Würfe Grundform, Schritt rückwarts?
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- 1. Dan Träger
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Würfe Grundform, Schritt rückwarts?
Hin und wieder mache ich kurz vor dem Ende eines Wurfes einen Schritt rückwärts.
Unsere Trainer sehen das als mangelde Kontrolle über Uke und geben als Ursache einen zu grossen Abstand zu Uke und/oder das sich Tori nicht tief genug in den Wurf eingedreht hat an.
Mir ist aufgefallen, dass Herr Mifune in seinen Videos kurz vor Wurfende sehr oft einen oder mehrere Schritte rückwärts macht.
Sind diese Rückwärtsschritte tatsächlich Fehler?
Danke,
Patrick-Oliver
Unsere Trainer sehen das als mangelde Kontrolle über Uke und geben als Ursache einen zu grossen Abstand zu Uke und/oder das sich Tori nicht tief genug in den Wurf eingedreht hat an.
Mir ist aufgefallen, dass Herr Mifune in seinen Videos kurz vor Wurfende sehr oft einen oder mehrere Schritte rückwärts macht.
Sind diese Rückwärtsschritte tatsächlich Fehler?
Danke,
Patrick-Oliver
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- 3. Dan Träger
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rückwärtslaufen
... da muß ich dir widersprechen, lieber Fritz. Der Gleichgewichtsbruch war keineswegs zu schwach bei Patrick-Oliver (soweit ich das überhaupt aus der Ferne zu beurteilen vermag).
Es ist vielmehr so, daß hier simple Physik in Anwendung zu beobachten ist.
Eindrehen bedeutet: Tori rotiert um seine Körperlängsachse - soweit einverstanden?
Bei dieser Rotation wird nun verlangt, daß Tori mittels seiner Arme Zugbewegungen ausführt (vorher und währenddessen).
Nun ist es aber unvermeidlicherweise so, daß Kräfte, die auf einen rotierenden Körper einwirken und sich dabei nicht parallel zur Drehachse befinden, die Rotation unweigerlich stören. Folge: Tori verliert sein Gleichgewicht, muß Kraft aufwenden, um dasselbe zu bewahren oder wiederzufinden, muß sich dazu an Uke festhalten, Drehung wird langsamer, Wurf mißlingt, Toris verlorenes Gleichgweicht läßt ihn nach hinten gehen ...
Hirano Sensei meinte dazu (und der Erfolg gab ihm Recht), daß man Zugbewegungen erst am Ende bzw. nach Abschluß des Eindrehvorgangs einsetzen dürfe.
Wir haben das vor längerem ausprobiert, es funktioniert hervorragend.
Wenn man dabei noch den richtigen Abstand zu Uke einhält (also keineswegs Hüfte an Hüfte beim Eindrehen), dann kann Uke das Eindrehen kaum noch verhindern.
Ich hab das in Frankfurt gezeigt, und es führte bei allen Teilnehmern zu erstauntem, ja fassungslosem Kopfschütteln. Ein Teilnehmer meinte, dann hätte er, verglichen mit dieser äußerst effektiven Art des Eindrehens, ja über dreißig Jahre lang alles falsch gemacht, was man beim Eindrehen nur falsch machen kann ...
Mich hat dabei gefreut, daß er bereit war, umzulernen und dadurch besser zu werden.
Freundliche Grüße
Tom
Es ist vielmehr so, daß hier simple Physik in Anwendung zu beobachten ist.
Eindrehen bedeutet: Tori rotiert um seine Körperlängsachse - soweit einverstanden?
Bei dieser Rotation wird nun verlangt, daß Tori mittels seiner Arme Zugbewegungen ausführt (vorher und währenddessen).
Nun ist es aber unvermeidlicherweise so, daß Kräfte, die auf einen rotierenden Körper einwirken und sich dabei nicht parallel zur Drehachse befinden, die Rotation unweigerlich stören. Folge: Tori verliert sein Gleichgewicht, muß Kraft aufwenden, um dasselbe zu bewahren oder wiederzufinden, muß sich dazu an Uke festhalten, Drehung wird langsamer, Wurf mißlingt, Toris verlorenes Gleichgweicht läßt ihn nach hinten gehen ...
