Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?

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caesar
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Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?

Beitrag von caesar »

Während es für die deutschen Frauen nach 6 Starterinnen für Paris 2024 aussieht, mit Luxusproblemen in den Gewichtsklassen -57, -78 und mit Fragezeichen auch -70 kg, schauen die Männer für diese Spiele in die Röhre. Lediglich im Schwergewicht ist die Qualifikation sicher, dort sogar für Erik Abramov und Losseni Kone, der Bundestrainer wird keine einfache Entscheidung haben. Aktuell kommt noch ein Startplatz über die Kontinentalquote hinzu. Igor Wandtke ist unter 73 Kilogramm nah an der direkten Qualifikation und bekommt, Stand jetzt, Platz 13 von 15 auf der europäischen Liste. Bei noch 3 ausstehenden Turnieren, Tajikistan dieses Wochenende, Kasachstan und die Weltmeisterschaften, könnten die ärgsten Verfolger ihm diesen Platz aber noch wegnehmen.
In der undurchsichtigen Olympiaqualifikation würde Deutschland mit Glück aktuell auch noch ein Team stellen, weil von der IJF ein extra Startplatz zum Auffüllen des Teams an Timo Cavelius gehen, der aber nur im Team starten dürfte.

Mit lediglich zwei Startern wäre es das schwächste Ergebnis der deutschen Männer seit der Wiedervereinigung. Vorher ist es auf Grund der zwei Verbände nicht vergleichbar und eigentlich auch erst seit Einführung des neuen Qualifikationssystems.

Bei den noch ausstehenden Turnieren sind zwar noch ordentlich viele Punkte zu holen, die deutschen sind in ihrem 5 Ergebnissen, die die Position in der Olympiarangliste für dieses Jahr ausmachen, jedoch recht konstant, so dass ein Ausrutscher nach oben passieren muss um die Position noch deutlich zu verbessern. Die Fähigkeiten dazu haben sicherlich einige. Mit Martin Setz (-66) ist allerdings nur ein Athlet aktuell in direkter Schlagweite zur direkten Qualifikation, ihm fehlen 200 Punkte, mit einem 5. Platz bei einem Grand Slam könnte er sich dort noch reinkämpfen. Problem dabei: dieses Ergebnis konnte er in seiner Karriere erst einmal erzielen.
Die anderen Gewichtsklassen haben es da deutlich schwerer. Unter 60 kg ist die Qualifikation schon abgehakt, hier wird es keinen deutschen Starter geben. Igor Wandtke (-73), Timo Cavelius (-81) und Dominic Ressel (-81) haben 400-600 Punkte Rückstand auf die direkte Qualifikation.
Vize-Olympiasieger Eduard Trippel (-90) würden selbst die 1000 Punkte für einen Grand Slam Sieg nicht zur direkten Qualifikation helfen, er braucht mindestens 2 Medaillen, maximal einmal Bronze, aus den verbleibenden 3 Turnieren. Bis 100 Kilogramm fehlen den jungen George Udsilauri und Louis Mai auch noch 800 bzw. 1000 Punkte zur Qualifikation, was neue Karrierehöchstleistungen für beide bedeuten würde.

Von den aufgezählten Athleten werden wohl nur die letzten beiden noch Richtung Los Angeles 2028 streben. Die anderen sind entweder schon 30, oder erreichen dieses Alter im nächsten Olympiazyklus (Cavelius) erreichen. Kommen junge Athleten nach und aktuell ist es nur Tal, bedingt durch Corona und den verkürzten Qualifikationszyklus oder bleibt das deutsche Männerjudo zweitklassig?

Bis 60 Kilogramm und 66 Kilogramm sieht es nicht danach aus. Maximilian Standke scheint noch nicht im Männerjudo auf Weltebene angekommen zu sein, Junioren-Vizeweltmeister Lennart Slamberger hat gerade erst die Gewichtsklasse gewechselt. Danach sieht es mau aus.
Bis 73 kg konnte Jano Rübo zuletzt einen European Cup gewinnen und weckt die Hoffnung die Lücke füllen zu können. Vielleicht kann auch Alexander Gabler, dann als nominelle Nummer 1, auf LA28 als Höhepunkt zielen.
In der deutschen Paradeklasse -81 kg könnte Tim Gramkow vielleicht aufblühen, aber auch wird in LA schon 30 sein. Nach ihm klafft eine Lücke die bisher kein Junior zu schließen vermag. Ähnlich sieht es unter 90 Kilo aus.
Bis 100 Kilogramm hat man mit den schon erwähnten George Udsilauri und Louis Mai zwei Kandidaten die es schon mehrfach in die Platzierungslisten auf der Welttour geschafft haben. Mit Kilian Kappelmeier hat man noch einen dritten Athleten Anfang 20 dem der Schritt zuzutrauen ist. Im Schwergewicht ist Abramov und Kone die nächste Qualifikation auch zuzutrauen.

