Über Träger und Meister

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Makikomi Kid
2. Dan Träger
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Über Träger und Meister

Beitrag von Makikomi Kid »

Aufgrund eines Threads in einem anderen Forum und einer Bemerkung von tutor! in einem anderen Thread wollte ich mal auf ein paar Dinge hinweisen, die sich zwar "so eingebürgert" haben, aber eigentlich nicht so ganz korrekt sind.

Fangen wir mit Tutors! Bemerkung an:
bestätige b) dass [.. er ..] Träger des 6. Dan ist.
Dan ist japanisch und bedeutet Stufe. Ist man also Träger der 6ten Stufe? Was würde dies implizieren
a) man ist sehr gut im Tragen von Dingen
b) man trägt die "6te Stufe" mit sich herum
Ich gehe mal davon aus, dass b) näher an dem Verständnis ist. Also quasi analog zu "er trägt den so-und-so-vielten Gürtel." Nun ist dies allerdings rückwärts.
Eigentlich ist es so, dass man eine bestimmte Befähigung hin ein bestimmtes äußeres Merkmal (den Gürtel) bekommt. Viele verstehen den Gürtel also als eine Art "Anstecknadel" - Und wenn es "Träger des Bundesverdienstkreuzs" heißt, dann kann man wohl auch "Träger des 9ten Dans" sagen, oder?
Nein, kann man nicht. Zum einen ist es sprachlich falsch. "Träger des schwarzen/rot-weißen/roten Gürtels" wäre sprachlich (und faktisch) richtig, "Träger des nten Dans" ist hingegen sowohl sprachlich wie auch faktisch falsch.
Auch gibt es ja einige Leute, die der Meinung sind, dass man den Gürtel nicht waschen darf, etc. Irgendwie wird dem Gürtel eine besondere Stellung eingeräumt. Allerdings ist der Gürtel vollkommen egal. Der Gürtel hält die Jacke zusammen, oder wie es Mr. Miyagi sagte: "Gürtel da, halten Hose hoch!"

Hierzu möchte ich auf folgenden guten Beitrag verweisen:
http://www.karatebyjesse.com/?p=5995
Der Autor bezieht sich zwar auf Karate, das lässt sich aber 1:1 aufs Judo übertragen.

Der zweite Punkt bezieht sich auf die Verwendung der Begriffe "Meister" in den diversen Kampfsportarten. Dazu gab es in einem anderen Brett eine sehr interessante Diskussion. Dort meinte ein Mitglied, dass der 3te Dan im Judo den Titel "Meister" mit sich bringe, was dort heftige Diskussionen auslöste.
So schreibt zum Beispiel der User "Nestor":
Nestor hat geschrieben:In Kanos Einlassungen zu diesem Thema (also seinen Erläuterungen zum von ihm entwickelten Kyû-Dan-System) findet sich NIRGENDS eine dem Begriff "Meister" entsprechende Bezeichnung.

Die idiotische Idee, jemand sei "Meister", stammt wie die Bezeichnung selbst aus Europa jund hat mit Kanos Judo nichts zu tun.

Der 1. Dan ist der erste überhaupt zu erreichende "Rang", die erste "Stufe", die allererste Graduierung.
Alles, was vorher kommt, wird als "Mudansha" bezeichnet (= NICHT-Graduierte).

Es gibt im Judo keine "Meister".
Auch keine "Großmeister".

Wir finden solche Bezeichnungen bei Kano nicht.
Worauf Fireflea ausführte:
Fireflea hat geschrieben:In Japan geht man meiner Einschätzung nach einfach etwas nüchterner mit (niedrigen-) Schwarzgurt-Graduierungen um. Ein 1.Dan ist einfach eine weitere Graduierung und daher ist es kein Problem, wenn man nach wenigen Jahren oder als Kind Schwarzgurt wird. Ein Lehrer oder gar Meister ist man damit noch lange nicht.
Nun folgte eine recht merkbefreite Diskussion, in denen alle Belege darauf, dass es im Kanos Judo keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Graduierung und der Rolle des Lehrers und irgendwelchen Titeln gibt.

