Presseschau JM 02/2014

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Fritz
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Presseschau JM 02/2014

Beitrag von Fritz »

Seite 11 enthält einen Kommentar zu sinkenden Mitgliederzahlen, ok soweit gut.

Aber Seite 16 u. 17 schlägt dann dem Faß den Boden aus, es geht im "Die Situation der Trainer und künftige Erfolge":
Erst wird sich beklagt, daß der DJB in einigen Gewichtsklassen u.a. auf dem "European Club" bei den Frauen keine Kämpferin stellen konnte und
auch keine Frau in die Medaillenränge kam.
Ein Herr Bazynski schreibt:
Es mangelt in diesen Klassen schlichtweg an konkurrenzfähigen Talenten"
Und dann wird richtig vom Leder gezogen, denn ganz klar, schuld sind die Vereine und die Vereinstrainer:
Bazynskis Analyse: Hätten wir mehr gute Trainer, wären die Nachwuchsproblem geringer und auf längere Sicht hin könnte sich
sogar der Trend der Mitgliederentwicklung im DJB ins Positive umkehren. Vor allem die Vereine sollten umdenken, fordern
die Leistungssportexperten. "Wie soll ich in einem Verein mit weniger als 100 Mitgliedern und einer Altersstruktur von vier bis 70 Jahren
leistungssportliches Training anbieten?", fragt Bazynski. "Gut wäre, wenn sich Vereine zusammentäten, sich in Arbeitsgemeinschaften
verzahnen. So könnte man spezieller und regelmäßiger mit einzelnen Talenten arbeiten und Gelder konzentrieren." Das würde jedoch
ein komplettes Umdenken erfordern: Nicht mehr mein Verein würde im Vordergrund stehen, sondern das gemeinschaftliche Denken
für die Entwicklung der Kinder."
Danach wird gelobt, daß in der DDR die kleinen Klubs stolz waren, wenn sie Leute an die Stützpunkte
delegieren konnten (- soweit so falsch, die Sportgemeinschaften haben Leute an die Klubs delegiert, denn die Klubs waren die eigentlichen Stützpunkte)
Natürlich sollen dann delegierungsfleißige Vereinstrainer "wertgeschätzt" werden, so viel Anerkennung muß natürlich sein, denn
Nur so können wir ein Umdenken bewirken, damit Vereine erkennen, dass sich die eigenen Talente an den Landes- und Bundesstützpunkten
besser entwickeln würden
Und nun legt Herr Bazynski noch mal richtig nach:
"Wir müssen uns überlegen, ob unser Vereinsdenken in Deutschland noch zeitgemäß ist und den Erfordernissen einer Leistungssportförderung gerecht
werden kann"
Danach wird noch geklagt, daß Vereine zu billig sind, weil Fitnessstudio und Klubs in Frankreich kosten ja auch 35 bis 40 Euro im Monat...

Ich halte diesen Artikel und seinen Grundtenor: Vereinstrainer sind schlecht, außer sie delegieren fleißig, dann bekommen sie natürlich Anerkennung,
Vereinsdenken ist auch schlecht und eigentlich sind die Vereine dafür da, den Leistungssport zu beschicken, und dann sind die Vereine
einfach zu billig, mit ihren ehrenamtlichen Trainern - doch schon für recht dreist und einen Schlag ins Gesicht derjenigen, die sich nach ihrer Arbeit, oft mit deutlich
weniger als den beiläufig erwähnten 3500€ Brutto, in ihrer Freizeit, auf 'ne Matte mit teilweisen 5jährigen Kindern stellen, um die Freude an ihrem Hobby weiterzugeben und
das zu tun, was Kano wohl mit Judo beabsichtigt hat, nämlich Kinder u. Jugendliche zu ordentlichen, wehrhaften Menschen zu erziehen...

Und wenn man dann mal ein Talent hat, dann soll man es natürlich "delegieren", nicht daß man etwa jemanden hat, der vielleicht als Übungsleiter-Nachwuchs
den eigenen Verein weiterbringt...

Ich glaube fast, dieser Herr Bazynski sollte mal wieder ein paar zurück an die Basis und selbst ein paar Talente heranziehen u. dann delegieren, von daher ist die Idee mit
den befristeten Trainerstellen im DJB u. den LVs gar nicht so verkehrt...
Und welche Perspektiven Leistungssportler haben, hat das JM 12/2013 am Beispiel von Sandra Köppen-Zuckschwerdt nun mal sehr deutlich aufgezeigt... :-(

Also lieber Verbands-Verantwortliche, wenn ihr Talente haben wollte, dann macht doch mal konkrete Angebote:
- Wieviel wärt ihr z.B. bereit, einem delegierenden Verein pro Talent an Ablöse-Summe zu zahlen?
- Wie möchtet ihr den Talenten, die ihr bekommt, hinsichtlich schulischer, beruflicher Entwicklung absichern, könnt ihr ihnen Ausbildungsplätze u.
spätere Arbeitsplätze garantieren - auch gerade denen, die es nicht bis ganz nach oben schaffen?
- Wie möchte ihr die Talente finanziell absichern im Fall von Verletzungen und Invalidität?
- Wäre nicht eine einfachere Qualifikation für hochrangige Meisterschaften angebracht, ohne den Klüngel mit den Ranglisten, Setzlisten, Kaderplätze - einfach
wer gewinnt, kommt weiter, fertig...?
Mit freundlichem Gruß

Fritz
tutor!
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Re: Presseschau JM 02/2014

Beitrag von tutor! »

Naturgemäß erfolgt die Analyse eines Bundestrainers zu den Rahmenbedingungen seiner Arbeit aus der Perspektive des Leistungssports. Zu etwas anderem ist er ja nicht gefragt worden. Ich kann aber versichern, dass er auch aus der Perspektive des Breitensports sehr viel beizutragen hätte, denn seine Frau macht genau das, was Du "anregst", nämlich Basisarbeit in einem Verein.