Hirano Sensei meinte dazu (und der Erfolg gab ihm Recht), daß man Zugbewegungen erst am Ende bzw. nach Abschluß des Eindrehvorgangs einsetzen dürfe.
Wir haben das vor längerem ausprobiert, es funktioniert hervorragend.
Wenn man dabei noch den richtigen Abstand zu Uke einhält (also keineswegs Hüfte an Hüfte beim Eindrehen), dann kann Uke das Eindrehen kaum noch verhindern.
Ich hab das in Frankfurt gezeigt, und es führte bei allen Teilnehmern zu erstauntem, ja fassungslosem Kopfschütteln. Ein Teilnehmer meinte, dann hätte er, verglichen mit dieser äußerst effektiven Art des Eindrehens, ja über dreißig Jahre lang alles falsch gemacht, was man beim Eindrehen nur falsch machen kann ...
Mich hat dabei gefreut, daß er bereit war, umzulernen und dadurch besser zu werden.
Freundliche Grüße
Tom
Andererseits gibt es auch noch sowas wie den Kreiseleffekt,Tom hat geschrieben:Nun ist es aber unvermeidlicherweise so, daß Kräfte, die auf einen rotierenden Körper einwirken und sich dabei nicht parallel zur Drehachse befinden, die Rotation unweigerlich stören. Folge: Tori verliert sein Gleichgewicht, muß Kraft aufwenden, um dasselbe zu bewahren oder wiederzufinden, muß sich dazu an Uke festhalten, Drehung wird langsamer, Wurf mißlingt, Toris verlorenes Gleichgweicht läßt ihn nach hinten gehen ...
der stabilisierend auf die rotierende Achse wirkt
(siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Gyroskop)
Für mein Verständnis:
Befindet sich bei Deinem Verfahren des Eindrehens der Uke
vor dem Start der Bewegung im Gleichgewicht oder nicht?
Mit freundlichem Gruß
Fritz
Fritz
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- 3. Dan Träger
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gleichgewicht
... Uke sollte sich (weil das im Randori ja in der Regel auch so ist) in Bewegung befinden. Steht Uke still, ist er im stabilen Gleichgewicht, und es bedarf doch gehöriger Antrengung, ihn da 'rauszubugsieren.
Daher muß Tori - was ja auch vernünftig ist - den Uke "in Bewegung" versetzen - und das geht eben nur schlecht dadurch, daß man kräftig am Uke zieht. Dieser nämlich wird dann ganz automatisch wenigstens leichten Widerstand leisten - in der Regel aber sogar eine gegenläufige Bewegung ausführen, wenn er ruckartig und heftig angerissen wird.
Besser ist es, wenn Tori gar nicht anreißt - jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt. (Hirano hat das ausführlich demonstriert).
Stattdessen sollte sich Tori bewegen - und seine Hände haben ja Uke gefaßt, so daß dieser sich mit bewegt - allerdings nur dann, wenn er eben nicht durch wildes Reißen an seinem Gi dazu gebracht wird, sich in Richtungen zu bewegen, die Tori nicht genehm sind.
Meiner Erfahrung nach - und Hiranos Lehrmethode bestätigt das - ist es am wirkungsvollsten, wenn Tori sich in der beschriebenen Art (Tori aufrecht und im Gleichgewicht, Toris Hüfte weit weg von Uke, etwa eine dreiviertel Armlänge) eindreht. Das kann Uke nicht durch Hüftblock verhindern, und dieses Eindrehen durch die Hände zu verhindern ist sehr, sehr schwer.
Hat Tori dann vollständig eingedreht, DANN erfolgt der Anriß der Arme - und das funktioniert prächtig, Hirano sei Dank.
Ich kann damit Judoka mit Eindrehtechniken werfen, die ich mit anderen Methoden des Eindrehens kaum einen Millimeter bewegt bekomme (wir haben einige sehr erfahrene Superschwergewichtler hier!).
Bisher konnte ich diese Judoka nur mit Fußwürfen oder Opferwürfen fällen ... trotz aller Erfahrung.
