Bô-Jutsu im Jûdô

Hier geht es um die Geschichte und um Traditionen des Judo
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tom herold
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Bô-Jutsu im Jûdô

Beitrag von tom herold »

Es gab ja hier mal 'ne lange Diskussion, ob es denn im Jûdô nun Waffen gab/gibt oder nicht.
Ungeachtet aller diesbezüglichen Kanô-Zitate wurde es abgelehnt, sich mit diesem Gedanken anzufreunden.

Nun gibt es aber einen interessanten Artikel von Kanô selbst zum Bô-Jutsu.
Zu finden ist er im amerikanischen Judoforum (http://www.judoforum.com)

Ich darf mal zitieren:
"Magazine "Judo", year Showa 10 (1935) April

"The reason why the Kodokan has made available to the teaching of Bojutsu (Practice Staff) to anyone who is interested."

Jigoro Kano - Kodokan Shihan
Aha.
Kanô selbst schreibt also einen Artikel unter der Überschrift "Der Grund, warum der Kodokan es ermöglicht hat, jeden Interessierten im Bô-Jutsu zu unterrichten".

Zumindest Bô-Jutsu wurde also tatsächlich am Kôdôkan zu Kanôs Lebzeiten unterrichtet.
When I was young, I practiced bojutsu of Yagyu-ryu with a man named Oshima. As my practice of this discipline has not reached the level of shugyo (depth study), usually do not mention it. However since then I thought there was value in the shugyo bojutsu. As I said previously, I am convinced that larger studies are desirable, those of Jujitsu, the Bojutsu (stick) and kenjutsu (sword).
Ach was ...?
Ich hab immer gesagt, daß das Studium einer Koryû in der Regel vor allem den Umgang mit Waffen beinhaltet.
Kanô selbst hat also in der Yagyu Ryû bei einem Lehrer namens Oshima Bô-Jutsu praktiziert.
Er schreibt selbst, daß er dabei kein "höheres Level" erreicht habe, doch daß er seitdem der Meinung ist, daß dieses Level von Wert wäre.
Und er erklärt, daß - wie er vorab schon sagte - er überzeugt ist daß umfangreiche Studien (Bô-Jutsu/Stock, Ken-Jutsu/Schwert) WÜNSCHENSWERT seien.
Looking at the reality of our current society, we are talking about men, women, young or old, excluding the few people who actually jobs that give opportunity to bring a sword in his belt, no one carries weapons. Consequently, in the event of something unexpected, the martial art that is more useful that can defend themselves without weapons. Considering things from this point of view, today the value of kenjutsu is relatively poor, but are convinced that this, along with Jujitsu, has had in our country for many years a great value as a method of spiritual development (lit. development laws of moral culture). In addition to Jujitsu, we must consider the experience of Bojutsu, which is a very important thing and that seems to be overlooked by many people today.
(Hervorhebungen von mir)

Ganz wichtig diese Passage:
That is about eight years ago (Showa 2, 1927), we gathered people interested in the Kodokan and we started practicing in bojutsu Tamai Sensei, Sensei Shiina, Ito Sensei and Sensei of Katori Shinto Ryu Kuboki, all from the prefecture of Chiba. About four years ago we received, from Fukuoka, Shimizu Sensei of Shindo Muso Ryu (jojutsu), and still continue the practice of this technique. Today, thanks to Sensei and Takeda Sensei Hioki, and with the help of others, we are increasingly able to practice these arts.
In addition to the beginner we recently about 50 participants, so that we must practice the principal of the Kodokan Dojo.
So, und für alle, die immer noch nicht glauben, daß es Bô-Jutsu und damit WAFFEN IM JÛDÔ gab:
In the future, in addition to the efforts made so far, we intend to continue to invite the great masters of Bojutsu.
As we took the essence of various schools of jujutsu to develop the basics of judo, we have had great success in gathering techniques bojutsu many schools and doing searches of these.
Now, as a branch of the Kodokan Judo, we created the Kodokan Bojutsu.
I hope that we will be able to spread throughout the world.
(Hervorhebungen von mir)

"Now, as a branch of the Kodokan Judo, we created the Kodokan Bojutsu."

Wir haben nun, als einen Zweig DES KODOKAN JUDO, das Kodokan Bojutsu geschaffen."

Ich möchte bitte nie wieder hören, daß es im Jûdô keine Waffen geben würde.
Obwohl seit langem bekannt ist, daß zwar in der Kobudo Kenkyukai so etwas trainiert wurde.
Daraufhin wurde - wir erinnern uns - erklärt, da? Bo-Jutsu "zu anderen Zeiten" als die Wurftechniken geübt wurde und auch "in einem Nebengebäude", und deshalb sei dieses Bo-Jutsu kein Bestandteil des Jûdô.

Kanô sah das anders.
tutor!
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Re: Bô-Jutsu im Jûdô

Beitrag von tutor! »

Ich hatte die Quelle schon einmal gepostet:
http://www.dasjudoforum.de/forum/viewto ... 920#p52920

Lin Chung hatte die Quelle gepostet:
http://www.dasjudoforum.de/forum/viewto ... =20&t=4595

Und Reaktivator hat schon vor drei Jahren auf diesen Artikel hingewiesen.