Was sind letztlich seine Thesen?

1. Unter den Rahmenbedingungen der Vereinslandschaft (weit über die Hälfte der Judovereine in Deutschland hat weniger als 100 Mitglieder) bei der Alterspanne vom Kleinkind bis zum Greis, in beiden Geschlechtern von 20kg bis über 120kg können keine Talente wirklich heranreifen.

Dem ist aus der Praxis doch uneingeschränkt zuzustimmen - und das ist nicht nur auf den Leistungssport bezogen. In einem solchen Umfeld kannst Du auch keinen qualifizierten Trainer- und Übungsleiternachwuchs heranbilden, letztlich kannst Du so niemandem wirklich gutes Judo beibringen, egal mit welcher Zielsetzung. Vereine dieser Größenordnung können nur dann gut arbeiten, wenn sie nicht für die gesamte Bandbreite der Judotreibenden (s.o.) Angebote machen müssen. Will man aber diese Vielfalt haben - und das wäre nach meinem Verständnis auch der breitensportliche Gedanke - müssen sich die kleineren Vereine zu größeren Einheiten vernetzen und ihre Arbeit verzahnen. Davon profitieren dann Breiten- und Leistungssport - daher auch der Hinweis darauf, dass dies die Mitgliederentwicklung im DJB langfristig sogar umkehren könne.

2. Es gibt zu wenig gute Trainer...

Auch damit hat er vollkommen recht - aber man kann es nicht denen vorwerfen, die sich wirklich engagieren, sondern es ist eine Folge der oben genannten Rahmenbedingungen. In den zu kleinen Einheiten reift nun mal kein guter Trainernachwuchs heran. Menschen, die guten Willens sind, sich aufopfernd engagieren - ja, die gibt es. Aber sie hätte gerade wegen ihres Engagements auch bessere Rahmenbedingungen für ihre eigene Ausbildung verdient. Das Problem vieler Vereine ist doch gerade, dass ihr Nachwuchs unter diesen Rahmenbedingungen ausgebildet wurde. Hier ist bereits ein Teufelskreis entstanden, aus dem man heraus muss.

3. Es ist mehr "Entsendung" an Stützpunkte nötig

Dies ist in der Tat ein zweischneidiges Schwert, denn einerseits benötigen Talente - egal, ob in Richtung Leistungssport oder "nur" in Richtung technisch gutes Judo (z.B. als künftige Übungsleiter) - in der Tat weitergehende Anregung und Förderung als unter den oftmals gegebenen Rahmenbedingungen der Vereine nötig sind. Auf der anderen Seite fehlen dann genau diese "Lokomotiven" im Vereinstraining, was wiederum als Anregung für die Vereinsgruppe erforderlich wäre. Hier ist in der Tat ein Dilemma, aber der Bundestrainer hat vollkommen recht damit, dass sich die einzelnen Sportler an den Stützpunkten besser entwickeln können (vorausgesetzt, dort wird entsprechend gut gearbeitet).

4. Anerkennung von Vereinstrainern

Michael Bazynski sagt doch nichts anderes, als dass diejenigen Vereinstrainer, die talentierte Sportler auf den Weg bringen und sie "loslassen", mehr Wert geschätzt werden müssen als das bisher der Fall ist.

5. Neues Denken in der Vereinskultur

Vereine, die sich zu größeren Einheiten verzahnen, haben bessere Rahmenbedingungen erfolgreich zu arbeiten. Sie können talentierten und interessierten Sportler - egal mit welchen Schwerpunkten und mit welcher Ausrichtung - bessere und gezieltere Angebote machen. Um sich zu entwickeln, braucht es eine stabile Trainingsgruppe, die sich mehrmals in der Woche zum intensiven Training trifft. Jeder in der Gruppe braucht dabei eine ganze Reihe unterschiedlicher, aber dennoch adäquater Trainingspartner. Je vielfältiger sich ein Verein aufstellen will - Breiten- und Leistungssport - desto größer müssen die kooperierenden Einheiten sein. In ländlichen Gebieten ist dies natürlich schwierig, aber in Ballungsräumen gibt es viel Potential - wenn die Leute umdenken würden.

Einige ergänzenden Worte von mir

Die Verbände müssen m.M.n. nicht nur für Leistungssportler Stützpunkte schaffen, bzw. deren Bildung über Kooperationen anregen, sondern auch für andere Zielgruppen/Inhalte.