Irgendwann meinte Nestor dann recht resigniert:
Nestor hat geschrieben:Ich schrieb, daß es im Judo den Begriff "Meister" nicht gibt und auch nie gab.
Den Begriff "Großmeister" auch nicht.
Ich schrieb, daß diese nichtexistenten Begriffe auch nicht an Graduierungen gebunden sind.
Ich schrieb, daß daß es Unsinn ist, im Judo oder Karate den Begriff "Meister" zu verwenden und sich dabei - wie du es getan hast - auf Kano und das Judo zu berufen.
Nicht, dass das was genützt hätte. Es wurde fleissig weiter diskutiert (ohne dazu irgendeine Grundlage zu haben) und schliesslich brachte es dieser Post des Nutzers "Holzkeule":
Holzkeule hat geschrieben:Na japanisch hin oder her für mich ist ein Dan ein Meister.
Und daß die nicht dazulernen können ist wohl eher eine subjektive Betrachtungsweise.
Daher auch jetzt dieser Post hier. Tappt nicht in die gleiche Falle wie "Holzkeule" und macht nicht in eurem Kopf alles zu einem Meister was nen schwarzen Gürtel um hat. Mir ist klar, dass dies Zeit Rahn so in unseren Köpfen steckt, aber es ist einfach nicht korrekt.
Es gibt im Judo weder Meister noch Großmeister. Und wenn wir den Begriff wirklich gebrauchen müssen, so würde der Meister in den höheren Dan-Graden (so ab 8 aufwärts) beginnen. Der erste Dan ist die erste Graduierung. Die erste.
Davor ist man "Nicht-Graduiert" (Mudansha).

Und wenn man darüber mal nachdenkt, dann wird auch klar, warum der 1ste Dan in Japan deutlich schneller zu erreichen ist als hier. Und warum auch Kinder nen schwarzen Gürtel bekommen können. Warum auch nicht? Ist doch nur die erste Graduierung.
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Fritz
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Re: Über Träger und Meister

Beitrag von Fritz »

@MakiKomi_Kid: Und da Du Dir offensichtlich die Mühe gemacht hast, entsprechende
Fäden in anderen Foren zu finden und von dort zu zitieren, würde ich
Dich bitten, auch noch nach den bestehenden Fäden in diesem unserem Judo Forum zu suchen. ;-)

Es könnte nämlich sein, daß Du auch hier ähnliche Aussagen findest... :alright

Nebenbei: _Ich_ rede eigentlich immer von Dan-Inhabern, da ich mir irgendwie
nie so richtig vorstellen kann, wie das Herumtragen einer immateriellen Sache aussehen soll.
Allerdings "verstehe" ich schon, was Leute meinen, wenn sie "Dan-Träger" sagen, nämlich
Schwarzgurtträger bzw. o.g. Dan-Inhaber... :eusa_think
Mit freundlichem Gruß

Fritz
tutor!
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Re: Über Träger und Meister

Beitrag von tutor! »

Abgesehen davon, dass "Träger" einer Graduierung verbal vielleicht nicht glücklich ist, zeigt die vorstehende Debatte, dass doch viel Halbwissen und darauf aufbauende Interpretation durch die Welt geistert.

Im ersten Schritt der Entwicklung hat Kano in Mudansha und Yudanscha eingeteilt. Das ist korrekt. "Mu" heißt in diesem Fall auch "ohne" - ohne Dan-Grad. In einem zweiten Schritt, als immer mehr Kinder Judo machten, unterteilte Kano die Mudanscha, also die Phase vor einem Dan-Grad in drei Stufen: kô, otsu und hei, die später in 6 Stufen ausdifferenziert wurden in mu-kyû (ohne Grad) bis ikkyû (1. Kyû)

Interessant ist die Formulierung auf den originalen Kodokan-Certifikaten für Dan-Grade (englische Übersetzung von A. Bennett):

1./2./3. Dan: The bearer of this certificate has made freat efforts in studying Nihon-den Kodokan Judo and has deminstrated sufficient progress to be awarded the grade of shodan (2-dan, 3-dan). The holder of this certificate will continue training and improve his skills.