Das sieht nach 2,5 Qualifikationsmöglichkeiten aus, auch wenn in 4 Jahren noch viel passieren kann und die Entwicklung im Seniorenbereich für jeden anders verläuft.
Dennoch sollte nachgedacht werden, wie man dieser Entwicklung entgegenwirkt. Immer wieder bemängeln die Bundestrainer der Altersklassen die mangelnde Härte und Cleverness, zumindest ist mir dies im Kopf geblieben. Vielleicht ist das der falsche Hebel, wenn es scheinbar durch die Altersklassen durch keine Verbesserung gibt. Vielleicht war die technische Vorgabe der Entwicklungsjahre dieser Sportler doch nicht die Beste. Vielleicht ist es auch nur ein Generationsloch in dem die Talente sich andere Sportarten gesucht haben oder es aufgrund von Verletzungen nicht geschafft haben.

Um ein Zitat aus dem Fußball zu bemühen „es gibt keine Kleinen mehr“. Die deutschen Spitzenjudoka tun sich schwer gegen Athleten aus Afrika und Ozeanien. Aus diesen Regionen hat man früher gerne Gegner in der ersten Runde zum Aufwärmen gehabt. Heute ist hier teilweise schon Schluss gegen ebendiese. Die physische Lücke scheint geschlossen und das Judo nicht besser. Ein Zustand der bedenklich stimmt. Während im Frauenbereich bei den Junioren und Senioren regelmäßig die Medaillen mit nach Hause gebracht werden, ist bei den Männern nicht die Frage wie viele, sondern ob eine Medaille erreicht wird.

Das Problem wird auch schon anderen aufgefallen sein und ein Konzept wird schon in den Startlöchern stehen um Brisbane 2032 erfolgreicher gestalten zu können als das erwartete Los Angeles 2028. Wobei solange die Frauen fleißig die Medaillen bringen, ist die Förderung ja nicht in Gefahr.
Bodnus Carlsen
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Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?

Beitrag von Bodnus Carlsen »

Ich sehe die Problematik ähnlich. Kurzfristig habe ich noch die Hoffnung, dass die Grand Slams an diesem und am kommenden Wochenende relativ schwach besetzt sind. Vielleicht kann der eine oder andere noch ein paar Punkte holen und so die Qualifikation absichern.
caesar hat geschrieben:
03.05.2024, 01:04
In der undurchsichtigen Olympiaqualifikation würde Deutschland mit Glück aktuell auch noch ein Team stellen, weil von der IJF ein extra Startplatz zum Auffüllen des Teams an Timo Cavelius gehen, der aber nur im Team starten dürfte.
Korrektur: Wer einen Team Invitation-Platz bekommt, ist auch für das Einzel startberechtigt ("Paris Olympic Games 2024 Judo Qualification System - 28.11.2023 - ENG (Sport Commission)" auf https://www.ijf.org/documents).
caesar
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Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?

Beitrag von caesar »

Danke für die Korrektur. Dann sieht es nach drei männlichen Startern in Paris aus, da sich die 73 und 81 wahrscheinlich den Kontinental- und Teamstartplatz hin und herschieben werden.

