Trainingsformen Judo SV

Hier geht es um die Trainingsgestaltung,-methodik,-formen.
tutor!
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Re: Trainingsformen Judo SV

Beitrag von tutor! »

Die Aufnahmen sind definitiv von Keiko Fukuda und meines Wissens nicht im Handel erhältlich. Das Copyright liegt bei der Library of Congress.

Von wann genau die Aufnahmen sind, ist nicht verzeichnet. Ich gehe davon aus, dass sie von Ende der 1960er Jahre sind. K. Fukuda hatte damals noch den 5. Dan.

Meine Aufnahmen sind ohne Ton. Die Kime-shiki ist mit Schlüsselpunkten in langsamer Darstellung bzw. mit Standbildern etwas vertieft dargestellt. Dasselbe gilt auch für die Ju-no-Kata.
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kastow
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Re: Trainingsformen Judo SV

Beitrag von kastow »

Genau dieses Video meine ich. Danke, Tutor!, ich kann deinen Ausführungen nichts hinzuzufügen.

Die erwähnten Zeitlupen und Standbilder erläutern kurz aber anschaulich die Knackpunkte der Kime-shiki. Wirklich ein empfehlenswertes Video! Vielleicht könnten z.B. die DJB-Dan-Gemeinschaft oder das NWDK einen entsprechenden Vertrieb zur großflächigeren Veröffentlichung desselben beitragen. Allerdings kann ich mir auf der anderen Seite vorstellen, dass eine solch spezielle DVD noch weniger Abnehmer als der Daigo findet.
Herzliche Grüße,

kastow

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Makikomi Kid
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Re: Trainingsformen Judo SV

Beitrag von Makikomi Kid »

Der Grund für den geringen Absatz des Daigo lässt sich ganz einfach erklären: "Kodokan Judo Throwing Techniques" kostet knapp die Hälfte vom "ersten Band" in der deutschen Übersetzung :)
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HBt.

Sotai Renshu

Beitrag von HBt. »

Ich fragte nach der SZKT nicht nach dem ergänzenden Teil: KIME SHIKI & JU SHIKI, ist nun der Tandoku Renshu Teil (allgemein als SZKT bekannt... den Rest kennt eh niemand...) vorhanden? Ja oder Nein, lieber tutor und lieber kastow?

Fragt Helge
tutor!
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Re: Sotai Renshu

Beitrag von tutor! »

HBt. hat geschrieben:Ich fragte nach der SZKT nicht nach dem ergänzenden Teil: KIME SHIKI & JU SHIKI, ist nun der Tandoku Renshu Teil (allgemein als SZKT bekannt... den Rest kennt eh niemand...) vorhanden? Ja oder Nein, lieber tutor und lieber kastow?

Fragt Helge
Ja, der erste Teil ist vorhanden, aber ohne Standbilder und Zeitlupen.
Nur der Korrektheit halber: Kime-shiki und Ju-shiki sind integraler nicht ergänzender Bestandteil der SZKT.
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Re: Trainingsformen Judo SV

Beitrag von califax »

Fritz hat geschrieben:
califax hat geschrieben:Falsche Simulation wegen falscher Distanz. Schwinger simuliert man mit Schwingern. Haken simuliert man mit Haken. Sonst lernen weder Uke noch Tori etwas.
Hmm, ich habe irgendso ein ungutes Gefühl, wenn ich mir vorstelle, daß sie Vollkontakt Mawashi-Tsuki zum Kopf üben.

In der Phase, wo sie Techniken erlernen.
Ok, wenn es nur darum geht, daß der Schlag als Angriff isoliert geübt werden soll,
dann kann der Empfänger entweder das Ziel mit seinen Händen schützen oder 'nen Polster neben den Kopf klemmen...
Tempo raus, Zahnschutz rein. Am Anfang wird eh kaum einer 'nen Tsuki in vollem Tempo hinkriegen. Schon einfach, weil keiner die zugehörige Beinarbeit kann. Dazu kommt das Problem, die vorgegebenen Punkte zu treffen. Atemi ist NICHT sinnlos draufhauen, was das Zeug hält.
Außerdem muß man meiner Meinung nach Tai Sabaki und Angriffe parallel üben.
Fritz hat geschrieben:Ich meine mit Makiwara nun auch nicht unbedingt dieses klassische Brett... Ich denke da eher an hochkant gestellte
Turnkasten-Oberteile oder Medizinbälle oder halt etwas mit ähnlich fester "Polsterung",
wo man hart draufschlagen kann, ohne daß die gleich Haut platzt oder Knochen splittern.
Statt Pratzen kann man Handflächen nehmen. Alle Faustschläge lassen sich auf den Körper üben.
Niemand schlägt am Anfang eines Atemitrainings so hart, wie er in seinen Träumen meint. ;)
Die Polsterkästen eignen sich nur für Kinder und gehen bloß irgendwann kaputt.

Schau mal, die Wirkung der meisten Atemi, insbesondere von Tsuki, Haken, Schwingern und Geraden besteht eben nicht in dem Schmerz, der bei einem Aufklatschen der Hand entsteht. Das ist nur die Kontaktaufnahme zur Kraftübertragung.
Die Wirkung ist das, was danach kommt. Das kannst Du mit 'nem Kasten nicht üben. Nur Menschen haben menschliche Gelenke und menschliches Gleichgewicht.
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Re: Trainingsformen Judo SV

Beitrag von katana »

kastow hat geschrieben:Nur weil ich das Video zufällig kenne, muss es ja nicht gleich im DJB weit verbreitet sein
Du hattest nach einem besseren Video gefragt, ich habe dir eines genannt. Wenn die Kata dich interessiert, verfügst du nun über eine weitere Möglichkeit.
tutor hat geschrieben:Die Aufnahmen sind definitiv von Keiko Fukuda und meines Wissens nicht im Handel erhältlich.
@kastow
Meine Ausgangsintention war ja gerade eben ein repräsentatives Lehrvideo für den DJB.
Ob du eins hast, daß außer Tutor niemand sehen darf und zudem nirgends erhältlich ist
tut doch nichts zur Sache.
Aber nichtsdestotrotz Herzlichen Glückwunsch dazu !
@tutor
Ich dachte immer, ihr vertretet hier vorrangig den DJB ?

