Hallo!
Tja, da außer uns Seltsamen (Yvo, Alien und ich) nur zwei „große“ Judoka da waren, werde ich jetzt mal berichten (unser Admin fiel verletzungsbedingt aus). Da es hier ellenlange Diskussionen um Tom Herold gab, ist es vielleicht von Interesse.
Eines vorab: Auch als DJB-Judoka wird man von niemandem aufgefressen. Noch nicht einmal als Orangegurt.
Ausgelacht worden sind wir auch nur einmal: Bei dem ernsthaften Versuch, wenn schon nicht für den Lehrgang an sich, so doch für Kost (und die hatte die in Hessen üblichen Mengenausmaße – jeder, der schon mal im tiefsten Hessen etwas essen gehen wollte, weiß, was ich meine) und Logis (in der Halle) wenigstens einen Obolus für die Vereinskasse zu spenden. Man wollte uns partout nicht lassen.
Am Samstagmorgen traten wir nach etwa zwei Stunden Schlaf (unsere Fahrt war etwas länger als die der meisten Anwesenden) beim Angrüßen erstaunlicherweise und entgegen unseren üblichen Erfahrungen und Erwartungen nicht ans allerhinterste Ende der Matte, da nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder (etwa 7) – von Weiß bis Orange – mit von der Partie waren. Die Großen rangierten von Blau bis Tiefschwarz.
Wie Tom ja schon mehrfach hat verlauten lassen, wurde sodann mit Yogaübungen aufgewärmt. Als Mensch, der sich beim Judo-Aufwärmen durch wilde Ballspiele in den letzten drei Jahren mehr Verletzungen zugezogen hat als in jedem anderen Lebensabschnitt und auch mehr als beim Judotraining, war ich der Sache gegenüber sehr positiv eingestellt. Wir fühlten uns nach den Übungen, die etwa 25 min. in Anspruch nahmen (ich hoffe, ich habe das richtig geschätzt) auch durchaus warm, gedehnt und vor allem: sehr locker. Damit waren meine Wünsche an ein Aufwärmprogramm aufs beste erfüllt!
Wirklich ins Schwitzen geraten, wie Tom einmal schrieb, sind wir drei allerdings nicht. Vielleicht haben wir was falsch gemacht, vielleicht muss man das dafür öfter machen, oder vielleicht sind für so 52-kg-Frauen wie mich solche Übungen einfach weniger anstrengend als für kräftige Kerle!?
Na, egal, wie gesagt: Aufgewärmt und bereit waren wir nun!
Begonnen wurde mit Übungen zu den Eingängen, die Tom hier bereits mehrfach propagiert hat und von denen er schon geschrieben hat, sie seien schwer zu erklären und müssten auf der Matte gesehen und ausprobiert werden – es wäre also vermessen von mir zu versuchen, sie zu beschreiben. Dafür müsste ich sie wohl auch erst einmal hinbekommen! Glücklicherweise wurde mir später ein wundervoller Partner zugeteilt, ein etwa zehnjähriger Orangegurt, der mich noch einmal genauestens einwies. Ich übe sehr gern mit Kindern – böse Zungen behaupten ja, das wäre, um mal jemanden in meiner Gewichtsklasse zu haben,

– sie haben die Angewohnheit, schlicht und einfach zu sagen, was falsch ist, ohne das mit langen Erklärungen dazu einzuleiten, wieso das nur eine Korrektur ist und keine persönliche Kritik. Na, wie gesagt, mein kleiner Orangegurt war jedenfalls fit und konnte mich auch – trotz des Gewichtsunterschiedes von 23 Kilo - werfen. Nicht mühelos, nicht fehlerlos (kann ich ja auch nicht), aber sehr anständig.
Nach den Eingängen ging es dann in den Boden. Befreiungen standen an. Ich habe Befreiungen bisher immer als nutzlose Accessoires für die Gürtelprüfung angesehen (mit der Ausnahme von Sankaku-Befreiungen, für die ich als ausgewiesener „Langbeiner“ weder Talent noch technisches Können benötige). Ein bisschen liegt das daran, dass bei uns im Verein halt hauptsächlich Männer sind, die sich mit ihren 80-90 kg schlicht auf meinen Brustkorb legen müssen – dann dauert es zehn Sekunden, und mir geht die Luft für weitere Unternehmungen aus.
