@Judomax: Nein, es gab keinen alten Meister, der das "Jûdô nach Deutschland gebracht" hätte.
Tani und Kotani bspw. blieben nur sehr kurze Zeit in Deutschland (vor dem I. WK).
Auf den Frankfurter Sommerschulen wurde auch kaum etwas gezeigt - nach Auskunft von Frank Thiele und dessen Vater Ferdinand Thiele waren jene japanischen Jûdô-Lehrer, die hin und wieder in Deutschland lehrten, nicht sonderlich daran interessiert, ihr Wissen an die "Iteki", also an die Babaren weiterzugeben. Stattdessen kamen sie, um die Deutschen zu verhauen und dafür auch noch Geld zu kassieren. Man möchte es eigentlich nicht glauben, aber es stimmt.
Auch Kanos Besuch in Deutschland im Jahre 1933 war nichts als eine kurze Visite. Zwar versuchte Kano, dabei sein Jûdô zu erläutern und zu zeigen, großer Erfolg war ihm dabei aber offensichtlich nicht beschieden.
Es gilt allerdings , dabei eines zu berücksichtigen: die Haltung der Japaner kam nicht von ungefähr.
Erstens betrachteten die Schüler Kanos (im Gegensatz zu ihm selbst) Jûdô sozusagen als "japanisches Nationalheiligtum", welches an "Iteki" nicht weitergegeben werden sollte.
Zweitens verzweifelten wohl auch die offenherzigsten der japanischen Jûdô-Lehrer an der schon damals in Deutschland anzutreffenden Lerunwilligkeit und Besserwisserei
(für diese These hat Frank Thiele Belege in Form von Dokumenten - Briefwechsel usw.).
Drittens war das Körperbewußtsein besonders in Deutschland extrem schlecht entwickelt - und das ist noch heute so.
Ich kann nun nicht ausführlich darauf eingehen, warum das alles in England und Frankreich ein wenig anders war.
Nur so viel: sowohl Koizumi (London Bûdôkwai) als auch Kawaishi (Frankreich) lebten sehr lange sozusagen "vor Ort", jedenfalls lange genug, um allmählich den Blick der Franzosen und Engländer auf die eigentlichen Lehrinhalte des Jûdô zu lenken.
Man darf aber nicht denken, daß dort nun Friede, Freude Eierkuchen geherrscht hätten.
Koizumis Freitod hatte ursächlich damit zu tun, daß er als alter Mann von einigen seiner ehemaligen Schüler (so z. B. von Geoff Gleeson) extrem schlecht behandelt wurde.
Da Gleeson offenbar enorm eitel war, tat er alles, um Koizumis ansehen herabzusetzen und diesen aus der London Bûdôkwai (die Koizumi gegründet hatte!) zu verdrängen - ein Verhalten, welches in Japan für Entsetzen sorgte und mit dafür verantwortlich ist, daß die alten Meister des Kodokan und der Butokukai ihr Wissen fast nie an Europäer weitergaben.
So, das erst mal dazu.
Freundliche Grüße
Tom.