Vern Borgens Methodik & Tsukuri

Hier geht es um Techniken, deren Ausführung und Beschreibung
HBt.
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Vern Borgens Methodik & Tsukuri

Beitrag von HBt. »

Die amerikanische Prägung - frei nach Cunningham?!



Viel Spaß beim Zuschauen,
wünscht HBt.

;-)
luxuslurch
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Re: Vern Borgens Methodik & Tsukuri

Beitrag von luxuslurch »

Hallo,

als Anfänger kann ich das jetzt nicht einschätzen: Deutet der Zwinkersmiley darauf hin, dass das ironisch gemeint ist und das ganze Video nur zur Belustigung (weil: Humbug) ist? Oder sind die Informationen wertvoll (weil: korrekt und anschaulich)?

Danke für eine Aufklärung!
HBt.
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Vern Borgens (Methodik & Tsukuri) und ...

Beitrag von HBt. »

Umsetzung eines Prinzips!
luxuslurch hat geschrieben: 06.12.2019, 11:27 Hallo,

als Anfänger kann ich das jetzt nicht einschätzen: Deutet der Zwinkersmiley darauf hin, dass das ironisch gemeint ist und das ganze Video nur zur Belustigung (weil: Humbug) ist? Oder sind die Informationen wertvoll (weil: korrekt und anschaulich)?

Danke für eine Aufklärung!
Der Grinzling ist für Insider gedacht -> Prädikat "wertvoll".

#
Leider ist Vern Borgen mittlerweile schwer erkrankt.
HBt.
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Q&A (der blühende Garten des Breitensport)

Beitrag von HBt. »

"(...) sind die Informationen wertvoll (weil: korrekt und anschaulich) ?"

Durchaus.
Vern B. ist ein Paradebeispiel für den lebenslangen, ewig neugierigen Breitensportjudoka (mit geringem Cargo-Kultanteil), der offenbar auch über sich selbst herzlich lachen kann - vermute ich.

Und das sollte die Perspektive darstellen ...

@luxuslurch,
schaue Dir (auch gerne) andere Videos, mit anderen Kamerablickwinkeln, von Verns Tsukuri (& Exekution) an. Warum? Weil oftmals zu wenig Informationen vorliegen um technische Umsetzungen korrekt nachvollziehen zu können.
Schnappschüsse von TECHNIKEN können die Realität ordentlich verzerren, deshalb benötigt man am besten Bewegtbilder aus unterschiedlichsten Kameraperspektiven ... u.s.w.

Falls Dir also irgendetwas spanisch vorkommt, rate ich zu umfangreichem Bildmaterial.


"als Anfänger kann ich das jetzt nicht einschätzen: Deutet der Zwinkersmiley darauf hin, dass das ironisch gemeint ist und das ganze Video nur zur Belustigung (...)"
Warum sollte ich mich über die Truppe lustig machen wollen???

"Als Anfänger" - empfehle ich Dir besonders' über den Tellerrand zu blicken und die im Video angesprochenen Aspekte (mit ihren Beispielen) zu ergründen, am besten im eigenen Kopf und auf der Matte (mit dem Trainer, den Gruppenmitgliedern, dem Partner).

Deutlich?


"Als Anfänger"

Und die Ju no kata, beginnt mit dem Studium der Ju no kata - parallel zum normalen Unterricht in der Woche.
Zuletzt geändert von HBt. am 08.12.2019, 12:24, insgesamt 1-mal geändert.
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Systematik:

Beitrag von HBt. »

== pull ==

retreat
horizontal circle
spiral in
rotate oblique (axis pulling)

== push ==

turn and press
rotate oblique (axis pushing)
spiral out
vertical circle


bezogen auf ein gemeinsames Augenmerk innerhalb der Gokyo no waza, nämlich das Generieren des physikalischen Momentes. Darüberhinaus führen diese Muster auch zu methodischen Reihen.
Zuletzt geändert von HBt. am 06.12.2019, 19:39, insgesamt 1-mal geändert.
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Die 2*(5 * 4er)-Tabelle ...

Beitrag von HBt. »

ist hier in zwei zwanziger Blöcke geteilt ;-), jeder Block erhält eine Überschrift:
  • "hashi'ru"

    Kanji Nr. 429
    und steht einfach nur für das deutsche Verb "laufen"

    "neba'ru"

    Kanji Nr. 1707
    und steht (ebenfalls) einfach nur für das deutsche Adjektiv "klebrig oder zäh",
was könnte Vern Borgen [in Verbindung mit ziehen (Zug) & drücken (Druck) ] bloß damit zum Ausdruck bringen? Unaufhörlich oder gar stetig, kontinuierlich vielleicht?

Japanologen,
bitte korrigiert mich - Hilfe.

:eusa_think

HBt.

PS
Ach, die Typen at Doc's Gym sind schon irgendwie knuffig ;-).

@luxuslurch,
jetzt haben wir den Salat - Ironie, Belustigung, anthropozentrisches von oben herab Denken, Milde ... wer weiß das schon so genau???
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Meinerseits, einerseits

Beitrag von nur_wazaari »

@ Hbt: Danke für die Teilung des Videos und die Erklärungen dazu!

Abgesehen davon, dass ich (und einige andere ja auch) die oft noch erzheilige Dreiteilung in Kuzushi-Tsukuri-Kake sowieso nicht besonders hilfreich finde, um Techniken in ihrer Dynamik zu erfassen -> Um die Techniken zu erklären, muss man sie in Abläufe ggf. auch zugrundeliegende Prinzipien/das Prinzip zerlegen. Und da kann man sozusagen in Zeitlupe vielleicht schon unterscheiden...

Gerade Uki-goshi finde ich, neben den anderen Techniken natürlich auch, interessant, weil ich bzgl. Kuzushi und Wurf-Eingang sehr viele unterschiedliche Varianten gesehen habe, die allesamt mal funktioniert haben, mal nicht. Oftmals finde ich den eher seitlichen Eingang didaktisch und wettkampfpraktisch sehr zielführend.

Auch Tai-otoshi ist eine sowohl didaktisch als auch wettkampfpraktisch interessante Technik. Im Prinzip wird dieser meistens als Handwurf ausgeführt; ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele das Wirkungsprinzip über ein zu starkes Tai-sabaki bzw. den Platzwechsel blockieren oder tatsächlich auch erfolgreich fast schon als Schulterwurf ausführen. Die elegantere, schnelle und bewegungsarm erscheinende Variante wie auch hier im Video z.T. gezeigt gefällt mir ganz gut.

Ich habe letztens im Training folgende kleine Reihe zu vermitteln versucht:

Ko-uchi-gari
Hiza-guruma
O-soto-gari / De-ashi-barai
-> hierzu muss man sagen, dass aus der "freien" Bewegung je nach Ukes Reaktion eine der beiden Techniken die adäquatere Entscheidung darstellt.

Zusammen mit ein paar wiederholten Grundlagen bzgl. Laufschule/Tai-sabaki hat das in der freien Bewegung sogar mit wechselnden Uke sehr gut funktioniert. Die Leistungsstände sind im Übrigen unterschiedlich gewesen. Probleme ergaben sich bzgl. der Koordination, wobei ich hier versucht habe eher über die rein geistige Haltung einzuwirken, als über bloße physische Beschreibungen a la "Halte die Hände so...zieh den Fuß dahin..." etc..

Nun: Jetzt müsste ich aber sehr stark überlegen, welche Prinzipien denn tatsächlich zugrunde lagen und ich diese auch korrekt vermittelt d.h. auch benannt habe. Es hat schon funktioniert, wirklich -> aber wie und weshalb? Das muss ich mal zum Jahresende hin ergründen.


Fun-Fact Nr.1 :In meiner Judojugend, die sich jetzt dem Ende zuneigt, habe ich Tsukuri als direkte Folge eines möglichst kraftvollen Einsatzes von klimmzug- und bankdrückgepägter Oberkörpermuskulatur kennengelernt. Kuzushi war = Push'N'Pull - voll cool und krass, nur kein Judo, eher so Wrestling. Diese Antithese zum gewissermaßen technischen Prinzip hat aber auch Ippon geliefert - aus heutiger Sicht vielleicht etwas bedauerlicherweise.


Weil es im Video auftauchte: Fun-Fact Nr.2: "O-uchi-barai" -> Ich habe fast meine ...Lizenz nicht bestehen dürfen, weil ich just in der sog. Prüfung gewagt hatte zu hinterfragen, wo denn der wesentliche, d.h. prinzipielle Unterschied zu O-uchi-barai und O-uchi-gari bestehen würde; in der Praxis wohlgemerkt, nicht im klinisch sterilen Raum, indem Uke zu 100% Dummi darstellt. Am Ende reduziert sich das für mich auf die Beschreibung einer Beobachtung einer gestellten Situation quasi in vitro - nicht aber auf das tatsächliche Wirkungsprinzip in vivo. Ergebnis für mich: Gleiche (aber nicht dieselbe) Technik mit gleichem Namen = O-uchi-gari.

Fazit: Es wird sich oft zu schwer gemacht weil zu wenig hinterfragt wird, es zu viele bunte oder manchmal auch schwarz-weiße Bildchen gibt und schablonenhaftes Lernen uns für Judo offensichtlich nicht weiterbringt.

