Fritz hat geschrieben:
Go-hō-ate
1.1. Hidari-mae-naname-ate - ausgeführt als Tate-Tsuki mit Oberkörper-Rotation
Übergang: Mae-Enpi
1.2. Migi-ate
Übergang: Hand zur Schulter zurück, dann Shuto-Uchi nach vorn gestoßen
1.3. Ushiro-ate
Übergang: wie üblich
1.4. Mae-ate
Übergang: "Angel-Bewegung" also wie Greifen und ranziehen
1.5. Ue-ate
Abschluß: Shita-Enpi (Ellbogenstoß nach unten)
Ich würde gerne mehr nachvollziehen können, als nur ein irgendwie nachgeahmter Ablauf einer eigentümlichen Folge von Bewegungen (Gefuchtel), die wir Judoka Ate-waza nennen. wirklich gute Beschreibungen existieren scheinbar nicht.
Meine erste Frage: wie stehen wir dabei?
Im Shizenhontai? Aber wie? Wie richten wir uns dabei aus? Fußstellung und Ausrichtung der gesamten Gelenkkette!?
Schaut man sich die typische Körperhaltung eines Judoka an,
und fällt das Lot des KSP ... beachtet dabei wohin der KSP strebt, z.B. durch die Fußstellungen ... dazu kommen Verkippungen des Torso, der Achsen ... ---> gruselt es mich sehr. Es verstört doch etwas, da wir ja erst einmal eine grundsätzliche Basis schaffen und ein Fundament errichten wollen.
Gut, wir stehen irgendwie - so die üblichen kurzen Beschreibungen, Videos, Bilder ... aber "natürlich", "natürliche Haltung". Mir fehlt bei den ersten Fünf r/l das Wesentliche einer solchen Übung, wir stehen (aufrecht) - und niemanden kümmert es wie wir dieses tun. Null Fokus, keinerlei Aufmerksamkeit. Das ist ein ganz großer Fehler - und dieser zieht sich durch unser gesamtes Judoleben (und Training). Ich kann mir nicht vorstellen (möchte es nicht),
dass Kano (der Shihan, also der größte Meister unter der Sonne) diesen Fehler, diese fundamentale Geschichte missachtet hat. Möglicherweise hat er als Lehrer zu sehr vereinfacht, zu sehr. Reduktion, bis nichts mehr übrigbleibt.
Also wie stehen wir denn nun:
auf den Bildern sieht man üblicherweise so etwas wie Hachiji Dachi, nur nie symmetrisch ...
wäre es auch möglich im Heiko Dachi zu stehen (bereit zu sein!)?! Ich benutze einmal zum besseren Verständnis die Karate-Sprache. Also Füße parallel und direkt nach vorne ausgerichtet (mae) oder rechts zeigt (auch) leicht nach rechts, sowie links leicht nach links zeigt.
Stehen wir "schulterbreit"? Wie messe ich schulterbreit??? Ich finde, es wäre deutlich besser das Becken durch die Weite zu unterstützen, es muss physiologisch Sinn ergeben ... stehen, ohne Gewicht (Kräfte die zerren, ziehen ...) zu spüren oder ein Taumeln.
Ausprobieren also - und leicht hinsetzen, die Hüftgelenke "loslassen" (eine Art Griff, lösen).
1) Atemi, rechte Faust trifft links von mir stehenden imaginären Gegner (welche empfindliche Stelle dabei getroffen wird ist nicht spezifiziert), deshalb HIDARI ...
gerade nach vorne stoßen, diagonal in die Richtung meiner linken Schulter (sie zeigt ins Zielgebiet! direkt nach vorne), alles bleibt dabei auf der Schulterhöhe / Ebene (auf gar keinen Fall höher!), deshalb mae-naname
Die Faust (vertikal, senkrecht, der Handrücken zeigt von Anfang an nach rechts - bei der Rechtsausführung, migi) wird dabei nicht wie bei Tatezuki des Karate gedreht (oder wie bei der 1.Konditionierungsform des WingChun / Yong Chun Quan) ---> lt. Kodokan-Beschreibung.
1.a)
Die Arme hängen herunter und der rechte Unterarm wird herangezogen (Bizep) / gebeugt, jetzt wird der parallel zum Boden ausgerichtete Unterarm nach hinten geführt (dabei eine lockere Faust machen) bis die Handflächenseite (mit der senkrechten, vertikalen Faust) sich den rechten Rippen deutlich genähert hat ---> alles ohne an einen Empiuchi (ushiro-ate) zu denken.
1.b)
Oder ziehen wir die faustbildene rechte Hand (jetzt Faust, sie hält z.B. ein Einkaufsnetz, als Bild / Vorstellung) senkrecht nach oben, zu unseren Rippen (Außenseite) - senken jetzt den hintenstehenden Ellenbogen (machen wir diesen Teil nicht, ist das Atemi in der Folge definitiv falsch ausgeführt, ... nicht funktional, nicht physiologisch) ---> Ausrichtung!
1.1) ohne die jetzt entscheidene Rotation in der Längsachse (45° soll der Gegner zu unserer beider Zentren stehen) nach links, können wir nicht effektiv treffen und Energie übertragen (es fehlt der Bumms)
1.1.a) ein Twist im Torso 1.1.b) oder eine vernünftige Rotation durch unser Becken (die Hüftgelenke!) ... darüber kann jetzt jeder selbst nachdenken.
Vergleicht man die Bilder (und den Text) im Illustrated Kodokan 1964 (letzte Ausgabe) und dem Kodokan Judo (2. Auflage, 2012, deutsch) sind die Unterschiede sehr deutlich ... im alten Buch wird die Position der Winkel angegeben und die Rotation erschließt sich, im neunen Buch nicht und Tori stößt zu hoch und vielleicht zu weit ... allerdings wird hier ein Hikite mit links (also dem Komplement / Mitspieler) angedeutet.
Es fehlt einfach eine brauchbare, vernüftige Beschreibung in Wort und Bild (am besten gezeichnet, mit Pfeilen ... etc.pp.) - und das seit gut 90 Jahren ... detailliert, mit allen Aspekten. Dieses wundert mich sehr, da Kano Jigoro
ja immer wieder auf die elementare Bedeutung der SZ'YKT hinweist. Wir sie sogar immer praktizieren, täglich, auch vor dem anderen Training - sollen.
Gruß,
HBt.
Nachtrag:
1.2) die Faust erreicht das Zielgebiet und wird dabei (zu exakt diesem Zeitpunkt - des imaginären Auftreffens) fest/geschlossen ... exakt senkrecht / vertikal (+90°). Was nun wie getroffen wird, ist nicht spezifiziert.
Dabei kloppen wir doch hauptsächlich auf
den Solarplexus, das Kinn, die Nasenwurzel, die Schläfe(n), den Einhängepunkt des Unterkiefers (r/l), oder auch gerne unter die Nase (aber nicht mit der Faust). Was bleibt noch: die Nieren, die Blase, die männlichen Geschlechtsdinger, Kniescheibe (Knie), Fußknöchel und das Schädeldach. Das sind glaube ich alle offiziellen Vitalpunke (besonders empfindliche Stellen!?) des Kodokan-Judo.
PS Ich würde mir wünschen, dieses Gebilde / Feld (und Übungen) könnte ein Experte einmal richtig erklären. So eine richtig gute und umfassende Schrift, mit Zeichnungen ... vielleicht ein gutes Video (und das wird schwer) dazu.