Meine Meinung zu Befreiungen habe ich jedenfalls geändert. Zwar muss ich den ganzen Kram noch seehr lange üben (ich setze mal ein paar Jährchen an), und das sollte vielleicht besser dann geschehen, wenn die schweren Herren sich mal ein bisschen leicht machen, aber die Prinzipien funktionieren. Schließlich wiegt meine Partnerin ja auch zwanzig Kilo mehr, und es war bei dosiertem Widerstand dann doch irgendwann (irgendwann definiert als ein Zeitpunkt nach einer individuellen Erklärung von Tom) möglich, meine Arme in der „Armschlange“ zwischen uns entlangzuwinden. Warum hat mir eigentlich von allen vier Trainern, die bisher schon an mir herumgepuzzelt haben, niemand mal verraten, dass und wie das geht? So kompliziert ist das nicht!
Falls es jemanden stört, dass die Begrifflichkeiten („Armschlange“, „betende Jungfrau“ oder auch „Krebs“) teilweise etwas blumig sind – sie haben den didaktischen Vorteil, dass man sie sich super merken kann…
Im Stand standen dann Abtaucher und Fassarten (auch sehr schöne Spielereien mit dem Gi) auf dem Programm– immer mit dem Hinweis, dass man bei Nichtverstehen sofort einen Schritt zurückgehen und das vorherige üben sollte.
Als Tom einmal in markiger Manier loslegte: „Es ist mir sch…egal, ob das in Eurem Verband verboten ist“, wurde er sofort sanft von Herrn Thiele zurückgenommen: „Natürlich ist die Fassart auch im DJB erlaubt. Was Euch zu 80 % passieren wird, ist, dass der Kampfrichter trennt, weil er es nicht kennt.“ Offenbar mag der Mann auch keine bösen Wörter auf der Matte – dann hätten wir etwas gemeinsam…
Überhaupt arbeiten die beiden sehr gut zusammen.
Man kann sich vorstellen, dass sich meine bisherigen Erfahrungen mit Abtauchern (als 5. Kyu) auf den Laats-Abtaucher beschränkten, und das auch nur einmal so nebenbei. Somit haben wir Anfänger die Möglichkeit des Schritt-Zurückgehens gern genutzt. Die Abtaucher (auch den Laats-Abtaucher, der anders genannt wurde – ich glaube, Kata-Otoshi, sage das jetzt aber unter Vorbehalt- vielleicht hilft mir Der Müller?! Komm schon, Du weißt doch alles!) haben wir dann auch attackiert.
Was stand noch auf dem Programm? Ach, so vieles, wie gesagt, zuviel für Orangegurte – weshalb ich den Höhergürteligen mal empfehle, hinzugehen.
Angriffe im Boden, Selbstfaller, Morote-Seoi-Nage mal anders… wie gesagt, man sollte sich das mal ansehen!
Selbstverständlich war einiges auch dem DJB-Judoka wohlbekannt. Meine Trainerin weist auch pro Stunde mindestens zwei Weißgurte darauf hin, dass die Zehen beim Bodenrandori aufgestellt sein müssen, und auch die Befreiungsgrundideen (Becken hoch / Ellenbogen und Knie zueinander) sind ja keine unbekannten Größen.
Didaktisch und methodisch hat die angehende Pädagogin keinerlei Beschwerden (Und das passiert selten, da fühlt sie sich nämlich kompetent!). Gut, für mich war alles etwas viel. Aber ich mache mich selten zum Maßstab aller Dinge. Und dass alles methodisch schön aufeinander aufbaute, das meiste induktiv vermittelt wurde und dann bei Strunzdämlichkeit der Ausführenden (meiner) und daraus resultierender Nachfrage und erneuter Erklärung noch eine Entschuldigung folgte („Da habe ich zuviel vorausgesetzt, das hätte ich noch erklären sollen“), hatte den pädagogisch wertvollen Effekt des Erleichterns weiterer Nachfragen und Schaffung einer guten Lernatmosphäre. Auch die Art von Lob und Korrekturen der beiden Herren in Rot und Rot-Weiß waren aus angehender Pädagogensicht nicht zu beanstanden, im Gegenteil.
