Ich bin gerade dabei, eine Liste zu erstellen, welche Lernziele die Judoschüler haben sollen, wenn sie sich mit dem Thema kumi-kata beschäftigen. In der anschließenden Anwendung im Wettkampf soll kumi-kata immer zielgerichtet ausgeführt werden, also nicht nur spontan und wild. Letzteres führt meistens zu einem Fingerstich ins Auge. Darum auch eine zweite Liste mit den denkbaren Zielen der Anwendung von kumi-kata, was Teil der persönlichen Kampftaktik sein kann und werden soll. Ich möchte heute den aktuellen Stand dieser beiden Listen vorstellen. Vielleicht fällt dem einen und anderen noch mehr ein und somit können die Listen zum Wohle aller Judoka verlängert werden. Es gibt natürlich keine Grenzen der Fantasie oder des Detaillierungsgrades. Darum mögen wir uns bitte nur auf die wesentlichen Dinge konzentrieren. Bitte denkt an den "armen" Judoschüler, der sich das alles merken muss, wenn der Kampfrichter hajime ruft. Im ersten Moment ist es nur ein Brainstorming. Später kann man anfangen mit dem Ordnen, Klassifizieren, Prioritäten setzen und was man sonst noch will aus theoretischer und pädagogischer Sichtweise.
Lernziele:
Lernen, dass man ab dem Moment der Griffaufnahme auch Verantwortung für Ukes Körper übernimmt.
Verschiedene Griffe kennen: deren korrekte Anwendung und deren Wirkungsweise.
Wettkampfregel kennen: erlaubte, reglementierte und verbotene Griffe.
Griffe begreifen, als Mittel zum Angriff, zur Verteidigung, zum Stören oder Dominieren von Uke oder einfach nur zum Platzwechsel.
Wissen, dass man mit den Griffen auch das Fallen von Uke absichert, ihn vor Verletzungen schützt.
Wissen, wie man mit Griffen die eigene Kraft auf Uke durch Ziehen, Drücken und Heben übertragen kann.
Griffkampfstrategien kennen und verinnerlichen für Standardsituationen im Kampf.
Spezialgriffe kennen, wenn Tori ein Rechts- und Uke ein Linkskämpfer ist.
Geeignete Griffe kennen für die eigenen Würfe: nur ein korrekter Griff führt auch zu einem korrekten, erfolgreichen Wurf.
Verstehen, dass über die Faßart eine bestimmte Position zum Gegner eingenommen (erreicht) wird, die entscheidend ist für den Erfolg der Vorbereitung und Durchführung von Würfen.
Die eigenen Griffvarianten zuerst im Technik-, dann im Situations- und zuletzt im Kampftraining heraus arbeiten können.
Zielgerichtetes kumi-kata im Wettkämpfe:
Von Anfang an den eigenen Griff suchen und schneller durchsetzen als der Gegner.
Zuerst den Ärmelgriff und anschließend den zweiten Griff bei Uke anbringen.
Sich vom Gegner keine ungünstige Griffart aufzwingen lassen.
Wenn der gesuchte Griff erreicht ist, dann damit nicht „spazieren gehen“, sondern gleich werfen.
Immer Griffüberlegenheit anstreben: 2:1 oder 2:0.
Keine unangenehme Kumi-kata des Gegners ertragen, sondern dessen Griff lösen, oder neutralisieren.
Ein Griff, der nicht gelöst werden kann, kann eventuell genutzt werden zum Wurf.
Durch explosives Anreißen den Gegner aus dem Gleichgewicht bringen.
Ukes Angriffsversuch durch einen plötzlichen Griffwechsel blockieren, ihn kurzzeitig dominieren und dann aus dieser neuen Situation heraus den Gegner werfen.
Finte zum Wurf: Dem Gegner mit Hilfe des Griffs oder eines angetäuschten Greifversuchs falsche Signale (Infos) senden.
Stören des überlegenen Gegners mit Griffwechsel, Griffe lösen oder neutralisieren.
Damit die Armmuskulatur weniger schnell ermüdet als beim Gegner, werden die Arme in einem zweckmäßigen, unverkrampften Wechsel von Anspannung und Entspannung gehalten. Aber der Griff mit der Hand bleibt konstant fest.