4./5. Dan: Over the course of many years the bearer of this certificate has made great efforts studying Nihon-den Kodokan Judo (Anmerkung: das ist der offizielle vollständige Name von Kanos System), demonstrating high technical ability, and is hereby awarded the grade of (4-dan (of 5-dan). The holder of this certificate will study to become an instructor.

6. Dan: Over the course of many years the bearer of this certificate has made great efforts studying Nihon-den Kodokan Judo, demonstrating a mastery of techniques, and is hereby awarded the grade of 6-dan. The holder of this certificate must continue to study to become a true master (shihan).

Zum Thema "politische" Verleihungen. Es ist z.B. ein Zeitungsartikel überliefert, indem Kano darüber berichtet, dass in Europa die Gründung eines Kontinentalverbandes betrieben wird und er selbst angeregt hat, den Protagonisten einen Kodokan-Grad zu verleihen. Die aktuelle Graduierungsordnung sieht m.W. in Japan vor, dass eine Graduierung in Lebzeit für "externe" Verdienste ausgesprochen werden kann. Hierzu heißt es bei Bennett mit ausdrücklichem Bezug zum Ziel des Judo als Erziehungssystem: "Successful promotion was dicided not only on the basis of technical proficiency, but also on social decorum"

Die Zuordnung von Gürtelfarben zu den Graduierungen kam erst später und sprengt meinen derzeitigen Zeitrahmen.
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Re: Über Träger und Meister

Beitrag von judoka50 »

Insofern gebe ich Fritz recht, da hier im Forum ausgiebig über diese Themen diskutiert wurde und wir hier wieder genau dabei landen:
Nicht, dass das was genützt hätte. Es wurde fleissig weiter diskutiert (ohne dazu irgendeine Grundlage zu haben
wobei man diese Aussage ergänzen kann - "ohne zu irgendeinem Ergebnis zu kommen".

Was ich allerdings jahrelang schon beobachten durfte, werden solche Debatten, wie auch die Forderung nach einer Prüfung für den 6. Dan, meist von Leuten angestossen, die "gerne" auch mal so weit kommen möchten. Manche nennen es einfach "Futterneid"
:ironie3 oder :alright oder :BangHead oder :dontknow oder :angry4 kann mich diesbezüglich nicht entscheiden.
(Entschuldigung für die Nutzung der vielen Smilies!)
Viele Grüße
U d o
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Makikomi Kid
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Re: Über Träger und Meister

Beitrag von Makikomi Kid »

Naja, es geht mir darum, dass sich gerne Leute im Judo als "Meister" oder "Großmeister" bezeichnen lassen, obwohl sie diesen Titel wohl eher nicht verdienen.
Wie gesagt, der "Meister" fängt irgendwo um den 8ten Dan rum an, weil man vorher das System noch nicht "gemeistert" haben kann. Wenn wir "Großmeister" mal im Sinne von "Großvater" verstehen, so müsste der 8te Dan mindestens einen 8ten Dan in hervorgebracht haben um den den Titel "Großmeister" zu verdienen.

Die Erfahrung zeigt einfach, dass Leute, die sich mit diesen Titeln schmücken, dies einfach aus persönlicher Unsicherheit tun. Die Leute, die den Titel verdienen, tragen ihn meist nicht. So kenne ich zum Beispiel einen Karateka mit dem 9ten Dan, der sich selbst als "9th degree black belt student" bezeichnet.
Auf der anderen Seite findet man eben Leute, die mit einer mittleren Graduierung Meister- oder Großmeistertitel führen, was irgendwie schade ist und mich traurig macht.
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tutor!
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Re: Über Träger und Meister

Beitrag von tutor! »

Also in DJB-Judo-Deutschland ist mir noch kein einziger begegnet, der sich als "Meister" o.ä. titulieren lässt. Mitunter findet man die Formulierung "das ist ein Meister" im Sinne von, "er macht ein meisterhaftes Judo", aber eben nicht als Teil einer Anrede.
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Meister im DJB