Mittlerweile ist das vorstehend beschriebene Eindrehen so leichtfüßig, schnell und vor allem unvorhersehbar geworden (nicht nur bei mir), daß es mich immer wieder zu kleinen Begeisterungstänzchen hinreißt.
Ich denke also nach wie vor, daß ein kräftiger Anriß zu Beginn des Eindrehens oder sogar vorher nicht den eigentlich gewünschten Effekt bringt.
Das widerspricht natürlich allem, was man im Laufe vieler Jahre gelernt hat und was uns eingebleut wurde, das ist mir schon klar ...
Ich denke aber, daß man da einfach ausprobieren muß, ob man damit klarkommt oder ob man beim "Althergebrachten" bleiben möchte.
Grüße
Tom
Daher muß Tori - was ja auch vernünftig ist - den Uke "in Bewegung" versetzen - und das geht eben nur schlecht dadurch, daß man kräftig am Uke zieht. Dieser nämlich wird dann ganz automatisch wenigstens leichten Widerstand leisten - in der Regel aber sogar eine gegenläufige Bewegung ausführen, wenn er ruckartig und heftig angerissen wird.
Besser ist es, wenn Tori gar nicht anreißt - jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt. (Hirano hat das ausführlich demonstriert).
Stattdessen sollte sich Tori bewegen - und seine Hände haben ja Uke gefaßt, so daß dieser sich mit bewegt - allerdings nur dann, wenn er eben nicht durch wildes Reißen an seinem Gi dazu gebracht wird, sich in Richtungen zu bewegen, die Tori nicht genehm sind.
Meiner Erfahrung nach - und Hiranos Lehrmethode bestätigt das - ist es am wirkungsvollsten, wenn Tori sich in der beschriebenen Art (Tori aufrecht und im Gleichgewicht, Toris Hüfte weit weg von Uke, etwa eine dreiviertel Armlänge) eindreht. Das kann Uke nicht durch Hüftblock verhindern, und dieses Eindrehen durch die Hände zu verhindern ist sehr, sehr schwer.
Hat Tori dann vollständig eingedreht, DANN erfolgt der Anriß der Arme - und das funktioniert prächtig, Hirano sei Dank.
Ich kann damit Judoka mit Eindrehtechniken werfen, die ich mit anderen Methoden des Eindrehens kaum einen Millimeter bewegt bekomme (wir haben einige sehr erfahrene Superschwergewichtler hier!).
Bisher konnte ich diese Judoka nur mit Fußwürfen oder Opferwürfen fällen ... trotz aller Erfahrung.
Mittlerweile ist das vorstehend beschriebene Eindrehen so leichtfüßig, schnell und vor allem unvorhersehbar geworden (nicht nur bei mir), daß es mich immer wieder zu kleinen Begeisterungstänzchen hinreißt.
Ich denke also nach wie vor, daß ein kräftiger Anriß zu Beginn des Eindrehens oder sogar vorher nicht den eigentlich gewünschten Effekt bringt.
Das widerspricht natürlich allem, was man im Laufe vieler Jahre gelernt hat und was uns eingebleut wurde, das ist mir schon klar ...
Ich denke aber, daß man da einfach ausprobieren muß, ob man damit klarkommt oder ob man beim "Althergebrachten" bleiben möchte.
Grüße
Tom
- Lippe
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So wie ich das Ganze verstanden (aber noch nicht ausprobiert) habe ist genau das der Witz an der Sache:Clonk hat geschrieben:P.S.: Dann könnte Tori doch auch, sofern er Uke schnell ranzieht, den Schwung nutzen, und sich so das Werfen erleichtern, oder?
Sobald Tori Uke anreißt wird kurz danach eine Gegenreaktion von Uke kommen. Wenn erst angerissen und danach eingedreht wird kann es passieren, dass die Gegenreaktion und Eindrehen oder Niederwurf zusammenfallen und der Wurf eben schwerer wird.
Bei dem von Tom beschriebenen kommt die Gegenreaktion auf den Zug zu spät, da Tori nicht erst noch eindrehen muss, sondern das Hindernis, über das Uke fällt, bereits da ist.