Ich habe noch diesen alten Beitrag gefunden
caesar hat geschrieben:
09.08.2016, 19:35
Im Judomagazin 06/16 schreibt Peter Frese im Vorwort: "Schon jetzt arbeitet das Präsidium gemeinsam mit der DJB-Jugend und den Nachwuchs-Bundestrainern daran, für Olympia 2024 die Weichen zu stellen. Das bedeutet im Speziellen: Die nötigen technischen Voraussetzungen bei den Nachwuchsjudokas schaffen. Mit unserer dazu entwickelten „Nationalen Grundkampfkonzeption“ sind wir bereits auf dem richtigen Weg – und dieser Weg ist alternativlos. Ohne eine strukturelle Vorgabe würden wir international den Anschluss verpassen und die Athleten der Zukunft könnten kaum noch von Olympiamedaillen träumen, wie dies die Generation 2016 tut."
Da schien er noch für das Konzept der Nachwuchsbundestrainer mit Regeländerungen zu sein, zumindest lese ich das so. Die nationale Grundkampfkonzeption, die meinem Verständnis nach den Ärmel-Revers-Griff stark bevorzugt, wird von ihm in aktuellen Judomagazin dann ja auch eher klein gehalten. Das er in der Ausgabe 06/16 das Wort "alternativlos" verwendet, halte ich für sehr unglücklich. Nichts ist alternativlos, vorher ging es ja auch ohne und andere Nationen haben keine NGKKZ und sind trotzdem erfolgreich.
Irgendwie scheint das nicht wirklich funktioniert zu haben, denn die Generation 2024 ist quasi die Generation 2020. Lediglich im Schwergewicht sind Athleten der jüngeren Jahrgänge durchgekommen, vielleicht kann man Timo Cavelius mit 28 auch noch dazuzählen. In meiner sehr vereinfachten Betrachtung scheinen die damaligen Ideen aber gescheitert.
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Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?

Beitrag von Bodnus Carlsen »

Kurzfristig für Paris sehe ich die Lage (bislang) weniger düster, weil vielleicht der eine oder andere Judoka noch ein paar Punkte bei den schwachbesetzten Grand Slams in Dunshabe und Astana sammeln kann. Insofern tritt Deutschland vermutlich nicht mit sonderlich vielen Männern an, aber hoffentlich mit einem Mixed Team.

Zur langfristigen Entwicklung gibt es vermutlich etliche Fragen und Baustellen:

1. Die Fokussierung auf "japanisches Judo" klingt super, aber ist vermutlich nicht realistisch. Die Franzosen versuchen auch nicht, japanisches Judo zu machen, sondern sind erfolgreich mit ihrem Stil.

2. Zentralisierung ist immer ein Thema: Die stärksten Judoka müssen mit den stärksten Judoka trainieren. Wenn sich die ohnehin dünne Personaldecke über sechs Bundesstützpunkte verteilt, dann ist das im Hinblick auf die Leistungsentwicklung sicherlich nicht optimal. Natürlich ist Zentralisierung alleine kein Allheilmittel und führt zu eigenen Problemen (die Fokussierung auf einen Stützpunkt würde die Karrieremöglichkeiten der Judoka einschränken; es würde vielleicht zu einer "Austrocknung in der Fläche" kommen, wenn die Wege zu den Stützpunkten weiter werden). Die Niederlande haben ein nationales Trainingszentrum in Papendal, was anscheinend ganz gut funktioniert, aber auch nicht ganz unumstritten ist, obwohl die Niederlande ein deutlich kleineres Land ist.

3. Meine Beobachtung des U15- und U18-Judo ist, dass dort meist auf kurzfristige Wettkampferfolge und nicht auf langfristige Entwicklung gesetzt wird. Dies äußert sich zum Beispiel in extremen Weight-Cuts im U18- und teilweise im U15-Bereich, was die falschen Leute vielversprechend erscheinen lässt und sich negativ auf die Entwicklung der Judoka auswirkt.

4. Die leidliche Trainerdiskussion, die es sicherlich in vielen Sportarten gibt: Warum können wir Topleute oftmals nicht als Trainer halten? Warum dreht sich auf DJB-Ebene das Trainerkarussell so schnell (aktuell wird wieder ein Trainer für U21m gesucht; U18m/w war lange unbesetzt, jetzt gibt es seit eineinhalb Jahren einen gemeinsamen U18-Trainer)?
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Orientierung an den Besten?