Beitrag von Reaktivator »

Na ja, wenn jemand bei einer offiziellen Meisterschaft Erster wird, spricht man tatsächlich vom "Meister" - auch im DJB (Deutscher Meister, Europa-Meister, Welt-Meister). Das finde ich aber durchaus legitim. Ist doch in anderen Sportarten genauso.
Ein Forenmitglied ohne Signatur ist wie ein Forenmitglied ohne Namen.
(Alte Internet-Weisheit, frei nach "Reaktivator")
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Fritz
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Re: Über Träger und Meister

Beitrag von Fritz »

Oh, ich habe schon einige erlebt, die dachten, mit nem Schwarzgurt wären sie "Meister"
und (seltener) mit einer "Bahnschranke" "Großmeister"...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Über Träger und Meister

Beitrag von judoka50 »

MakikomiKid:
der sich selbst als "9th degree black belt student" bezeichnet.
Judoka50
Ich kenne viele hohe Dan-Träger und ich schließe mich nach Jahrzehnten Judo-Erfahrung da ebenfalls mit ein. Wir entdecken immer wieder noch eine "Kleinigkeit", die uns oder unseren Lehrern, aus welchen Gründen auch immer, entgangen, übersehen, vergessen oder wie auch immer, die es aber wert ist, die Technik unter diesem Gesichtspunkt wieder einmal zu durchleuchten, zu testen und zu überarbeiten.
Danke - insoweit danke für die Blumen ;) denn das habe ich die ganze Zeit versucht klar zu machen.

Wobei ich allerdings auch mit Freude lesen muss, dass der in Deinem Beispiel geschilderte "Student" wie wir alle auch die Graduierung (9th) gerne und mit Recht oder Stolz (wie immer man es nennen möchte) erwähnt.
Ich glaube, dieses sollte jeder, natürlich in der Kenntnis, dass der Lernprozess für ihn ewig andauert, für sich selber entscheiden und auch dazu stehen.
Für die Kinder ist es wichtig zu sagen, ich habe den oder den Gürtel - noch wichtiger - mein Lehrer oder Trainer hat den oder den Gürtel......
In der Beziehung mag ich noch ein Kind sein, dass Stolz ist auf jede der abgelegten Prüfungen und auch auf die Anerkennung meiner für den Verband geleisteten Arbeit.
Vielleicht bin ich damit sogar für einige ein Vorbild.......
Auch wenn es im Gegenzuge wieder Vorbilder gibt, die alles im Stillen genießen.

Jedem das seine - aber einfach ohne Kritik oder Neid...............
Viele Grüße
U d o
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Re: Über Träger und Meister

Beitrag von Makikomi Kid »

Fritz hat geschrieben:Oh, ich habe schon einige erlebt, die dachten, mit nem Schwarzgurt wären sie "Meister"
und (seltener) mit einer "Bahnschranke" "Großmeister"...
Eigentlich sollte es im Judo keinen einzigen "Meister" oder "Großmeister" geben. Einfach daher, da es keine Grundlage gibt.
Judoka50 hat geschrieben:Danke - insoweit danke für die Blumen denn das habe ich die ganze Zeit versucht klar zu machen.
@Judoka50: Ich bin überrascht, das von Dir zu hören. Als mich Tutor! heute über Dich informiert hat (und ich dann mal Google-sensei zu Rate zog) ist mir aufgefallen, dass du ja auch ein Judo-Großmeister bist. Wie kamst du denn zu dieser Ehre? Und im welchen Rahmen wurdest Du denn dazu ernannt?
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Re: Über Träger und Meister

Beitrag von judoka50 »

Es gibt interessierte Judoka, die machen sich die Mühe, suchen, forschen nach und bilden sich weiter, insbesondere wenn sie Hinweise auf Fundstellen erhalten.
Dann gibt es andere, die sich gerne alles auftischen lassen, Fragen stellen und nur dann in der Lage sind sich zu informieren, wenn sie es für andere Interessen weiter nutzen möchten.
Sie sind zwar in der Lage, aber zu bequem selbst Hinweisen nach zu gehen oder mit dem Hintergedanken, sie müssten dann ja Rückantworten geben, bei denen sie Gefahr laufen, etwas von sich zu geben, was andere ihnen dann widerlegen.
Tröstend ist es allerdings zu wissen, dass es solche Leute überall im Leben wie auch auf der Matte gibt.