Hätte ich mehr Zeit dafür zur Verfügung, würde ich auch noch stärker auf das Video eingehen wollen, anstatt nur meine Kamellen vorzutragen...
.
HBt.
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Re: Meinerseits, einerseits

Beitrag von HBt. »

Hallo nur_wazaari!
nur_wazaari hat geschrieben: 08.12.2019, 10:28 Abgesehen davon, dass ich (und einige andere ja auch) die oft noch erzheilige Dreiteilung in Kuzushi-Tsukuri-Kake sowieso nicht besonders hilfreich finde, um Techniken in ihrer Dynamik zu erfassen -> Um die Techniken zu erklären, muss man sie in Abläufe ggf. auch zugrundeliegende Prinzipien/das Prinzip zerlegen. Und da kann man sozusagen in Zeitlupe vielleicht schon unterscheiden...
Die Dreiteilung ist ja auch falsch -> Tsukuri & Kuzushi fließen in dieser Reihenfolge ineinander.
+1
Gerade Uki-goshi finde ich, neben den anderen Techniken natürlich auch, interessant, weil ich bzgl. Kuzushi und Wurf-Eingang sehr viele unterschiedliche Varianten gesehen habe, die allesamt mal funktioniert haben, mal nicht. Oftmals finde ich den eher seitlichen Eingang didaktisch und wettkampfpraktisch sehr zielführend.
Und exakt so verhält es sich; (auch) deshalb reite ich immer wieder auf der Ju no kata herum (rechts & links), hier lernt man Ukigoshi wie nirgendwo anders ...
Auch Tai-otoshi ist eine sowohl didaktisch als auch wettkampfpraktisch interessante Technik. Im Prinzip wird dieser meistens als Handwurf ausgeführt; ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele das Wirkungsprinzip über ein zu starkes Tai-sabaki bzw. den Platzwechsel blockieren oder tatsächlich auch erfolgreich fast schon als Schulterwurf ausführen. Die elegantere, schnelle und bewegungsarm erscheinende Variante wie auch hier im Video z.T. gezeigt gefällt mir ganz gut.
Selbstverständlich ist Verne Borgen kein Tokio Hirano (oder ein beliebiger anderer, zum Kontext passender Ausnahmejudoka!), aber:
Taiotoshi ist der Knack- u. Streitpunkt schlechthin, dieser Container /oder Schablone polarisiert gerne [das ist hier aber nicht meine Absicht].

Es ist schön (und erstaunlich) das Du sofort nachspüren kannst, auf was ich hinweisen /anregen möchte oder worüber ich mich freue - ganz ohne ausufernde Worte, nur durch ein Bild ...

+1
Ich habe letztens im Training folgende kleine Reihe zu vermitteln versucht:

Ko-uchi-gari
Hiza-guruma
O-soto-gari / De-ashi-barai
-> hierzu muss man sagen, dass aus der "freien" Bewegung je nach Ukes Reaktion eine der beiden Techniken die adäquatere Entscheidung darstellt.

Zusammen mit ein paar wiederholten Grundlagen bzgl. Laufschule/Tai-sabaki hat das in der freien Bewegung sogar mit wechselnden Uke sehr gut funktioniert. Die Leistungsstände sind im Übrigen unterschiedlich gewesen. Probleme ergaben sich bzgl. der Koordination, wobei ich hier versucht habe eher über die rein geistige Haltung einzuwirken, als über bloße physische Beschreibungen a la "Halte die Hände so...zieh den Fuß dahin..." etc..
Das ist eine Methode, bzw. Technik, die auch ich permanent anwende -> die Stimme ist ein entscheidendes Werkzeug - und wenn es nur der Klang ist (Melodie und Modulation muss man dabei allerdings unterscheiden, auch wenn sie zusammen wirken).
Nun: Jetzt müsste ich aber sehr stark überlegen, welche Prinzipien denn tatsächlich zugrunde lagen und ich diese auch korrekt vermittelt d.h. auch benannt habe. Es hat schon funktioniert, wirklich -> aber wie und weshalb? Das muss ich mal zum Jahresende hin ergründen.
Ups,
jenes passiert naturgegeben häufig beim induktiven-intuitivem Vorgehen ...
Bloß verkomplizieren und verkopfen darf man die Angelegenheit (lernen und die Lehre) auf gar keinen Fall.

#
Man lernt sehr angenehm über den Genuß; es muss einem Freude bereiten, leicht und locker, entspannt sein, ein Erfolgserlebnis (der Treffer im Tor -> "Ball im Tor - Effekt") zur Rückkopplung führen, Hormone ausschütten ...
positiv und friedlich.

Einschränken möchte ich: das ist nur ein Aspekt, und nur eine der zu bevorzugenden Möglichkeiten im Anfänger-Breitensport. Ich selbst verfüge über weitere Mindsettings, diese sind allerdings destruktiv -> zwei Seiten einer Medaille.

Fun-Fact Nr.1 :In meiner Judojugend, die sich jetzt dem Ende zuneigt, habe ich Tsukuri als direkte Folge eines möglichst kraftvollen Einsatzes von klimmzug- und bankdrückgepägter Oberkörpermuskulatur kennengelernt. Kuzushi war = Push'N'Pull - voll cool und krass, nur kein Judo, eher so Wrestling. Diese Antithese zum gewissermaßen technischen Prinzip hat aber auch Ippon geliefert - aus heutiger Sicht vielleicht etwas bedauerlicherweise.
:D
Funktioniert natürlich - über dieses Werkzeug zu verfügen ist nicht unbedingt schlecht, doch absolut kein Judo ;). Man bracht das nicht -> Widerstandstraining (so will ich dieses jetzt gerne nennen) nutzt man später.
Weil es im Video auftauchte: Fun-Fact Nr.2: "O-uchi-barai" -> Ich habe fast meine ...Lizenz nicht bestehen dürfen, weil ich just in der sog. Prüfung gewagt hatte zu hinterfragen, wo denn der wesentliche, d.h. prinzipielle Unterschied zu O-uchi-barai und O-uchi-gari bestehen würde; in der Praxis wohlgemerkt,

Ups,
das kenne ich aus dem Effeff -> Parallelen überall, warum nur :D ;) .

nicht im klinisch sterilen Raum, indem Uke zu 100% Dummi darstellt. Am Ende reduziert sich das für mich auf die Beschreibung einer Beobachtung einer gestellten Situation quasi in vitro - nicht aber auf das tatsächliche Wirkungsprinzip in vivo. Ergebnis für mich: Gleiche (aber nicht dieselbe) Technik mit gleichem Namen = O-uchi-gari.
Sehr gut formuliert.
(+1)


Nein, nein, es ist alles gut ...
Fazit: Es wird sich oft zu schwer gemacht weil zu wenig hinterfragt wird, es zu viele bunte oder manchmal auch schwarz-weiße Bildchen gibt und schablonenhaftes Lernen uns für Judo offensichtlich nicht weiterbringt.

Hätte ich mehr Zeit dafür zur Verfügung, würde ich auch noch stärker auf das Video eingehen wollen, anstatt nur meine Kamellen vorzutragen...
Es freut mich sehr, dass Du (so gut) verstehst und Deinen Weg gehst, wie Du Ihn gehst /beschreitest.


So macht Judo richtig Spaß,
konstruktiv,
nicht eingefahren,
befragend,
locker und fröhlich,
einfach offen

etc. pp.



Gruß,
HBt.
Cichorei Kano
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Re: Vern Borgens Methodik & Tsukuri

Beitrag von Cichorei Kano »

Anfang des Jahres wurde ich von Herrn Borgen kontaktiert, von dem ich damals nichts wusste. Er erklärte mir, dass er, als er jünger war, das Glück hatte, von Steve Cunningham gelernt zu haben. Für diejenigen, die mit dem Namen Cunningham nicht vertraut sind, hatte Steve Cunningham selbst von einem japanischen Sensei in den USA namens Sone gelernt. Cunningham war intellektuell begabt und wurde später Professor für Wirtschaftswissenschaften. Cunningham profitierte von seiner analytischen akademischen Ausbildung und seinem Instinkt und zeigte einen kritischen und analytischen Zugang zum Judo, den er in einer Reihe von Veröffentlichungen und Seminaren, die er lehrte, ausstellte. Ich erinnere mich, dass ich vor mehr als 20 Jahren einige von Cuninghams Arbeiten gelesen habe, bevor es das Internet gab. Ich war erstaunt über verschiedene japanische Referenzen, die er gemacht hat, was ein großer Unterschied zu 99% dessen war, was man in anderen Judobüchern lesen konnte. Schließlich wurden populäre Judo-Bücher, mit denen allerlei unsinnige Behauptungen aufgestellt wurden - sie machen es auch heute noch - und auf diese Weise zu einem wichtigen Instrument, um die Judo-Bevölkerung zu täuschen und oft völlig unsinnige Erklärungen des Judos aufzustellen. Es war mir sofort klar, dass Cunningham anders war und zu diesem winzigen Kreis gehörte, dem westlichen kritischen und intellektuell begabten Judoka, der den Antrieb und die Absicht hatte, populäre Ansichten tatsächlich in Frage zu stellen und nach der Wahrheit zu suchen. Auf diese Weise rangierte sein Name mit dem des verstorbenen Trevor Leggett und Geoff Gleeson. Ich war begeistert, als Cunningham mehrmals über seine Absicht sprach, ein Judo-Buch zu veröffentlichen, das ohne Zweifel innovativ gewesen wäre.

Leider wurde das Buch nie veröffentlicht und mit der Zeit verschwand Cunningham aus dem Judo-Rampenlicht, wobei die meisten Leute, einschließlich mir, keine Ahnung hatten, was passiert war. Ich hatte jedoch meinen Verdacht. Ich weiß, dass es für diejenigen, die Judo wirklich, wirklich, wirklich untersuchen und analysieren wollen, sehr schwierig ist, ihre Arbeit zu tun. Während der Gedanke selbst für fast jeden spannend klingt, sollte man nicht vergessen, dass die Judowelt in Wirklichkeit eine Welt der Macht, des Geldes und der Dominanz ist, und diejenigen, die über das Wissen, die Fähigkeiten und die Informationen verfügen, um einen Großteil des Unsinns zu enthüllen, anstatt Hilfe zu erhalten, werden oft sabotiert, da sie als Bedrohung für das Judo-Establishment angesehen werden. Das Judo-Establishment nutzt dann seine Kontakte und sein Netzwerk, um sie zu besudeln und zu isolieren, und oft werden diese talentierten Menschen am Ende so enttäuscht, dass das, wofür sie einen großen Teil ihres Lebens aufgewendet haben, dass all ihre Erkenntnisse und Talente verloren gehen. Das Gleiche geschah mit Leggett und Gleeson. Daher vermutete ich, dass etwas Ähnliches mit Cunningham passiert war.