KK
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Re: Trainingsformen Judo SV

Beitrag von tutor! »

katana hat geschrieben:@tutor
Ich dachte immer, ihr vertretet hier vorrangig den DJB ?
Also ich vertrete hier mit Sicherheit nicht den DJB. Ich habe auch schon sehr sehr lange nichts mehr für den DJB gemacht. Vielleicht ändert sich das in Zukunft wieder, das liegt an den jeweils zuständigen Leuten, ob sie irgendwie auf mich zurückgreifen wollen oder nicht. Die Inhalte, die mich interessieren, liegen ja etwas außerhalb des Mainstreams.

Der DJB hat sich vor langer Zeit nach intensiver Diskussion entschlossen, keine eigenen Kata-Filme zu produzieren, sondern stattdessen auf die Materialien des Kodokan zurück zu greifen. Ich kann mir derzeit auch nicht vorstellen, dass es eine Initiative zur SZTK geben wird, da gerade mit der Nage-waza-ura-no-kata ein neues Aufgabenfeld eröffnet wurde.
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HBt.

Judo-SV mit hauen

Beitrag von HBt. »

tutor! hat geschrieben: (..)
Nur der Korrektheit halber: Kime-shiki und Ju-shiki sind integraler nicht ergänzender Bestandteil der SZKT.
Ebenso nur zum Verständnis: deshalb schrieb ich auch folgendes
(..)
ist nun der Tandoku Renshu Teil (allgemein als SZKT bekannt... den Rest kennt eh niemand...)
!

@Califax,
ich glaube nicht, dass sich 'der Mainstreamprotagonist' wirklich hauen lassen will ;) ;) ;) - es ist hoffnungslos, die Basis fehlt im Sportjudo völlig, erinnere Dich doch einmal an den KIME no kata Thread...

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Fritz
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Re: Trainingsformen Judo SV

Beitrag von Fritz »

califax hat geschrieben:Tempo raus, Zahnschutz rein. Am Anfang wird eh kaum einer 'nen Tsuki in vollem Tempo hinkriegen. Schon einfach, weil keiner die zugehörige Beinarbeit kann. Dazu kommt das Problem, die vorgegebenen Punkte zu treffen. Atemi ist NICHT sinnlos draufhauen, was das Zeug hält.
Außerdem muß man meiner Meinung nach Tai Sabaki und Angriffe parallel üben.
Das ist alles richtig, auch "Tempo raus" ist aber wiederum ein Vereinfachung der Wirklichkeit.
Genauso berechtigt nur halt mit anderen Vor- und Nachteilen, wie z.B. Ohrfeigen. ;-)
Zahnschutz hilft auch nicht wirklich gegen alles... ;-)
Statt Pratzen kann man Handflächen nehmen. Alle Faustschläge lassen sich auf den Körper üben.
Niemand schlägt am Anfang eines Atemitrainings so hart, wie er in seinen Träumen meint. ;)
Die Polsterkästen eignen sich nur für Kinder und gehen bloß irgendwann kaputt.
Ein Schwinger/Haken zum Kopf ist halt eine Technik zum Kopf.
Solange ich nur den Angriff in der groben Bewegung üben lassen will, geht das natürlich auch zum Körper.
Hat halt - wie alles Simulationen - gewisse Vorteile und Nachteile.
Von Pratzen halte ich nicht viel, Handflächen sind sicherlich sinnvoll, wenn sie dahin gehalten werden,
wo auch sonst das Ziel ist. Ansonsten ist es auch quatsch. Nur am Kopf bei einem ernsthaften Mawashi-Tsuki,
habe ich Bedenken, ob ne Handfläche als Schutz ausreicht.
Klar schlägt niemand am Anfang des Trainings so hart, wie er sollte... Aber das soll sich ja durchs
Training ändern... ;-)

Nur wenn es dann aber an die Abwehr dieser Techniken geht, dann sind zwei Sachen m.E. wichtig:
a) Es wird halbwegs dahin geschlagen und auch mit Absicht, wo es auch hin soll, also beim
"Schwinger zum Kopf" halt auch zum Kopf. Nicht irgendwo davor, oder daneben oder was weiß ich.
b) Es wird irgendwann mit entsprechender Geschwindigkeit geschlagen.
Und logischerweise wird/muß es Fehlversuche geben, d.h. der Angriff kommt durch.
Und dann wäre es mir schon "wohler", wenn bei einer Technik zum Kopf eben nicht irgendetwas zertrümmert
wird und Uke ne schwere Gehirnerschütterung hat, sondern halt 'ne rote Backe und nur leichte Kopfschmerzen.
Kann man natürlich auch anders sehen...
Schau mal, die Wirkung der meisten Atemi, insbesondere von Tsuki, Haken, Schwingern und Geraden besteht eben nicht in dem Schmerz, der bei einem Aufklatschen der Hand entsteht. Das ist nur die Kontaktaufnahme zur Kraftübertragung.
Die Wirkung ist das, was danach kommt. Das kannst Du mit 'nem Kasten nicht üben. Nur Menschen haben menschliche Gelenke und menschliches Gleichgewicht.
Mit nem vernünftigen "Makiwara" (vielleicht ist Kasten ein unglücklich
gewähltes Beispiel, die sind heute vielleicht auch nicht mehr so stabil, wie früher ;-)) kann man durchaus schon einiges
üben hinsichtlich Schlaghärte, Handhaltung usw... Klar daß nur Menschen sich wie Menschen verhalten.
Nur dummerweise sollte man da bei gewissen Sachen im Training halt Abstriche machen,
sonst gehen einem irgendwann die Übungspartner aus... Deshalb gibt es ja Schutzausrüstungen wie Zahnschutz, Kopfschutz, TKD-Weste, Boxhandschuh. Die Verzerren natürlich auch die Wirklichkeit, wie unschwer zu erkennen ist..