Um den Gegner in eine wenig angriffsgünstige Position zu bringen, wird mit der Hand am Nacken oder auf dem Rücken gegriffen. Damit wird der Gegner eingespannt und abgebeugt. Gleichzeitig ist die enge Distanz günstig für den eigenen Wurf.
Beim Übergang vom Stand in den Boden einer der beiden Griffe des Wurfes als ersten Griff auf dem Weg zur Abschlußtechnik (Haltegriff, Hebel, Würge) zielgerichtet verwenden (= Minimierung der notwendigen Griffwechsel).
Übt Uke eine Taktik des Angriffsdrucks mit starken Armen und linearer Beinbewegungen (vorwärts, rückwärts) aus, dann wählt Tori die gegenteilige Taktik aus: flexible Greif- und Armarbeit und Uke ständig in Kreisbewegungen versetzen mit kumi-kata. Dann aus der Kreisbewegung heraus zum Wurf kommen.
Übt Uke eine Taktik aus, bei der er auf einem Punkt steht, d.h. sich wenig bewegt und versucht durch kumi-kata eine starke Dominanz auf Tori auszuüben, dann wählt Tori die gegenteilige Taktik: mit kumi-kata viele Platzwechsel ausführen, damit die Greifdominanz von Uke verhindern (oder zerstören) und die durch die Bewegung neu entstehenden Kampfsituationen für einen eigenen Wurf blitzschnell nutzen.
Kumi-kata: Lernziele und Taktik im Wettkampf
- Peter el Gaucho
- Blau Gurt Träger
- Beiträge: 142
- Registriert: 10.09.2009, 16:48
Kumi-kata: Lernziele und Taktik im Wettkampf
"Beklage dich nicht über die Dunkelheit. Zünde eine Kerze an." (Konfuzius)
Re: Kumi-kata: Lernziele und Taktik im Wettkampf
Brainstorming:
Ich würde die sensorische Komponente noch mit in die Betrachtung einbeziehen - Fühler, "die Hände fühlen."
Eine zusätzliche Information unbewusst / bewusst erhalten, z.B. Raum- u. Lage, Spannung, Entspannung, Ausrichtung ...
Ich würde die sensorische Komponente noch mit in die Betrachtung einbeziehen - Fühler, "die Hände fühlen."
Eine zusätzliche Information unbewusst / bewusst erhalten, z.B. Raum- u. Lage, Spannung, Entspannung, Ausrichtung ...
Re: Kumi-kata: Lernziele und Taktik im Wettkampf
Nun ja, ich sag meinen Leuten immer: Hört auf zu fummeln, da wo es weiß ist, könnt ihr auch anfassen...
Mit freundlichem Gruß
Fritz
Fritz
Re: Kumi-kata: Lernziele und Taktik im Wettkampf
Wenn Du an diesem Thema intensiver interessiert bist, dann empfehle ich Dir folgenden beiden Medien:
a) Neil Adams: Grips, Judo Masterclass Technoques, London 1992 (gibt es auch auf deutsch als "Kumi-kata", versuch es bei Dax-Sports zu bestellen, dort könnte es noch vorhanden sein!)
b) Frank Wieneke: Kumi-kata, ein sehr gutes Video von Kessler Judo-Lehrmedien.
Für mich ist interessant, dass die beiden, die sich 1984 im Olympiafinale von Los Angeles in der Klasse -78 kg gegenüberstanden, jeweils die besten Medien zum Thema Kumi-kata herausgebracht haben. Zu ihrer besten Zeit galt Adams als der weltbeste Judoka in Bezug auf Griffaufnahme und Frank Wieneke als einer der weltbesten Kämpfer in Bezug auf Zerstören des Griffs - wie auch immer, ein Standrandori mit beiden war in vielerlei Hinsicht ein sehr nachhaltiges Erlebnis.
Jupp
a) Neil Adams: Grips, Judo Masterclass Technoques, London 1992 (gibt es auch auf deutsch als "Kumi-kata", versuch es bei Dax-Sports zu bestellen, dort könnte es noch vorhanden sein!)
b) Frank Wieneke: Kumi-kata, ein sehr gutes Video von Kessler Judo-Lehrmedien.
Für mich ist interessant, dass die beiden, die sich 1984 im Olympiafinale von Los Angeles in der Klasse -78 kg gegenüberstanden, jeweils die besten Medien zum Thema Kumi-kata herausgebracht haben. Zu ihrer besten Zeit galt Adams als der weltbeste Judoka in Bezug auf Griffaufnahme und Frank Wieneke als einer der weltbesten Kämpfer in Bezug auf Zerstören des Griffs - wie auch immer, ein Standrandori mit beiden war in vielerlei Hinsicht ein sehr nachhaltiges Erlebnis.