------------------------------------------------------------------------
Ich möchte darauf aber nicht länger herumreiten, da es ansonsten zu langweilig wird,
sondern die Zeit nutzen um mal zu einem hier immer wieder durchgekauten Thema,
zumindest für Interessierte ein wenig Objektivität hinein zu bringen bzw. mit Vorurteilen ein wenig aufzuräumen.

Nämlich die tatsächlichen

4. Voraussetzungen für die Vergabe von Dan-Graden ohne technische Prüfung

a) Allgemeines
• Für die Graduierung ohne technische Prüfung bis einschließlich 5.Dan sind grundsätzlich die DJB-Landesverbände zuständig.
• Der 5.Dan-Grad ist der höchste durch technische Prüfung zu erlangende Grad im DJB.
• Für die Verleihung höherer Dan-Grade sind herausragende Erfolge auf nationaler oder internationaler Ebene und/oder langjährige erfolgreiche und besonders hervorzuhebende nationale oder internationale Tätigkeiten in Lehre, Praxis und Verwaltung nachzuweisen.
• Die Voraussetzungen zum 6.Dan-Grad sind Bedingungen für alle folgenden Verleihungen von Dan-Graden.
• Auch wenn bei der Bewertung der Verdienste in jedem Fall sportliche und organisatorische Leistungen und die Persönlichkeit des/ der zu Ehrenden zu würdigen sind, darf bei der Graduierung zum 6. Dan-Grad die sportpraktische Wirkung dieser Ehrung nicht unberücksichtigt bleiben.
b) Graduierung zum 6.Dan
Der 6. Dan kann verliehen werden
• für fortgesetzte, erfolgreiche Arbeit in Praxis und Lehre im DJB und/oder
fortgesetzte, erfolgreiche Arbeit in den Vorständen des DJB oder in seinen Landesverbänden, wenn diese Arbeit auf DJB-Gruppenebene, national oder international wirksam ist und
• der/die Kandidat/in seit mindestens 20 Jahren Dan-Träger ist und
• der/die Kandidat/in mindestens seit 6 Jahren Träger des 5.Dan-Grades ist.
• Wenn die Graduierung zum 5. Dan mindestens 12 Jahre zurückliegt und seitdem
eine herausragende Tätigkeit in Praxis und/oder Lehre in einem DJB- Landesverband oder eine fortgesetzt, erfolgreiche Arbeit in den Vorständen des Landesverbandes oder in seinen Gliederungen wirksam ist.

Der Einfachheit halber und nicht um mich zu rechtfertigen,
vielmehr um die Neugier von MakikomiKid zu befriedigen, bzw.

oder besser weil man damit ein wenig nachvollziehen kann, wann Graduierungen „verschenkt“ werden,

wie so manche liebend gerne hier den Forumsteilnehmer einzureden versuchen,
versuche ich mal am Beispiel meiner Tätigkeiten die Kriterien für eine Verleihung zu erläutern:

Ich bilde in meinem Kreis mit über 130 Dan-Trägern seit 30 Jahren Prüfer aus,
leite die für die Erlangung der Lizenz, wie auch zu deren Verlängerung erforderlichen Aus- und Fortbildungen
und erteile je nach Prüfung die Lizenzen.
Im Schnitt haben wir 50 / 60 lizenzierte Prüfer dadurch jährlich innerhalb des Kreises für die Vereine zur Verfügung.

Im Kreis haben wir 25 Vereine, für welche ich ebenfalls seit 30 Jahren
jährlich mehrere Lehrgänge in den Bereichen Stand, Boden und Kata für den Kyu-Bereich leite.