Die Übungsleiter- und Trainerausbildung muss reformiert werden, denn sie geht davon aus, dass bei der Ausbildung in erster Linie didaktische-methodische Kompetenzen vermittelt werden müssen, da die technische Ausbildung ja bereits durch die Graduierung abgesichert sei. Dass eine Graduierung (in diesem Fall 1. Kyu) dies nicht gewährleistet, weiß wohl jeder, aber man muss - denke ich - offensiver damit umgehen und in der Ausbildung mehr technische Grundlagen vermitteln. Denn letztlich merken doch alle, die mit Fortgeschrittenen aus den diversen Vereinen zu tun haben - ob als LG-Referent, Dan-Prüfer, Stützpunkt-/Landes-/Bundestrainer - wo der Schuh drückt und vor allem, wo die Ursachen dafür zu suchen sind.

Nur viele der Betroffenen scheinen es nicht zu merken...
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Hofi
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Re: Presseschau JM 02/2014

Beitrag von Hofi »

4. Anerkennung von Vereinstrainern
Michael Bazynski sagt doch nichts anderes, als dass diejenigen Vereinstrainer, die talentierte Sportler auf den Weg bringen und sie "loslassen", mehr Wert geschätzt werden müssen.
Und genau hier ist ein Problem. Man hat durchaus den Eindruck, dass das nicht geschätzt wird, sondern dass man froh sein muss, wenn die Leute doch gnädige Aufnahme in den Stützpunkten finden.
Ich würde meine Leute gerne in die Stützpunkte schicken, als das wofür in meinen Augen Stützpunkte da sind. Als Zentren in denen die Entwicklung meiner Leute unterstützt wird. Aber bitte ohne dass sie dann nicht mehr meine Leute sind und zwar vielfach in einem Alter in dem ich mir nicht mal im Ansatz die Illusion machen brauche, dass ich die irgendwann am Ende einer möglichen Leistungssport-Karriere zurück kriege. Wenn einer nach sechs Jahren bei mir mit 12 oder 13 wechselt und mit 30 aufhört Leistungssport zu machen und sich zufällig dafür entscheidet, in einem Verein als Trainer aktiv zu werden. Wo wird er das machen, da wo er sechs Jahre war oder da wo er 18 Jahre war? Ich rate mal: Nicht bei mir.
Und das zusätzliche Problem, der Wechsel hemmt zusätzlich aus zwei Gründen die Förderung weiterer Talente und schadet damit den Verbänden auch in der leistungssportlichen Entwicklung. Erstens wird die Qualität des abgebenden Vereins geschwächt, zweitens wird der Trainer sich beim nächsten Talent überlegen, ob er es in den Stützpunkt schickt. Denn für den Verein ist es deutlich sinnvoller aus eigener Kraft regelmäßig "nur" bis Landes- oder Gruppenebene zu kommen als wenn jemand der vor 10 oder 15 Jahren mal bei dem Verein war zu ner WM fährt.

In anderen Punkten, mag sicher viel wahres dran sein. Die Zusammenarbeit zwischen den kleinen Vereinen muss schlicht verbessert werden. Vielleicht kommen meine Posts manchmal bißchen mit einem "Wo ist das Problem, wenn man es richtig macht, geht das schon" rüber und ja, bei uns läuft es gut. Aber eine wesentliche Ursache dafür ist auch die Zusammenarbeit mit dem SC Armin. Weit genug weg, dass wir uns keine Mitglieder klauen, nah genug dran, dass man auch relativ regelmäßig zusammen trainieren kann. Die Jugendmannschaften machen wir seit 10 Jahren zusammen, da läuft viel Organisation über uns, dafür stellt der SC Armin jedes Jahr das Trainingslager auf die Beine, von dem wir extrem profitieren. Ohne Willy, Lara, Bene, Phips etc würden wir weit nicht da stehen, wo wir im Moment sind.

Bis dann

Hofi
Wer die Wahrheit sagt, braucht ein verdammt schnelles Pferd.

Heimat ist dort, wo man von der Dorfbevölkerung, die einen duzt, gelyncht wird.
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Re: Presseschau JM 02/2014

Beitrag von CasimirC »

Ich werde mich detaillierter zu dem Artikel äußern, wenn ich ihn selber gelesen habe, aber was bislang doch rauszulesen ist, ist das Dilemma Basisarbeit vs. Elitenförderung.

Der Leistungssport hat berechtigterweise das Interesse, dass talentierte und willige Judoka von ihren Heimattrainern in der Form gefördert werden, dass sie die bestmögliche Entwicklung machen können, was auch bedeutet, dass man sie an irgendeinem Punkt auch in die Hände spezialisierter Fachmänner gibt, wenn man als Trainer selber nicht mehr in dem Maße Förderung bringen kann, wie das notwendig wäre.
Gleichzeitig haben die Heimatvereine die berechtigte Forderung, dass die Judoka, die sie über Jahre zu guten Athleten geformt und die sie (auch finanziell) gefördert haben, auch aufgrund ihrer Vorbildfunktion und Vorreiterrolle möglichst lange im Verein bleiben, um sich mit diesem zu identifizieren, und um später auch einmal eine Rolle als Übungsleiter oder Vereinsfunktionär zu übernehmen, weil ansonsten niemand übrig bleibt, um in die Fußstapfen "der Alten" zu treten.

Beide Argumente sind durchaus berechtigt und werden immer abhängig vom Blickwinkel unterschiedlich gewichtet.