Beitrag von nur_wazaari »

Nur eine Idee, ohne detaillierte Ausführung (denn fundierte Analysen dieser Art sind zeitintensiv): Man könnte immerhin beginnen, sich ab und zu an den derzeit Besseren zu orientieren und einen oder mehrere Vergleiche anzustrengen. Man nähme sich fürs Erste das Beispiel einen Kandidaten, dem man ins Verhältnis gesetzt strukturell und finanziell vermutlich ähnlich sieht, etwa unser direktes Nachbarland Österreich. Dann nähme man sich ein paar Kriterien wie Führungsverhalten, Verantwortungsstruktur, Personaleinsatz, Personalverteilung, Kaderplanung, Trainingsplanung, Pressearbeit, Kommunikationsverhalten, adressatengerechte Ansprachen und nicht zuletzt "Spirit" (mitgemeint ist hier auch Wertschätzung der Akteure) oder beliebige andere Bereiche und vergliche das allein in der Struktur und immer unter dem Lichte dessen, was moderne Verbandsführung, modernes Wettkampfjudo, modernes Marketing und moderne Kommunikation eben derzeit erfordern. Man vergliche auch die Umsetzung des verlautbarten Selbstanspruchs in der Öffentlichkeit und mäße jeweils an den Ergebnissen. Vielleicht zöge man nach dieser hypothetischen Analysephase auch erste Schlüsse, definiere man auch erste Maßnahmen.

Schnell würde man auch erkennen, dass es nicht nur um Leistungssport geht. Derzeit muss man beim DJB als Dachverband (nicht gemeint sind demnach Aktionen einzelner Vereine und Landesverbände) durchaus darauf Acht geben, vollends den Anschluss zu verlieren (ich wollte eigentlich drastischer schreiben: sich nicht vollends lächerlich zu machen). Was will oder wollte man nicht alles einführen, was verkauft man nicht alles als unglaublichen Fortschritt und dann sehen die oft nur mäßig beteiligten und zunehmend abwinkenden Mitglieder, was wirklich bei herumkommt, verschleihert wie die mitunter merkwürdig besetzten/geschaffenen Posten im Dachverband arbeiten und schiebt alles auf Föderalismus oder ist sich auch nicht zu schade, hier und da mit dem Finger auf einzelne Landesverbände oder sogar die Mitglieder zu zeigen. Gleichzeitig wundert man sich, dass die Landesverbände und Vereine auch ihr eigenes Ding machen, jeder für sich in unterschiedlichen Bereichen (leider noch selten in allen Bereichen zusammen) viel bessere Beispiele abgeben, als es beim Dachverband der Fall ist.

Wenn der DJB also weiter so geführt wird und sich so aufführt wie eine mäßig aufgestellte, stets bemühte Behörde, dann wird es nicht aufwärts gehen, im Gegenteil, die Dinge bleiben im Konjunktiv (zwei) von bloßen Hypothesen stecken. Denn die Konkurrenz schläft nun wirklich nicht, nicht nur im Leistungssport.
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caesar
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Re: Deutsches Männerjudo – Am Abgrund oder ein kurzes Tief?

Beitrag von caesar »

Nach den letzten Grand Slams und vor den abschließenden Weltmeisterschaften hat sich die Ausgangslage für die deutschen Männer nur ein bisschen geändert, aber das zum Positiven.

Timo Cavelius bekam die doppelte Revanche für seine Erstrundenniederlage bei der EM und ist nach Platz 5 und 2 nur noch 100 Punkte von der direkten Qualifikation entfernt. Eduard Trippel ist nach einem Achtelfinale und einer Silbermedaille noch 100 Punkte von den Kontinentalplätzen enfernt. Igor Wandtke hat den Teamplatz übernommen.

