@Hofi:
Nur hierauf wollte ich aufmerksam machen. Und ich denke, Du würdest mehr Gehör auch bei denjenigen innerhalb der von Dir so gescholtenen Verbände finden, wenn nicht so oft dieses "Alle doof, außer mich" aus Deinen Beiträgen durchklingen würde.
Wer das in meinen Beiträgen finden WILL, der WIRD es auch finden.
Übrigens auch in den Beiträgen jedes beliebigen anderen Users ...
Es ist eine sehr beliebte Art, Kritik (und sei sie noch so berechtigt) abzubügeln, indem man dem Kritiker einfach unterstellt, er würde sich "über die anderen erheben" wollen.
Ich glaube, diese Art des Umgangs mit (berechtigter) Kritik gibt es schon seit den ollen Griechen - es ist einfach ein rhetorischer Trick, der die Diskussion weg vom eigentlichen Thema und hin auf die Person des Kritikers und dessen tatsächliche oder unterstellte "charakterliche Defizite" verlagert.
"Mag ja sein, daß du mit deiner Kritik möglicherweise eventuell so ein klitzekleines bißchen Recht hast, ABER DU HAST ...!"
Also nichts wirklich Neues.
Zum eigentlichen Thema:
Es gab im Jûdô schon zu Kanôs (späten) Lebzeiten Entwicklungen, die nicht von allen hochrangigen Lehrern mitgetragen wurden. (Auch dazu gab es hier schon lange Diskussionen, ebenso im amerikanischen Forum).
Einige dieser Entwicklungen beklagt Kanô SELBST, wie man im "Watson" und anderswo nachlesen kann - man denke an seine Kritik am Niedergang des Randori und an seinen Hinweis, daß offenbar nicht mehr verstanden würde, wozu Randori dienen solle (1928).
Also sollte man bitte nicht jede "Entwicklung", die das Jûdô erlebte/durchlitt pauschal damit rechtfertigen, daß sie ja entweder "schon zu Kanôs Lebzeiten" stattfand (der gegen Ende seines Lebens weitgehend die Kontrolle über Entscheidungen in Bezug auf das Jûdô verloren zu haben schien - siehe die Bemühungen, aus dem Kôdôkan eine Militätakademie zu machen) und damit "offiziell" und "abgesegnet" gewesen sei oder nach dem Ende des II. WK "vom Kôdôkan" angestoßen oder geduldet wurde ... und damit dann ebefalls "offiziell" und "abgesegnet" gewesen sei.
Es gab IMMER hochrangige Lehrer, die solche Dinge eben NICHT mittragen wollten.
Das war auch im Aikidô so (man denke an Gozo Shioda) und das war im Shôtôkan Karate so.
Abgesehen davon wird in solchen Debatten wie dieser hier von Seiten mancher Sportjudoka gern vergessen, daß Kanô das Jûdô in drei Ebenen einteilte und die allererste, also das FUNDAMENT, nach Kanôs eigener Aussage in der Fähigkeit zu "defence against attack" besteht.
An dieser Aussage Kanôs ist nicht zu rütteln und man kann auch nicht daran herumdeuteln, wenn man ernstgenommen werden möchte.
Als Kanô dies schrieb - auch das sei wiederholt - war an ein Sportjudo, so wie ihr es heute betreibt, ganz gewiß noch nicht zu denken. Kanôs Aussage "defence against attack" bezieht sich also NICHT darauf, in einem sportlichen Wettkampf die Angriffe des Gegners abwehren zu können.
Sollte man nicht vergessen, denke ich ...
Da im Sportjudo "defence against attack" kaum noch anwendungsbereit vermittelt wird, dürfte es MEINER Meinung nach sehr schwer werden, die beiden
darauf aufbauenden Ebenen ("cultivation of mind an boy" und "embetterment of society") im Sinne Kanôs zu erreichen.
Wenn das Fundament fehlt ...
Ich bezweifle, daß man ein Gebäude vom Dach her errichten und dabei das Fundament weglassen kann, wenn mir dieser Vergleich gestattet ist.
Die beiden anderen Ebenen ("cultivation of mind and body" und "embetterment of society") werden im Sportjudo gern und oft erwähnt - dabei wird aber "vergessen", daß Kanô ausdrücklich schrieb, sie seien ALLE DREI GEICH WICHTIG und daß er nicht wolle, daß eine dieser Ebenen überbetont würde.
Wenn man aber nun die erste Ebene wegläßt und auch noch behauptet, das sei nicht schlimm ...
Falls man überhaupt davon reden kann, daß ich dem Sportjudo etwas "vorwerfe", dann ist es genau das.
aber genauso könnte man eben auch Deiner Organisationsform den Vorwurf machen, dass sie hinter einer noch zu Kanos Lebzeiten stattgefundenen Entwicklung zurückbleibt und daher nicht geeignet ist, Judo im Sinne Kanos zu vermitteln.
Ich bezweifle, daß dieser Vorwurf stichhaltig ist, denn INHALTLICH (also was die technische Seite des Jûdô angeht) ist unser Curriculum, wie ich bereits erwähnte, wesentlich umfangreicher (und auch, rein subjektiv: wesentlich logischer aufeinander aufbauend) als eure Lehr- und Prüfungsinhalte.
Das ist eine schlichte Tatsache.
Du beziehst dich, wie ich schon sagte, auf eine Organisationsform, die der rasant wachsenden Zahl von Jûdôka geschuldet war, so daß die Art, wie man in den Koryû unterrichtete, nämlich in kleinen "Klassen", rein von der Anzahl der Schüler her nicht mehr durchzuhalten war
Was hat das mit den INHALTEN zu tun?
Und vergiß bitte nicht, daß es INNERHALB des Jûdô zu Kanôs Lebzeiten durchaus an den Koryû orientierte Vermittlungsformen gab - so bspw. im sehr engen Lehrer-Schüler-Verhältnis von Ushijima zu Kimura und Hirano ... nur mal als Beispiel.
So richtig substantiell ist es also nicht, wenn du uns nun "vorwirfst", wir würden in unserer Organisationsstruktur "noch hinter Kanô" zurückfallen.
Ich sag's nochmal: mit den vermittelten INHALTEN des Jûdô hat das nichts zu tun, daher ist diese "Kritik" einfach gegenstandslos und wirkt auf mich eher wie der nicht sonderlich gut durchdachte Versuch, bei uns auch endlich mal etwas zu finden, was man kritisieren kann.
Eine Anmerkung zu den Koryû sei mir noch gestattet ...
Etliche Koryû existieren bis heute und erfreuen sich sogar wieder zunehmender Beliebtheit.
Auch hierzulande.
Im Umgang mit Waffen (vor allem mit Klingenwaffen) kann KEIN Sportjudoka mit den Vertretern dieser Koryû mithalten.
Im Schlagen und Treten auch nicht.
Möchtest du den Vertretern dieser Koryû nun erzählen, ihr Training sei weniger wert als das, was bei euch im Sportjudo stattfindet, weil die Koryû NOCH IMMER an ihren althergebrachten Organisationsstrukturen festhalten? Möchtest du ihnen erzählen, ihr Training sein weniger wert als das Sportjudo und technisch viel schlechter, weil sie ihre Organisationsstrukturen nicht - wie Kanô es einst tat - änderten?
Und wenn du das diesen Jungs NICHT vorhalten würdest - warum tust du es dann bei UNS?
Inhalte, Hofi!
Inhalte zählen!
Inhalte!
Nicht Äußerlichkeiten wie die Art der Organisation!