Schiedsen von eigenen Athleten bei Meisterschaften

Hier geht es um die Wettkampforganisation und um Fragen zu den Wettkampfregeln
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Anfängerin08
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Schiedsen von eigenen Athleten bei Meisterschaften

Beitrag von Anfängerin08 »

Hallo

eine Frage hätte ich mal: es sind Meisterschaften und die Finals werden gekämpft. Würdet ihr dann als Mattenkampfrichter Eure eigenen Leute schiedsen?

Wenn der Trainer des anderen Athleten das bemängelt, hättet ihr damit ein Problem, wärt eventuell nachtragend?

Viele Grüße Anfängerin
Trini
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Re: Schiedsen von eigenen Athleten bei Meisterschaften

Beitrag von Trini »

Ich habe es schon oft erlebt und noch nie bemängelt.

"Unser" Kampfrichter hat sogar schon be seinen eigenen Kindern geschiedst und sie nicht bevorteilt.

Schwieriger sehe ich es, wenn ein Kari beim Kampf seiner eigenen Sportler plötzlich an der Matte steht und lautstark coacht.

Trini
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Shinbashi
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Re: Schiedsen von eigenen Athleten bei Meisterschaften

Beitrag von Shinbashi »

Ich würde es versuchen zu vermeiden und mit einem Kollegen tauschen. So gibt es erst gar keine Diskussionen.
Gruß
Shinbashi

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tutor!
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Re: Schiedsen von eigenen Athleten bei Meisterschaften

Beitrag von tutor! »

Ich kenne das Problem von mehreren Seiten:

Als Aktiver habe ich bei zwei internationalen Wettkämpfen einen Kampf verloren, weil die eigenen KR gar nciht erst in Verdacht geraten wollten, mich zu bevorteilen. So habe ich gegen den damaligen DDR-Vertreter 2:1 KE verloren - mit meinem eigenen Vereinstrainer als Hauptkampfrichter.

Ein weiteres mal "vergaß" der Hauptkari (unser deutscher Kari) den Kampf am Boden zu unterbrechen, mein Gegner stand auf und drehte mir den Rücken zu. Ich sprang hinterher und warf mit Tani-otoshi. Ergebnis: ein nachträgliches "mate", keine Wertung und am Ende hab ich mit Koka verloren....

Als Kari wurde ich das ein oder andere mal blöd von Betreuern angemacht, wenn sie mit einer Entscheidung nicht einverstanden waren. Aber wenn etwa 25% der TN und 50% der Karis aus einem Verein kommen, braucht sich niemand zu beschweren. Ich hab es damals zu einem kleinen Eklat kommen lassen, weil ich mich im Anschluss weigerte, einen Schützling dieses Trainers zu schiedsen (meine eigenen Leute aber dennoch!). Das war mal eine ganz andere Erfahrung für einige Anwesende.....

Letztlich beschweren sich aber immer die Leute, die sich selbst zu schade sind zu schiedsen. Und genau diesen Spiegel muss man von Zeit zu Zeit vorhalten. Wer sich über KaRis beschwert, sollte so konsequent sein und sich selbst hinstellen....

Einmal ergab sich sogar sie Situation, dass ich meinen eigneen Bruder schiedsen sollte. Ich habe den Gegner gefragt, ob er damit einverstanden ist. Der sagte nur, dass es ihm 1000 mal lieder sei, ich würde schiedsen als..... auch das gibt es.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
Uwe 23

Re: Schiedsen von eigenen Athleten bei Meisterschaften

Beitrag von Uwe 23 »

Ich würde auch versuchen es zu vermeiden, um keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen.