Cunningham war für mich persönlich eine Inspiration und trug zu meiner Arbeitsweise bei. Der Grund dafür ist, dass Cunningham der einzige Judo-Autor war, der auf Namen japanischer Referenzen verwies, aber.... er gab nie genaue Referenzen (Bandnummern, Ausgabenummern, Seitenzahlen) an, noch wo man diese Bücher oder Zeitschriften tatsächlich finden konnte, da keine westliche Bibliothek sie hatte. Er hat auch nie genaue Angebote auf Japanisch gemacht. Verstehst du das Problem? Auf diese Weise bot er einen weitaus tieferen Einblick in die Wahrheit des Judos als jeder andere, machte es aber gleichzeitig unmöglich, diese neue "Wahrheit" tatsächlich selbst zu überprüfen. Damals schien ich die Einzige zu sein, die davon fasziniert war. Ich bewegte Himmel und Erde in den Tagen vor dem Internet und versuchte, diese Referenzen zu finden und zu überprüfen, ohne Erfolg. Erst als ich schließlich einen mutigen Schritt durch meine japanischen Kontakte machte, um meine Bibliothek mit jedem existierenden japanischen Judo-Kerntext zu erweitern, geschah ein großer Wendepunkt in meiner Judo-Forschungskarriere. Ich habe wahrscheinlich etwa 160.000 bis 200.000 Euro und mehrere Jahre damit verbracht, all diese Materialien zu erwerben. Schon damals war ich nicht da, wo ich sein wollte, denn das bedeutete auch, dass ich Tausende und Abertausende von Seiten auf Japanisch lesen musste, um herauszufinden, worüber Cunningham vielleicht Referenzen gemacht hatte. Am Ende tat ich es. Ich fand verschiedene schwerwiegende Fehler in dem, was Cunningham geschrieben hatte, aber das ist nicht schuld. Wir alle machen Fehler, und das schmälert für mich seinen Beitrag nicht. Ich behaupte nicht, die absolute Wahrheit zu haben. So funktioniert Wissenschaft nicht. Was wir tun, ist das Beste, mit dem Ziel, dass andere Wissenschaftler unsere Arbeit wiederholen und sehen, ob sie unsere Ergebnisse reproduzieren können. Hier hätte Cunningham es besser machen können, und deshalb nenne ich immer genaue Referenzen und wenn möglich wörtliche Zitate auf Japanisch. Auf diese Weise sind die Referenzbefunde transparent und einfach zu untersuchen, zu überprüfen und zu bestätigen oder zu widerlegen.

Nachdem Mr. Borgen mich kontaktiert hatte, begannen wir eine Korrespondenz, in der er viel wertvollen Hintergrund zu Cunninhams Ansichten und wie und was er von Cunningham gelernt hatte. Der Grund, warum Mr. Borgen mich kontaktiert hatte, war, dass er von einer Reihe von Papieren und Einsichten, die ich gegeben hatte, fasziniert und inspiriert worden war, besonders zum Thema Kuzushi. Er fand es selten, dass jemand sowohl mathematische, biomechanische als auch judohistorische und -philosophische Erkenntnisse liefern konnte. Sein eigener Hintergrund war der Maschinenbau, so dass es nicht schwer zu verstehen ist, warum ihn diese Dinge angesprochen haben. Er war auch fasziniert von meiner Erfahrung mit und in Kitô-ryû, einer der Grundlagen von Kôdôkan jûdô und einer großen Inspiration für Kanô-shihan. Damals informierte er mich auch über einige sehr unglückliche gesundheitliche Umstände, mit denen er zu kämpfen hatte, die es nicht mehr möglich machten, am aktiven Judo teilzunehmen, so dass ihm das Lesen über Judo eine gewisse Erleichterung brachte. Ein besonderes Thema, das er sich in Cunningham vorbehalten hatte und über das Herr Borgen seit einigen Jahren eine Arbeit vorbereitet hatte, war der Gokyô. Er wollte mit mir besprechen, was er darüber geschrieben hatte, um zu sehen, ob seine Theorien über die Entstehung des Gokyô möglich waren.

Zu einem gewissen Grad ergaben sich einige der Fragen, die er gestellt hatte, aus Gedanken, die denen ähneln, die von nur_wazaari in diesem Diskussionsfaden formuliert wurden. Auf jeden Fall schickte er mir seine Entwürfe und erklärte mir seine Ansichten und wie er zu ihnen kam. Er war besonders fasziniert von diesem Thema, das ich über einen meiner verstorbenen Lehrer, Hirano Tokio-sensei, erklärt hatte. Wie viele von euch vielleicht wissen, hatte auch Hirano einen alternativen pädagogischen Ansatz entwickelt, einschließlich einer Kata-Übung Handô-no-kata (von ihm genannt, aber fälschlicherweise meist unter dem Namen nanatsu-no-kata oder Hirano-no-kata im Westen bekannt). In dieser Kata erklärt Hirano sein "Wellen"-System und wie es im Judo einsetzbar ist.

Hier und in diesem Zusammenhang kommen wir dem näher, was HBt. und nur_wazaari diskutieren. Leider konnten viele von Mr. Borgen's sehr interessanten Theorien über den Gokyô nicht durch die historische Wahrheit gestützt werden. Aber, und das ist wichtig.... man muss erkennen, dass, um etwas zu "lernen", die Dinge nicht unbedingt wahr sein müssen. Lass es mich erklären. Man könnte die Bibel benutzen, um Menschen über Moral und Ethik zu lehren und so Menschen zu helfen, verantwortungsbewusste und ethische Menschen zu werden. Dazu muss der eigentliche Inhalt der Bibel nicht unbedingt historisch wahr sein. Tatsächlich ist vieles von dem, was in der Bibel steht, dogmatisch und nicht beweisbar; in der Tat ist es gerade für diejenigen, die glauben, bestimmte Dinge zu akzeptieren, ohne irgendeine Notwendigkeit oder Forderung nach Beweisen.

Einige der von nur_wazaari vorgeschlagenen kritischen Kommentare zur Judopädagogik sind wahr. Das macht sie aber nicht unbedingt nutzlos. Kanô-sensei bot eine praktikable Pädagogik, um Jûdô zu unterrichten. Das bedeutet natürlich nicht, dass 138 Jahre später seine immer noch der einzige und beste pädagogische Ansatz ist. Nahrungsergänzungsmittel, Videoanalyse, Fitnessgeräte, trainingsphysiologische Konzepte existierten 1882 in keiner Weise, vergleichbar mit dem, was heute verfügbar ist und was alle zur Schaffung alternativer pädagogischer Ansätze beitragen.

Der dreifache pädagogische Ansatz für das Lehren und Lernen wirft in Kôdôkan jûdô, d.h. tsukuri, kuzushi und kake work, aber das ist nicht dasselbe wie (1), dass sie biomechanisch korrekt sind und existieren, und dass (2) sie der bestmögliche pädagogische Ansatz sind. Ich beziehe mich auf ein Papier, das sich auf Ko-uchi-Gari konzentrierte, das vor etwa 7 Jahren veröffentlicht wurde und sich mit diesem Material und verschiedenen Ansätzen beschäftigt.

Einer der Kommentatoren hier, ich glaube, es war nur_wazaari, benutzte den Begriff "Parabel". In der Tat können Parabelen valide Lehrmittel sein. In Hirano's Handô-no-kata geht es darum, Wasserwellen auf das Judo anzuwenden. In einem Artikel, der veröffentlicht wurde und sich mit Hiranos Herangehensweise an Kuzushi beschäftigt, wird gezeigt, dass es in jûdô nichts dergleichen geben kann, aber das bedeutet nicht, dass die visuelle Darstellung nicht hilfreich ist, um Kuzushi und die Effektivität von Würfen zu lernen und zu perfektionieren. Wenn jemand daran zweifeln würde, war Hirano-sensei selbst das beste Beispiel für eine unterschiedlich effektive Anwendung dieses Ansatzes. Hiranos Handô-no-kata sind ebenso wie Kôdôkans itsutsu-no-kata allegorische Darstellungen von jûdô. Allegorien tun genau das, was sie tun sollen. Sie sind weder Wahrheit noch Unrecht. Sie sind Instrumente der Imagination, die dazu dienen, tiefere, oft abstrakte Werte zu vermitteln.