Jupp
Re: Kumi-kata: Lernziele und Taktik im Wettkampf
Eine sehr gute Empfehlung von Jupp,
eine Suche bei EBAY ergabt atok fünf Treffer, super günstig.
Suchbegriff: Grips Neil Adams
Viel Erfolg Peter.
eine Suche bei EBAY ergabt atok fünf Treffer, super günstig.
Suchbegriff: Grips Neil Adams
Viel Erfolg Peter.
- Peter el Gaucho
- Blau Gurt Träger
- Beiträge: 142
- Registriert: 10.09.2009, 16:48
Re: Kumi-kata: Lernziele und Taktik im Wettkampf
Großen Dank an Jupp und HBt. fuer eure Tipps.
Die DVD habe ich bereits und kann sie auch sehr empfehlen an alle, die sich systematisch in das Thema kumi-kata einarbeiten wollen.
Das Buch von Neil Adams habe ich bei Dax-Sport gefunden.
Bei Youtube konnte ich jetzt sehen, dass Neil Adams eine 8teilige Videoserie über kumi-kata veröffentlich hat. Ihr könnt sie finden, wenn ihr als Suchbegriff eintippt: use of gi jacket part
Meine Intension war folgende gewesen: Auch in meinem Judoverein wird im Training kumi-kata behandelt. Aber aufgrund von meinen diesjährigen Turnierbeobachtungen möchte ich diesem Thema jetzt einen deutlich höheren Stellenwert geben. Das Lehren, Ueben und Lernen von kumi-kata soll genauso normal und wichtig sein wie die anderen Judotechniken (Würfe, Haltegriffe, Hebel, u.s.w.). Ich erwarte mir davon, dass die Schüler zum einen überrascht sein werden, was man mit solchen Griffen und Gegengriffen alles bewirken kann. Zum anderen soll dadurch ihr persönlicher Kampfstil auch mehr zielgerichteter und kraftsparender werden.
Nächste Woche geht es los und Mitte nächsten Jahres werde ich sehen, ob das etwas gebracht hat oder nicht. Ich denke aber positiv.
Die DVD habe ich bereits und kann sie auch sehr empfehlen an alle, die sich systematisch in das Thema kumi-kata einarbeiten wollen.
Das Buch von Neil Adams habe ich bei Dax-Sport gefunden.
Bei Youtube konnte ich jetzt sehen, dass Neil Adams eine 8teilige Videoserie über kumi-kata veröffentlich hat. Ihr könnt sie finden, wenn ihr als Suchbegriff eintippt: use of gi jacket part
Meine Intension war folgende gewesen: Auch in meinem Judoverein wird im Training kumi-kata behandelt. Aber aufgrund von meinen diesjährigen Turnierbeobachtungen möchte ich diesem Thema jetzt einen deutlich höheren Stellenwert geben. Das Lehren, Ueben und Lernen von kumi-kata soll genauso normal und wichtig sein wie die anderen Judotechniken (Würfe, Haltegriffe, Hebel, u.s.w.). Ich erwarte mir davon, dass die Schüler zum einen überrascht sein werden, was man mit solchen Griffen und Gegengriffen alles bewirken kann. Zum anderen soll dadurch ihr persönlicher Kampfstil auch mehr zielgerichteter und kraftsparender werden.
Nächste Woche geht es los und Mitte nächsten Jahres werde ich sehen, ob das etwas gebracht hat oder nicht. Ich denke aber positiv.
"Beklage dich nicht über die Dunkelheit. Zünde eine Kerze an." (Konfuzius)
Re: Kumi-kata: Lernziele und Taktik im Wettkampf
Das war jetzt ich (bei der damaligen "Liste" gab es diese Zuordnung nicht) und ehrlich gesagt, hab ich gar nicht groß drüber nachgedacht. In der Praxis geht es darum, dass ich Fuß oder Bein des Gegners habe - z.B. nach einem Hiza-guruma und dann als i-Tüpfelchen das Standbein wegsichle. Für mich spielt die Hand dabei die bedeutendere Rolle, aber man könnte es natürlich auch unter die Ashi-waza einsortieren.
Kaiyara