Und ich denke, die Frage der Trainingsmethoden zielt darauf ab, unterschiedliche Simulationen der Wirklichkeit
so zu wählen, daß sie die Üblinge in Summe für die Wirklichkeit schulen, ohne dabei nun unbedingt
einen darwinistischen Ansatz zu haben ;-)
Das ist durchaus recht anspruchsvoll.
Mit freundlichem Gruß

Fritz
califax
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Re: Trainingsformen Judo SV

Beitrag von califax »

Fritz hat geschrieben: Das ist alles richtig, auch "Tempo raus" ist aber wiederum ein Vereinfachung der Wirklichkeit.
Ein langsamer Tsuki zur Kinnspitze ist immer noch eine Tsuki zur Kinnspitze.
Ein langsamer rechter Haken zum Unterkiefer ist immer noch rechter Haken zum Unterkiefer.
Eine Ohrfeige ist immer eine Ohrfeige, niemals ein Schwinger, niemals ein Haken.
Andere Distanz, anderes Ziel, andere Armbewegung, andere Armhaltung, andere Körperwaffe, ...
Fritz hat geschrieben: Zahnschutz hilft auch nicht wirklich gegen alles... ;-)
Wenn es Boxern und MMAlern reicht...
Fritz hat geschrieben: Von Pratzen halte ich nicht viel, Handflächen sind sicherlich sinnvoll, wenn sie dahin gehalten werden,
wo auch sonst das Ziel ist. Ansonsten ist es auch quatsch. Nur am Kopf bei einem ernsthaften Mawashi-Tsuki,
habe ich Bedenken, ob ne Handfläche als Schutz ausreicht.
Die Handfläche ist kein Schutz sondern das Ziel. Damit übt man Distanz, Zielen, Schlagwirkung.
Ob man eine Hand oder einen Kopf anvisiert, ist im Drill ziemlich wurscht.
Schau mal, wenn es als Trainingsmethode für die Boxer gut genug ist und für die MTler und für die Kickboxer und für die Kyokushin-Karateka...
Fritz hat geschrieben: Klar schlägt niemand am Anfang des Trainings so hart, wie er sollte... Aber das soll sich ja durchs
Training ändern... ;-)
Wer sich einfach nur sinnlos prügeln will, hat im Training nichts zu suchen. Im Training wird trainiert. Und das heißt auch, daß man die Schläge sinnvoll dosiert und auf den Sparringspartner Rücksicht nimmt.
Fritz hat geschrieben: Nur wenn es dann aber an die Abwehr dieser Techniken geht, dann sind zwei Sachen m.E. wichtig:
a) Es wird halbwegs dahin geschlagen und auch mit Absicht, wo es auch hin soll, also beim
"Schwinger zum Kopf" halt auch zum Kopf. Nicht irgendwo davor, oder daneben oder was weiß ich.
b) Es wird irgendwann mit entsprechender Geschwindigkeit geschlagen.
Und logischerweise wird/muß es Fehlversuche geben, d.h. der Angriff kommt durch.
Das Tempo von Partnerkata wird nur langsam entsprechend dem Lernfortschritt erhöht.
Klar, beim Schwarzgurt muß man dann schon gewisse Nehmerqualitäten voraussetzen, aber wer seine Schläge und Tritte nicht dosieren und kontrollieren kann, muß eben aufs Kinderlevel zurück, bis er es kann.
Fritz hat geschrieben:Und dann wäre es mir schon "wohler", wenn bei einer Technik zum Kopf eben nicht irgendetwas zertrümmert
wird und Uke ne schwere Gehirnerschütterung hat, sondern halt 'ne rote Backe und nur leichte Kopfschmerzen.
Da wird nix zertrümmert. Wie stellst Du Dir eigentlich ein Boxgym oder ein Ninjutsudojo vor? Lauter Leichen in den Ecken?
Schau Dir mal ein Dojo an, wo Atemi zum Alltag gehört. Das läuft ganz entspannt.
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Fritz
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Re: Trainingsformen Judo SV

Beitrag von Fritz »

califax hat geschrieben:Da wird nix zertrümmert. Wie stellst Du Dir eigentlich ein Boxgym oder ein Ninjutsudojo vor? Lauter Leichen in den Ecken?
Schau Dir mal ein Dojo an, wo Atemi zum Alltag gehört. Das läuft ganz entspannt.
Boxen? Ja die haben dicke Handschuh an, wenn sie am Partner üben... Wenn sie am Polster oder Sandsack üben, dann leichte
Handschuh, damit sie sich nur nicht verletzen... Gab früher in England mal "Bare-knuckle" Kämpfe, wurden wohl verboten, sind nicht immer glimpflich
ausgegangen... Ninjutsu-Dojo? Da habe ich keine Ahnung, was das sein soll.
Haben wir bei uns in der Gegend nicht, die Leute machen lieber Judo, Boxen oder Karate...
Wer sich einfach nur sinnlos prügeln will, hat im Training nichts zu suchen. Im Training wird trainiert. Und das heißt auch, daß man die Schläge sinnvoll dosiert und auf den Sparringspartner Rücksicht nimmt.
Natürlich, das bestreitet ja auch niemand. Bei mir heißt das eben, daß ich keine echten Tsuki im
Randori zum Kopf haben will. Aus Rücksicht.
Ein langsamer Tsuki zur Kinnspitze ist immer noch eine Tsuki zur Kinnspitze.
Ein langsamer rechter Haken zum Unterkiefer ist immer noch rechter Haken zum Unterkiefer.
Nein, es sind "nur" ein "langsamer Tsuki" oder ein "langsamer Haken"... Hat in bestimmten Phasen des Trainings sicherlich seine Berechtigung.
Nur geht ja auch darum, daß man lernt Tsuki abzuwehren bzw. reflexartig zu reagieren.
Das geht irgendwann mit langsamen Tsuki nicht mehr.
Und entweder der Tsukist stoppt ab (straflos für den anderen) oder er macht von vornherein ne schnelle Ersatz-Bewegung,
so daß der andere reflexartig reagieren kann/muß, will er nicht
eine negative Belohnung erfahren. Ich bin für neg. Belohnung - schmerzhaft aber de facto halbwegs ungefährlich.
Weil Du Kyokushinkai erwähntest: Nach ein paar Todesfällen hatten sie Atemi zum Kopf in ihren Wettkämpfen verboten... warum wohl...?

Was dabei raus kommt, sieht man in deren Kämpfen: Unrealistisches Geboxe auf den Bauch und hohe Tritte zum Kopf.
Die Handfläche ist kein Schutz sondern das Ziel. Damit übt man Distanz, Zielen, Schlagwirkung.
Ob man eine Hand oder einen Kopf anvisiert, ist im Drill ziemlich wurscht.
Ja, ist es, aber nur dann, wenn die Hand auch da das Ziel
simuliert, wo es auch tatsächlich ist. Und auch dann schlägt man ins Ziel, nicht drauf.
Ansonsten programmiert man seine Wahrnehmung falsch. Unter Stress sieht man in der Regel
nicht mehr irgendwelche Atemi-Punkte, da muß der eigene Körper instinktiv wissen, wo er hinzuschlagen hat und das sind in der Regel nicht die Hände...