Heißt das, es gibt keine Probleme? Nein. Probleme beginnen und werden sich vervielfachen, wenn Menschen nicht zwischen Allegorien und Wahrheit unterscheiden oder extremistische Ansätze anwenden können. Das ist es, was wir unter religiösen Extremisten sehen, die Nichtgläubige dazu bringen, die Dinge als absolute Wahrheiten so anzunehmen, wie sie nie gemeint waren. Die Lösung ist nicht immer einfach. Der Versuch, Judo ausschließlich auf der Grundlage der wissenschaftlichen Wahrheit zu lehren, ist sehr schwierig, da die Physik nicht dasselbe ist wie die Pädagogik. Die Wissenschaft hinter Kuzushi und Tsukuri ist viel zu kompliziert, um sie als pädagogische Lehrmethode für Anfänger zu verwenden. Einige Teile können jedoch als Anschauungsmaterial für andere pädagogische Ansätze verwendet werden. Letztendlich hängt es wirklich von der Fähigkeit und der intellektuellen und pädagogischen Entwicklung des Lehrers ab. Viele von ihnen sind motiviert, aber ihre Grenzen werden oft nicht ausreichend erkannt, was unvermeidlich ist, da sie oft das Ergebnis einer Unterrichtsstruktur sind, und Lehrer, die durch die gleichen Einschränkungen eingeschränkt waren. Jedes System, das keine externen Gleichgewichte und Kontrollen hat, wird sich immer wieder bestätigen, sowohl unbeabsichtigt als auch absichtlich, und aus diesem Grund haben wertvolle Persönlichkeiten wie Cunningham und Leggett immer eine schwierige Aufgabe, deren Wert oft erst nach ihrer langen Abwesenheit vollständig erkannt wird.
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Re: Vern Borgens Methodik & Tsukuri

Beitrag von luxuslurch »

Danke für die vielen ergänzenden Ausführungen!
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Cunningham -> und die Nachwehen

Beitrag von HBt. »

Cichorei Kano hat geschrieben: 08.12.2019, 18:22 Anfang des Jahres wurde ich von Herrn Borgen kontaktiert, von dem ich damals nichts wusste. Er erklärte mir, dass er, als er jünger war, das Glück hatte, von Steve Cunningham gelernt zu haben. Für diejenigen, die mit dem Namen Cunningham nicht vertraut sind, hatte Steve Cunningham selbst von einem japanischen Sensei in den USA namens Sone gelernt. Cunningham war intellektuell begabt und wurde später Professor für Wirtschaftswissenschaften. Cunningham profitierte von seiner analytischen akademischen Ausbildung und seinem Instinkt und zeigte einen kritischen und analytischen Zugang zum Judo, den er in einer Reihe von Veröffentlichungen und Seminaren, die er lehrte, ausstellte. Ich erinnere mich, dass ich vor mehr als 20 Jahren einige von Cuninghams Arbeiten gelesen habe, bevor es das Internet gab. Ich war erstaunt über verschiedene japanische Referenzen, die er gemacht hat, was ein großer Unterschied zu 99% dessen war, was man in anderen Judobüchern lesen konnte. Schließlich wurden populäre Judo-Bücher, mit denen allerlei unsinnige Behauptungen aufgestellt wurden - sie machen es auch heute noch - und auf diese Weise zu einem wichtigen Instrument, um die Judo-Bevölkerung zu täuschen und oft völlig unsinnige Erklärungen des Judos aufzustellen. Es war mir sofort klar, dass Cunningham anders war und zu diesem winzigen Kreis gehörte, dem westlichen kritischen und intellektuell begabten Judoka, der den Antrieb und die Absicht hatte, populäre Ansichten tatsächlich in Frage zu stellen und nach der Wahrheit zu suchen. Auf diese Weise rangierte sein Name mit dem des verstorbenen Trevor Leggett und Geoff Gleeson. Ich war begeistert, als Cunningham mehrmals über seine Absicht sprach, ein Judo-Buch zu veröffentlichen, das ohne Zweifel innovativ gewesen wäre.

Leider wurde das Buch nie veröffentlicht und mit der Zeit verschwand Cunningham aus dem Judo-Rampenlicht, wobei die meisten Leute, einschließlich mir, keine Ahnung hatten, was passiert war. Ich hatte jedoch meinen Verdacht. Ich weiß, dass es für diejenigen, die Judo wirklich, wirklich, wirklich untersuchen und analysieren wollen, sehr schwierig ist, ihre Arbeit zu tun. Während der Gedanke selbst für fast jeden spannend klingt, sollte man nicht vergessen, dass die Judowelt in Wirklichkeit eine Welt der Macht, des Geldes und der Dominanz ist, und diejenigen, die über das Wissen, die Fähigkeiten und die Informationen verfügen, um einen Großteil des Unsinns zu enthüllen, anstatt Hilfe zu erhalten, werden oft sabotiert, da sie als Bedrohung für das Judo-Establishment angesehen werden. Das Judo-Establishment nutzt dann seine Kontakte und sein Netzwerk, um sie zu besudeln und zu isolieren, und oft werden diese talentierten Menschen am Ende so enttäuscht, dass das, wofür sie einen großen Teil ihres Lebens aufgewendet haben, dass all ihre Erkenntnisse und Talente verloren gehen. Das Gleiche geschah mit Leggett und Gleeson. Daher vermutete ich, dass etwas Ähnliches mit Cunningham passiert war.

Sehr offene & interessante Einleitung. Vielen Dank 'CK', meine winzigen /persönlichen Erfahrungen decken sich (bedauerlicherweise) mit Deinen Ausführungen.
Cunningham war für mich persönlich eine Inspiration und trug zu meiner Arbeitsweise bei. Der Grund dafür ist, dass Cunningham der einzige Judo-Autor war, der auf Namen japanischer Referenzen verwies, aber.... er gab nie genaue Referenzen (Bandnummern, Ausgabenummern, Seitenzahlen) an, noch wo man diese Bücher oder Zeitschriften tatsächlich finden konnte, da keine westliche Bibliothek sie hatte. Er hat auch nie genaue Angebote auf Japanisch gemacht. Verstehst du das Problem?
Absolut, Ja.
Auf diese Weise bot er einen weitaus tieferen Einblick in die Wahrheit des Judos als jeder andere, machte es aber gleichzeitig unmöglich, diese neue "Wahrheit" tatsächlich selbst zu überprüfen. Damals schien ich die Einzige zu sein, die davon fasziniert war. Ich bewegte Himmel und Erde in den Tagen vor dem Internet und versuchte, diese Referenzen zu finden und zu überprüfen, ohne Erfolg. Erst als ich schließlich einen mutigen Schritt durch meine japanischen Kontakte machte, um meine Bibliothek mit jedem existierenden japanischen Judo-Kerntext zu erweitern, geschah ein großer Wendepunkt in meiner Judo-Forschungskarriere. Ich habe wahrscheinlich etwa 160.000 bis 200.000 Euro und mehrere Jahre damit verbracht, all diese Materialien zu erwerben. Schon damals war ich nicht da, wo ich sein wollte, denn das bedeutete auch, dass ich Tausende und Abertausende von Seiten auf Japanisch lesen musste, um herauszufinden, worüber Cunningham vielleicht Referenzen gemacht hatte. Am Ende tat ich es. Ich fand verschiedene schwerwiegende Fehler in dem, was Cunningham geschrieben hatte, aber das ist nicht schuld. Wir alle machen Fehler, und das schmälert für mich seinen Beitrag nicht. Ich behaupte nicht, die absolute Wahrheit zu haben. So funktioniert Wissenschaft nicht. Was wir tun, ist das Beste, mit dem Ziel, dass andere Wissenschaftler unsere Arbeit wiederholen und sehen, ob sie unsere Ergebnisse reproduzieren können. Hier hätte Cunningham es besser machen können, und deshalb nenne ich immer genaue Referenzen und wenn möglich wörtliche Zitate auf Japanisch. Auf diese Weise sind die Referenzbefunde transparent und einfach zu untersuchen, zu überprüfen und zu bestätigen oder zu widerlegen.
Während ich schon das Glück hatte, von Euren Arbeiten u. Anstrengungen ordentlich profitieren zu können, damit konnte ich St. Cunninghams Texte hoffentlich korrekt einordnen und kleine Fehler, bzw. Unsauberheiten schon beim Lesen korrigieren, erweitern und ergänzen ...

Inspiration
und Ordnung meiner eigenen Gedanken /Hypothesen und Bestätigungen folgten daraus - danke.
Nachdem Mr. Borgen mich kontaktiert hatte, begannen wir eine Korrespondenz, in der er viel wertvollen Hintergrund zu Cunninhams Ansichten und wie und was er von Cunningham gelernt hatte. Der Grund, warum Mr. Borgen mich kontaktiert hatte, war, dass er von einer Reihe von Papieren und Einsichten, die ich gegeben hatte, fasziniert und inspiriert worden war, besonders zum Thema Kuzushi. Er fand es selten, dass jemand sowohl mathematische, biomechanische als auch judohistorische und -philosophische Erkenntnisse liefern konnte. Sein eigener Hintergrund war der Maschinenbau, so dass es nicht schwer zu verstehen ist, warum ihn diese Dinge angesprochen haben. Er war auch fasziniert von meiner Erfahrung mit und in Kitô-ryû, einer der Grundlagen von Kôdôkan jûdô und einer großen Inspiration für Kanô-shihan. Damals informierte er mich auch über einige sehr unglückliche gesundheitliche Umstände, mit denen er zu kämpfen hatte, die es nicht mehr möglich machten, am aktiven Judo teilzunehmen, so dass ihm das Lesen über Judo eine gewisse Erleichterung brachte. Ein besonderes Thema, das er sich in Cunningham vorbehalten hatte und über das Herr Borgen seit einigen Jahren eine Arbeit vorbereitet hatte, war der Gokyô. Er wollte mit mir besprechen, was er darüber geschrieben hatte, um zu sehen, ob seine Theorien über die Entstehung des Gokyô möglich waren.
Ein Wahnsinn und ein großer Schock,
auf der einen Seite steht die Liebe zum Leben und dem Forschen /den Ingenieurswissenschaften oder der Physik und auf der anderen Seite eine erschütternde Diagnose, z.B. der Krebs. Jeden Tag aufs Neue.
Zu einem gewissen Grad ergaben sich einige der Fragen, die er gestellt hatte, aus Gedanken, die denen ähneln, die von nur_wazaari in diesem Diskussionsfaden formuliert wurden. Auf jeden Fall schickte er mir seine Entwürfe und erklärte mir seine Ansichten und wie er zu ihnen kam. Er war besonders fasziniert von diesem Thema, das ich über einen meiner verstorbenen Lehrer, Hirano Tokio-sensei, erklärt hatte. Wie viele von euch vielleicht wissen, hatte auch Hirano einen alternativen pädagogischen Ansatz entwickelt, einschließlich einer Kata-Übung Handô-no-kata (von ihm genannt, aber fälschlicherweise meist unter dem Namen nanatsu-no-kata oder Hirano-no-kata im Westen bekannt). In dieser Kata erklärt Hirano sein "Wellen"-System und wie es im Judo einsetzbar ist.
Tokio Hirano übt auf mich eine nicht in Worte fassbare Faszination aus, alleine "Charisma" ist es nicht. Ich bin bekanntermaßen auch von Isao Okano, Isao Inokuma und Masahiko Kimura begeistert ...
Hier und in diesem Zusammenhang kommen wir dem näher, was HBt. und nur_wazaari diskutieren. Leider konnten viele von Mr. Borgen's sehr interessanten Theorien über den Gokyô nicht durch die historische Wahrheit gestützt werden. Aber, und das ist wichtig.... man muss erkennen, dass, um etwas zu "lernen", die Dinge nicht unbedingt wahr sein müssen.
EXAKT so verhält es sich - (und deshalb bin ich beim 'Posten' diesbzgl. vorsichtig(er) geworden, vielfach bekommt eine unbestimmte, aber nicht unbedeutende Masse' die eigentliche Information /u. Intention in den falschen Hals).
Lass es mich erklären. Man könnte die Bibel benutzen, um Menschen über Moral und Ethik zu lehren und so Menschen zu helfen, verantwortungsbewusste und ethische Menschen zu werden. Dazu muss der eigentliche Inhalt der Bibel nicht unbedingt historisch wahr sein. Tatsächlich ist vieles von dem, was in der Bibel steht, dogmatisch und nicht beweisbar; in der Tat ist es gerade für diejenigen, die glauben, bestimmte Dinge zu akzeptieren, ohne irgendeine Notwendigkeit oder Forderung nach Beweisen.
Sie glauben -> Ich stehe allerdings für die Aufklärung - und dem Glauben diametral entgegen (gegenüber), allerdings weiß ich was die schon frühkindliche Indoktrination (durch Beobachtung ...) bewirkt und anrichtet. Einem ernsthaft Gläubigen, darf man diesen Halt nicht wegnehmen - er oder sie' ist hoffnungslos verloren.