Im Prinzip lese ich aus diesen verkürzten Zitaten die Ergebnisse heraus, dass
- wir in Deutschland zu wenige gute Trainer haben (wobei ich das, wie Fritz, doch ziemlich frech finde)
- die Talentförderung scheinbar nicht gezielt verläuft
- die Mehrzahl der Vereine zu klein sind, um für den Leistungssport einen Nutzen zu erbringen
- die Judovereinslandschaft hinderlich für den Leistungssport im Judo ist.

Die Quintessenz nach Herrn Bazynski wäre doch, dass wir in Deutschland weniger, aber dafür größere Judovereine benötigen, möglicherweise zusammengefasst in zentralen Judoschulen, in denen eine gezielte Leistungskaderförderung betrieben wird. Dann soll er das bitte aber auch so sagen, dass der DJB aus seiner Sicht im Prinzip 50% der Vereine in Deutschland nur "aus gutem Willen" unterstützt, weil angesichts von weniger als 100 Mitgliedern ohnehin kaum Profit aus diesen gezogen werden kann.

Ich finde, dass man durchaus über neue Fördermethoden und -strategien diskutieren kann und sollte, gerade in unserem Verein und Landesverband entzündet sich zurzeit ein kleines Flämmchen, welches überholte Strukturen verbrennen und neue Leidenschaft entfachen möchte, von daher ist das ja auch ein aktuelles Thema. Ich finde es aber "nicht gut" (mir lagen da eigentlich deutlich drastischere Worte auf der Zunge), wie Fritz schon schreibt, dass in dem Artikel wohl der Eindruck geweckt wird, dass die Basisarbeit im Judo in Deutschland (im DJB) das große Manko ist.

Das mal vorneweg zur bisherigen Diskussion und den zitierten Passagen, vielleicht revidiere ich meinen Blickwinkel ein wenig, wenn ich den kompletten Artikel vorliegen habe.
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Fritz
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Re: Presseschau JM 02/2014

Beitrag von Fritz »

@Hofi: Zustimmung!
tutor! hat geschrieben: Ich kann aber versichern, dass er auch aus der Perspektive des Breitensports sehr viel beizutragen hätte, denn seine Frau macht genau das, was Du "anregst", nämlich Basisarbeit in einem Verein.
Rein interessehalber: Wieviel Talente hat Frau Bazynski bereits herangezogen und ihrem Mann zur weiteren Betreuung zugeleitet?
tutor! hat geschrieben:Die Verbände müssen m.M.n. nicht nur für Leistungssportler Stützpunkte schaffen, bzw. deren Bildung über Kooperationen anregen, sondern auch für andere Zielgruppen/Inhalte.
Hier möchte ich Dir zustimmen...
tutor! hat geschrieben:Die Übungsleiter- und Trainerausbildung muss reformiert werden, denn sie geht davon aus, dass bei der Ausbildung in erster Linie didaktische-methodische Kompetenzen vermittelt werden müssen, da die technische Ausbildung ja bereits durch die Graduierung abgesichert sei. Dass eine Graduierung (in diesem Fall 1. Kyu) dies nicht gewährleistet, weiß wohl jeder, aber man muss - denke ich - offensiver damit umgehen und in der Ausbildung mehr technische Grundlagen vermitteln.
Nun ja, ich habe in Berlin letztes Jahr mal wieder als "entsendender" Übungsleiter sehr genau mitbekommen,
wie eine Trainer-C-Ausbildung so abläuft.
Nun ja, sagen wir so, da könnte wohl tatsächlich einiges ausgemistet werden, zugunsten solider Judo-Grundlagen-Arbeit.

Ansonsten scheint sich wohl auch langsam die Früchte der kindgerechten Prüfungsordnung (Kyu/Dan)
zu zeigen, vorn denen ich schon seit Jahren warne: Nämlich daß diese PO nicht unterstützt, Leute hervorzubringen,
die Judowissen weitergeben wollen u. können ... Das jetzige System ist nicht "selbsterhaltend" ...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Presseschau JM 02/2014

Beitrag von tutor! »

Fritz hat geschrieben:Rein interessehalber: Wieviel Talente hat Frau Bazynski bereits herangezogen und ihrem Mann zur weiteren Betreuung zugeleitet?.
Um deine Neugier zu befriedigen: mindestens eines, das die ersten vier bis fünf Jahre ausschließlich bei ihr und einer Freundin trainiert hat, bevor sie dann regelmäßig erst in den Stützpunkt und dann in die Nationalmannschaft gewachsen ist.
CasimirC hat geschrieben:Dann soll er das bitte aber auch so sagen, dass der DJB aus seiner Sicht im Prinzip 50% der Vereine in Deutschland nur "aus gutem Willen" unterstützt, weil angesichts von weniger als 100 Mitgliedern ohnehin kaum Profit aus diesen gezogen werden kann.
Das ist eine Unterstellung ihm gegenüber, die äußerst grenzwertig, auf jeden Fall aber unsinnig ist.

Wir haben im Prinzip doch rund fünf Altersklassen (Kleinkinder, Kinder Jugendliche, jüngere Erwachsene und ältere Erwachsene) in den Vereinen. Diese verteilen sich auf beide Geschlechter, auf Anfänger (bis 1-2 Jahre Judo), Fortgeschrittene (bis ca. 5 Jahre Judo) und erfahrene Judoka (ab 5 Jahre Judo, wobei es da auch große Unterschiede gibt). Dann haben wir vor allem bei den Anfängern, solche mit guten sportlichen Grundlagen (die also vorher anderen Sport betrieben haben) und solche, mit erheblichen motorischen Defiziten, für die es unendlich wichtig ist, endlich überhaupt etwas zu tun.

