Stulle hat geschrieben:Aber ich finde er, muss sich nach wie vor deutlich von anderen Sportarten abheben. Das tut er aber nicht, wenn wir den Sport immer mehr zu einer Mischung aus Sambo, Ringen und Brazilian Jiu-Jitsu machen. Dann können wir nämlich einfach rübergehen zu den Mixed Martial Arts.
Ja es sollte sich abheben. Aber abheben dahingehend, daß MMA, Sambo, Ringen, BJJ gegenüber dem Jûdô wie "kleine Geschwister" aussehen.
Jûdô selbst ist, wenn ich die Entwicklungsgeschichte richtig verstanden habe, eigentlich MMA. Denn was hat Kano gemacht:
Aus zahlreichen Koryu-Systemen, sich das zusammengesucht, was dem Seiryoku-Zenyo-Prinzip entspricht.
Nur im Wettkampfjudo hat das nichts zu suchen, eben weil es sich zum einen abheben soll und zum anderen verletzungsgefährlich ist.
Das sind Aussagen, welche ich so liebe. Wie sieht es beim Boxen aus, beim TKD, beim "Daido Juku Kudo", beim Kyukushinkai?
Wieviele ernsthafte Verletzungen gibt es durch Atemi dort?
Warum gibt es Turniere im Judo (schon im Kinderbereich), wo es üble Verletzungen wie gebrochene Arme, Rippen, kaputte Knie gibt, obwohl
verletzende Atemi nicht erlaubt sind? Was ist an Nasen-Bluten durch Kopf auf die Matte, besser als an Nasenbluten durch Atemi?
Gerade der letzte Punkt ist für mich in so fern wichtig, als dass ich es für unglaubwürdig halte, gleichzeitig zu sagen Atemi und weitere gefährliche Techniken erlauben, aber dann darauf hinzuweisen, dass für viele Sportler mit 30 die Karriere vorbei ist. Das ist doch gerade darauf zurückzuführen, dass im Spitzenbereich die eigene Gesundheit ein Mittel zum Zweck ist. So funktioniert aber Leistungssport nun mal.
Sagen wir mal so, ich unterstelle das mal ganz dreist: die Sachen, die den Hochleistungssportler zwingen, mit 30 die Karriere zu beenden (wo sie in
anderen Kampfsportkünsten oft gerade erst aufblühen
) sind oft nicht die akuten Verletzungen beim Kampf oder Training - das bekommen sie i.a. recht gut
hin mit Physiotherapie usw. - nein, das ist der schleichende Verschleiß durch die Dauerfehlbelastungen... Geht aber anderen Sportarten auch so,
man sieht im Turnen auch kaum Frauen über 30 bei Olympia...
Das Ergebnis was ein Kreuzband(an)riss. Ist es das Wert? Wollen wir wirklich zu einem Sport wo sowas nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist?
Das wäre ein Argument, wenn es beim Judosport keine Kreuzbandrisse gäbe, die gibt es aber, und nicht gerade wenig...
Ein schiefgeganger Tani-Otoshi, ein ungünstiger O-Soto-Gari, ein Tai-Otoshi mit blockiertem Knie und das wars für selbiges...
Edit: Zu verschiedenen Regelsätzen: ganz einfach, es ist jetzt schon schwer genug den Überblick zu behalten, weil bei so ziemlich jedem "freien" Turnier wieder Veranstalterregeln herrschen. Wenn das jetzt auch noch auf den laufenden Meisterschaftsbetrieb projiziert wird, dann fangen die nächsten an zu schreien.
Wenn sie jetzt offiziell Veteranen-Meisterschaften ausrichten, dann schreit auch niemand, daß es da andere Kampfzeiten gibt als
in der altersunbeschränkten Meisterschaft...
Es geht doch nicht darum, verschiedene Regelsätze gleichzeitig bei einer Meisterschaft anzuwenden.
Aber warum könnte nicht ein "Historische Judo-Meisterschaft" offiziell vom Verband vergeben werden, wo z.B. die letzten Kodokan-Regeln zu Kanos
Lebzeiten verwendet werden? Oder eine "Freistil-Judo-Meisterschaft" oder eine offizielle Bodenkampf-Meisterschaft?
Sich bei Uchi-Mata auf den Kopf zustellen, oder mit Waki-Gatame den Arm durchzuknallen, könnte da ja trotzdem verboten sein...
tutor! hat geschrieben:Stulle hat geschrieben:Was Atemi betrifft, so sehe ich durchaus ein, dass dies ein Bereich von Judo ist, ebenso wie Selbstverteidigung. Nur im Wettkampfjudo hat das nichts zu suchen, eben weil es sich zum Einen abheben soll und zum Anderen verletzungsgefährlich ist.
Oder aus historischer Sicht: Kano höchstselbst hat die Atemi aus dem Randori herausgenommen und ich bin da ganz Traditionalist.
Stulle hat geschrieben:Da finde ich es aber wichtig gefährliche Techniken einzuschränken um das Problem nicht noch zu verschlimmern..
Wie Kano es schon gemacht hat: schrittweise verletzungsträchtige Aktionen/Techniken aus dem Randori verbannt. Auch da bin ich Traditionalist.
Bei der Verbannung verletzungsträchtiger Techniken sind wir uns einig.
Nur gehören Techniken nicht schon verbannt, weil sie "verletzungsträchtig" sein könnten,
sondern erst beim tatsächlichen Nachweis der "Verletzungsträchtigkeit"... Sonst ist nämlich irgendwann alles verboten, denn man kann sich prinzipiell
bei allem verletzen...
Und es ist auch auch eine Stafflung der Verbote je nach Alter / Ebene durchaus nachvollziehbar - analog der Hebel/Würgeregeln...
Aber an dem Kano Zitat, daß er überlegt, wie er Atemi ins Randori integrieren kann, kommst Du trotzdem nicht vorbei