Ich sehe auch die größere Gafahr darin, dass der eigene Mann benachteiligt wird, weil man im Hiterkopf hat, dass man unbedingt den Eindruck vermeiden will man würde ihn bevorzugen.
kanou65m
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Re: Schiedsen von eigenen Athleten bei Meisterschaften

Beitrag von kanou65m »

Bei uns muss mittlerweile immer eine sog. "Kampfrichterabgabe" zusätzlich zum Startgeld bezahlt werden, wenn man selbst keine Kampfrichter stellen kann. Meist stellen die Kampfrichter-Obleute dann einige Kampfrichter, deren Anzahl jedoch im Verhältnis zu gering ist und am Ende dann wieder "Kampfrichter" (häufig ohne Lizenz) vom ausrichtenden Verein auf der Matte stehen.
Die Regelung ist zwar aus den schon genannten Gründen sehr unglücklich, aber solange es ein derartigen "Kampfrichter-Mangel" gibt, sehe ich auf absehbare Zeit keine Alternative.
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Fritz
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Re: Schiedsen von eigenen Athleten bei Meisterschaften

Beitrag von Fritz »

Die Regelung ist zwar aus den schon genannten Gründen sehr unglücklich, aber solange es ein derartigen "Kampfrichter-Mangel" gibt, sehe ich auf absehbare Zeit keine Alternative.
Diese Regelung ist nicht nur unglücklich, sondern völlig blödsinnig, weil sie den "Kampfrichter-Mangel" nicht beseitigt,
sondern nur die Vereine, die keinen Kari haben, finanziell benachteiligt, mit der Folge, daß weniger Wettkämpfe angefahren werden,
bzw. einfach weniger Sportler zum WK gemeldet werden.

Man sollte sich fragen, warum es einen Kari-Mangel gibt. Evt. liegt es ja an diesem "semi-professionelle" Gehabe von der Ausbildung an,
an den häufigen Regeländerungen u. Sonderregeln, an den unsinnigen Kleidungsvorschriften schon für die unteren "Kari-Ebenen"
(wieso steht ein Kari nicht im Judogi auf der Matte, sondern muß sich als Bankangestellter verkleiden?)
Evt. sollte da mal angesetzt werden... Wieso muß eigentlich jeder "F*rz" der von der IJF kommt auch bis zum Kinder-Kreisturnier hinunter
durchgedrückt werden. Normalerweise sollte ein Trainer/ÜL in der Lage sein, einen Kampf auf dieser Ebene zu schiedsen, ohne ständige
Weiterbildungen und andere Zwänge - dann würde es vielleicht mit dem Reuegeld Sinn machen...
Also die Grundlagen der Kampfrichterei rein in die ÜL-Ausbildung, und bei Vereinsturnieren und Veranstaltungen der unteren Ebenen weg vom
Lizenzzwang, dann ruhig eine ausführliche Einweisung vor dem Wettkampf und rauf auf die Matte. Na dann greift ein Kind eben mal
ans Bein, oder umarmt seine Gegner, na und?
Mit freundlichem Gruß

Fritz
Uwe 23

Re: Schiedsen von eigenen Athleten bei Meisterschaften

Beitrag von Uwe 23 »

Also in NRW sind wir da vielleicht verwöhnt.
Wie ich schon mal geschrieben habe, gibt es hier mehr KR, als überhaupt eingesetzt werden können.
Ich finde die Vorstellung, dass bei einem offiziellen Turnier unlizensierte KR auf der Matte stehen nahezu abwegig, sorry wenn ich es so hart schreibe, aber wenn man weiß wie akribisch bei uns selbst ab Kreisebene ausgebildet, fortgebildet, beoachtet, berurteilt.. wird.
Fritz hat geschrieben:Man sollte sich fragen, warum es einen Kari-Mangel gibt. Evt. liegt es ja an diesem "semi-professionelle" Gehabe von der Ausbildung an,
??? Kämpfer werden auch so professionell wie möglich ausgebildet, warum sollte man KR schlecht ausbilden?
Fritz hat geschrieben:an den unsinnigen Kleidungsvorschriften schon für die unteren "Kari-Ebenen"
(wieso steht ein Kari nicht im Judogi auf der Matte, sondern muß sich als Bankangestellter verkleiden?)
da könnte man ja vielleicht was machen, aber so schlimm ist es auch nicht, eine graue Hose und ein weißes Hemd und evtl auch ein schwarzes Jackett, hat doch eigentlich fast jeder im Schrank, bzw. es kann es dann auch für andere Anlässe nutzen.
Fritz hat geschrieben:Evt. sollte da mal angesetzt werden... Wieso muß eigentlich jeder "F*rz" der von der IJF kommt auch bis zum Kinder-Kreisturnier hinunter
wenn nicht überall zumindest halbwegs nach den gleichen Regeln gekämpft wird, dann wird es noch schwieriger durchzublicken und sich umzustellen, wenn man zu anderen Ebenen kommt.
Fritz hat geschrieben:Normalerweise sollte ein Trainer/ÜL in der Lage sein, einen Kampf auf dieser Ebene zu schiedsen, ohne ständige
Weiterbildungen und andere Zwänge - dann würde es vielleicht mit dem Reuegeld Sinn machen...
Also die Grundlagen der Kampfrichterei rein in die ÜL-Ausbildung, und bei Vereinsturnieren und Veranstaltungen der unteren Ebenen weg vom
Lizenzzwang, dann ruhig eine ausführliche Einweisung vor dem Wettkampf und rauf auf die Matte. Na dann greift ein Kind eben mal
ans Bein, oder umarmt seine Gegner, na und?
Ein ÜL muss natürlich Regelkenntnisse haben, ist ja auch Pflichtbestandteil der Ausbildung, aber es kann keine komplette KR-Ausbildung ersetzen, damit wird man den Kämpfern einfach nicht gerecht, die Fehlentscheidungen würden extrem zunehmen. :ironie3 Wie viel Verständnis die Betreuer bei Fehlentscheidungen haben sieht man auch so schon.