Weiter werden Dan-Vorbereitungs / Kata-Lehrgänge für eine jährlich im hiesigen Kreis durchgeführte Prüfung abgehalten.
Hierbei muss ich allerdings hinzufügen, unterrichte ich die Kata für den Dan-Bereich seit einiger Zeit nicht mehr selber, da wir mittlerweile junge, auf Kata Meisterschaften erfolgreiche Leute, wie auch einen Bezirksbeauftragten Kata haben, mit dem ich die Lehrgänge gemeinsam leite.
(Der Ordnung halber - da ich meinen Posten als Vorsitzender des Kreises abgegeben und das Amt des Stellvertreters übernommen habe,
hätte ich allerdings oben in einer anderen Form schreiben müssen.)

Dies alles fällt, vermutlich für alle nachvollziehbar in den Bereich Praxis und Lehre
und findet tatsächlich auf der Matte statt, so dass es die obigen Kriterien erfüllt.

Selbstverständlich gehört hierzu nicht meine Tätigkeit im eigenen Verein, da diese, obwohl auch an der Basis geleistet, nicht den Kriterien der Wirksamkeit ab einer bestimmten Gruppe entsprechen.

Diese Arbeiten auf der Matte gehen natürlich nicht ohne jährliche „eigene“ Weiterbildung auf Lehrgängen der Landesgruppe, um auf dem Laufenden zu bleiben oder Neuerungen weiter vermitteln zu können.

Kommen wir nun zu dem Teil, für den manche auch der Meinung sind,
würden die Graduierungen erfolgen, nämlich zur Schreibtischarbeit.

Die 25 Vereine richten ca. 2 – 3 Prüfungen im Jahr mit jeweils 2 – 3 Prüfungslisten aus.
Für diese Prüfungen bestätige ich ihnen vorgeschlagene Prüfer oder schicke ihnen von mir ausgesuchte Prüfer.
Die Vereine schicken mir dann die Prüfungslisten mit den Pässen zur Kontrolle und ich bestätige in jedem Pass die formelle Richtigkeit mit meiner Unterschrift.

Zudem werden im Kreis jährlich 2 zentrale Braungurtprüfungen mit den entsprechenden Vorbereitungen durchgeführt.
Dabei sollte die Arbeit der Ausschreibungen der Lehrgänge, Prüfungen, Schulungen, deren Versendung, Absprache der Hallenkapazitäten und Anmeldungen derselben zeitlich nicht unberücksichtigt bleiben.

Meine Tätigkeit diente insofern nur als Beispiel, da ich nicht der einzig Verrückte in NRW bin, der diese Arbeiten macht. Es gibt in jedem Kreis davon nicht nur mindestens einen, sondern weitere, die ähnliche Tätigkeiten nachweisen.
Dies insbesondere in den Kreisen, die um einiges größer sind, so dass dort Zahlen an Fortbildung, Prüfern und Prüfungen erreicht werden, die so manchen Landesverband blass werden lassen.

Diese "Tätigkeiten am Schreibtisch" erfüllen nicht die Kriterien der erforderlichen Gruppenwirksamkeit
und sind somit für die Entscheidung des Ehrenrates des DJB belanglos.
Viele Grüße
U d o
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Re: Über Träger und Meister

Beitrag von Makikomi Kid »

Habe mir das jetzt gründlich durchgelesen, aber eine Antwort auf meine Frage nach dem Großmeistertitel nicht finden können. Evtl. könntest Du mir hier nochmals auf die Sprünge helfen? Denn es ging doch genau um den Titel des "Großmeisters." Und da du ja diesen Titel führst, dachte ich mir, du könntest Licht ins Dunkel bringen?
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Re: Über Träger und Meister

Beitrag von judoka50 »

Momentan klingen Deine Thesen manchmal ein wenig unsicher durch die gewählte Möglichkeitsform wie z.b.
"Eigentlich sollte es im Judo keinen einzigen "Meister" oder "Großmeister" geben. Einfach daher, da es keine Grundlage gibt. "
Insofern wäre ein wenig Aufklärung über die in der Geschichte des Judo tatsächlich verwendeten Formen hilfreich. Ich bin allerdings sehr zuversichtlich, dass Du uns insoweit mit Quellenangaben genauer informieren wirst.