In den Vereinen findet sich dann ein Konglomerat aus all diesen Menschen, die bei kleineren Vereinen eine vernünftige Gruppenbildung und nachhaltige Förderung kaum möglich machen (wenn man wirklich diese Vielfalt hat). Wenn jemand nun endlich aufsteht und deutlich sagt, dass unter diesen Rahmenbedingungen keine Talente systematisch gefördert werden können, hat er doch erst einmal vollkommen recht. Und wenn er dann noch einen Weg weist, nämlich dass sich die Vereine verzahnen und kooperieren sollten, dann doch deshalb, weil ihm an einer möglichst guten Förderung aller gelegen ist - gerade der Leute in den kleinen Vereinen (vielleicht sollte man an der Stelle auch erwähnen, dass sein Vater einer der Judopioniere im Ruhrgebiet war, der sich über viele Jahrzehnte unglaublich um die Entwicklung des Judo im Raum Bochum/Dortmund verdient gemacht hat).

Desweiteren stellt er fest, dass es zu wenig gut ausgebildeten Nachwuchs für den Spitzensport gibt, aber auch gleichzeitig für die Rolle als Trainer. Die Ursachen dafür sind dieselben, aber es wird langsam zu einem Teufelskreis, weil Spitzensportler und Trainer nur aus derselben Mitgliedschaft heraus heranreifen müssen. Er greift also doch auch gar nicht, die Trainer selbst an, sondern die Rahmenbedingungen, die dazu führen, dass sowohl der qualifizierte Trainernachwuchs als auch der Spitzennachwuchs zahlenmäßig zu schwach ist.

Die Kyu-Prüfungsordnung, die Fritz bei fast jeder sich bietenden Gelegenheit kritisierend erwähnt, ist in dem Rahmen, in dem die kleinen Vereine arbeiten, sicherlich nicht hilfreich. Aber das ist ein völlig anderes Thema und die Frage, wie künftig das Graduierungssystem gestaltet werden sollte, wird wohl bald auf die Tagesordnung kommen.
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Re: Presseschau JM 02/2014

Beitrag von CasimirC »

Bitte mein Posting nicht so verstehen, dass das sein Wortlaut ist, sondern dass das meine, zugegeben recht polemische Interpretation der zitierten Passagen ist. Sollte das nicht erkennbar gewesen sein, möchte ich das an dieser Stelle berücksichtigt wissen.
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Re: Presseschau JM 02/2014

Beitrag von Fritz »

tutor! hat geschrieben:In den Vereinen findet sich dann ein Konglomerat aus all diesen Menschen, die bei kleineren Vereinen eine vernünftige Gruppenbildung und nachhaltige Förderung kaum möglich machen (wenn man wirklich diese Vielfalt hat). Wenn jemand nun endlich aufsteht und deutlich sagt, dass unter diesen Rahmenbedingungen keine Talente systematisch gefördert werden können, hat er doch erst einmal vollkommen recht. Und wenn er dann noch einen Weg weist, nämlich dass sich die Vereine verzahnen und kooperieren sollten,
Das ist aber genau das, was mir übel aufstößt.
Auf der einen Seite, sollen die Vereine für jeden da sein: Kleinkinder, Kinder, Behinderte, jetzt auch wieder verstärkt Ältere, das Ganze möglichst integrativ, soll ja keiner weggeschickt werden. Und die Vereine machen das sogar, jedes
zahlende Mitglied ist ja erstmal prinzipiell im eigene Interesse.
Dazu werden die Rahmenbedingung immer häßlicher, ich kenne Vereine, die müssen regelrecht betteln, um
Hallenzeiten zu bekommen... Dann ist nun mal auch so - wie Hof immer gern durchblicken läßt - daß
es zwei Arten von Vereinsleuten gibt: Die, welcher sich kümmern und am Ende keine zeitlichen Reserven mehr
haben und die anderen halt... Bei beiden Gruppen sehe ich schwarz, wenn es darum geht, noch mehr und zusätzlich
zu organisieren. Aber genau das so ganz nebenbei im Artikel gefordert: "Vereine verzahnen zum Zweck
des Talent-Trainings". Wenn sich also die bisherigen Macher in den Vereinen jetzt damit beschäftigen, eine tragfähige Verzahnung aufzubauen, muß logischerweise irgendwas anderes zu kurz kommen - was soll das sein?
(Wie durfte ich noch in meinem Altverein (damals noch Sektion einer BSG) sinngemäß auf nem uralten Mitteilungszettel
lesen, noch vor der Wende: "Da der KFA (Kreisfachausschuß) gefordert hat, die Nachwuchsarbeit im Bereich der männlichen Jugend zu intensivieren, wir aber keine zusätzliche Kapazität an Übungsleitern u. Trainingszeiten haben, bitten wir die Mädchen andere
Sportangebote der BSG wahrzunehmen." - Ein Klassenkameradin fiel der Aktion zum Opfer, noch bevor ich dort mit dem Judo
anfing...)