Die Rezepte für Kampfrichternachwuchs die sich bisher in NRW ganz gut bewähren:

- Direkte Ansprache von möglichen Nachwuchsleuten durch die Kampfrichterobleute auf Kreis und Bezirksebene.
- Einblicke in den Kampfrichterbereich bieten durch Lehrgänge für ÜL-/ Dan-Anwärter, Kaderathleten, Listenführer.
- Betreuung von Nachwuchsleuten während der Turniere durch Obleute oder erfahrene KR.
- Schutz von KR gegen verbale Angriffe durch Betreuer durch Umsetzung der Coaching-Rules bis zur untersten Ebene.
- Konsequent nur Einteilung von lizensierten KR durch den zuständigen Obmann, anhand von Lizenz, Neutralität und Beurteilung.
- Vollständige Bezahlung der Unkosten der KR und eine angemessene Aufwandentschädigung.
- Förderung von talentierten Nachwuchs-KR.
Anfängerin08
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Re: Schiedsen von eigenen Athleten bei Meisterschaften

Beitrag von Anfängerin08 »

Anscheinend ist es nicht so unüblich.

Ich finde es aber sehr unglücklich, vor allem, wenn mehr wie genügend Auswahl an Kampfrichtern besteht und nur ein Finale eine solch ungünstige Konstellation darstellt und der Kampf nicht so eindeutig läuft und Strafen gegeben werden müssen.

Ich bin Kampfrichtern gegenüber sehr positiv eingestellt, würde gerne auch später als Kari auf der Matte stehen. Im Moment kann ich es aber zeitlich nicht unterbringen und finde es auch sehr unpraktisch, wenn ich zeitgleich mit unserer Mädelsmannschaft unterwegs bin und coachen müsste.

Danke für die Antworten.

Anfängerin
kanou65m
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Re: Schiedsen von eigenen Athleten bei Meisterschaften

Beitrag von kanou65m »

Offensichtlich scheint die "Kampfrichter-Situation" in den einzelnen Landesverbänden ganz unterschiedlich wahrgenommen zu werden.
Die ständigen Regeländerungen tragen nicht dazu bei, Judo insgesamt wieder attraktiver zu machen - in dem Punkt gebe ich Fritz recht - und sie erschweren die Arbeit der Kampfrichter natürlich auch erheblich, denn diese müssen sich natürlich ständig updaten, was wiederum viel (Frei-)Zeit beansprucht.
Erfreulich, dass es immer noch Menschen (auch junge Menschen) gibt, die sich dieser Herausforderung (ehrenamtlich!) stellen.
Erfreulich, dass es lt. Uwe in NRW gut zu funktionieren scheint.