Bei der anstehenden WM gibt es noch einmal ordentlich Punkte zu sammeln, allerdings auch bei deutlich besser besetzten Starterfeldern als in Dushanbe oder Astana.
Im Detail gestaltet es sich dann auch etwas schwieriger. Timo Cavelius hat bereits volle Ergebnisse in seinen 5 Qualipunktzahlen stehen, er müsste bei der WM ins Achtelfinale kommen um über 100 Punkte gutzumachen. Atilla Ungvari aus Ungarn, welcher einen Platz vor ihm, auf dem ersten direkten Qualifikationsplatz liegt, hat noch ein Ergebnis frei. Somit würde es nicht reichen, eine Runde weiter zu kommen als Ungvari, es müssten schon 2 sein. 240 Punkte vor Cavelius liegt der Usbeke Boltaboev, der ebenfalls schon 5 richtige Punktzahlen in der Liste hat. Sollte Boltaboev zeitig ausscheiden und Cavelius mind. Siebter werden, wäre auch dieser noch einzuholen. Sollte er wie bei den letzten Grand Slams wieder in den Finalblock kommen, steht der direkten Qualifikation nichts im Weg.
Wenn Cavelius die direkte Qualifikation schaffen sollte, geht die Tür für Eduard Trippel auch wieder ein Stück weiter auf, um noch auf den Zug nach Paris aufzuspringen. Dem Rüsselsheimer fehlen noch 400 Punkte zur direkten Qualifikation. Sein Vorteil, er hat noch ein Ergebnis mit lediglich 6 Punkten in der Liste, würde also die möglichen Punkte eines guten WM-Ergebnisses voll zugerechnet bekommen, Platz 7 bringt 520 Punkte und würde die Qualifikation sichern. Unter der Voraussetzung, dass Cavelius die direkte Quali schafft, könnte die Punktzahl jetzt schon für den Kontinentalplatz reichen (Das nachzugucken ist echt schwierig). 100 bzw. 200 Punkte vor ihm sind die europäischen Vertreter mit Kontinentalquotenplätzen, es scheint also möglich, mit einem Platz im Sechzehntelfinale diese schon abzufangen. In Kasachstan konnte er vor einigen Kontrahenten landen, die teilweise deutlich vor ihm in der Rangliste stehen.

Da es bei der WM im Vergleich zum Grand Slam die doppelte Punktzahl gibt, ist theoretisch auch für die anderen deutschen Männer, besonders Igor Wandtke und Martin Setz, noch alles möglich, sollten sie deutlich überperformen und es in den Finalblock schaffen.

Bei den Frauen muss Katharina Menz aufpassen, dass sie ihren Platz behält, aktuell ist sie auf dem letzten direkten Platz mit lediglich 26 Punkten Vorsprung. Bis 57 Kilo gibt es wahrscheinlich das spannendeste deutsch-deutsche Duell mit Pauline Starke und Seija Ballhaus, wo für mich zumindest keine klar vorne ist. Bis 70 Kilo ist die Frage, ob Miriam Butkereit rechtzeitig für Olympia fit wird, Giovanna Scoccimarro hat leider nach ihrer Kreuzbandverletzung nicht ihre alte Form wiedergefunden, wird aber eine gute Alternative für Olympia sein. Bis 78 Kilo muss Anna-Maria Wagner fahren. Alina Böhm hat zwar seit den letzten Olympischen Spielen auf der World Tour hervorragende 9 Medaillen geholt, AMW im selben Zeitraum aber alleine 7 Goldmedaillen, eine Farbe die Böhm noch komplett fehlt. Diese 7 Goldmedaillen werden lediglich von der absoluten Nummer 1, Christa Deguchi, getopt, ansonsten konnte niemand so viel Gold holen wie Anna-Maria Wagner.

Die Frage für die Männer bleibt, "Wie geht es weiter?". Das letzte Konzept, die "Generation 2024" mit ausführlichen Jugendsonderregeln und Aktionen scheint es nicht gebracht zu haben. Richtung 2032 wurden andere Weichen gestellt, die Jugend darf zeitiger freier kämpfen, ob das der oft bemängelten fehlenden Härte hilft, wird man sehen. Für 2028 muss man das Zwischentief wohl mitnehmen müssen, in der Hoffnung, dass die Frauen mit den Medaillen die Förderung oben halten. Ob das deutsche Männerjudo in die Zweitklassigkeit abrutscht oder neue Impulse dafür sorgen, sich gegen die Nationen mit mehr Geld (das ist einer der entscheidenden Faktoren, da kann man nicht drumrum reden) durchsetzen zu können, wird sich zeigen. Die Idee der kompletten Zentralisierung ist nicht auf viel Gegenliebe gestoßen und wenn man sich anguckt, wie kleine Nationen trotz vergleichbar großer Trainingsgruppen zu den hiesigen Stützpunkten Weltklasseathleten produzieren, scheint mir der Ruf nach Zentralisierung auch etwas obsolet.
Ob man Konzepte von deutlich kleineren Ländern mit anderen finanziellen Möglichkeiten einfach übernehmen kann, bezweifle ich auch. Ebenso wie die häufige Orientierung an Japan. Es gibt ja positive Beispiele, die Frage ist, beruhen diese auf guten Konzepten oder auf Einzeltalenten.
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