Um es noch mal klar zu formulieren. Ich halte "Ohrfeigen" aller Art zum Kopf nicht als das alleinselig machende Mittel, um Abwehren
gegen "Schwinger/Haken zum Kopf" zu trainieren - ich halte sie für _ein_ Trainingsmittel, um schnelle Angriffe zum Kopf zu simulieren, halbwegs ungefährlich aber
trotzdem unangenehm genug. Die von Califax angeführten Trainingsformen haben in der Regel auch alle ihrer Berechtigung, aber auch sie
haben teilweise gravierende Nachteile, genauso wie "Ohrfeigen" sie natürlich auch haben.

Und ich bleibe dabei: Die Kunst ist, verschiedene Trainingsmethoden so zu kombinieren, daß die Vorteile insgesamt gesehen die Nachteile ausgleichen.
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Trainingsformen Judo SV

Beitrag von califax »

Fritz hat geschrieben: Boxen? Ja die haben dicke Handschuh an, wenn sie am Partner üben...
Zum Schutz der Fäuste. Die Wirkung der Schläge ist die gleiche. Reine Physik.
Fritz hat geschrieben: Wenn sie am Polster oder Sandsack üben, dann leichte
Handschuh, damit sie sich nur nicht verletzen... Gab früher in England mal "Bare-knuckle" Kämpfe, wurden wohl verboten, sind nicht immer glimpflich
ausgegangen...
Waren andere Regeln (nämlich keine). Außerdem wurde da viel betrogen und inszeniert. Mafia nennt man sowas heute.
Fritz hat geschrieben:Ninjutsu-Dojo? Da habe ich keine Ahnung, was das sein soll.
Bujinkan, Jinenkan, Genbukan, etc. Gibt noch andere Anbieter. Die Seriösen schlagen alle Bareknucle und bauen vom Anfängerlevel zum 1.Dan (oder vergleichbarem Rang) schrittweise passive und aktive Schlaghärte auf.
Wie es in den reinen Koryu läuft, weiß ich nicht. Aber Bareknuckle-VK machen die selbstverständlich auch.
Fritz hat geschrieben:
Wer sich einfach nur sinnlos prügeln will, hat im Training nichts zu suchen. Im Training wird trainiert. Und das heißt auch, daß man die Schläge sinnvoll dosiert und auf den Sparringspartner Rücksicht nimmt.
Natürlich, das bestreitet ja auch niemand. Bei mir heißt das eben, daß ich keine echten Tsuki im
Randori zum Kopf haben will. Aus Rücksicht.
Die schieben in der Katavariante nur den Kopf weg und zeigen, ob der richtige Punkt im richtigen Winkel getroffen wurde.
Kein Problem. Nervig und unangenehm, aber kein Problem. Freies Randori halte ich auf Anfängerniveau für Unsinn, weil man im Streß alles gelernte vergißt (und deshalb Verletzungen riskiert) und nur Zeit verschwendet. Sparring mit fester Aufgabe ist dagegen die logische Fortsetzung der Kata: Uke wird widerspenstig. Und dabei muß der Trainer halt achtgeben, daß die Schüler in dem Streßbereich bleiben, der Lernen und Schlagdosierung ermöglicht.
Fritz hat geschrieben:Weil Du Kyokushinkai erwähntest: Nach ein paar Todesfällen hatten sie Atemi zum Kopf in ihren Wettkämpfen verboten... warum wohl...?
Wohl kaum wegen Tsukis zum Kopf. Die haben die gleiche Wirkung wie sehr schwache Fußtritte. Die Killer werden bei denen wohl eher Treffer mit Handkanten und Fingerspitzen auf Kehlkopf, Nacken und Aterien gewesen sein.
Das sind die Sachen, die man langsam unter Aufsicht lernen muß. Geht aber alles, solange man nicht vergißt, daß man trainiert und nicht kämpft.
Training ist kein Kampf. Wer das nicht durchsetzen kann, ist kein geeigneter Trainer.
Fritz hat geschrieben:Was dabei raus kommt, sieht man in deren Kämpfen: Unrealistisches Geboxe auf den Bauch [...].
Du hast noch nie so ein Ding abgekriegt. Glaub mir, wenn da einer im falschen Moment Körperhärte und Kamae schleifen läßt, ist er von dem "unrealistischen Geboxe in den Bauch" mit einem Treffer KO. ;)
Reichen Dir knapp 3 Meter Tiefflug von einem sanften Tsuki in die angespannte Bauchmuskulatur?
Ist mir passiert. Und ein harter Tsuki hätte noch meine Bauchmuskulatur passiert und sich schön in den Eingeweiden ausgebreitet. Der Sinn des Tsuki liegt unter anderem im Gleichgewichtsbruch.
Atemi ist Kuzushi. Kuzushi ist Nage.
Die Handfläche ist kein Schutz sondern das Ziel. Damit übt man Distanz, Zielen, Schlagwirkung.
Ob man eine Hand oder einen Kopf anvisiert, ist im Drill ziemlich wurscht.
Ja, ist es, aber nur dann, wenn die Hand auch da das Ziel
simuliert, wo es auch tatsächlich ist. Und auch dann schlägt man ins Ziel, nicht drauf.
[/quote]Mensch, Du glaubst auch, daß sich so ein Kopf nie bewegt, oder? Wer die Hand wegdrischt, übt damit auch den Kopf runterzuknallen.
Tai Sabaki, Einzelkata, Hand/Pratze/Boxsack, Partnerkata, Sparring, Randori, "Kampf". Das ist das Instrumentarium. Alle Werkzeuge sind wichtig und wertvoll. Die unangenehmsten und gefährlichsten sind blöderweise die unentbehrlichen davon.
Aber die muß man ja nicht an den Anfang der Ausbildung stellen.
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Re: Trainingsformen Judo SV