Und der ganze Aufwand soll dann aus Sicht der Vereine das Ziel haben, potentielle Übungsleiter und Leute, die das Gruppenniveau durch ihre Trainingsteilnahme deutlich heben können, aus dem Verein "wegzuloben"?
Ich glaube nicht, daß diese Idee so viel Anklang findet...

Gegen vereinsübergreifende Zusammenarbeit ist an sich nichts einzuwenden, nur muß so etwas in Ruhe wachsen u. den Vereinen selbst nützlich sein.
Tja und dann gibt es Vorschläge im LV, die Bildung von Kampfgemeinschaften zu erschweren bzw. zu unterbinden.
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Presseschau JM 02/2014

Beitrag von CasimirC »

Ich hab mir dann jetzt doch mal schnell das Magazin besorgt und muss meine obige Aussage doch etwas entschärfen, da im Zentrum seiner Aussage ja nicht die Ausbildung der Trainer und die "Leistungssportunfähigkeit" kleiner, breit aufgestellter Vereine steht, sondern die Trainingssituation für die richtig talentierten Judoka.

Grundsätzlich trifft seine Aussage ja den gleichen Ton wie die des Südwestkoordinators Opp in einem Interview 2012 oder 2013, der ebenfalls anmahnte, dass eine gut organisierte und strukturierte Förderstruktur vom Verein über den Bezirk, den Landesverband und darüber hinaus bis zur Bundesebene rein zur Förderung von "Ausnahmetalenten" die beste Lösung wäre, und dass die Einzelvereine salopp gesagt von ihrem hohen Ross runterkommen sollten mit ihrer Erwartung, sie könnten ausschließlich vereinsintern die beste Förderung betreiben.
Mit dieser Aussage kann ich weitestgehend konform gehen, zumindest rein auf die Ausbildung der Talente bezogen. Eine andere Frage ist wiederum die vereinsinterne Problematik mit den abgehenden Talenten und dem eigenen Nachwuchsmangel im Leitungsbereich.

Mir wäre es an dieser Stelle wichtig, dass die Verbände sich Gedanken machen, wie man innerhalb ihrer Bezirke die entsprechende Infrastruktur schaffen könnte, dies zu erreichen, dies auch in Rücksprache mit den Vereinstrainern. Wenn die Diagnose ja so zutreffend sein sollte, wie von Herrn Bazynski beschrieben, dann sollte es doch einmal eine große Priorität sein, eben die Trainerausbildung zu forcieren und Infrastruktur zu schaffen. Wie Fritz schon sagt: Gerade für kleine, auch gutgehende Vereine ist es eine riesige Anstrengung noch aus eigener Kraft eine Kooperation mit anderen Vereinen einzurichten und diese durchzuhalten. Das könnte auch per Ausschreibung und grober Richtungsvorgabe durch den Verband ein- und angeleitet werden, um somit erste Hemmschwellen zu beseitigen.

Es ist etwas ungünstig, wenn Argumente sich so anhören, als wären am Nachwuchsmangel im DJB-Kader die schlechten Trainer und die kleinen Vereine Schuld, die es nicht hinkriegen (wollen), Talente heranzuziehen und diese irgendwann "ziehen" zu lassen. Ich frage mich dann, warum die Dachorganisation dann nicht ein Konzept entwickelt, wie gezielt Leistungsförderung auch innerhalb ihrer Mitgliedsverbände systematischer und rentabler laufen kann, sprich: Infrastruktur und Ideen zur Verfügung stellt, und gleichzeitig überlegt, wie man diese Talente nach ihrer aktiven Phase wieder in die lokalen Vereine kriegt, um dort wiederum Nachwuchsarbeit zu leisten.
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Ohne Basis keine Spitze

Beitrag von Holger König »

Die kleinen Vereine sind die Basis. Ohne diese kann sich keine Spitze entwickeln, denn die Kinder landen erst mal im Kiez-/Dorf-Verein. Der Verband sollte (ohne damit Abwerbung zu betreiben) zusätzliche Angebote für die Talente bieten, um damit sowohl die Basis, als auch die Spitze zu fördern.
Gleichfalls sollte der Verband etwas für den Breitensport (Späteinsteiger über 18 Jahre, Wiedereinsteiger) tuen, denn aus diesen kann das Fundament der kleinen Vereine (Übungsleiter und Vorstände) ebenfalls wachsen, auch wenn diese keine leistungssportlichen Ambitionen haben.
So könnte z.B. der Verband, wenn während der Schulferien viele Vereine ihre Hallen nicht nutzen können, ein Breitensport-Training anbieten, was auch für einen 30jährigen Weiß-Gelb/Gelb-Gurt oder den 50jährigen Grüngurt passend ist. Schwerpunkte: Prüfungstraining, SV, Grundlagen für Übungsleiter(assistenten), Kampfrichter-Grundlagen, jedoch wenig Randori (als Alternative freies Techniktraining). Damit würden auch mal die älteren Breitensportler über den eigenen Verein hinausschauen, andererseits die kleinen Vereine ihre Spät- und Wiedereinsteiger stufenweise an eine (zumindestens vertretungsweise) Übungsleiterausbildung heranführen.
katana
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Re: Presseschau JM 02/2014

Beitrag von katana »