Gut, wer Asterix kennt und die wunderschönen Zeichnungen, die in Sprechblasen manchmal auftauchen (Totenköpfe, Eiszapfen -„Angenehm, Madame“- usw.), hätte seine helle Freude bei dem Versuch, die Tonlage, in der das Wort „DJB“ (auch gern umschrieben) aus Toms Mund hinausfällt, zu illustrieren. Na, ich kann damit leben. Ich persönlich bin der Meinung, man kann auch Feindschaften pflegen – man muss nicht, und ich halte es zumeist für Zeitverschwendung, aber von mir aus...
Herr Thiele war da übrigens ganz zurückhaltender Gentleman. Während der Stunden sagte er kein böses Wort zu dem Thema – vielleicht hält er es auch für Zeitverschwendung?!
Ach ja, was ich als SV-Elemente bezeichnen würde, für Tom aber wahrscheinlich schlicht Judo ist, war auch dabei. Zum Beispiel das, was man aus jedem SV-Kurs kennt: Schläge zum Solarplexus, Kehlkopfgriff (wollte Yvo und Alien gerade sanft daran heranführen, weil ich aus einem Frauen-SV-Kurs weiß, wie ungewohnt und unangenehm das beim ersten Mal für viele ist, da kam Tom mir dann auf sehr… ähem, „direkte“ Art zuvor) usw.
Angenehm war auch hier sie Offenheit des Kurses: Wer später Atemi-Waza üben wollte, wurde in ein Drittel der Halle abgeordnet, wer die Würfe wiederholen wollte, ins andere, und wer in den Boden gehen wollte, ins letzte. Hilfe kam bei Problemen in Form von Tom Herold, Frank Thiele oder einem von Toms Schülern regelmäßig vorbei, und auch die eigentlich nur zusehende Trainerin am Rand konnte sich nicht zurückhalten
Mal im Ernst, liebe Nicht-Anwesende: Was kann man eigentlich mehr wollen?!
Warum hat nicht noch der ein oder andere mal vorbeigeschaut?
Ich gebe zu: Ich bin von Natur aus neugierig, und ich fühle mich, da selbst noch nicht lange beim Judo dabei (drei Jahre, von denen ich insgesamt acht Monate wegen diverser Verletzungen gar nicht und ein paar „mit halber Kraft“ trainiert habe), dem DJB gegenüber einfach nicht so anhänglich oder loyal, wie das bei langjährigen Judoka der Fall sein mag. Aber Loyalität sollte man nicht mit Kadavergehorsam verwechseln.
Natürlich: Jeder, der sagt, er fühle sich verletzt, wenn sein „Mutterverband“ verbal einen drübergezogen bekommt, hat Recht damit, zu Hause zu bleiben.
Aber der Rest?
Nun, ich denke, dass es nicht nur mein immer gern zugegebener Anfängerstatus im Judo ist, der mich das vermuten lässt (wenn doch – auch gut): Man hätte dort auch als Höhergraduierter vieles Nützliche, Sinnvolle und Nachdenkenswerte mitgenommen. Vielleicht hättet Ihr weniger von einem Zehnjährigen lernen können als ich, aber das tut ja nichts zur Sache.
Generell kann ich für mich nur sagen: Ich habe vieles gelernt und war von der Atmosphäre in der Halle positiv überrascht (wie auch meine beiden Mitstreiterinnen. Vielleicht sagt ja Alien auch noch etwas dazu.). Mit so schönem freien, unverkrampftem Lernen hatte ich nach Toms schriftlichen Ausbrüchen (no offense meant) hier nicht gerechnet.
Ich bin gern bereit, Nachfragen (KEINE fachlichen!!!) zu beantworten.
Viele Grüße,
Syniad / Sonja