Man muss in unserem Kontext genauestens differenzieren - grundsätzlich im Leben.
Einige der von nur_wazaari vorgeschlagenen kritischen Kommentare zur Judopädagogik sind wahr. Das macht sie aber nicht unbedingt nutzlos. Kanô-sensei bot eine praktikable Pädagogik, um Jûdô zu unterrichten. Das bedeutet natürlich nicht, dass 138 Jahre später seine immer noch der einzige und beste pädagogische Ansatz ist. Nahrungsergänzungsmittel, Videoanalyse, Fitnessgeräte, trainingsphysiologische Konzepte existierten 1882 in keiner Weise, vergleichbar mit dem, was heute verfügbar ist und was alle zur Schaffung alternativer pädagogischer Ansätze beitragen.

Der dreifache pädagogische Ansatz für das Lehren und Lernen wirft in Kôdôkan jûdô, d.h. tsukuri, kuzushi und kake work, aber das ist nicht dasselbe wie (1), dass sie biomechanisch korrekt sind und existieren, und dass (2) sie der bestmögliche pädagogische Ansatz sind. Ich beziehe mich auf ein Papier, das sich auf Ko-uchi-Gari konzentrierte, das vor etwa 7 Jahren veröffentlicht wurde und sich mit diesem Material und verschiedenen Ansätzen beschäftigt.

Einer der Kommentatoren hier, ich glaube, es war nur_wazaari, benutzte den Begriff "Parabel". In der Tat können Parabelen valide Lehrmittel sein. In Hirano's Handô-no-kata geht es darum, Wasserwellen auf das Judo anzuwenden. In einem Artikel, der veröffentlicht wurde und sich mit Hiranos Herangehensweise an Kuzushi beschäftigt, wird gezeigt, dass es in jûdô nichts dergleichen geben kann, aber das bedeutet nicht, dass die visuelle Darstellung nicht hilfreich ist, um Kuzushi und die Effektivität von Würfen zu lernen und zu perfektionieren. Wenn jemand daran zweifeln würde, war Hirano-sensei selbst das beste Beispiel für eine unterschiedlich effektive Anwendung dieses Ansatzes. Hiranos Handô-no-kata sind ebenso wie Kôdôkans itsutsu-no-kata allegorische Darstellungen von jûdô. Allegorien tun genau das, was sie tun sollen. Sie sind weder Wahrheit noch Unrecht. Sie sind Instrumente der Imagination, die dazu dienen, tiefere, oft abstrakte Werte zu vermitteln.
Schön das Du diesen Punkt zur Sprache bringst -> die wenigsten Diskutanten erkennen diesen Umstand -> in meiner eigenen, bescheidenen Retrospektive ... bin ich immer noch sprachlos, die scheinbare Oberflächlichkeit, ups ein Außenseiter, boing der weiß etwas ... boing ... ins Abseits ... ach lass uns draufhauen oder abwenden ... -> so sieht es dann immer wieder aus, es gibt viel zu lernen ;-).

Folgendes möchte ich unbedingt wiederholen und hervorheben:
"Hiranos Handô-no-kata sind ebenso wie Kôdôkans itsutsu-no-kata allegorische Darstellungen von jûdô. Allegorien tun genau das, was sie tun sollen. Sie sind weder Wahrheit noch Unrecht. Sie sind Instrumente der Imagination, die dazu dienen, tiefere, oft abstrakte Werte zu vermitteln."
Heißt das, es gibt keine Probleme? Nein. Probleme beginnen und werden sich vervielfachen, wenn Menschen nicht zwischen Allegorien und Wahrheit unterscheiden oder extremistische Ansätze anwenden können. Das ist es, was wir unter religiösen Extremisten sehen, die Nichtgläubige dazu bringen, die Dinge als absolute Wahrheiten so anzunehmen, wie sie nie gemeint waren. Die Lösung ist nicht immer einfach. Der Versuch, Judo ausschließlich auf der Grundlage der wissenschaftlichen Wahrheit zu lehren, ist sehr schwierig, da die Physik nicht dasselbe ist wie die Pädagogik. Die Wissenschaft hinter Kuzushi und Tsukuri ist viel zu kompliziert, um sie als pädagogische Lehrmethode für Anfänger zu verwenden. Einige Teile können jedoch als Anschauungsmaterial für andere pädagogische Ansätze verwendet werden. Letztendlich hängt es wirklich von der Fähigkeit und der intellektuellen und pädagogischen Entwicklung des Lehrers ab. Viele von ihnen sind motiviert, aber ihre Grenzen werden oft nicht ausreichend erkannt, was unvermeidlich ist, da sie oft das Ergebnis einer Unterrichtsstruktur sind, und Lehrer, die durch die gleichen Einschränkungen eingeschränkt waren. Jedes System, das keine externen Gleichgewichte und Kontrollen hat, wird sich immer wieder bestätigen, sowohl unbeabsichtigt als auch absichtlich, und aus diesem Grund haben wertvolle Persönlichkeiten wie Cunningham und Leggett immer eine schwierige Aufgabe, deren Wert oft erst nach ihrer langen Abwesenheit vollständig erkannt wird.

Jeden Deiner Punkte kann man nur noch unterstreichen,
vielen, vielen Dank.


Grüße,
HBt.



PS

@ 'Luxuslurch',
warum ich den Zwinker-Grinzling gesetzt habe, sollte jetzt überdeutlich sein.
luxuslurch
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Re: Vern Borgens Methodik & Tsukuri

Beitrag von luxuslurch »

HBt. hat geschrieben: 09.12.2019, 11:44 warum ich den Zwinker-Grinzling gesetzt habe, sollte jetzt überdeutlich sein.
:read2 :shock: :eusa_think
Und ich dachte, ich mach nur mal ein bisschen Sport auf meine alten Tage...
HBt.
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... ein bisschen Sport,

Beitrag von HBt. »

Fehlanzeige!
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Re: Vern Borgens Methodik & Tsukuri

Beitrag von nur_wazaari »


Die Dreiteilung ist ja auch falsch -> Tsukuri & Kuzushi fließen in dieser Reihenfolge ineinander.
+1
Ich kenne die wissenschaftliche Begründung nicht genau, weshalb die Dreiteilung falsch ist/wäre. Ich spreche nur aus Erfahrung und aus dem, was ich hier im Forum tlw. gelesen habe, wodurch ich mich dann bestätigt sehe, nein, wodurch ich überhaupt erst angeregt wurde, darüber nachzudenken. Zum Üben der Dreiteilung trotz durchaus auch schon breiter vernehmbarer Erkenntnis: Sie wird immer noch so gelehrt und zwar in einer Art Phasen- und Phrasenmodell. Immer wieder auch muss man bei irgendwelchen Lehrgängen viele ganz ganz tolle Teilbewegungsübungen mitmachen, die zwar hervorragend sind, um konditionelle sowie koordinative Aspekte zu trainieren, aber für "das Wurftechnische" im eigentlichen Sinn meiner Erfahrung nach total kontraproduktiv sind; ich habe das letztens wieder bei einem sehr großen Wettkampf mal wirklich bewusst beobachtet: selbst sehr erfolgreiche Sportler*innen haben sich offenbar antrainiert, Techniken nicht bis zum Schluss durchzuziehen bzw. als sog. Kombination weiterzuführen , sondern immer nur unter taktischen Gesichtspunkten anzusetzen, um dann zur eigentlichen (Er-)Lösung, zu ihrer ultimativen "Spezialtechnik" zu gelangen. Ich habe nur den ganz leisen Verdacht, dass dies auch irgendwie mit der Art und Weise, wie wir hierzulande überhaupt denken und auch mit der Art und Weise, wie wir Erfolgsrezepte erarbeiten, zusammenhängt...wie dem auch sei:

Eine mögliche Lösung und ein gleichzeitig koordinativ höherer Trainingsreiz könnte mit folgendem verbunden sein: Ansetzen -> Werfen -> Ansetzen -> werfen -> Übergang in Ne-waza ->...kein starres Schema, man könnte sich auch frei bewegen, Uke sich aus der Starre lösen und unvorhergesehen reagieren, Tori mal kontern...was ich aber sehe und was immer noch trainiert wird, sind "Uchi-komi" in hoher Anzahl, immer wieder gleiche Teilbewegungen, die es angeblich zu verbessern gilt und den Zug zum Wurfergebnis am Ende abschleifen. Ich könnte noch weitermachen...anderseits ist gewiss nicht alles schlecht und unnütz was und wie hier trainiert wird, nur die Anpassungen an fruchtbare Erkenntnisse gehen mir manchmal zu langsam oder halt gar nicht vonstatten. Damit meine ich: Daneben gibt es dann auch noch das Problem des Nebeneinanderstehens von Methoden, wobei nur die eigene jene Richtige zu sein scheint. Letztlich funktioniert wirklich viel; manches über den Zeitverlauf aufgrund der Änderung von äußeren Umständen halt nicht mehr.
Und exakt so verhält es sich; (auch) deshalb reite ich immer wieder auf der Ju no kata herum (rechts & links), hier lernt man Ukigoshi wie nirgendwo anders...
Da ich die Juno-Kata bisher nicht studiert habe, kann ich dazu nichts annähernd Qualifiziertes sagen. Mithin wäre auch die Variante (bezeichnet man das so?) aus der Nage-No-Kata geeignet. Allerdings scheint mir "Obi-Tori" aus der Juno-kata besonders zum Training einer geeigneten Griffposition zu nützen, aus einer simplen Erfahrung mit Anfänger*innen heraus - das um die eigene Achse drehen und den gleichzeitigen koordinativ sinnvollen Einsatz der Arme ist eine nicht alltägliche Bewegung, die es erstmal zu erlernen gilt. Orientierung im (begrenzten) Raum und so...
Dabei ist mir klar, dass sich die Juno-kata von den Randori-No-Kata unterscheidet, nicht zuletzt sicher in der Zielsetzung.
Selbstverständlich ist Vern Borgen kein Tokio Hirano (oder ein beliebiger anderer, zum Kontext passender Ausnahmejudoka!), aber:
Taiotoshi ist der Knack- u. Streitpunkt schlechthin, dieser Container /oder Schablone polarisiert gerne [das ist hier aber nicht meine Absicht].
Ja und das Thema wird nicht zuletzt aufgrund immer noch auftretender Kreuzbandverletzungen nicht so schnell verlegt werden können...
Es ist schön (und erstaunlich) das Du sofort nachspüren kannst, auf was ich hinweisen /anregen möchte oder worüber ich mich freue - ganz ohne ausufernde Worte, nur durch ein Bild ...

Das ist eine Methode, bzw. Technik, die auch ich permanent anwende -> die Stimme ist ein entscheidendes Werkzeug - und wenn es nur der Klang ist (Melodie und Modulation muss man dabei allerdings unterscheiden, auch wenn sie zusammen wirken).
Nun ja, ich versuche gerade bei Erwachsenen eine Trainingsmethodik zu etablieren, die bei Anfängern und Anfängerinnen, welche auch mit mir auf der Matte sind, gut funktioniert, bei den Fortgeschrittenen aber Überzeugungsarbeit benötigen würde; nicht zuletzt deshalb, weil man mehr oder minder absichtlich blockiert, weil umlernen sehr anstrengend zu sein scheint oder weil ich in der Vermittlung einfach noch zu komplex arbeite. Die Stimme ist in der Tat ein sehr wichtiges Werkzeug - aufgrund baulich bedingter Nebengeräusche kann ich meine leider nicht so einsetzen, wie es durchaus möglich und auch nötig wäre. Insgesamt erfühle ich meine Methodik ein wenig wie einen Speckstein, der sich erst durch die Einflüsse der Übenden formen lässt...
nur_wazaari: Nun: Jetzt müsste ich aber sehr stark überlegen, welche Prinzipien denn tatsächlich zugrunde lagen und ich diese auch korrekt vermittelt d.h. auch benannt habe. Es hat schon funktioniert, wirklich -> aber wie und weshalb? Das muss ich mal zum Jahresende hin ergründen.

Hbt: Ups,
jenes passiert naturgegeben häufig beim induktiven-intuitivem Vorgehen ...
Bloß verkomplizieren und verkopfen darf man die Angelegenheit (lernen und die Lehre) auf gar keinen Fall.
Ich jedenfalls verzichte im Training weitestgehend auf theoretische Abhandlungen, Streitstände und dergleichen, die meinerseits wahrscheinlich sowieso nur halbrichtig ausgeführt würden oder zumindest falsch ankommen. Aber: Häufig frage ich v.a. beim freien Üben nach dem "Weshalb" oder "der Funktion", wo ich einfach nur mit eigenen Worten erklären lasse, was eigentlich gerade gemacht wird. Manchmal muss man dann zumindest seine Aufassung dennoch eingeben, da sich die Leute seltsamste Erklärungen aus irgendwelchen bunten Bildchen etablierter Materialien, halbgaren Schriftsätzen dazu und Uralt-Lehrmeinungen selbst zusammenzimmern. Zumindest einen Gegenvorschlag nötige ich dann auf - bin aber nicht zu beharrlich dabei (hoffe ich jedenfalls).

Interessant finde ich ja auch den seminaristischen Rahmen der Vermittlung, den man ja in der Praxis nicht allzu oft zu sehen bekommt, so auch im oben verlinkten Video. Im regulären Wochenbetriebs-Training ist das ja so kaum umsetzbar; die Menschen haben den Kopf sowieso übervoll und suchen sich gewissermaßen eine sportliche Denkpause...das ist nicht meine Art zu trainieren oder Training anzuleiten, aber diesen Wunsch vernehme ich häufiger. Anderseits ist auch mir eine Einheit mit möglichst hohem Selbstbewegungsanteil der Teilnehmenden am Liebsten.
Man lernt sehr angenehm über den Genuß; es muss einem Freude bereiten, leicht und locker, entspannt sein, ein Erfolgserlebnis (der Treffer im Tor -> "Ball im Tor - Effekt") zur Rückkopplung führen, Hormone ausschütten ...
positiv und friedlich.
Einschränken möchte ich: das ist nur ein Aspekt, und nur eine der zu bevorzugenden Möglichkeiten im Anfänger-Breitensport. Ich selbst verfüge über weitere Mindsettings, diese sind allerdings destruktiv -> zwei Seiten einer Medaille.
So ist es. Ich bin nicht sicher, was mit "Mindsetting" gemeint ist: Wenn es so etwas ähnliches wie "Herangehensweise", evtl. in Verbindung mit Zielstellung ist und mit der dementsprechenden Trainingsgestaltung einhergeht, dann erahne ich vage, was gemeint sein könnte. Jedenfalls finde ich, dass eine gewisse Destruktion auch nicht schadet - ich habe nur die Erfahrung gemacht, dass dies manche Mitmachenden goutieren, andere mit wedelnden Armen davonlaufen. Das ist dann eine Sache der Einstellung und Zielsetzung. Im Übrigen konnte ich eine Art des Mindsettings auch im Randori mit Spitzen-Wettkampfjudoka (also ganz gewiss nicht mir) erfahren: Es gibt einige wenige unter denen, die es verstehen, sich leistungsgerecht auf ihren Gegenüber einzustellen und für beide Seiten gewinnend Randori zu betreiben und erst nach vorheriger Ankündigung den Modus wechseln...das, und da bin ich durchaus normativ, sollte allen Judoka vermittelt werden. Dies entscheidet manchmal über frustriertes Fernbleiben und Nie-Wiederkommen oder Dabeibleiben. Ist ja nicht nur beim Judo so.

Im Übrigen finde ich die Art und Weise, wie Randori insgesamt betrieben wird, hierzulande (auch bei mir auf der Matte) häufig sehr (selbst-)destruktiv, zumal es für die Meisten nur eine einzige Art und Weise zu geben scheint - Leben oder Tod. Hier sehe ich mich regelmäßig in die Lage versetzt, zu intervenieren. Das ist aber dann doch ein anderes, für mich spannendes Thema.
:D
Funktioniert natürlich - über dieses Werkzeug zu verfügen ist nicht unbedingt schlecht, doch absolut kein Judo ;). Man bracht das nicht -> Widerstandstraining (so will ich dieses jetzt gerne nennen) nutzt man später.
In gewisser Weise könnte man Judo auch als Widerstandstraining bezeichnen - man geht vielleicht nur anders mit dem Widerstand um...z.B. zunächst einmal ist ja auch der eigene, innere Widerstand zu überwinden...

O-uchi-gari/O-uchi-barai:
Ups,
das kenne ich aus dem Effeff -> Parallelen überall, warum nur :D ;) .
Manchen ist es eine Belustigung, anderen ein Ärgernis. Ich nehme es eher hin und versuche selbst zu denken. Was würde van Borgen zu dieser Unterscheidung sagen?
Es freut mich sehr, dass Du (so gut) verstehst und Deinen Weg gehst, wie Du Ihn gehst /beschreitest.

So macht Judo richtig Spaß,
konstruktiv,
nicht eingefahren,
befragend,
locker und fröhlich,
einfach offen
Ohne Reflektion aber, gerade auch Erfahrenere, durch Übende, in der Praxis, auf der Matte, verkehren sich diese Dinge alle sehr schnell ins Gegenteil - insbesondere, wenn das eigene Ego versucht die Deutungshoheit erlangen.

Grüße

nur_wazzari
.
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Re: Vern Borgens Methodik & Tsukuri

Beitrag von tutor! »

nur_wazaari hat geschrieben: 15.12.2019, 09:32
Ich kenne die wissenschaftliche Begründung nicht genau, weshalb die Dreiteilung falsch ist/wäre. Ich spreche nur aus Erfahrung und aus dem, was ich hier im Forum tlw. gelesen habe, wodurch ich mich dann bestätigt sehe, nein, wodurch ich überhaupt erst angeregt wurde, darüber nachzudenken. Zum Üben der Dreiteilung trotz durchaus auch schon breiter vernehmbarer Erkenntnis: Sie wird immer noch so gelehrt und zwar in einer Art Phasen- und Phrasenmodell.
Ich greife einmal nur diesen Teil heraus...