Es ist vollkommen unstrittig, dass Kano Ideen/Pläne hatte, Bo-jutsu und Kendo in geeigneten Formen in das Programm des Kodokan zu integrieren. Bo-Jutsu wurde am Kodokan praktiziert, Kendo - zumindest zu seinen Lebzeiten - nicht. (Was im Krieg war, weiß wohl niemand so recht, aber das ist ja unerheblich). Das Bo-jutsu-Training fand sogar im Hauptdojo statt. Alle, die einmal im Kodokan-Museum waren, haben sicherlich das Bild vom Training gesehen. Reaktivator hat sogar von Technikbeschreibungen berichtet.

Tatsache ist und bleibt aber auch, dass Bo-jutsu zu keiner Zeit tatsächlich ins Judo-Curriculum integriert wurde. N.Murata hat das kürzlich noch einmal auf Nachfrage bestätigt. Aber ein guter Freund ist derzeit in Japan und kann das ja alles auf ganz, ganz kurzem Weg klären. Daran ändert auch die Übersetzung des von mir sehr geschätzten "NBK" nichts. Ich hatte mir die Textpassage übrigens auch übersetzen lassen, nachdem "Joseph Fischer" nach dem Bo-jutsu-Lehrer gefragt hat (Link siehe oben).

Umfassende Links und Angaben zur tatsächlichen Praxis lieferte Reaktivator hier:
http://www.dasjudoforum.de/forum/viewto ... 502#p40502
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
tom herold
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Re: Bô-Jutsu im Jûdô

Beitrag von tom herold »

Ich weiß, daß das hier schon gepostet wurde.
Ich habe es aufgegriffen, weil doch hier darüber diskutiert werden soll, wie man Jûdô "an der Basis stärken kann", oder?
Kanô hat zum KODOKAN BO-JUTSU dezidiert geschrieben, daß es Bestandteil des Jûdô sei.
Punkt.
Ich finde nun die Schlußfolgerungen, die hier daraus gezogen wurden ("aber doch kein Teil des Jûdô") absurd.
Und "NBK" ist nicht irgendwer - der Mann hat Zugang zu vielen Archiven, in die andere (Nichjapaner) nicht mal reinkommen.

Klar darf Bô-Jutsu (wir erinnern uns: Kôdôkan Bô-Jutsu) NICHT Bestandteil des Jûdô sein, denn wie stünde man dann da?

Oben steht Kanôs Text bzw. Auszüge davon.
Man lese selbst und bilde sich eine eigene Meinung.

FG
Tom
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Fritz
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Re: Bô-Jutsu im Jûdô

Beitrag von Fritz »

Dank an "tutor!" für das Heraussuchen der Verweise zu den "alten" Beiträgen...

Die Frage ist doch, was man unter Judo-Curriculum versteht. Wenn man darunter nur das versteht, was den
Anfängern an den Schulen nach Schema F beigebracht wird, dann ist sicherlich klar, daß Stocktraining wohl nicht
gerade am Anfang der Ausbildung steht.
Wenn aber Kano Bojutsu als Zweig des Judo sieht, dann ist das erstmal eine klare Aussage...
Die aufgeführten Zitate lassen für mich den Schluß zu, daß Kano die Nützlichkeit des Stockkampfes erkannt hat und
begann diesbezüglich Kompetenz ins Kodokan zu holen und dort aufzubauen.
Der nächste Schritt wäre logischerweise dann die Aufnahme ins den allgemeinen Lehrstoff gewesen, nach Ausbildung
von kompetenten Lehrern. Warum dieser Schritt nicht gegangen wurde, wer weiß, sicherlich hängt es schon mit Kanos Ableben u.
dem 2.WK und seinen Folgen zusammen...

Ironischerweise sehe ich da sogar Parallelen zur heutigen Praxis des Übens von Kata - oft zu separaten Zeiten und
als "Zweig des Judo" ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
katana
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Re: Bô-Jutsu im Jûdô

Beitrag von katana »

Es muß doch wohl jedem gesunden Menschen einleuchten, daß sich
die "Alten Recken" des Kodokan kaum damit begnügt haben können, nach ihrer Wettkampfkarriere ( :ironie3 )
die Zeit als Kampfrichter zu verbringen und sich gegenseitig Dangrade zu verleihen. :rofl
Allein der Zeitaufwand, mit dem diese ihre Kampfkunst ausgeübt haben, schließt das doch vollkommen aus.
Wer ernsthaft bestreiten, oder ständig mit Spitzfindigkeiten und Übersetzungsinterpretationen versuchen möchte,
dies hinwegzutranslationieren,
dem kann man doch allen Ernstes nicht mehr helfen .... :crybaby

sorry, aber meine Meinung :dontknow
KK
tom herold
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Re: Bô-Jutsu im Jûdô

Beitrag von tom herold »

... zumal es inzwischen auch in Deutschland Lehrer gibt (nein, nicht ich!), bei denen man vielleicht nicht "Kôdôkan Bô-Jutsu", aber das Bô-Jutsu jener Lehrer erlernen kann, die Kanô damals in den Kôdôkan holte.