In Schleswig-Hostein ist es übrigens so, dass die FachÜL-Ausbildung des JVSH die Ausbildung zum Kampfrichter C (Bezirksebene) beinhaltet. Anschließend kann man sich beim KRObmann in den "KR-Pool" melden.
Zu meiner Schande muss ich eingestehen, dass weder ich noch einer meiner ÜL-Kollegen/innen davon Gebrauch gemacht haben.
Der Grund ist im Wesentlichen ein Zeitproblem.
Will man also einen ausgebildeten KR und stellt selbst keinen, geht die "KR-Abgabe" schon in Ordnung.
Eine entsprechende "KR-Bekleidung" finde ich sinnvoll - allein deshalb, um den KR optisch von den Kämpfer, Trainern und dem Funktionspersonal zu unterscheiden. Ob die derzeitige KR-Kluft noch zeitgemäß ist - darüber kann man ja diskutieren.
Judoanzüge braucht man ja eigentlich auch nicht... ;)
BadenIkkyu

Re: Schiedsen von eigenen Athleten bei Meisterschaften

Beitrag von BadenIkkyu »

Ich würde es als Kari ablehnen, da ich nicht mehr neutral sein könnte.
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Linowitsch
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Re: Schiedsen von eigenen Athleten bei Meisterschaften

Beitrag von Linowitsch »

wer ein guter Kampfrichter sein will, der sollte auch mit solchen Situationen zurechtkommen.

Es ist ja klar, dass es schwieriger ist, seine eigenen Leute zu schiedsen, aber genau da muss man sich zu Neutralität zwingen.
Es kann auch in Kämpfen, wo man beide Kämpfer nicht kennt, dass der eine einfach sympathischer aussieht, sich mehr Mühe gibt, arrogant rüberkommt ... oder was auch immer, all diese äußeren Eindrücke können Menschen (denn das sind Kampfrichter ja) dazu verleiten, unbewusst Entscheidungen nicht 100% neutral zu treffen.

Weiterhin befinden sich ja i.d.R. 3 (!) Kampfrichter auf der Matte. D.h. wenn einer der Kämpfer von Seiten des Mattenleiters wirklich benachteiligt/bevorteilt wird, können die beiden Außenrichter jederzeit eingreifen.

Ich schiedse auch nicht gern meine Leute, aber ich mach es, wenn es sich so ergibt.

Zu der Kampfrichtersituation (bei uns in Sachsen):
Wir haben insgesamt eigentlich keinen Mangel an Kampfrichtern, allerdings bezirksweise teilweise sehr starke Schwankungen.
In zwei unserer 3 Bezirke werden die KaRi auch für BEM nach Leistung etc. ausgewählt. In dem dritten ist es hingegen so, dass der Obmann froh ist, wenn wir genug Leute sind, um den Wettkampf irgendwie über die Bühne zu bringen. (d.h. 6 KaRi für 3 Matten--> ist ja nicht so optimal)

Ich bin auch dafür, nicht jede Regel im Kinderbereich umzusetzen. Und gegen die Kleidung lässt sich nichts sagen. Kampfrichter sind die einzigen, die bei einem Wettkampf keine Emotionen zeigen (dürfen). Und diese Tatsache, die absolute Sachlichkeit und der Respekt ggü. den KaRi wird durch die "festliche" Kleidung am besten unterstützt, denke ich.
Von der Idee, jeden Trainer schiedsen zu lassen, halte ich gar nichts. Es würde keine Probleme lösen, sondern vielmehr neue schaffen. Bsp. stehen ausreichend am Mattenrand. (Trainer, die einen Riesenaufstand machen, bis sich im klärenden Gespräch einfach mangelnde Regelkenntnis des Trainers herausstellt.) Außerdem sollte das "Trainer sein" und das "Kampfrichter sein" klar getrennt werden, sonst sind wir deutlich schneller wieder bei dem Problem, was Anfängerin08 angesprochen hat.

just my2cents.

PS: ich finde die Diskussion sehr interessant und spannend.
Gruß
Lino

Kompetenzen kann man nur weitergeben, wenn man sie hat. (tutor! am 29.10.2008)

Es ist nicht gesagt, dass es besser wird, wenn es anders wird.
Wenn es aber besser werden soll, muss es anders werden. (judoka50 am 23.11.2006)
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