Die Begriffe Kuzushi, Tsukuri und Kake entstammen dem Versuch, der Funktionalität von Wurftechniken einen theoretischen Rahmen zu geben. Dieser theoretische Rahmen sieht zunächst ZWEI Phasen vor: die Herstellung der Wurfsituation (Tsukuri) und die Ausführung (Kake). Die Ausführung einer Technik (Kake) gelingt dann an besten, wenn sich Uke in einer Position befindet, aus der heraus er keinen Widerstand gegen die Ausführung (das Kake) leisten kann. Die Widerstandsmöglichkeit des Uke muss also vor dem Kake "zum Einsturz gebracht" werden, einer Situation, in der Uke sein Gleichgewicht nicht mehr kontrollieren kann. Dieses "zum Einsturz bringen" nannte Kano "Kuzushi" (wobei ich mir sicher bin, dass er den Terminus auch nicht erfunden hat).

Kuzushi ist also eine FUNKTION innerhalb der Phase des Tsukuri.

Jede Dreiteilung, bzw. jedes Dreiphasenmodell, das mit diesen Begriffen assoziiert wird, ist eine fehlerhafte Übertragung eines Modells, das Kano gelehrt hat....

PS: somit ist es genauso unpräzise zu sagen, Kuzsuhi und Tsukuri gingen eineinander über. Richtig ist vielmehr, dass das eine ein Teil des anderen ist....
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Nur auszugsweise

Beitrag von nur_wazaari »

Cunningham profitierte von seiner analytischen akademischen Ausbildung und seinem Instinkt und zeigte einen kritischen und analytischen Zugang zum Judo, den er in einer Reihe von Veröffentlichungen und Seminaren, die er lehrte, ausstellte.
Eine mögliche, sicher unvollständige Auflistung?

https://www.iat.uni-leipzig.de/datenban ... rd/4000228
Schließlich wurden populäre Judo-Bücher, mit denen allerlei unsinnige Behauptungen aufgestellt wurden - sie machen es auch heute noch - und auf diese Weise zu einem wichtigen Instrument, um die Judo-Bevölkerung zu täuschen und oft völlig unsinnige Erklärungen des Judos aufzustellen.
Es ist ein Graus. Das gilt auch für so manche "offizielle", nicht als Buch verlegte Lehrmaterialien...
Es war mir sofort klar, dass Cunningham anders war und zu diesem winzigen Kreis gehörte, dem westlichen kritischen und intellektuell begabten Judoka, der den Antrieb und die Absicht hatte, populäre Ansichten tatsächlich in Frage zu stellen und nach der Wahrheit zu suchen.
Was natürlich große Ziele sind; Erklärungen, weshalb das allein schon als artikulierte Absicht sehr, sehr schwierig ist, hast du ja weiter unten gegeben:
Ich weiß, dass es für diejenigen, die Judo wirklich, wirklich, wirklich untersuchen und analysieren wollen, sehr schwierig ist, ihre Arbeit zu tun.
Während der Gedanke selbst für fast jeden spannend klingt, sollte man nicht vergessen, dass die Judowelt in Wirklichkeit eine Welt der Macht, des Geldes und der Dominanz ist, und diejenigen, die über das Wissen, die Fähigkeiten und die Informationen verfügen, um einen Großteil des Unsinns zu enthüllen, anstatt Hilfe zu erhalten, werden oft sabotiert, da sie als Bedrohung für das Judo-Establishment angesehen werden. Das Judo-Establishment nutzt dann seine Kontakte und sein Netzwerk, um sie zu besudeln und zu isolieren, und oft werden diese talentierten Menschen am Ende so enttäuscht, dass das, wofür sie einen großen Teil ihres Lebens aufgewendet haben, dass all ihre Erkenntnisse und Talente verloren gehen. Das Gleiche geschah mit Leggett und Gleeson. Daher vermutete ich, dass etwas Ähnliches mit Cunningham passiert war.
"Sport und Politik". Das hat schon einen gewissen Narrativ und wir können beobachten, dass sich wohl nichts geändert hat. Nur ganz nebenbei: Manchmal frage ich mich, wie hoch eigentlich der japanische Einfluss ist und ob es nicht auch von Seiten einiger Funktionäre dort eher destruktive Verhaltensweisen gibt. Wie wird das Treiben des größten internationalen Judoverbandes gesehen? Sieht man ganz insgesamt eine Fortentwicklung, eine gewisse Wahrung, vielleicht sogar positive Entwicklung von Kanos Ideen - wenn ja in welchen Bereichen?
Cunningham war für mich persönlich eine Inspiration und trug zu meiner Arbeitsweise bei. Der Grund dafür ist, dass Cunningham der einzige Judo-Autor war, der auf Namen japanischer Referenzen verwies, aber.... er gab nie genaue Referenzen (Bandnummern, Ausgabenummern, Seitenzahlen) an, noch wo man diese Bücher oder Zeitschriften tatsächlich finden konnte, da keine westliche Bibliothek sie hatte. Er hat auch nie genaue Angebote auf Japanisch gemacht. Verstehst du das Problem? Auf diese Weise bot er einen weitaus tieferen Einblick in die Wahrheit des Judos als jeder andere, machte es aber gleichzeitig unmöglich, diese neue "Wahrheit" tatsächlich selbst zu überprüfen. Damals schien ich die Einzige zu sein, die davon fasziniert war. Ich bewegte Himmel und Erde in den Tagen vor dem Internet und versuchte, diese Referenzen zu finden und zu überprüfen, ohne Erfolg. Erst als ich schließlich einen mutigen Schritt durch meine japanischen Kontakte machte, um meine Bibliothek mit jedem existierenden japanischen Judo-Kerntext zu erweitern, geschah ein großer Wendepunkt in meiner Judo-Forschungskarriere. Ich habe wahrscheinlich etwa 160.000 bis 200.000 Euro und mehrere Jahre damit verbracht, all diese Materialien zu erwerben. Schon damals war ich nicht da, wo ich sein wollte, denn das bedeutete auch, dass ich Tausende und Abertausende von Seiten auf Japanisch lesen musste, um herauszufinden, worüber Cunningham vielleicht Referenzen gemacht hatte. Am Ende tat ich es. Ich fand verschiedene schwerwiegende Fehler in dem, was Cunningham geschrieben hatte, aber das ist nicht schuld. Wir alle machen Fehler, und das schmälert für mich seinen Beitrag nicht. Ich behaupte nicht, die absolute Wahrheit zu haben. So funktioniert Wissenschaft nicht. Was wir tun, ist das Beste, mit dem Ziel, dass andere Wissenschaftler unsere Arbeit wiederholen und sehen, ob sie unsere Ergebnisse reproduzieren können. Hier hätte Cunningham es besser machen können, und deshalb nenne ich immer genaue Referenzen und wenn möglich wörtliche Zitate auf Japanisch. Auf diese Weise sind die Referenzbefunde transparent und einfach zu untersuchen, zu überprüfen und zu bestätigen oder zu widerlegen.
Danke für diese differenzierte und offene Darlegung, wirklich beeindruckend.
Zu einem gewissen Grad ergaben sich einige der Fragen, die er gestellt hatte, aus Gedanken, die denen ähneln, die von nur_wazaari in diesem Diskussionsfaden formuliert wurden. Auf jeden Fall schickte er mir seine Entwürfe und erklärte mir seine Ansichten und wie er zu ihnen kam. Er war besonders fasziniert von diesem Thema, das ich über einen meiner verstorbenen Lehrer, Hirano Tokio-sensei, erklärt hatte. Wie viele von euch vielleicht wissen, hatte auch Hirano einen alternativen pädagogischen Ansatz entwickelt, einschließlich einer Kata-Übung Handô-no-kata (von ihm genannt, aber fälschlicherweise meist unter dem Namen nanatsu-no-kata oder Hirano-no-kata im Westen bekannt). In dieser Kata erklärt Hirano sein "Wellen"-System und wie es im Judo einsetzbar ist.
Nun versuche man einem leidlich erfahrenen mit der hiesigen PO aufgezogenen Judoka mal zumindest die Idee(n) von Hirano nur näherungsweise vorzustellen. Ich will nicht sagen, dass "unsere" etablierten Materialien falsch sind, nichts nützen, keine Bedeutung haben sollten. Die Frage ist für mich nur, welche Entwicklungsmöglichkeiten man unter etablierten Strukturen eigentlich besitzt, wenn man versucht, selbst zu denken und dabei zu Ergebnissen mit nachweisbarer Funktionalität gelangt. Ganz bewusst ist nicht die Rede von irgendwelchen selbsternannten Großmeistern...
Aber, und das ist wichtig.... man muss erkennen, dass, um etwas zu "lernen", die Dinge nicht unbedingt wahr sein müssen. Lass es mich erklären. Man könnte die Bibel benutzen, um Menschen über Moral und Ethik zu lehren und so Menschen zu helfen, verantwortungsbewusste und ethische Menschen zu werden. Dazu muss der eigentliche Inhalt der Bibel nicht unbedingt historisch wahr sein. Tatsächlich ist vieles von dem, was in der Bibel steht, dogmatisch und nicht beweisbar; in der Tat ist es gerade für diejenigen, die glauben, bestimmte Dinge zu akzeptieren, ohne irgendeine Notwendigkeit oder Forderung nach Beweisen.
Wie transportieren wir eigentlich (in Deutschland) die Judowerte, abgesehen von einer bunten Tafel und Social Media? Wie sieht es wirklich auf der Matte und daneben aus?
Einige der von nur_wazaari vorgeschlagenen kritischen Kommentare zur Judopädagogik sind wahr. Das macht sie aber nicht unbedingt nutzlos. Kanô-sensei bot eine praktikable Pädagogik, um Jûdô zu unterrichten. Das bedeutet natürlich nicht, dass 138 Jahre später seine immer noch der einzige und beste pädagogische Ansatz ist. Nahrungsergänzungsmittel, Videoanalyse, Fitnessgeräte, trainingsphysiologische Konzepte existierten 1882 in keiner Weise, vergleichbar mit dem, was heute verfügbar ist und was alle zur Schaffung alternativer pädagogischer Ansätze beitragen.
Für mich stellt sich bei der Anwendung von Methodik und ihrer Sinnhaftigkeit immer folgende Leitfrage: Wo ist das Entwicklungspoential und wie erreichen wir eine solche? Es ist die potentielle Möglichkeit Fortentwicklung, die in meinen Augen eine Methode zu einer nützlichen macht - möglicherweise mit Erkenntnissen, die wir erst noch gewinnen müssen. Nun scheint es auch im Judo Methoden zu geben, vielleicht hat jeder einzelne Lehrer, jede einzelne Lehrerin, auch jeweils eine Eigene, die überhaupt die Möglichkeit einer solchen Fortentwicklung zulassen oder nicht. Wenn ich etwas für kritikwürdig halten würde, dann ist es im Prinzip die Möglichkeit der Offenheit der Methode - eine geschlossene Methode kann es für Judo in meinen Augen kaum geben. Oftmals werden die uns bekannten hier aber so dargestellt.
Der dreifache pädagogische Ansatz für das Lehren und Lernen wirft in Kôdôkan jûdô, d.h. tsukuri, kuzushi und kake work, aber das ist nicht dasselbe wie (1), dass sie biomechanisch korrekt sind und existieren, und dass (2) sie der bestmögliche pädagogische Ansatz sind. Ich beziehe mich auf ein Papier, das sich auf Ko-uchi-Gari konzentrierte, das vor etwa 7 Jahren veröffentlicht wurde und sich mit diesem Material und verschiedenen Ansätzen beschäftigt.
In der Tat, sehr interessant, gerade anhand dieser sogenannten "kleinen" Technik.
Heißt das, es gibt keine Probleme? Nein. Probleme beginnen und werden sich vervielfachen, wenn Menschen nicht zwischen Allegorien und Wahrheit unterscheiden oder extremistische Ansätze anwenden können. Das ist es, was wir unter religiösen Extremisten sehen, die Nichtgläubige dazu bringen, die Dinge als absolute Wahrheiten so anzunehmen, wie sie nie gemeint waren. Die Lösung ist nicht immer einfach. Der Versuch, Judo ausschließlich auf der Grundlage der wissenschaftlichen Wahrheit zu lehren, ist sehr schwierig, da die Physik nicht dasselbe ist wie die Pädagogik. Die Wissenschaft hinter Kuzushi und Tsukuri ist viel zu kompliziert, um sie als pädagogische Lehrmethode für Anfänger zu verwenden.
Die Frage, welche sich mir ja immer stellt: Weshalb können sie das nicht und warum können wir offenbar nichts dagegen tun? Außer an uns selbst zu arbeiten. Mögliche Schlussfolgerungen möchte ich mal gar nicht ziehen. Am Judo ist ja gerade spannend, dass Gegenstände unterschiedlicher Erkenntnisbereiche (gemeinhin wissenschaftlicher Disziplinen) aufeinandertreffen, teilweise unzulässig vermischt werden, Aspekte daraus ohne Zusammenhang irgendwo und irgendwie in den Trainingsalltag eingeworfen werden.
Einige Teile können jedoch als Anschauungsmaterial für andere pädagogische Ansätze verwendet werden. Letztendlich hängt es wirklich von der Fähigkeit und der intellektuellen und pädagogischen Entwicklung des Lehrers ab. Viele von ihnen sind motiviert, aber ihre Grenzen werden oft nicht ausreichend erkannt, was unvermeidlich ist, da sie oft das Ergebnis einer Unterrichtsstruktur sind, und Lehrer, die durch die gleichen Einschränkungen eingeschränkt waren. Jedes System, das keine externen Gleichgewichte und Kontrollen hat, wird sich immer wieder bestätigen, sowohl unbeabsichtigt als auch absichtlich, und aus diesem Grund haben wertvolle Persönlichkeiten wie Cunningham und Leggett immer eine schwierige Aufgabe, deren Wert oft erst nach ihrer langen Abwesenheit vollständig erkannt wird.
Ein äußerst unbefriedigende Situation. Es soll ja auch Querdenker hierzulande geben, welche nun mehr oder minder unsichtbar geworden sind, weil man sie letztlich nicht so richtig einzubinden oder zu beachten verstanden hat, wobei auch das sicherlich nicht frei ist von persönlichen Animositäten...

