Würgen und ihre Prinzipien

Hier geht es um Techniken, deren Ausführung und Beschreibung
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kastow
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Re: Stoffsammlung für den 3.Dan

Beitrag von kastow »

Ergänzung zum Würgen:

Es gibt drei grundsätzliche Arten zu Würgen
  • durch Druck auf den Kehlkopf (siehe Hadaka-jime Katame-no-kata)
  • durch 'abdrücken' der Halsschlagader
  • durch Kombination von Druck auf Kehlkopf und Halsschlagader
Herzliche Grüße,

kastow

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Fritz
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Re: Stoffsammlung für den 3.Dan

Beitrag von Fritz »

kastow hat geschrieben:Es gibt drei grundsätzliche Arten zu Würgen
  • durch Druck auf den Kehlkopf (siehe Hadaka-jime Katame-no-kata)
  • durch 'abdrücken' der Halsschlagader
  • durch Kombination von Druck auf Kehlkopf und Halsschlagader
Und was ist mit Dô-Jime? ;-)

Wobei Ushiro-Jime durchaus auch auf die Adern gehen kann.

Und ich behaupte mal, es gibt noch weitere Unterteilungen bzw. Wirkmechanismen:
- Gyaku-Juji-Jime kann man bspw. so ausführen, dass es auf die Hauptschlagadern geht, die vorn seitlich am Hals lang gehen oder so, daß es auf die hinteren Schlagadern
geht (Vertebral-Aterien), das ist sehr heimtückisch, man schläft da sehr schnell ein...
- Manchmal kommt es mir so vor, daß auch Venen abgedrückt werden können, dann regelt der Körper auf Grund des Druckanstiegs im Kopf, da nichts mehr abfließt,
einfach mal selbst den Blutdruck runter.... Vorher hat man im Gegensatz zum sonst recht angenehmen Gefühl der einsetzenden Ohnmacht, das Gefühl, daß einem der Kopf platzt... Allerdings konnte ich bisher noch nicht herausfinden, was genau nun anders war am Würgegriff... dazu ist es zu selten...
- Streckung des Halses, führt auch recht gut u. abrupt zur Ohnmacht... hängt wohl auch mit Drucksensoren an den Schlagadern zusammen... Hierfür sind m.M.n. Griffe wie Sankaku-Jime, Kata-Gatame, einige Hadaka-Jime-Formen recht gut geeignet...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
caesar
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Re: Stoffsammlung für den 3.Dan

Beitrag von caesar »

Gib es zu den Würgen auf den Kehlkopf nicht die Geschichte von Koizumi, der sich einen Besenstiel auf den Hals gelegt hat und zwei Männer an den Enden sich hat draufstützen lassen? Ist das verbürgt?
Ich habe auch schon anderweitig gelesen, dass man in gewissem Maße den Druck auf Kehlkopf trainieren kann.
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Baumstamm
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Re: Stoffsammlung für den 3.Dan

Beitrag von Baumstamm »

Die Geschichte von Koizumi hab ich noch nicht gehört, hab aber für den 2.Dan viel über ihn zusammengetragen, muss mal schaun, was ich da noch finde.
Ein Baumstamm wird nicht gefällt, indem Mann dagegen läuft, dazu braucht Mann Kuzushi, Tsukuri, Kake, oder notfalls eine Axt.
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Fritz
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Re: Stoffsammlung für den 3.Dan

Beitrag von Fritz »

caesar hat geschrieben:Gib es zu den Würgen auf den Kehlkopf nicht die Geschichte von Koizumi, der sich einen Besenstiel auf den Hals gelegt hat und zwei Männer an den Enden sich hat draufstützen lassen? Ist das verbürgt?
Ich habe auch schon anderweitig gelesen, dass man in gewissem Maße den Druck auf Kehlkopf trainieren kann.
Es gibt ja genug Kung-Fu-Vorführungen, wo so etwas gemacht wird... ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Stoffsammlung für den 3.Dan

Beitrag von caesar »

Ist dann ein Würgen über den Druck auf den Kehlkopf nicht unzweckmäßig?
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kastow
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Re: Stoffsammlung für den 3.Dan