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- 3. Dan Träger
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eindrehen
... das ist ja der Witz bei der ganzen Angelegenheit - man muß (bspw. beim O-Goshi) Uke nicht mehr ausheben, denn durch die vorstehend beschriebene Art des Eindrehens kommt man automatisch so irre tief in die Hocke (und bleibt dabei stabil stehen - jedenfalls wenn man die Beine etwa schulterbreit setzt - wir nennen das die "Ski-Abfahrts-Haltung"), daß Uke einfach drüberfällt, und das wird durch den dann stattfindenden schnellen Zug der Hände möglich.
So, und nun wißt ihr, was ich meine, wenn ich ein wenig bemängele, daß zum Seoi-Nage leider sehr oft falsch eingedreht wird. Gleiches gilt für den Tsuri-Komi-Goshi. Schaut euch doch mal an, wie dieser Wurf bspw. in Nage-no-Kata oft demonstriert wird - Tori hockt sich ohne Stabilität vor Uke, streckt den Arm - und soll dann werfen ...
Freundliche Grüße
Tom
So, und nun wißt ihr, was ich meine, wenn ich ein wenig bemängele, daß zum Seoi-Nage leider sehr oft falsch eingedreht wird. Gleiches gilt für den Tsuri-Komi-Goshi. Schaut euch doch mal an, wie dieser Wurf bspw. in Nage-no-Kata oft demonstriert wird - Tori hockt sich ohne Stabilität vor Uke, streckt den Arm - und soll dann werfen ...
Freundliche Grüße
Tom
Re: eindrehen
Gleiches gilt für Seoi-Otoshi. Einige in meiner Gruppe haben dabei Probleme, wenn sie versuchen, Uke zu werfen, und wollen dann mit Hilfe des Nicht-Zugarms Uke heben. Im Normalfall misslingt der Wurf dann. Das wäre bei der von Tom beschrieben Art nicht mehr nötig. Bei Morote-Seoinage tritt das Problem auch mal auf.tom herold hat geschrieben:... das ist ja der Witz bei der ganzen Angelegenheit - man muß (bspw. beim O-Goshi) Uke nicht mehr ausheben, denn durch die vorstehend beschriebene Art des Eindrehens kommt man automatisch so irre tief in die Hocke (und bleibt dabei stabil stehen - jedenfalls wenn man die Beine etwa schulterbreit setzt - wir nennen das die "Ski-Abfahrts-Haltung"), daß Uke einfach drüberfällt, und das wird durch den dann stattfindenden schnellen Zug der Hände möglich.
Gruß,
Clonk
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richtig eindrehen
Eines noch: ihr macht das von mir beschriebene, sinnvolle und sehr schnelle Eindrehen kaputt, wenn ihr dies mit eurer bisher üblichen Eindrehbewegung (bei rechts: rechter Fuß kreisförmig zu Uke hin, vor Uke, wenn möglich gar zwischen seine Füße ...) kombiniert.
Ich habe an anderer Stelle hier im Forum beschrieben, wie man's richtig macht - also den rechten Fuß weg von Uke, dann den linken sozusagen hintenrum um den rechten Fuß drehen und in die beschriebene "Ski-Abfahrts-Haltung" gehen ...
Viel Spaß dabei! Ihr werdet überrascht sein.
Trotzdem denke ich, daß sich da bei Gelegenheit jemand drum kümmern sollte, der diese Art des Eindrehens beherrscht - um zu vermeiden, daß sich Fehler einschleifen ... (keine Sorge, das muß ja nicht ich sein).
Grüße
Tom
Ich habe an anderer Stelle hier im Forum beschrieben, wie man's richtig macht - also den rechten Fuß weg von Uke, dann den linken sozusagen hintenrum um den rechten Fuß drehen und in die beschriebene "Ski-Abfahrts-Haltung" gehen ...
Viel Spaß dabei! Ihr werdet überrascht sein.
Trotzdem denke ich, daß sich da bei Gelegenheit jemand drum kümmern sollte, der diese Art des Eindrehens beherrscht - um zu vermeiden, daß sich Fehler einschleifen ... (keine Sorge, das muß ja nicht ich sein).
Grüße
Tom