Nach dem nun im "Konsens" herausgearbeitet wurde, daß Judo zwar toll ist für die Erziehung, dies
aber auch anderswo erledigt werden kann, können wir ja mal zu
Jupps Frage übergehen:
Jupp hat geschrieben:Mich interessiert aber weit mehr als diese (für mich geklärte) Angelegenheit, wie andere Judoka/Judolehrer(Judo-ÜL dazu stehen, ADS/ADHS-Kids in ganz normalen Vereinsgruppen ganz normal "mitlaufen" zu lassen und zu betreuen.
Ist an diesem sicherlich sehr schwierigen Thema noch jemand interessiert?
Wir haben gelegentlich mal eines dieser gebrandtmarkten Kinder auf der Matte in der regulären Trainingsgruppe...
So ein, zwei dieser Kinder "verträgt" eine Trainingsgruppe durchaus, insofern der Rest "normal" ist, sprich
ausreichend intelligent, lernwillig und lernfähig. Denn jedes AD(H)S Kind braucht zusätzliches Augenmark und
da im normalen Verein die Anzahl der ÜL auf der Matte beschränkt und in der Regel unabhängig von der
Gruppenstärke u. Zusammensetzung ist, ist rein logisch klar, daß die Aufmerksamkeit, die dem AD(H)S-Kind
mehr zukommt, anderen weniger zukommen kann...
Nach meiner Erfahrung bleiben die AD(H)S-Leute aber sowieso nicht länger als max 2, 3 Jahre. Stabilisiert sich ihr Zustand
(durchs älter werden, durchs Disziplin lernen auf der Matte, durch Absetzen/Ändern der verabreichten Drogen, o.ä.)
sind sie in der Regel dann auch bald weg...
Denn sie sind ja eigentlich nicht wirklich bei uns, um Judo (oder was wir dafür halten) zu lernen, sondern um ihr AD(H)S
in den Griff zu bekommen, den Eltern ein, zwei ruhige Nachmittage in der Woche zu bescheren, oder was weiß ich.
Wir halten es deshalb so, daß wir eigentlich prinzipiell jedem die Chance geben mitzumachen, aber den Eltern knallhart
sagen, was wir von Üblingen als Mindestanforderungen bzgl. Verhalten und Sozialisation erwarten und wie unsere
"Eskalations-Stufen" sind, wenn es nicht klappt. Damit sortiert sich nach kurzer Zeit die Hälfte aus.
Der letzte schöne Fall war vor ein, zwei Jahren, wo eine Mutter ihr bereits gelbgurtiges Kind bei uns zur Anfängergruppe
gebracht hat, dieser Bengel hatte (auch der Mutter bekannte) riesige Defizite hinsichtlich seiner Sozialisationsfähigkeiten,
so daß am Ende des Probetrainings für uns ernsthaft die Frage stand, ob wir ihn aufnehmen oder nicht.
Aber als herzensgute ÜL haben wir hinundher überlegt und als den einzig möglichen Weg gesehen, den Jungen (er war für sein
Alter sehr groß und durchaus kräftig) in die "nächstältere" Gruppe (das wär dann einer "meiner" Gruppen gewesen) zu stecken,
da hätte er sowohl von Kraft als auch von "Technik" her die anderen Kinder nicht mehr so einfach dominieren können, wie
in den Gruppen, wo er das Probetraining verbrachte... Das Ende vom Lied war: "Nein, das ist uns zu spät, blabla..." und Mutter
und ihr Sonnenschein waren nie mehr gesehen...
Zur Zeit haben wir einen in der Gruppe, aber der will zumindest von sich aus Judo üben, und muß eigentlich nur
regelmäßig an das Wie erinnert werden (als ohne Rumschubsen, Rumjammern wenn der Randoripartner mehr kann usw.) - macht
dann auch ohne groß zu murren seine Liegestütze (die ich immer freiwilligerweise als Alternative zum regulären Stoff anbiete;-) )
und er blüht regelmäßig auf, wenn er dann (nach einer kleinen Extraunterweisung) doch mal ne Bewegung so hinbekommt,
wie er soll und wir ihn dafür dann auch loben... Mal sehen, wie lange dieser Junge bleiben wird...