Beitrag von kastow »

caesar hat geschrieben:Ist dann ein Würgen über den Druck auf den Kehlkopf nicht unzweckmäßig?
Wie gesagt, diese Art des Würgens kommt so in Katame-no-kata (und Kime-no-kata und Kôdôkan-goshin-jutsu) vor: https://www.youtube.com/watch?v=ZyKC04HKwyc
Ab zweitem Dan sollte man also zumindest schon einmal gespürt haben, dass es zweckmäßig ist ;)
Herzliche Grüße,

kastow

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Re: Stoffsammlung für den 3.Dan

Beitrag von caesar »

Welche Wirkung bringt dieser Würgegriff anatomisch mit sich? Welche Folge hat dieser Ansatz wenn Uke nicht abschlägt?
Fritz hat geschrieben:Manchmal kommt es mir so vor, daß auch Venen abgedrückt werden können, dann regelt der Körper auf Grund des Druckanstiegs im Kopf, da nichts mehr abfließt,
einfach mal selbst den Blutdruck runter.... Vorher hat man im Gegensatz zum sonst recht angenehmen Gefühl der einsetzenden Ohnmacht, das Gefühl, daß einem der Kopf platzt
Studien zur üblichen Hadaka-jime zeigen, dass als erstes die Vena jugularis abdrückt und man dadurch errötet und ein Druckgefühl am Kopf spürt. Durch die Kompression der Arteria carotis fällt der Blutfluss zum Kopf unter den kritischen Wert und man wird bewusstlos.
Ich denke dass bei entsprechendem Blutstau die Sauerstoffversorgung durch frisches Blut unter den kritischen Wert fallen kann und damit ebenfalls eine Ohnmacht eintritt.
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Re: Stoffsammlung für den 3.Dan

Beitrag von tutor! »

caesar hat geschrieben:Studien zur üblichen Hadaka-jime zeigen, dass als erstes die Vena jugularis abdrückt und man dadurch errötet und ein Druckgefühl am Kopf spürt. (...)
Das würde ich gerne irgendwo nachlesen. Hast Du eine Quellenangabe - online oder offline?
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Re: Stoffsammlung für den 3.Dan

Beitrag von caesar »

Da scheint mir meine Erinnerung einen kleinen Streich gespielt zu haben. Es ist Zitat eines Arztes: "Dr. Charlie explained, “Application of the RNC first causes compression of the jugular vein, significantly hindering blood return from the head (and brain) to the heart. The recipient begins to feel flushed – engorged in the face and brow. Further pressure narrows the carotids and reduces the blood flow to the brain.”" und nicht Teil der Studienzitate in diesem Artikel http://breakingmuscle.com/brazilian-jiu ... choked-out
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Re: Stoffsammlung für den 3.Dan

Beitrag von tutor! »

ok - das hätte mich jetzt auch sehr gewundert.

Beim Kodokan Kata-Kurs in diesem Sommer hat ein Professor der Tokyo-Universität (Mediziner) einen äußerst interessanten Vortrag über Kuatso/Kappo gehalten und auch mit Messergebnissen untermauert. Unter anderem war da der Einfluss von Würgetechniken auf den Blutsauerstoff im Gehirn (aber nicht die Messmethode) an die Wand geworfen. Beim Hadaka-jime war der Abfall deutlich geringer als bei der Technik, die sie primär für die Versuche genommen hatten (ich kann mich aber nicht mehr erinnern, ob er Okuri-eri-jime oder Juji-jime als Vergleich hatte).

Ich bin bei Deinem Beitrag in erster Linie über die Formulierung "üblicher" Hadaka-Jime gestolpert, denn in Japan - siehe den von Kastow verlinkten Ausschnitt aus dem Katame-no-Kata Video - wird der Hadaka-jime in der Regel anders gemacht, als "üblicherweise" in Deutschland, wo sehr oft der Kehlkopf in die Ellbogenbeuge gelegt wird und mit dem Unterarm die eine und mit dem Oberarm die andere Seite es Halses angegriffen wird. Dabei werden natürlich die Blutgefäße zusammengedrückt und der Blutfluss beschränkt.

Der klassische Hadaka-jime (wie in der Katame-no-Kata oder der Kodokan-Goshinjutsu) funktioniert aber anders. der Angriff erfolgt mit Toris Speiche in der Nähe des Handgelenks oberhalb des Kehlkopfes (bzw. an dessen Oberkante) so weit wie möglich am Kieferknochen. Toris Kopf ist dicht an Ukes Kopf und verhindert, dass Uke seinen Kopf drehen kann. Gleichzeitig drückt Tori mit seiner rechten Schulter Ukes Kopf nach vorne, sodass dieser eine Nickbewegung macht.