Ebenfalls kann ich diesen Bereich, übrigens auch im letzten Absatz in der Möglichkeitsform formuliert, diesmal aber im Bezug auf den ersten Satz nicht ganz nachvollziehen. Was meinst Du damit??
Naja, es geht mir darum, dass sich gerne Leute im Judo als "Meister" oder "Großmeister" bezeichnen lassen, obwohl sie diesen Titel wohl eher nicht verdienen.
Wie gesagt, der "Meister" fängt irgendwo um den 8ten Dan rum an, weil man vorher das System noch nicht "gemeistert" haben kann. Wenn wir "Großmeister" mal im Sinne von "Großvater" verstehen, so müsste der 8te Dan mindestens einen 8ten Dan in hervorgebracht haben um den den Titel "Großmeister" zu verdienen.
Zuletzt geändert von judoka50 am 12.04.2011, 00:23, insgesamt 2-mal geändert.
Viele Grüße
U d o
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Fritz
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Re: Über Träger und Meister

Beitrag von Fritz »

Makikomi Kid hat geschrieben:Habe mir das jetzt gründlich durchgelesen, aber eine Antwort auf meine Frage nach dem Großmeistertitel nicht finden können. Evtl. könntest Du mir hier nochmals auf die Sprünge helfen? Denn es ging doch genau um den Titel des "Großmeisters." Und da du ja diesen Titel führst, dachte ich mir, du könntest Licht ins Dunkel bringen?
Ich denke, Makikomi Kid bezieht sich Dich auf diese Seite: http://www.judo-hsv.homepage.t-online.de/uel.htm
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Makikomi Kid
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Re: Über Träger und Meister

Beitrag von Makikomi Kid »

@Judoka50:
Das war eine Zusammenfassung eines Threads aus einem anderen Brett. Und im Judo nach Kano gibt es keine Verbindung von Graduierung und Titel. Im DJB übrigens auch nicht.
"Um den 8ten Dan rum" basiert übrigens auch nur auf Schätzungen um einen Begriff, der evtl. ähnliche Bedeutung hat in das Dan-System zu übernehmen, und um eine Regelung aus anderen Systemen, die an ihre Grade eben Titel gehängt haben. Nur gehört Judo eben nicht zu diesen Systemen, daher wundert es mich, wenn ich von einen Judoka lese, der den Titel eines Judo Großmeisters führt.
Zur Quelle: Es gibt kein Dokument von Kano, dem Kodokan oder dem DJB, aus dem eine Verbindung von Graden zu Titeln wie Meister oder Großmeister hervorgeht. Im DJB zB. werden Meister Titel IMO nur auf Meisterschaften verliehen, und hier gibt es meines Wissens nach keine Meisterschaft, deren Sieger ein Großmeister wäre.

Da ich aber davon ausgehe, dass Titel nicht von ungefähr kommen, wollte ich eben nachfragen, auf welche Weise Dir dieser Titel denn verliehen wurde.

BTW: Ich habe deine Graduierung nie angezweifelt, Ich bin mir sicher, dass du deinen Gürtel zu recht trägst.
Desweiteren sind mir persönlich in dem meisten Fällen die Graduierungen egal. Ein Boxer hat keine, wird mir wohl aber einiges zum Thema Schlagen beibringen können. Ein Ringer kann auch ohne Graduierung nett werfen. Ich kenne Leute, die seit 20 Jahren 3-4 mal die Woche trainieren, aber nie ihren ersten Dan gemacht haben. Auch hier gibt es viel zu lernen. Und es gibt hohe Danträger, die nicht fallen können.
Daher: der Gürtel soll die Jacke zusammen halten. Tut er das, darf der von mir aus jede Farbe haben. Und eine Meinung bilde ich mir dann, wenn ich die Person kenne, wenn ich sehe wie sie sich bewegt, wie sie unterrichtet, etc. Diese Meinung ist mir dann auch wichtiger als die Farbe des Gürtels um die Hüfte.
Daher möchte ich noch mal wiederholen, dass ich nicht im geringsten anzweifele, dass du deinen Gürtel rechtmäßig erworben hast.