Beitrag von Fritz »

califax hat geschrieben:
Fritz hat geschrieben: Boxen? Ja die haben dicke Handschuh an, wenn sie am Partner üben...
Zum Schutz der Fäuste. Die Wirkung der Schläge ist die gleiche. Reine Physik.
Ja, auch, aber was meinst Du, warum gibt es unterschiedliche Gewichts-Vorgaben für die Handschuhe im Boxsport?
Für unterschiedlichen starken Schutz der Fäuste? Physik: F = m*a, nehmen wir mal die Kraft als Konstante an, die Masse m geht hoch von wegen
der Unzen-Zahl, was bleibt für die Beschleunigung? Richtig, die wird kleiner, damit auch die erreichbare Endgeschwindigkeit, damit also auch die
Durchschnittsgeschwindigkeit - ergo bleibt mehr Reaktionszeit. Trifft das Ding doch, verteilt sich die Kraft beim Auftreffen auf eine relativ
große Fläche, er gibt als weniger Druck, damit weniger punktueller Schaden... Ein bissel Energie geht noch weg durchs Verformen der Handschuhe
(plastischer Stoß) d.h. da kommt auch etwas weniger an als beim Fauststoß mit bloßer Faust... Ich denke schon, daß die Physik hier
zu Ungunsten des Schlägers arbeitet ;-)
Fritz hat geschrieben:Wenn sie am Polster oder Sandsack üben, dann leichte
Handschuh, damit sie sich nur nicht verletzen... Gab früher in England mal "Bare-knuckle" Kämpfe, wurden wohl verboten, sind nicht immer glimpflich
ausgegangen...
Waren andere Regeln (nämlich keine). Außerdem wurde da viel betrogen und inszeniert. Mafia nennt man sowas heute.
Wie waren noch mal gleich die Regeln bei der SV? ;-)
Fritz hat geschrieben:Ninjutsu-Dojo? Da habe ich keine Ahnung, was das sein soll.
Bujinkan, Jinenkan, Genbukan, etc. Gibt noch andere Anbieter. Die Seriösen schlagen alle Bareknucle und bauen vom Anfängerlevel zum 1.Dan (oder vergleichbarem Rang) schrittweise passive und aktive Schlaghärte auf.
Wie es in den reinen Koryu läuft, weiß ich nicht. Aber Bareknuckle-VK machen die selbstverständlich auch.
Kann ich nicht beurteilen, hab ich noch nicht gesehen...
Fritz hat geschrieben:
Wer sich einfach nur sinnlos prügeln will, hat im Training nichts zu suchen. Im Training wird trainiert. Und das heißt auch, daß man die Schläge sinnvoll dosiert und auf den Sparringspartner Rücksicht nimmt.
Natürlich, das bestreitet ja auch niemand. Bei mir heißt das eben, daß ich keine echten Tsuki im
Randori zum Kopf haben will. Aus Rücksicht.
Die schieben in der Katavariante nur den Kopf weg und zeigen, ob der richtige Punkt im richtigen Winkel getroffen wurde.
Kein Problem. Nervig und unangenehm, aber kein Problem. Freies Randori halte ich auf Anfängerniveau für Unsinn, weil man im Streß alles gelernte vergißt (und deshalb Verletzungen riskiert) und nur Zeit verschwendet. Sparring mit fester Aufgabe ist dagegen die logische Fortsetzung der Kata: Uke wird widerspenstig. Und dabei muß der Trainer halt achtgeben, daß die Schüler in dem Streßbereich bleiben, der Lernen und Schlagdosierung ermöglicht.
Sehe ich anders, es geht um SV, das ist Streß, egal ob Anfänger oder Fortgeschrittener, je eher der Übling Stress erfährt,
um so besser für ihn, macht ihn realistischer bzgl. seines eigenen Könnens... Kopfwegschieben ist halt auch eine Simulation, halte ich
für koordinativ sehr anspruchsvoll, mit voller Geschwindigkeit zuschlagen, abstoppen, schieben... Definitiv mit vielen Anfängern nicht zu machen...
Fritz hat geschrieben:Weil Du Kyokushinkai erwähntest: Nach ein paar Todesfällen hatten sie Atemi zum Kopf in ihren Wettkämpfen verboten... warum wohl...?
Wohl kaum wegen Tsukis zum Kopf. Die haben die gleiche Wirkung wie sehr schwache Fußtritte. Die Killer werden bei denen wohl eher Treffer mit Handkanten und Fingerspitzen auf Kehlkopf, Nacken und Aterien gewesen sein.
Das sind die Sachen, die man langsam unter Aufsicht lernen muß. Geht aber alles, solange man nicht vergißt, daß man trainiert und nicht kämpft.
Training ist kein Kampf. Wer das nicht durchsetzen kann, ist kein geeigneter Trainer.
Will ich Abwehren gegen Angriffe zum Kopf üben, brauche ich halbwegs ernsthafte, (d.h. zumindest schnelle) Angriffe zum Kopf,
um die entsprechenden Reflexe zu schulen.
Beim Kyokushinkai fallen sie gern um, weil sie ihren Kopf nicht decken und dann plötzlich doch 'nen Tritt kassieren...
Fritz hat geschrieben:Was dabei raus kommt, sieht man in deren Kämpfen: Unrealistisches Geboxe auf den Bauch [...].
Du hast noch nie so ein Ding abgekriegt. Glaub mir, wenn da einer im falschen Moment Körperhärte und Kamae schleifen läßt, ist er von dem "unrealistischen Geboxe in den Bauch" mit einem Treffer KO. ;)
Reichen Dir knapp 3 Meter Tiefflug von einem sanften Tsuki in die angespannte Bauchmuskulatur?
Ist mir passiert. Und ein harter Tsuki hätte noch meine Bauchmuskulatur passiert und sich schön in den Eingeweiden ausgebreitet. Der Sinn des Tsuki liegt unter anderem im Gleichgewichtsbruch.
Atemi ist Kuzushi. Kuzushi ist Nage.
Oben vergleichst Du nen Tsuki zum Kopf mit nem einen leichten Fußtritt. :eusa_think
Sinn eines Tsuki... Du siehst ihn u.a. also im Gleichgewichtsbruch...
Das wird ein Angreifer draußen gar nicht mal von Wort her kennen, vermute ich mal.
Die haben eher k.o.-schlagen, kaputtmachen, verletzen im Sinn ;-)
Von wegen dem "unrealistisch" - ich meinte nicht die Schlagkraft - Irgendwo hatte Tom, Schlägereien von russischen Türstehern (?) als Video verlinkt.
Die fingen in der Regel immer damit an, dem anderen an den Kopf zu schlagen. An dieser "Taktik" ändert auch Dein 3m-Tsuki nichts ;-)
Die Handfläche ist kein Schutz sondern das Ziel. Damit übt man Distanz, Zielen, Schlagwirkung.
Ob man eine Hand oder einen Kopf anvisiert, ist im Drill ziemlich wurscht.
Ja, ist es, aber nur dann, wenn die Hand auch da das Ziel
simuliert, wo es auch tatsächlich ist. Und auch dann schlägt man ins Ziel, nicht drauf.
Mensch, Du glaubst auch, daß sich so ein Kopf nie bewegt, oder? Wer die Hand wegdrischt, übt damit auch den Kopf runterzuknallen.
Wo hatte ich was vom unbewegtem Kopf geschrieben? Ist die Hand in etwa da, wo der Kopf ist und sich mit ihm bewegt, dann ist doch alles hübsch.
Ist die Hand irgendwo, dann schule ich alles mögliche, nur eben nicht den Kopf zu treffen - unter Stress... ;-)
Tai Sabaki, Einzelkata, Hand/Pratze/Boxsack, Partnerkata, Sparring, Randori, "Kampf". Das ist das Instrumentarium. Alle Werkzeuge sind wichtig und wertvoll. Die unangenehmsten und gefährlichsten sind blöderweise die unentbehrlichen davon.
Aber die muß man ja nicht an den Anfang der Ausbildung stellen.
Da will ich Dir nicht widersprechen. Um auf meine Ohrfeigen zurückzukommen:
Wenn Boxer Pratzenarbeit machen, dann langt der Pratzenhalter durchaus schon mal mit der Pratze zum Boxer rüber...
Was ist das jetzt? Partnerkata? Sparring? leichtes Randori? ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Trainingsformen Judo SV