Durch den Druck am Hals verschießt der Kehldeckel die Luftröhre, was man an sich selbst ganz einfach ausprobieren kann. Du bekommst schlicht keine Luft mehr.
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kastow
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Re: Stoffsammlung für den 3.Dan

Beitrag von kastow »

Danke für die Erklärung mit dem Kehldeckel, tutor!. Ich wäre vor dem Wochenende nicht dazu gekommen.

Da sie wohl doch nicht so bekannt sind, wie ich dachte, füge ich den von mir oben genannten drei grundsätzlichen Arten des Würgens noch ein Zitat hinzu:
Kôdôkan-Jûdô von Jûdô-Gründer Jigorô Kanô, 1. Auflage 2007, S. 117 hat geschrieben:Shime-waza (Würgetechniken) sind Techniken, bei denen Hände, Arme, Beine oder das gegnerische Revers oder Ärmel benutzt werden, um an Ukes Hals oder Kehle Blut- oder Luftzufuhr abzuschneiden.
Für eine Prüfung zum dritten Dan wird dieses Standard-Werk in deutscher Sprache als Quelle sicherlich akzeptiert werden.

Ich persönlich unterrichte zum zweiten Kyu die vier geforderten Grundformen wie in Katame-no-kata (ohne Zeremoniell, nur die Idee) und kann so bereits dort zum ersten Mal die drei grundsätzlichen Arten des Würgens demonstrieren:
  • Halsschlagader - Jûji-jime
  • Kehlpkopf - Hadaka-jime
  • Halsschlagader und Kehlkopf - Okuri-eri-jime und Kataha-jime
Fritz hat geschrieben:
kastow hat geschrieben:Es gibt drei grundsätzliche Arten zu Würgen
  • durch Druck auf den Kehlkopf (siehe Hadaka-jime Katame-no-kata)
  • durch 'abdrücken' der Halsschlagader
  • durch Kombination von Druck auf Kehlkopf und Halsschlagader
Und was ist mit Dô-Jime? ;-)
Dô-jime unterrichte ich persönlich nur wenige Male im Jahr, wenn Kinshi-waza auf dem Programm stehen. Da sie in obigem Zitat nicht erfasst sind und im normalen Randori eh nicht angewendet werden, finde ich das nicht so dramatisch. ;)
tutor! hat geschrieben:Unter anderem war da der Einfluss von Würgetechniken auf den Blutsauerstoff im Gehirn (aber nicht die Messmethode) an die Wand geworfen. Beim Hadaka-jime war der Abfall deutlich geringer als bei der Technik, die sie primär für die Versuche genommen hatten (ich kann mich aber nicht mehr erinnern, ob er Okuri-eri-jime oder Juji-jime als Vergleich hatte).
Wenn es Juji-jme gewesen wäre, würde es zufälliger Weise 100%ig zu dem passen, wie Wolfgang Dax-Romswinkel mir vor einiger Zeit in der Katame-no-kata die Techniken Hadaka-jime und Juji-jime und ihre Unterschiede erklärt hat. :) Der Verschluss durch den Kehldeckel scheint etwas langsamer zu wirken als die Unterbindung des Blutkreislaufes.
Herzliche Grüße,

kastow

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Re: Stoffsammlung für den 3.Dan

Beitrag von caesar »

Ich dachte über die Formulierung - üblicher Hadaka-jime - den Unterschied zur Katame-no-kata rausstellen zu können, das hätte ich deutlicher machen sollen.
tutor! hat geschrieben:Unter anderem war da der Einfluss von Würgetechniken auf den Blutsauerstoff im Gehirn (aber nicht die Messmethode) an die Wand geworfen. Beim Hadaka-jime war der Abfall deutlich geringer als bei der Technik, die sie primär für die Versuche genommen hatten (ich kann mich aber nicht mehr erinnern, ob er Okuri-eri-jime oder Juji-jime als Vergleich hatte).
Es gibt eine andere Studie, ich konnte leider nur folgenden Abstract finden:
By means of continuous wave doppler the effect of two choke holds (Carotid sleeper, Nami-juji-jime) on the carotid and vertebral arteries was investigated. For both choke holds, which are characterized by pressure on lateral parts of the neck, we found an obstruction up to a complete stop of flow. The degree of obstruction depended on the direction of force. The vertebral artery can be compressed between the subclavian artery and the foramina transversaria, therefore it was most effective to press on the lower neck. Tensing the neck muscles can reduce the effect of choking.
tutor! hat geschrieben:Durch den Druck am Hals verschießt der Kehldeckel die Luftröhre, was man an sich selbst ganz einfach ausprobieren kann. Du bekommst schlicht keine Luft mehr.
Danke für die Erklärung der Mechanik. Warum schlägt Uke dann so schnell ab? Gerade wenn er in Katame-no-kata noch ruhig sitzt, da kann er doch 30 Sekunden die Luft anhalten und dann abschlagen. Gibt es da also noch einen weiteren Punkt, außer die Panik an die man sich mit dem Training ja gewöhnen sollte?
tutor!
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Würgen und ihre Prinzipien