(mir lagen da eigentlich deutlich drastischere Worte auf der Zunge), wie Fritz schon schreibt, dass in dem Artikel wohl der Eindruck geweckt wird, dass die Basisarbeit im Judo in Deutschland (im DJB) das große Manko ist.
Mir liegen da noch sehr viel drastischere Worte auf der Zunge, aber ich werde mich jetzt ganz arg zusammenreißen,
um gewissen aufgeblasenen Herrschaften nicht zu nahe zu treten. :angry4
Was Fritz brilliant in seinem ersten Post zusammengefasst hat, kann man nur unterstützen, :eusa_clap
und aus eigener Erfahrung kann ich hinzufügen, daß sich gewisse Herren sehr zurückhalten sollten , was die Kritik an der Basisarbeit betrifft. :angry4
Im Rahmen der derzeitigen Wettkampfverdrossenheit sind solche Selbstdarsteller kaum mehr zu ertragen, die hier unter
Beklagen der eigenen Bezüge verkennen, daß sie letztendlich nur landes- und bundesweit, die Talente absortieren, in die
Andere teilweise jahrzehntelang eigene Arbeit, Geld und Zeit investiert haben , und das größenteils unentgeltlich.
Und mit unentgeltlich meine ich nicht in Gegeneleistung von Fahrt - oder Reisekostenerstattungen, Übernachtungskosten oder gar Honorar etc,,
sondern für .... Nulll ..... ,Herr Bazynski, ... für Null !!!

Und eins sollte dazu noch gesagt sein, .... bei der "Anerkennung" der Heimtrainer konnte ich keine konkreten Zahlen lesen,
vielleicht denkt Herr B.... hier an einen lauwarmen Händedruck , oder eine Anstecknadel. :alright
Einige dieser "Spitzentrainer" könne nur froh sein, daß der Job so schlecht bezahlt ist, sonst würden sie bestimmt diese Stelle nicht innehaben, wenn man sich wirkliche Qualität leisten könnte.

Auch wenn die Probleme in Deutschland, wie auch Tutor beschreibt durchaus vorhanden sind, derartig unqualifizierte
Statements sind eine Frechheit .... stellen jedoch die leeren Phrasen, wie das "Loblied auf das Ehrenamt" im Eingangstext von Peter Freese an den richtigen Platz.
BLaBLaBlaBla..............

KK
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Hofi
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Re: Presseschau JM 02/2014

Beitrag von Hofi »

Hi!
Wie schon in meinem ersten Post hier geschrieben, bin ich der Ansicht, dass nicht alles falsch oder gar überheblich ist, was in dem Artikel beschrieben wird.
Gerade der Punkt "Verzahnung der Vereine" ist in meinen Augen sehr wichtig, heißt es nicht irgendwo im Judo " Die anderen und ich wachsen gemeinsam".

Das muss aber in meinen Augen gerade im Wettkampfbereich auch durch die Regeln unterstützt werden. Ich wäre daher für eine deutlich freiere Gestaltung der Jugendteams im Bereich der Mannschaftsmeisterschaften. Damit könnte man auch einen gefühlten Wechseldruck zu einem der großen Vereine abmildern. Ein gedankenlos dahingesagtes " Sorry, ich hab schon drei Fremdstarter, auf die ich nicht verzichten kann" passiert dann halt nicht mehr und kein Kind (oder dessen Eltern) kommt auf die Idee, hätte ich gewechselt, würde ich jetzt in der Mannschaft sein und die xy-Meisterschaft kämpfen. Z.B. könnte man ab der Gruppenebene eine Mannschaftsliste wie bei den Erwachsenen einreichen lassen, einschließlich der schriftlichen Freigabe des Heimatvereins. Um zu wilde Eskalationen zu vermeiden, müssen 50% der auf der Meisterschaft abgewogenen Kämpfer aus dem Verein stammen, unter dessen Namen das Team läuft und man beschränkt die Maximalzahl an Kämpfern auf 3 pro Gewichtsklasse. Das ist jetzt ne komplett improvisierte Idee, also nicht gleich drauf hauen, ist doch völlig unausgereift, sondern evtl. mal dran rumbasteln.
Aber vielleicht könnte man so auch die als Einzelstarter verstreuten Talente besser einfangen, indem sie eben ohne Vereinswechsel in Mannschaften eingebunden werden können.
Was durch eine bessere Verzahnung auch funktionieren kann, ist dass eben die einzelnen Leute in den Vereinen tatsächlich weniger Aufgaben haben können, wenn man sich eben entsprechend die Aufgaben teilt, weil eben nicht jeder z.B. ein Trainingslager organisieren muss. Dafür macht der andere die Betreuung der gemeinsamen Mannschaften etc. Hier ließe sich tatsächlich einiges erreichen. Es käme dann eben nicht, wie von Fritz befürchtet, eine zusätzliche Aufgabe dazu. Klar braucht sowas Absprachen. Aber die braucht es, zumindest wenn man mehr als zwei Trainer hat, sowieso immer.

Bessere Anerkennung der "abgebenden" Trainer? Es geht mir persönlich am A.... vorbei, ob ich im Zusammenhang mit dem Erfolg eines meiner Leute genannt werde. Was mir wichtig ist, dass mir im Verein eine nächste Generation heranwächst, die irgendwann besser ist als ich und das Ruder übernehmen kann. Das tut sie nicht, wenn ich die besten abgeben "darf". Wenn aber die einzelnen Vereine nicht besser werden, wird es der Verband auch nicht.

