"Sen" (auch manchmal als "sen-no-sen" bezeichnet), sen-sen-no-sen und Go-no-sen definieren sich über das Timing - und zwar immer bezogen auf den Angriff von Uke und den von Tori.Helge Bartelt hat geschrieben:mehr eine Timingfrage, als eine Definitionsfrage..
Sen-sen-no-sen ist es immer dann, wenn Uke bereits die Absicht zu einem Angriff getroffen hat, sich dies aber noch nicht in seinem Handeln zeigt. Tori kommt also klassisch zuvor.
Sen ist es dann, wenn sich Ukes Absicht anzugreifen bereits in seinem Handeln (das aber noch keinen Angriff darstellt!) zeigt, Tori aber von sich aus zuerst eine Technik ausführt, bevor Uke zum Angriff kommt.
Go-no-sen ist es dann, wenn Uke durch seinen eigenen Angriff in einen angreifbare Position kommt und Tori dies nutzt.
Bei Sumi-otoshi gegen Sasae-tsuri-komi-ashi bin ich mir nicht schlüssig, wie es Mifune macht. Man kann z.B. dem zurückgehenden Uke zuvorkommen und ihn mit Sumi-otoshi angreifen, noch bevor er selbst zu einem Angriff kommt, aber ihn schon "geplant" hat. In diesem Fall wäre es sen-sen-no-sen. Man kann aber auch, nachdem Uke zur Seite herausgetreten ist, und seinen Fuß zum Blockieren von Toris Fuß ansetzt, dieser Bewegung folgen und dann erst mit Sumi-otoshi angreifen. Das wäre dann go-no-sen.
"Sen" wäre es nach meinem Verständnis, wenn Uke zwar heraustritt, aber nicht mehr dazu kommt, mit seinem Fuß Toris Fuß anzugreifen. Man kann also Ukes Sasae-tsuri-komi-ashi mit Toris Sumi-otoshi auf alle drei Arten miteinander verbinden.
Angreifen - und damit auch alle drei Formen des "sen" - haben immer etwas mit Geisteshaltung zu tun. 'Je offener, desto besser.....
In der DJB-Version der Gonosen-no-Kata sind übrigens alle Aktionen lupenreines Go-no-sen! Jede Aktion beginnt damit, dass Uke zieht/schiebt usw. - also immer der Angreifer ist, während Tori ihm für einige Schritte passiv - aber nicht dumm - folgt. Tori startet seinen Angriff stets erst, nachdem Uke seinen Angriff bereits "voll" gestartet hat. Dadurch, dass Uke angreift, gerät er bei jeder Technik in die Position, in der Tori werfen kann. Was viele Leute nur nicht begriffen haben ist, dass sich Tori durch Ukes Angriffsvorbreitung nicht aus dem Gleichgewicht bringen lassen darf und er Ukes Angriff für seine Verteidigung antizipieren muss - ansonsten fällt er...Helge Bartelt hat geschrieben:Fordere ich eine GO NO SEN-no-kata in der Prüfung zum 3.Dan, muß die Definition schon eindeutig sein. Also unmißverständlich.
Ohne Antizipation kann man weder in "Sen", "Sen-sen-no-sen" noch "Go-no-sen" werfen.
Einige Zeitgenossen wollen aber immer wieder "sen-sen-no-sen" mit "Antizipation" gleichsetzen und konstruieren einen Widerspruch zwischen Antizipation (nach ihrer Lesart "zuvor kommen") und Konter (nach ihrer Lesart "nach dem Gegner angreifen").
Es sind aber nicht alle Leute Sportwissenschaftler und von daher muss man das auch mal nachsehen können, dass sie nicht wissen, dass (Situations-)Antizipation die Vorwegnahme eines zukünftigen Ereignissen zwecks Integration in den eigenen Handlungsplan ist. Wenn ich einen Ball fange, strecke ich ja meine Hände dorthin, wo ich den Ball erwarte, bevor der Ball dort ist. Das ist Antizipation....
Ob T. Ochiai nach Deutschland kommen wird? Ich bezweifle es, der Mann ist weit in den 80ern..... Aber mit der richtigen Fürsprache kann man in Tokyo bei ihm trainieren.Helge Bartelt hat geschrieben:Nach allen obigen Äußerungen erfüllt die Mifune-Nage-waza-ura-no-kata doch alle Kriterien einer Kaeshi-waza-Reihe, auch wenn wir K. Mifune leider nicht mehr dazu befragen können (um Unterricht bitten), ist sein Schüler* T. Ochiai doch der Richtige und er kommt nach Deutschland (?). Bis dahin könnte die 1996 DJB-Version zum verbindlichen Standard erklärt werden.
Zur DJB-Version habe ich ja bereits etwas geschrieben. Sie wurde damals als verbindlicher Standard für alle geschaffen, die im Auftrag und im Namen des DJB die Kata unterrichten, damit endlich diese "individuellen Besonderheiten" aufhören. Nur wurde zwar der Standard gesetzt, aber nicht durchgesetzt. Bedauerlicherweise ist auch das Video deutlich weiter verbreitet als die Begleitmaterialien, in denen nun wirklich alles erklärt ist (und die man vielleicht in dem ein oder anderen Punkt noch verbessern könnte).