@tutor!: Gab es nicht mal eine Regel, die das Verbinden von Foren Nicknames und Realnamen untersagt hat? Wollte aus dem Grund den von dir geposteten Link nicht einstellen...
Zuletzt geändert von Makikomi Kid am 12.04.2011, 00:54, insgesamt 1-mal geändert.
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Holger König
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Re: Über Träger und Meister

Beitrag von Holger König »

Unter welchen Voraussetzungen dürfen bis zum 5. Dan mehrfach Verleihungen stattfinden? Mir ist jemand bekannt, der sowohl den 4., als auch den 5. Dan "für langjährige Vereinsmeierei" verliehen bekommen hat (Name und Bundesland nenne ich bewußt nicht).
tutor!
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Re: Über Träger und Meister

Beitrag von tutor! »

Für die Verleihungen bis zum 5. Dan sind die Landesverbände zuständig. Hier gibt es keine einheitliche Praxis,

In meinem Landesverband ist es so, dass die die Verleihung eines Grades, den man auch durch Prüfung erreichen kann, die absolute Ausnahme ist und solchen Fällen vorbehalten bleibt, wo herausragende sportliche Erfolge zu verzeichnen sind oder wo eine besonders herausragende ehrenamtliche Tätigkeit bei jemandem gewürdigt wird, der aus medizinischen Gründen keine Prüfung mehr machen kann. Da eine derartige Verleihung den Charakter der Ausnahme hat, kommt es in der Regel nur einmal in der Laufbahn desjenigen vor.
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Re: Über Träger und Meister

Beitrag von Fritz »

Makikomi Kid hat geschrieben:Da ich aber davon ausgehe, dass Titel nicht von ungefähr kommen, wollte ich eben nachfragen, auf welche Weise Dir dieser Titel denn verliehen wurde.

@tutor!: Gab es nicht mal eine Regel, die das Verbinden von Foren Nicknames und Realnamen untersagt hat? Wollte aus dem Grund den von dir geposteten Link nicht einstellen...
Ok, das Ärgernis ist von der Seite verschwunden, es wird wohl wiedermal daran gelegen haben, daß jemand bei der Gestaltung der Seite
etwas besonders gut machen wollte... ;-)
Ich habe den Verweis eingestellt, nicht tutor! ;-)
judoka50 macht aus seiner Identität im Forum kein Hehl und bewirbt auch die Judo-Seiten, für die er mehr oder weniger verantwortlich ist, auch selbst.
Von daher sah ich kein Problem mit dem Einstellen des Verweises, er brachte letztlich Klarheit in die Diskussion...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Über Träger und Meister

Beitrag von Makikomi Kid »

@Fritz: Sorry, hab vor lauter Grün den Namen nicht mehr gesehen.
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Reaktivator
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Re: Über Träger und Meister

Beitrag von Reaktivator »

Makikomi Kid hat geschrieben:Und im Judo nach Kano gibt es keine Verbindung von Graduierung und Titel. (...) Es gibt kein Dokument von Kano, dem Kodokan oder dem DJB, aus dem eine Verbindung von Graden zu Titeln wie Meister oder Großmeister hervorgeht.
Zumindest ein Dokument gibt es schon (Hatte ich vor einigen Jahren einmal hier eingestellt - SuFu benutzen!) - aber das dürfte sogar Deine Theorie stützen:

Kano selbst hat einmal gesagt, dass ab 10. Dan (später geändert auf 9. Dan) aufwärts der Titel "Shihan" beigegeben werden kann. Und "Shihan" könnte übersetzt werden mit "Lehrer, Lehrmeister".

Ein "Meister" im Judo wäre also nach Kano jemand mit mindestens 10. (bzw. 9.) Dan... ;-)
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