Ich fasse mal für mich zusammen, dass die politischen Einflüsse sowohl im Judosport als auch lehrmethodisch gesehen eher konservativer Natur sind und man mit diesem Umstand irgendwie umgehen muss - oder man wendet sich eben ab.
.
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Auf den Punkt

Beitrag von nur_wazaari »

tutor!:
Kuzushi ist also eine FUNKTION innerhalb der Phase des Tsukuri.

Jede Dreiteilung, bzw. jedes Dreiphasenmodell, das mit diesen Begriffen assoziiert wird, ist eine fehlerhafte Übertragung eines Modells, das Kano gelehrt hat....
Vielen Dank! :danke
.
HBt.
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Aha

Beitrag von HBt. »

tutor! hat geschrieben:PS: somit ist es genauso unpräzise zu sagen, Kuzsuhi und Tsukuri gingen eineinander über. Richtig ist vielmehr, dass das eine ein Teil des anderen ist....
- "Richtig ist vielmehr"
- "ist genau so unpräzise" ...

Gehen wechselseitig ineinander über - ist nichts anderes als exakt das, was Du mit anderen Worten sagtest, also auf gar keinen Fall falsch. Beziehst Du Dich auf Kuzushi -> Tsukuri -> Kake, ist Deine Aussage nicht nur politisch korrekt, sondern auch tatsächlich.

Eigenartigerweise?! wusste ich das Du diesen Punkt aufgreifen musstest.

Halten wir fest:
Praktisch existiert das eine nicht ohne das andere -> korrekterweise solltest Du (oder jeder für sich!) den Unterschied zwischen PHASE und FUNKTION noch erklären ...
;-).

Gruß,
HBt.

(Ein Teilchen innerhalb eines größeren Teilchens ...)

Psst.
HBt. hat geschrieben:Die Dreiteilung ist ja auch falsch -> Tsukuri & Kuzushi fließen in dieser Reihenfolge ineinander.
:smoke
tutor!
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Re: Vern Borgens Methodik & Tsukuri

Beitrag von tutor! »

To break the opponents posture or balance so as to make one´s attack easier while holding oneself ready at the same time is called Tsukuri or "the fitting action for attack". To attack the opponent with effective technique , while his posture has already been broken by Tsukuri, is named Kake or attack.
(aus Jigoro Kano, Judo (Jujutsu), 1937, s. 49)

Fast gleichlautend in KODOKAN JUDO, Matsumuro, Kawamura, Daigo Osawa, 1963. Dort finden wir folgende Definition von Kuzushi (Seite 15):
The word Kuzushi, or "breaking" is used in Judo to denote the act of disturbing the opponents posture or balance before making the actual attack."
Genau hier sehe ich die Ursache für den Übertragungsfehler: "Attack" wird sicherlich überwiegend als "Ansatz PLUS Ausführung" verstanden. Insofern hätten wir Kuzushi DANN Ansatz DANN Abwerfen (oder so ähnliche deutsche Begriffe), also eine Dreiphasigkeit. Mit "attack" ist aber nur die abschließende Phase des Kake gemeint (siehe Definition oben).

In "Illustrated Kodokan Judo", 1. Ausgabe 1955 (meine ist allerdings von 1970) steht es auf Seite 45 ähnlich:
Kurzushi (Disturbing balance)

In Judo it is quite essentioal, when attempting a technique such as throwing or strangling etc. to disturb you opponentns posture before you make the actual attack (...) This prwporatory work is called Kuzushi or "braking posture".
Auch hier also wieder "before actual attack". Aber blättert man um auf Seite 47 findet man praktisch denselben Satz wie bei Kano:
To break the opponents posture or balance so as to make one´s attack easier while holding oneself ready at the same time is called Tsukuri or "the fitting action for attack". To actually apply your contemplated technique, when his posture has already been broken by Tsukuri, is called Kake or "an attack".
Als Phase im Sinne einer zeitlichen Abfolge einer Sequenz haben wir die Vorbereitung (Tsukuri) und die Ausführung (Kake, unglücklich und missverständlich übersetzt in englischen Standardwerken als "(actual) attack").

Interessanterweise korreliert das sehr gut mit dem Funktionasphasenmodell von Göhner, das allerdings deutlich neueren Datums ist...

Etwas mehr details findet man bei Kenji Tomiki (https://judoinfo.com/tomiki/):
The Kodokan Judo found that the principle of the techniques (either with naked fists, or using a weapon like the sword, spear, club, etc.) of the old-school jujutsu consists in breaking the condition of the body which has lost equilibrium. It is called kuzure-no-jotai (state of broken balance). Sometimes the opponent himself loses the balance, and at other times you positively destroy the opponent’s balance, leading him to a vulnerable posture. In Judo each technique is analyzed into tsukuri (preparatory action) and kake (attack).

Preparatory action is further divided into aite-no-tsukuri (preparing of the opponent) and jibun-no-tsukuri (preparing of self). Preparing of the opponent consists in destroying the opponent’s balance before performing a technique and putting him in a posture where it will be easy to apply it. At the same instant the contestant himself must be in a posture and position in which it is easy to apply a technique. This is the preparing of self.
From : Judo and Aikido by Kenji Tomiki
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
HBt.
3. Dan Träger
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Funktions-Phasen-Modell(e)

Beitrag von HBt. »

Ich widerspreche Dir nicht, absolut nicht. Wir sind uns in diesen Punkten einig, schon immer gewesen.
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