Beitrag von fa-str »

Hallo
Fritz hat geschrieben: Physik: F = m*a, nehmen wir mal die Kraft als Konstante an, die Masse m geht hoch von wegen der Unzen-Zahl, was bleibt für die Beschleunigung? Richtig, die wird kleiner, damit auch die erreichbare Endgeschwindigkeit, damit also auch die Durchschnittsgeschwindigkeit - ergo bleibt mehr Reaktionszeit. Trifft das Ding doch, verteilt sich die Kraft beim Auftreffen auf eine relativ große Fläche, er gibt als weniger Druck, damit weniger punktueller Schaden... Ein bissel Energie geht noch weg durchs Verformen der Handschuhe (plastischer Stoß) d.h. da kommt auch etwas weniger an als beim Fauststoß mit bloßer Faust... Ich denke schon, daß die Physik hier zu Ungunsten des Schlägers arbeitet ;-)
Müsste man nich eher mit dem Impuls arbeiten? Also F= (m*v)/t
Dennoch hättest du im Ende recht, da sich durch den Handschuhdeformierung auch t erhöht, neben dem Druck- und den Deformierungsverlusten.
Grüße
Fabian

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Re: Trainingsformen Judo SV

Beitrag von Fritz »

Müsste man nich eher mit dem Impuls arbeiten? Also F= (m*v)/t
Dennoch hättest du im Ende recht, da sich durch den Handschuhdeformierung auch t erhöht, neben dem Druck- und den Deformierungsverlusten.
Genau, Impuls-Erhaltung bzw. Kraftstoß-Gleichung:
Wirkende Kraft mal Zeit = Masse mal Geschwindigkeit

t * F = m * v

ist letztendlich

F = m * v / t = m* (v/t) = m * a

also dieselbe Formel.

Wir müssen nun beide Prozesse betrachten:
Die Beschleunigungs-Phase, mit der Kraft, die der Arm entfaltet und
die "Abbrems-Phase". D.h. die da wirkende Kraft ist hauptsächlich bestimmt von der Auftreffgeschwindigkeit und
wie lange das Abbremsen dauert. Das ist dann die Kraft, die entsprechend der Auftreff-Fläche
"Druck" erzeugt, der entsprechend was zerstören kann.
Mit freundlichem Gruß

Fritz
califax
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Re: Trainingsformen Judo SV

Beitrag von califax »

Fritz hat geschrieben:[Handschuhe]
Ich denke schon, daß die Physik hier zu Ungunsten des Schlägers arbeitet ;-)
Hilft den Gegnern der Klitschkos aber ungemein...
Was die großen Handschuhe verhindern, sind schwere Verletzungen der Hände.
Sobald ein geübter Boxer die mal wegläßt, bricht er sich die Pfoten.
(Was dem Getroffenen zwar nicht weiterhilft, aber darum geht es ja eben nicht.)
Fritz hat geschrieben:Sehe ich anders, es geht um SV, das ist Streß, egal ob Anfänger oder Fortgeschrittener, je eher der Übling Stress erfährt, um so besser für ihn, macht ihn realistischer bzgl. seines eigenen Könnens...
"Technik"- also Bewegungstraining macht kein seriöser Lehrer jemals unter Kampfstreß, auch nicht der böse Tom!
Erst muß man lernen etwas zu tun, dann muß man lernen, es auch unter Streß umzusetzen.
Die Leute müssen eh erstmal locker werden, sonst bremsen sie sich mit ihrer Muskelkraft selber aus.
Fritz hat geschrieben:Kopfwegschieben ist halt auch eine Simulation,
Nein. Es ist exakt die Wirkungsweise eines vernichtenden KO-Treffers.
Der Unterschied zwischen Training und Kampf ist die Beschleunigung, mit der der Kopf weggeschoben wird. Es ist einfach die Frage, ob das Gehirn im Inneren die Bewegung mitmachen kann, ohne hart aufzuprallen.
Deshalb im Kata-Training locker und langsam ins Ziel, an Körper, Hand, Pratze, Boxsack mit voller Wucht, im Kampf mit voller Wucht ins Ziel.
Glaub, mir das geht. Ich denke mir das nicht mal eben so, sondern so wird das seit sehr langer Zeit schon auf der ganzen Welt gemacht.
Fritz hat geschrieben:halte ich für koordinativ sehr anspruchsvoll, mit voller Geschwindigkeit zuschlagen, abstoppen, schieben... Definitiv mit vielen Anfängern nicht zu machen...
Du hast sehr seltsame Vorstellungen. Das Tempo ist während der gesamten Übung konstant. Langsam schlagen, heißt langsam bewegen. Da wird nicht gestoppt sondern voll durchgezogen. Wegen der geringeren Geschwindigkeit kann man in Ruhe die Bewegungen lernen und optimieren und problemlos Treffer wegstecken.
Für Fortgeschrittene gehört da eigentlich noch Atemkontrolle und Qi Gong zur Optimierung rein.

