Yessi95 hat geschrieben:(...)Ist jemand von euch per Zufall in verschiedenen Ländern am trainieren? Wenn ja fände ich es noch interessant, welche Unterschiede ihr gemerkt habt/ was in demjenigen Land besser ist als in eurem... (Bitte Länder angeben)
Da gibt es zum Teil sehr große Unterschiede, wobei man nicht allzu sehr verallgemeinern darf. Fangen wir mal an...
Skandinavien (Norwegen, Schweden, Finnland): Die Judoka dort sind sehr aufgeschlossen. Es gibt nur relative wenige Vereine und die liegen sehr weit auseinander. Zum Nachbarverein muss man manchmal eine oder zwei Stunden fahren. Deshalb sind Gäste immer sehr willkommen. Allgemein ist deshalb in Skandinavien eine sehr angenehme Stimmung. Definitiv eine Gegend, in der ich sehr gerne Judo mache.
Niederlande: Mehr Judoschulen als in Deutschland. Vieles ist deutlich stärker auf die Personen bezogen als in Deutschland. Hohe Graduierungen sind den Leuten wichtiger als hierzulande. Das Judo ist deutlich mehr auf Wettkampf bezogen als in vielen Vereinen hier.
Belgien: Es gibt zwei Verbände: Flamen und Wallonen. Für mich ähnelt es sehr stark der Situation in Holland.
Frankreich: Judo ist extrem populär. Verbreitet hohes technisches Niveau. Menschlich fühle ich mich da nur bedingt gut aufgehoben. Es gibt sehr nette Sportkameraden, ich habe aber in keinem westeuropäischen Land so oft Leute getroffen, mit denen ich eher nicht so gerne Judo gemacht habe.
Spanien: hohes technisches Niveau. Kata hat einen hohen Stellenwert. Spanier haben es nicht so mit Fremdsprachen - und ich nicht mit Spanisch. Sind aber ein lustiges Volk. Jederzeit gerne!
Italien: wie Spanien. Dasselbe gilt für Kroatien und Slowenien.
Rumänien: wir kommen in den Ostblock. Rumänien hatte vor dem 2. Weltkrieg schon eine Judotradition. Deshalb gibt es dort durchaus auch klassisches Judo und Interesse an Kata. Ansonsten aber sehr, sehr wettkampforientiert, mit technisch hervorragend ausgebildeten Judoka. Südländische Mentalität - ich habe viele sehr angenehme Judoka aus Rumänien kennengelernt.
Übriger ehemaliger Ostblock: Jetzt wird es schwierig. Ich kenne den Ostblock auch aus der Zeit des kalten Krieges. Judo dort ist sehr wettkampforientiert und hat wenig mit japanischem Flair zu tun. Damals war es extrem schwierig, aber nicht unmöglich, Zugang zu den Menschen zu bekommen.
Brasilien: Ich war zwar noch nicht in Brasilien beim Training, habe aber relativ oft mit Brasilianern trainiert. Wunderbar! Technische hervorragend ausgebildet, lockere Stimmung, immer klassisch japanischer Ursprung zu spüren.
USA: wenig Vernetzung der Trainingsgruppen. Manchmal "merkwürdige" Vorstellungen von Judo. Eine Riesenkluft zwischen Breitensport und Leistungssport. Kata mitunter nur peinlich (gibt aber auch wenige gute).
Japan: eine vollkommen andere Welt. Im Leistungssportbereich sehr hart. Mit den älteren Japanern Judo zu machen ist ein Traum - sofern diese noch selbst sportlich aktiv sind. Besonders beeindruckend sind die Senioren (im Wortsinn).