Beitrag von tutor! »

Ich kenne keine Aktion beim Judo, die mich so schnell und panisch abschlagen lässt, wie der Hadaka-jime in der Katame-no-Kata...Mit Aushalten ist da gar nichts. Wenn die Luftröhre dicht ist, geht weder etwas rein noch raus.

Vielleicht interessieren Dich folgende Studien, die ich auf die Schnelle gefunden habe:
http://www.zeitschrift-sportmedizin.de/ ... 20JUDO.pdf
http://www.witzel-chirurgie.de/PDFs/ShimeWazaDZSM.pdf
http://www.kenpo.at/theorie/Medizinisch ... hniken.htm

Dort findest Du auch weiterführende Links zu anderen Studien.
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Re: Stoffsammlung für den 3.Dan

Beitrag von caesar »

Danke für die Verweise tutor!, ich lese sie bei Gelegenheit durch.
tutor! hat geschrieben:Ich kenne keine Aktion beim Judo, die mich so schnell und panisch abschlagen lässt, wie der Hadaka-jime in der Katame-no-Kata...Mit Aushalten ist da gar nichts. Wenn die Luftröhre dicht ist, geht weder etwas rein noch raus.
Ich schrieb ja, dass Panik dabei eine große Rolle spielt. Wenn jemand die Luft anhält, bewegt sich in der Lftröhre ab einem bestimmten Punkt ja auch nichts mehr, oder?

Im Wettkampf, auch artverwandter Sportarten, sieht man diese Würgevariante doch recht selten, einen Hadaka-jime auf die Blutbahnen aber sehr häufig. Woran liegt das, wo die Katame-no-kata Form für dich doch die effektivere Würge ist?
Kann bei dieser Variante auch das Zungenbein brechen, so wie beim Würgen mit den Händen?
tutor!
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Re: Stoffsammlung für den 3.Dan

Beitrag von tutor! »

Ob das Zungenbein dabei gebrochen werden kann oder nicht, kann ich nicht sagen. So lange es mit kontrolliertem Krafteinsatz gemacht wird, sicherlich nicht, sonst wären solche Verletzungen bekannt, aber für Extremfälle würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen.

Die Frage, was eine effektive Würgetechnik ausmacht, ist auch eine Frage der Definition. Meint effektiv nun schnell in der Wirkung oder meint effektiv eine vielseitige Einsetzbarkeit im Kampf?

Was die Schnelligkeit der Wirkung betrifft - zumindest bei mir selbst - ist der Hadaka-jime analog der Katame-no-Kata die effektivste aller Würgetechniken. Das gilt aber nur, wenn die Schulter von Tori Ukes Hinterkopf nach vorne drücken kann. Das wiederum funktioniert nur, wenn Tori keinen oder kaum Bauchkontakt zu Ukes Rücken hat.

Diese Form des Würgens ist ja auch beim Judo recht selten, man braucht also gar nicht in "artverwandte" Disziplinen zu schauen, um festzustellen, dass dies sehr selten gemacht wird. Ich erkläre mir das so, dass es im Bodenkampf schwierig ist, in die erforderliche Position zu kommen. Die andere Form mit den verschränkten Armen funktioniert dagegen bei engem Rücken-/Bauchkontakt, ist natürlich auch hochwirksam, aber eben doch etwas einfacher bzw. vielseitiger im Kampf anzusetzen. Aber das ist jetzt auch nur meine persönliche Meinung.
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Fritz
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Re: Würgen und ihre Prinzipien

