest im Westen seit Ende der 70er) abgeschlossen sein sollte.
Es hängt IMHO mit den persönlichen Judobiographien vieler Judoka zusammen, die über Jahrzehnte durch die Gokyo geprägt wurden. Das Beherrschen möglichst großer Teile dieser Stoffsammlung, die Möglichkeit auch einmal ein paar Fragen, nach dem Muster "was ist der Unterschied zwischen...." oder "was ist das Prinzip von....." beantworten zu können, wiesen sie innerhalb ihrer Trainingsgruppe als "Fortgeschrittene" oder auch als "Experten" aus. Das Wissen um die Gokyo und ihre Beherrschung bestimmte so ein Stück weit den sozialen Status vieler Judoka. Die Graduierung war zwar das sichtbare Zeichen, das Wissen/Können (auch) um die Gokyo so etwas wie die dahinter stehende "Substanz".
Wie oft war ich bei Lehrgängen auf allen möglichen Ebenen zugegen, wo genau diese Themen rund um die Gokyo diskutiert wurden? Im Kata-Wesen erleben wir doch genau dasselbe: die Sehnsucht nach einem feststehenden Gerüst (i.d.F. der "Kodokan-Standard"), an dem man sich orientieren kann und dessen Beherrschung oder zumindest dessen Kenntnis erreichbar ist.
Dann kommen Leute wie damals z.B. Wolfgang Hofmann, machen vergleichsweise ein Judo von einem anderen Stern und zerstören dieses Gerüst. Was eben noch der eigenen (sozialen) Position Sicherheit gab, worauf man eben noch die eigene Position als "Experte" gründen konnte, wird in Frage gestellt. Rhetorisch kommt man gegen die "Studierten" auch nicht an. Das starre, aber vertraute Gerüst der Gokyo wird in seine Elemente zerlegt, mit denen man plötzlich kreativ umgehen soll (Zusammenstellung anderer Reihenfolgen und Bezüge zwischen den Techniken). Andere schaffen das, und man selbst?
Was diesen Menschen bleibt ist "innerer Widerstand". Viele sind in dieser Situation Vernunftsargumenten nicht mehr zugänglich, weil auch emotional überfordert. Meist sind es Leute, die sich selbst nicht zutrauen unter veränderten Maßstäben ihre soziale Position zu behaupten, oder vielleicht sogar auszubauen. Andere trauen sich dieses zu, was die soziale (Hack-)Ordnung verändert. Dies wiederum produziert weitere Konflikte und verhärtet unnötig Positionen, was aber weniger mit Inhalten sondern mit Sozialstatus zu tun hat.
Besonders schwierig wird es, wenn sich diese Leute bereits öffentlich positioniert haben. Dann ist eine Bewusstseinsänderung nur noch bei starken Persönlichkeiten möglich.
Ich habe es viele Male erlebt. Beim Judo und vor allem auch in anderen Bereichen. Wir können nur versuchen, möglichst wenige zurück zu lassen. Aber alle wird man leider nie mitnehmen können.
Ich möchte aber eine Meta-Ebene aufziehen und hinterfragen, warum diese Diskussion immer wieder virulent wird, obwohl sie im Prinzip schon seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten (wie Du selbst geschrieben hast zumindest im Westen seit Ende der 70er) abgeschlossen sein sollte.
Es hängt IMHO mit den persönlichen Judobiographien vieler Judoka zusammen, die über Jahrzehnte durch die Gokyo geprägt wurden. Das Beherrschen möglichst großer Teile dieser Stoffsammlung, die Möglichkeit auch einmal ein paar Fragen, nach dem Muster "was ist der Unterschied zwischen...." oder "was ist das Prinzip von....." beantworten zu können, wiesen sie innerhalb ihrer Trainingsgruppe als "Fortgeschrittene" oder auch als "Experten" aus. Das Wissen um die Gokyo und ihre Beherrschung bestimmte so ein Stück weit den sozialen Status vieler Judoka. Die Graduierung war zwar das sichtbare Zeichen, das Wissen/Können (auch) um die Gokyo so etwas wie die dahinter stehende "Substanz".