(Du hattest mal "Kampfschreie" erwähnt. Kiai ist aus Sicht der japanischen Kampfkunst eine Qi-Gong-Anwendung und letztlich nur lautes Ausatmen bei gleichzeitiger Ki-Bündelung. Da stecken bei Leuten, die es können noch lustige psychische Effekte über Körpersprache und Sakki drin. Die ich nicht kapiere. Die ich aber schon erlebt habe.)
Man lernt niemals in Kampftempo!
Man lernt langsam und nähert sich dann in immer freier werdenden Übungen dem Kampf, wobei man daran arbeitet, das Gelernte und Verstandene mitzunehmen und nicht aus Angst und Streß unterwegs fallenzulassen.
Fritz hat geschrieben:Will ich Abwehren gegen Angriffe zum Kopf üben, brauche ich halbwegs ernsthafte, (d.h. zumindest schnelle) Angriffe zum Kopf, um die entsprechenden Reflexe zu schulen.
Erst einmal braucht man die Bewegung zur Abwehr. Wenn man die kann, kann man sie zum "Reflex" machen.
Die Abwehr ist im Judo wie in den meisten traditionellen japanischen KK aber nicht das Ducken hinter "Blocks" sondern sehr raffiniertes Tai Sabaki. Das lernt man nicht im Streß. Dazu muß man während der Bewegungsabfolge auch mal den Arm ausstrecken und nachmessen, ob man sich überhaupt im richtigen Winkel bewegt.
Blöderweise ist das mit den ganzen Tips und Tricks dann alles Kuden.
Geh in ein Dojo, wo man traditionelle japanische KK noch traditionell (also nicht JJ, Sportkarate, etc.) trainiert und laß Dich da unterrichten. Dort lernst Du, wie Judo-Atemi und Judo-SV im Großen und Ganzen funktionieren müßte.
Fritz hat geschrieben:Oben vergleichst Du nen Tsuki zum Kopf mit nem einen leichten Fußtritt. :eusa_think
Das eine ist die Wucht, das andere die gewollte Wirkung.
Atemi sollen das Gleichgewicht brechen. Wenn sie dabei einen KO verursachen - Aufgabe zweifellos erfüllt.
Fritz hat geschrieben:Sinn eines Tsuki... Du siehst ihn u.a. also im Gleichgewichtsbruch...
Das wird ein Angreifer draußen gar nicht mal von Wort her kennen, vermute ich mal.
Die haben eher k.o.-schlagen, kaputtmachen, verletzen im Sinn ;-)
Von wegen dem "unrealistisch" - ich meinte nicht die Schlagkraft - Irgendwo hatte Tom, Schlägereien von russischen Türstehern (?) als Video verlinkt.
Die fingen in der Regel immer damit an, dem anderen an den Kopf zu schlagen. An dieser "Taktik" ändert auch Dein 3m-Tsuki nichts ;-)
Wer auf das Niveau von russischen Türstehern will, braucht kein Judo. Judo muß besser sein als die.
Und wirksame Körpertreffer sind eine wunderbare Geschichte, weil jeder halbwegs vernünftige Mensch nämlich seinen Kopf vor Treffern schützt - und dafür den Körper opfert.
Man muß lernen, die Lücken der gegnerischen Deckung zu nutzen. Kochrezepte nutzen nichts.
Fritz hat geschrieben:Wenn Boxer Pratzenarbeit machen, dann langt der Pratzenhalter durchaus schon mal mit der Pratze zum Boxer rüber...
Was ist das jetzt? Partnerkata? Sparring? leichtes Randori? ;-)
Pratzenklatschen.
"To possess a high grade means nothing. Ever since martial arts were born, the grade of someone is what he can do in battle."
(Kacem Zoughari.)
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Re: Trainingsformen Judo SV

Beitrag von Fritz »

Califax hat geschrieben:Hilft den Gegnern der Klitschkos aber ungemein...
Was die großen Handschuhe verhindern, sind schwere Verletzungen der Hände.
Sobald ein geübter Boxer die mal wegläßt, bricht er sich die Pfoten.
(Was dem Getroffenen zwar nicht weiterhilft, aber darum geht es ja eben nicht.)
Ja, hilft es - sie überleben...
Zum Schutz der Hände helfen auch viel leichtere Handschuhe mit Bandage...
Zum Schutz der Hände hilft auch vernünftiges Makiwara / Bruchtest-Training - aber das ist ein anderes Thema...
Man lernt niemals in Kampftempo!
Man lernt langsam und nähert sich dann in immer freier werdenden Übungen dem Kampf, wobei man daran arbeitet, das Gelernte und Verstandene mitzunehmen und nicht aus Angst und Streß unterwegs fallenzulassen.
Und? Dann hat man feine Bewegungen langsam gelernt. Das ist gut, das ist richtig, das ist wichtig.
ABER: Irgendwann geht es ins "Randori"/Übungskampf... Und dann will der eine seine perfektionierte Bewegung, nämlich den Fausstoß, am
anderen ausprobieren und der andere will seine perfektionierte Bewegung - also die Abwehr des Fausstoßes
(was auch immer, - Tai-Sabaki, Ducken, Blocken) - ausprobieren. Tja, der mit dem Angriff hat aber einen Trainingsvorsprung für diese
Bewegung, denn die konnte er schon am Sandsack mit v_max regelmäßig ausprobieren. Der andere hat aber seine Bewegung
bisher nur im Zusammenhang mit einem langsamen Übungsangriff üben können - schließlich muß er ja auch gelegentlich "nachmessen, ob man
sich überhaupt im richtigen Winkel bewegt
" (kleiner Spaß) letztendlich hängt die Güte der Abwehr von der Güte des Angriffs ab, beim Üben.
Ist etwas überspitzt und mag auch nicht für alles gelten, aber letztendlich ist die Chance schon da, daß ein Angriff zum Kopf durchkommt.
Und um diese Sache von der Gefährlichkeit her zu entschärfen, habe ich die Simulation von Schlägen zum Kopf durch "Ohrfeigen" genannt - als
eine mögliche Methode.(*)
Das ändert nichts an der Richtigkeit und Nützlichkeit der von Dir beschriebenen Methode des langsamen Heranführens - da soll durchaus langsam
und korrekt angegriffen werden...
Wer auf das Niveau von russischen Türstehern will, braucht kein Judo. Judo muß besser sein als die.
Und wirksame Körpertreffer sind eine wunderbare Geschichte, weil jeder halbwegs vernünftige Mensch nämlich seinen Kopf vor Treffern schützt - und dafür den Körper opfert.
Man muß lernen, die Lücken der gegnerischen Deckung zu nutzen. Kochrezepte nutzen nichts.
Ja, aber wir reden hier von SV.
Und so schön ein Körpertreffer auch sein mag: Wenn der russische Türsteher Dir zum Kopf langt,
dann nützt Dir eine Deckung des Körpers auch nichts... Ich persönlich würde den Körpertreffer bevorzugen, wenn ich mich schon entscheiden
müßte... Lücken in der Deckung nutzen: Dazu muß man aber erstmal solange handlungsfähig bleiben, bis man diese "sieht"...
Kochrezepte? Kommt drauf an, was sie beinhalten... Kata sind auch Kochrezepte auf gewisse Art...
Atemi sollen das Gleichgewicht brechen. Wenn sie dabei einen KO verursachen - Aufgabe zweifellos erfüllt.
Oh, dann
hatte ich doch wohl tatsächlich tom herold falsch verstanden. Ich dachte tatsächlich, daß er die Sache eher andersrum sieht.
Atemi sollen verletzen, wenn der andere dabei aus dem Gleichgewicht kommt und sich umschmeißen läßt, warum nicht...