Beitrag von Fritz »

caesar hat geschrieben:Danke für die Erklärung der Mechanik. Warum schlägt Uke dann so schnell ab? Gerade wenn er in Katame-no-kata noch ruhig sitzt, da kann er doch 30 Sekunden die Luft anhalten und dann abschlagen. Gibt es da also noch einen weiteren Punkt, außer die Panik an die man sich mit dem Training ja gewöhnen sollte?
Ich seh das ganz pragmatisch. Dreht Uke den Kopf weg, dann wird wohl auch beim Ushiro-Jime, die Blutzufuhr gequetscht. Macht er es das nicht, dann
passiert die Sache, welche tutor! beschrieben hat... Und nach eigener Erfahrung, wird gerade beim Rumsitzen in der Kata sehr schwierig
mit 30 Sek. aushalten... Ich empfehle immer, daß Uke prinzipiell bei solchen Würgen seine Arm an den Würgarm vom Tori nimmt, um den schlimmsten Druck
zu lindern...
Und dann ist mir in der Ukerolle mal passiert, daß mein Kopf nicht ganz grade war, oder Tori halt doch etwas schräg angesetzt hatte - da kam bei
mir schlagartig Panik hoch, als ich spürte, wie die Halswirbel anfingen, sich gegeneinander zu verschieben (zumindest war so das Gefühl)...
Also ich kann mir gut vorstellen, wenn diese Technik tatsächlich aus dem Suhada-Bujutsu (Leibwächter-Schulen) stammt, daß
a) das Rumlegen des Arm eher ein Schlag mit dem Unterarm auf die Kehle ist - das ist bereits sehr häßlich
b) je nach Konstitution u. Widerstand des Angegriffenen entweder dessen Genick "gebrochen" wird, oder
c) er halt schlafen gelegt wird...
Halt irgendwie eine multifunktionale Sache...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Würgen und ihre Prinzipien

Beitrag von caesar »

Mein Kernpunkt ist die Frage nach der Effektivität. Aus der Bewegung in Katame-no-kata kann man durch leichte Veränderung einen Genickhebel machen und die Schulung dessen sehe ich da für mich eigentlich auch mehr.

Ich habe jetzt keine Studie oder Feldversuch zur Hand, aber bei einer Luftwürge dürfte die Zeit bis zur Ohnmacht von Uke bei 20-40 Sekunden liegen, zu den Blutwürgen gibt es Studien und da waren es 7-10 Sekunden. Die Zeit, um jemanden mit einer Luftwürge schlafen zu legen wäre, sofern meine angenommene Zeit richtig ist, mindestens doppelt so lang, im Extremfall sechs mal so lang wie bei einer Blutwürge. Wenn Uke aus Panik oder Schmerz abklopft, hilft einem das auf dem Schlachtfeld ja eher weniger.

Im reinen Gedankenmodel ergibt das für Uke mind. 10 Sekunden mehr, um nach einer Waffe zu greifen, oder Hilfe auf sich aufmerksam zu machen.

Einen Feldversuch muss man bei solch unangenehmen Sachen jetzt nicht unbedingt starten, aber vielleicht hat das doch schon einmal jemand gemacht.

Das Stresslevel sollte bei Luftwürgen eigentlich deutlich höher sein, da der natürliche Reflex zu Atmen blockiert ist, das ist bei Blutwürgen ja noch möglich.
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Re: Würgen und ihre Prinzipien

Beitrag von mifune10dan »

Hallo zusammen,
der Hadaka Jime in der Katame no Kata stellt nicht nur die Luft ab, sondern fühlt sich durch den Druck von oben auf den Kehlkopf auch sehr eklig an (für Uke 8) ).
Durch den Druck der Schulter im Genick/am Hinterkopf und Ohr an Ohr Tori/Uke bist du auch wie im Schraubstock gefangen.
Gruß
Reinhard
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Re: Würgen und ihre Prinzipien

Beitrag von caesar »

Ja gut, aber ekliges Gefühl bringt niemanden um, also im Kampfkontext und darum geht es ja schlussendlich.
Falls ich da irgendeine Mechanik übersehe, die Uke schneller einschlafen lässt, bin ich dankbar für eine Erläuterung.

Vielleicht ist es in Katame-no-kata ja wirklich als Container für unterschiedliche Abschlüsse gemeint, allerdings habe ich sowas noch nie gelesen und daher ist das doch unwahrscheinlich.
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