Bis dann

Hofi
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Re: Presseschau JM 02/2014

Beitrag von Freeman »

Mmh, ich bin gerade dabei zwei "Talente" zu delegieren (Sportgym Leipzig). Zufällig sind das meine eigenen Zwillinge. Ich habe im Umfeld und in der Familie viel diskutiert: Was erwarten wir (die Eltern), was erwartet die Kinder, wie geht es nach der 12. (13.) Klasse weiter?? Für die meisten Fragen gibt es keine Ansprechpartner. Schlimmer: Ich habe den Eindruck, wenn der Verband die Anträge zugesendet hat, läuft alles nach Plan und damit sind sie fertig.
Fragen zu: Welche Kosten kommen auf mich zu, wie werden die schulischen Leistungen bewertet, wie wird die Betreuung im Sportgym / Internat organisiert (Hausaufgabenbetreuung usw.), von wo oder wem kann ich Förderung erwarten, wie geht es nach der 12. weiter (außer BuPo und BW). Die jungen Sportler, die in Leipzig waren und die ich bisher kennen lernen durfte, haben den großen Wurf dann doch nicht geschafft und haben jetzt eher Nachteile im Hinblick auf eine Ausbildung. Der Verband kann ihnen da auch nicht helfen (anderes als das System in Frankreich).

"Mein" kleiner Verein mit 50 Mitgliedern nimmt einmal monatlich an einer "offenen Matte" mit Vereinen aus der Region und einmal monatlich mit einigen Sportlern beim Training einer Talentförderguppe teil. Ansonsten machen wir zweimal wöchentlich Judo-Training und einmal Athletik. Meine Twins (jetzt U15) hatten letztes Jahr 24 Wettkämpfe, wo ich natürlich als Trainer dabei bin. Plus Kari-Weiterbildung, ÜL-Weiterbildung, Prüfer-Weiterbildung. Eine Woche privaten Urlaub für ein Trainingslager des Verbandes usw. Und das alles für geschätzt unter 1Euro/h. Ja, ja. Wir alle hier machen das ja nicht für Geld. Im Gegenteil. Mein nächstes Projekt ist Trainer B (auf eigene Kosten, weil der Verein sich das nicht leisten kann).

Mit dieser Auflistung stehe ich nicht alleine da. Ich kann die o.g. Kritik auch nicht so einfach annehmen.
tutor!
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Re: Presseschau JM 02/2014

Beitrag von tutor! »

Freeman hat geschrieben:(...)
Mit dieser Auflistung stehe ich nicht alleine da. Ich kann die o.g. Kritik auch nicht so einfach annehmen.
Das brauchst Du auch gar nicht - sie richtet sich doch gar nicht an Dich! Es geht darum, dass trotz dieses Engagements das Endergebnis begrenzt sein wird.

Ich will es noch einmal von einer anderen Seite her versuchen. Konkret geht es um Deine Kinder und deren mögliche sportliche Perspektiven. Es ist Eure Entscheidung als Familie, ob ihr versuchen wollt, in internationales Wettkampfjudo (bei Männer und Frauen, nicht bei Jugendlichen) vorzustoßen oder nicht.

Aus den Daten der derzeitigen Spitzenathleten des In- und Auslands ist recht gut bekannt, wie groß der wöchentliche Trainingsaufwand in Stunden sein muss - ich gehe an der Stelle bewusst nicht auf Qualität ein - damit man nicht von vorne herein der Konkurrenz hinterher läuft. Für 16-jährige können ca. 15 Stunden pro Woche als Anhalt dienen, Erwachsene kommen auf 20 bis 24 Stunden/Woche. Ein Trainer oder Verband würde Sand in die Augen streuen, wenn er sagen würde, dass es auch mit deutlich weniger gehen würde. Das mag in Ausnahmefällen so sein, aber wie gesagt: in Ausnahmefällen.

Wenn Ihr Euch jetzt also dagegen entscheidet und weiterhin mit diesem - sehr großen - Engagement und Aufwand weitermacht, dann wird am Ende vielleicht eine Qualifikation oder vielleicht auch eine Medaille bei Deutschen Jugendmeisterschaften herauskommen, was an sich ein großartiger Erfolg wäre, aber selbst wenn die Motivation und das Talent zu mehr vorhanden wäre, wäre es sehr unwahrscheinlich, dass es weiter gehen würde. Genau das spricht M. Bazynski eigentlich an. Als Bundestrainer für Frauen ist er - das weiß ich aus vielen Gesprächen mit ihm - häufig mit Sportlerinnen konfrontiert, die viel früher eine viel bessere Förderung hätten erhalten können/müssen, als es tatsächlich der Fall war und genau deshalb unter ihren Entwicklungsmöglichkeiten geblieben sind, bzw. bleiben werden. Außerdem ärgert er sich häufig über unrealistische Träumereien, weil die den Blick für die Notwendigkeit harter Arbeit vernebeln.

Die anderen Fragen, die Du stellst sind vollkommen berechtigt und die müssen auch unbedingt von den Verbänden beantwortet werden. Wie es in Leipzig ist, weiß ich leider nicht, aber Deine Schilderungen klingen skeptisch.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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