(*)
im Kampf mit voller Wucht ins Ziel.
Glaub, mir das geht. Ich denke mir das nicht mal eben so, sondern so wird das seit sehr langer Zeit schon auf der ganzen Welt gemacht.
Ja, natürlich im Kampf mit voller Wucht. Und die Resultate liest man dann in der Zeitung, wenn es wieder einer nicht überlebt hat.
Deswegen möchten wir SV üben. Dabei möchten wir den Kampf simulieren. Das nennt man dann Übungskampf - da schützt man sich
in der Regel - Handschuhe, Masken, Polster, Leichtkontakt, verbotene Techniken/Trefferbereiche, Matten usw...
Und je mehr man sich schützt, um so sicherer wird es, aber um so realitätsferner eben auch.
Und das ist das Hauptproblem bei dem ganzen SV-Zeug: Wie kann ich Training so gestalten, daß, obwohl jede einzelne Trainingsmethode nur
eine Realitätssimulation darstellt, die Üblinge insgesamt befähigt werden (mental, körperlich und technisch) im echten Kampf zu überleben.
Wie kann man aus Schafen "Hütehunde" oder wenigstens wilde, bissige Schafe machen, die ordentlich auskeilen können,
ohne daß sie schon beim Training "eingehen"... ;-)

Obwohl mich leider der Eindruck beschleicht, daß Du Califax nicht verstehen konntest oder wolltest :eusa_think, was ich "rüberbringen" wollte,
bedanke ich mich für die doch insgesamt recht aufschlußreiche Diskussion - der eine oder andere nützliche Gedanke zur
Trainingsgestaltung ist ja darin sicherlich durchaus zum Vorschein gekommen.. :D
Mit freundlichem Gruß

Fritz
califax
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Re: Trainingsformen Judo SV

Beitrag von califax »

Fritz hat geschrieben:Obwohl mich leider der Eindruck beschleicht, daß Du Califax nicht verstehen konntest oder wolltest :eusa_think, was ich "rüberbringen" wollte,
Denselben Eindruck habe ich von Dir. Ich nehme stark an, daß wir einfach aneinander vorbeigeredet haben, weil wir aus ganz unterschiedlichen Welten stammen.
Übrigens: Was Tom Herold für richtig hält, ist nicht automatisch meine Meinung. Ich respektiere und bewundere ihn für seinen Charakter, sein Können und für das Können seiner Schüler. Aber Herold ist meiner Meinung nach auch Kaderschule.
Ich stimme mit ihm in einem wichtigen und zentralen Punkt überein: Die einzige SV-Prüfung ist Zahnschutz rein und Kampf.
"To possess a high grade means nothing. Ever since martial arts were born, the grade of someone is what he can do in battle."
(Kacem Zoughari.)
troi
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Re: Trainingsformen Judo SV

Beitrag von troi »

Fritz hat geschrieben:
Califax hat geschrieben:Hilft den Gegnern der Klitschkos aber ungemein...
Was die großen Handschuhe verhindern, sind schwere Verletzungen der Hände.
Sobald ein geübter Boxer die mal wegläßt, bricht er sich die Pfoten.
(Was dem Getroffenen zwar nicht weiterhilft, aber darum geht es ja eben nicht.)
Ja, hilft es - sie überleben...
Zum Schutz der Hände helfen auch viel leichtere Handschuhe mit Bandage...
Zum Schutz der Hände hilft auch vernünftiges Makiwara / Bruchtest-Training - aber das ist ein anderes Thema...
[...]
Ja, natürlich im Kampf mit voller Wucht. Und die Resultate liest man dann in der Zeitung, wenn es wieder einer nicht überlebt hat.
Ohne mich hier groß einmischen zu wollen, dazu versteh ich vom Judo viel zu wenig, aber diese beiden Aussagen sind inhaltlich so nicht richtig: Handschuhe dienen einzig und allein dem Schutz der Hände. Man kann mit Handschuhen sehr sehr viel fester zuschlagen, als man es ohne kann. Kann auch jeder selbst mal an der heimischen Wand ausprobieren.

Insofern ist sich mit Handschuhen schlagen eigentlich viel gefährlicher als ohne. Außerdem würde kein Bruchtest und kein Abhärten helfen wenn ein Profiboxer mit 300 km/h ohne Handschuhe zuschlägt. Mike Tyson hat sich mal die Hand gebrochen, als er jemanden nur mittelmäßig, aber eben ohne Handschuhe gehauen hat.

Handschuhe helfen auch nicht zu überleben: Im Boxsport gibt es immerhin ab und an Todesfälle. Vom Vollkontaktkarate hingegen sind mir keinerlei Todesfälle bekannt. Das mag allerdings auch noch an anderen Faktoren liegen.
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