Frage zu Wettkampfregel

Hier geht es um die Wettkampforganisation und um Fragen zu den Wettkampfregeln
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jkano
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Frage zu Wettkampfregel

Beitrag von jkano »

Hi,

ich habe da mal eine Frage zu einer Regel, die ich nicht verstehe. Ich kann die Regel jetzt nicht zitieren, es geht aber darum, Matte auszurufen, wenn Uke in Toris Beinschere ist und aufsteht.

Ich muss zugeben, dass ich den Sinn dieser Regel nicht verstehe. Ich finde sogar, dass diese Regel einen Bereich des Kampfes verhindert.

Kann mir jemand den Sinn erklären?
tutor!
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Re: Frage zu Wettkampfregel

Beitrag von tutor! »

Die entscheidende Passage habe ich markiert:
Wettkampfregeln - http://www.judobund.de/media/ordnungen/DJB-Kampfregeln.pdf hat geschrieben:Der Kampfrichter soll in den folgenden Fällen 'Matte' (warten) ansagen, um den Kampf zeitweise zu stoppen; um den Kampf wieder zu starten, soll er 'Ha-jime' (anfangen) ansagen:
(..)
  • f. wenn ein Kämpfer in eine stehende oder halbstehende Position von Ne-waza aus kommt und seinen Gegner auf dem Rücken trägt;
  • g. wenn ein Kämpfer in einer stehenden Position bleibt oder aus Ne-waza in eine stehende Position kommt und den auf dem Rücken liegenden Gegner, der seine Beine oder ein Bein um irgendein Körperteil des stehenden Kämpfers geschlungen hat, deutlich von der Tatami hebt;
(...)
Es wird also nicht beim Aufstehen unterbrochen, sondern beim Anheben Ukes. In dieser Situation wird abgebrochen, weil Tori Uke kontrolliert - deshalb der Begriff "deutlich" - und mit Wucht auf die Matte herunterdrücken könnte, was wegen der Verletzungsgefahr verbotenen ist. Deshalb wird das auch nicht als Wurf bewertet, auch wenn es eigentlich ein korrekter Daki-age wäre. Oder anders ausgedrückt: wenn der untere nicht in der Lage ist zu verhindern, dass der obere Aufstehen kann und gleichzeitig in eine Situation gerät, in der er vom oberen mit Gewalt auf das Genick gestaucht werden kann, ist er nicht wirklich im Vorteil und soll froh sein, dass es diese Regel gibt....
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jkano
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Re: Frage zu Wettkampfregel

Beitrag von jkano »

Okay, das wusste ich. Ich habe aber schon oft genug erlebt, dass ein Kampf in dem Moment abgebrochen wurde, da Uke aufgestanden ist.

Jetzt bin ich doch verwirrt. Ist das dann regelwidrig vom Mattenrichter?
tutor!
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Re: Frage zu Wettkampfregel

Beitrag von tutor! »

Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Nach meinen Beobachten kommt oft zusammen, dass beide in der Situation nicht mehr weitermachen - der untere, weil er weiß, dass er gleich sowieso angehoben wird und der obere, weil er aufsteht, um nicht weiter am Boden kämpfen zu wollen. In dem Fall wird unterbrochen, weil kein Fortschritt mehr erzielt wird, denn unterbrochen wird auch, wenn:
e. wenn während Ne-waza (Bodenarbeit) kein offensichtlicher Fortschritt erzielt wird;
Wenn aber der Obere aufsteht und trotzdem weiter angreift, darf ihm diese Chance nicht genommen werden. Lässt der KR trotzdem lösen, macht er einen Fehler (es sei denn, er hat einen anderen Grund). Dem Unteren darf man ebenso die Chance zum Angriff nicht nehmen, so lange der Obere nicht sicher und deutlich anheben kann und dies auch tut.

Die Einschätzung, ob noch ernsthaft Bodenkampf betrieben wird oder einer der beiden nur noch die Absicht hat, die Zeit verstreichen zu lassen, ist nicht immer ganz einfach - vor allem, wenn ein KR nicht selbst über intensive WK-Erfahrung verfügt. Von daher gibt es in diesem Balanceakt immer wieder unglückliche Entscheidungen.

A. Tölzer hat bei der letzten WM vier von fünf Kämpfen am Boden gewonnen - und das obwohl seine Gegner seine Bodentechniken ausreichend studieren können. Wer ernsthaft die Entscheidung am Boden sucht, wird sie auch finden.
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MCNS
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Re: Frage zu Wettkampfregel

Beitrag von MCNS »

jkano hat geschrieben:Okay, das wusste ich. Ich habe aber schon oft genug erlebt, dass ein Kampf in dem Moment abgebrochen wurde, da Uke aufgestanden ist.

Jetzt bin ich doch verwirrt. Ist das dann regelwidrig vom Mattenrichter?
Es ist an sich egal, wer aufsteht. Wenn jemand zu Boden geht und der andere ihm in den Bodenkampf folgt, entsteht ein nahtloser Übergang vom Stand in den Bodenkampf. Andersherum ist dies nicht möglich, also man kann dem anderen nicht aus dem Bodenkampf in den Standkampf folgen. Wenn jemand deutlich sichtbar nicht mehr im Bodenkampf befindlich ist, also "aufgestanden" ist, dann muss der Kampfrichter "Matte" rufen und den Kampf im Standkampf wieder beginnen lassen.

Sollte es nun zu der Situation kommen, dass der in der Beinschere Befindliche "deutlich sichtbar" aufsteht und noch die Hände an dem Gürtel oder der Jacke des anderen hat, wird sofort "Matte" gerufen. Dies liegt daran, dass der Aufstehende den noch liegenden Uke "optional" mit Daki-age (oder auch Mochiage-otoshi genannt) werfen könnte (wie tutor! geschrieben hat). Um diese mögliche Gefährdung in jedem Fall zu verhindern, ruft der Kampfrichter frühzeitig "Matte". Dies ist also ein "Sicherheits-Matte", wenn nun Tori oder Uke sonst irgendwie aufsteht bzw. bereits aufgestanden ist, dann ist es einfach ein "Matte zum Übergang in den Standkampf".

Was tutor! geschrieben hat, erlebt man auch oft bei Wettkämpfen, dass nämlich beide zwischenzeitlich merken, dass sie den anderen nicht in der Bodensituation "bezwingen" können. Wenn man aber wirklich ein "Boden-Meister" ist, dann kommt es doch zur Entscheidung. Es sei denn, man ist in dem Gerangel mit dem anderen plötzlich außerhalb der Kampffläche...

Viele Grüße

MCNS
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Linowitsch
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Re: Frage zu Wettkampfregel

Beitrag von Linowitsch »

Zum Thema Übergang Boden-Stand, kann man sich auch in diesem Faden http://www.dasjudoforum.de/forum/viewto ... 8&start=20
gut eine Meinung bilden, wenn man sich hineinliest. Ist ein bisschen Text. ;-)
Gruß
Lino

Kompetenzen kann man nur weitergeben, wenn man sie hat. (tutor! am 29.10.2008)

Es ist nicht gesagt, dass es besser wird, wenn es anders wird.
Wenn es aber besser werden soll, muss es anders werden. (judoka50 am 23.11.2006)
jkano
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Re: Frage zu Wettkampfregel

Beitrag von jkano »

Danke für euren schnellen Antworten. Ich glaube, ich habe das jetzt besser verstanden, auch wenn ich immer noch nicht zustimme.
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