Wie oft war ich bei Lehrgängen auf allen möglichen Ebenen zugegen, wo genau diese Themen rund um die Gokyo diskutiert wurden? Im Kata-Wesen erleben wir doch genau dasselbe: die Sehnsucht nach einem feststehenden Gerüst (i.d.F. der "Kodokan-Standard"), an dem man sich orientieren kann und dessen Beherrschung oder zumindest dessen Kenntnis erreichbar ist.
Dann kommen Leute wie damals z.B. Wolfgang Hofmann, machen vergleichsweise ein Judo von einem anderen Stern und zerstören dieses Gerüst. Was eben noch der eigenen (sozialen) Position Sicherheit gab, worauf man eben noch die eigene Position als "Experte" gründen konnte, wird in Frage gestellt. Rhetorisch kommt man gegen die "Studierten" auch nicht an. Das starre, aber vertraute Gerüst der Gokyo wird in seine Elemente zerlegt, mit denen man plötzlich kreativ umgehen soll (Zusammenstellung anderer Reihenfolgen und Bezüge zwischen den Techniken). Andere schaffen das, und man selbst?
Was diesen Menschen bleibt ist "innerer Widerstand". Viele sind in dieser Situation Vernunftsargumenten nicht mehr zugänglich, weil auch emotional überfordert. Meist sind es Leute, die sich selbst nicht zutrauen unter veränderten Maßstäben ihre soziale Position zu behaupten, oder vielleicht sogar auszubauen. Andere trauen sich dieses zu, was die soziale (Hack-)Ordnung verändert. Dies wiederum produziert weitere Konflikte und verhärtet unnötig Positionen, was aber weniger mit Inhalten sondern mit Sozialstatus zu tun hat.
Besonders schwierig wird es, wenn sich diese Leute bereits öffentlich positioniert haben. Dann ist eine Bewusstseinsänderung nur noch bei starken Persönlichkeiten möglich.
Ich habe es viele Male erlebt. Beim Judo und vor allem auch in anderen Bereichen. Wir können nur versuchen, möglichst wenige zurück zu lassen. Aber alle wird man leider nie mitnehmen können.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
Re: Nostalgie: Die Gokyo / Verständnis der Gokyo
Irgendwie geht jetzt einiges Durcheinander. Ich wollte mit meiner Äußerung zur PO eigentlich keine Diskussion "PO gegen Gokyo" entfachen. Mich interessiert, warum die Wurfreihenfolge geändert wurde. Nicht, um Gokyo und PO gegeneinander zu stellen, sondern um mein Verständnis der Gokyo (auch mit evtl. Schwachpunkten) und der PO zu vertiefen. Wenn Leute etwas ändern, denken sie sich doch etwas dabei.
Ich habe darauf hingewiesen, dass
a) jede Theorie zur Gokyo logisch überprüfbar ist
b) dass einige Diskussionen überflüssig sind, wenn die damals Beteiligten / Beobachtenden kurz die Diskussion der 70er zusammenfassen. (Wieso wird uns Jüngeren eigentlich das Ergebnis der damaligen Diskussion verweigert?)
Vielleicht können wir ja doch - bitte - auf dieser sachlichen Ebene weiter arbeiten.
Ich habe darauf hingewiesen, dass
a) jede Theorie zur Gokyo logisch überprüfbar ist
b) dass einige Diskussionen überflüssig sind, wenn die damals Beteiligten / Beobachtenden kurz die Diskussion der 70er zusammenfassen. (Wieso wird uns Jüngeren eigentlich das Ergebnis der damaligen Diskussion verweigert?)
Vielleicht können wir ja doch - bitte - auf dieser sachlichen Ebene weiter arbeiten.
Herzliche Grüße,
kastow
Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)
kastow
Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)