Wir sind da gerade dran ...
katana
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Re: Bô-Jutsu im Jûdô

Beitrag von katana »

Schade , daß ihr so weit von uns weg wohnt :crybaby
KK
tom herold
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Re: Bô-Jutsu im Jûdô

Beitrag von tom herold »

Zunächst möchte ich, da sich einige hier ganz sicher unter Bô-Jutsu wenig vorstellen können, eine Vorführung ganz hervorragender Fähigkeiten mit dem Langstock verlinken:



DAS ist Bô-Jutsu!

Hier mal als "2-Personen-Stück":



Wir erinnern uns daran, daß Kanô Jigoro in dem hier nochmal von mir verlinkten Artikel 1935 schrieb, er habe Yagyu Ryû und dort speziell Bô-Jutsu trainiert?

Dazu ist das hier vielleicht interessant:



Yagyu Shingan Ryû ... Bô-Jutsu ... damit ihr euch vorstellen könnt, was Kanô da eigentlich trainiert hat.


Ich möchte nun nochmal Kanô zitieren:
That is about eight years ago (Showa 2, 1927), we gathered people interested in the Kodokan and we started practicing in bojutsu Tamai Sensei, Sensei Shiina, Ito Sensei and Sensei of Katori Shinto Ryu, Kuboki, all from the prefecture of Chiba. About four years ago we received, from Fukuoka, Shimizu Sensei of Shindo Muso Ryu (jojutsu), and still continue the practice of this technique.
Hier Filmaufnahmen mit Shimizu Sensei (Shinto Muso Ryû Jô-Jutsu):





Einfach nur, damit ihr mal wißt, worum es überhaupt geht.
Diese Dinge wurden nnämlich im Kôdôkan unterrichtet, unter Kanôs Ägide, und es nervt mich, gelinde gesagt, daß heute Leute, die noch nie eine solche Waffe in der Hand hatten - es sei denn als Uke in Kime-no-Kata, wo man sie brav dem Tori hingehalten hat, damit der sie "abwehren" konnte - einfach leugnen, daß das etwas mit dem Jûdô Kanôs zu tun hatte.
:angry4

Sodann möchte ich, da es ja um Waffen im Jûdô geht, nochmal versuchen, mit dem albernen Vorurteil aufzuräumen, es habe in der Tenshin Shinyo Ryû (wir erinnern uns: Kanô hatte in dieser Schule ein Menkyo Kaiden, also die höchste Lehrerlizenz!) keine Waffen gegeben sondern nur "waffenloses Jûjutsu".



Ich bitte um Beachtung dessen, was Tori da bei 1:22 mit einer KLINGENWAFFE tut.

Ich bitte auch darum, die Passage ab 2:41 aufmerksam zu betrachten. Tori attackiert mit einer KLINGENWAFFE, und Uke zieht das Schwert. Sieht es so aus, als ob Uke damit nicht umgehen könne?
Und nun erinnern wir uns, daß es im Jûdô die Kime-no-Kata gibt ... in der Tori ein NOCH höheres Level demonstrieren muß als in der hier verlinkten Kata der Tenshin Shinyo Ryû.
Auf dem Video sehen wir Kurzwaffe gegen Langwaffe - da für muß man schon ein Könner sein, wenn man das überleben will.
In Kime-no-Kata steht Tori waffenlos da - und muß gegen Klingenwaffen antreten.
Kime-no-kata.
Die "Form der Entschlossenheit".
Waffenlos gegen Klingenwaffen.
Man nennt das "Mutô Dori" (soviel wie "ohne Schwert") und es gilt in den Koryû als die schwierigste und höchste Kunst.
Man lernt das erst, wenn man den Umgang mit den Waffen (der jeweiligen Schule) gemeistert hat.

Was mag sich Kanô wohl gedacht haben, als er Kime-no-Kata schuf?

Wenn ich mir so ansehe, wie heute diese Kata hingeluscht und hingestümpert wird, bei Prüfungen und bei "Kata-Wettkämpfen", dann sehe ich, daß KEINER der Beteiligten das noch ernst nimmt und KEINER auch nur im Ansatz ahnt, daß er TOT wäre, wenn Uke eine scharfe Klinge benutzen würde (und damit umgehen könnte).

Die Schlußfolgerungen überlasse ich jedem selbst.
Sukoshi
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Re: Bô-Jutsu im Jûdô

Beitrag von Sukoshi »

tom herold hat geschrieben:Zunächst möchte ich, da sich einige hier ganz sicher unter Bô-Jutsu wenig vorstellen können, eine Vorführung ganz hervorragender Fähigkeiten mit dem Langstock verlinken:



DAS ist Bô-Jutsu!

Hier mal als "2-Personen-Stück":

Hallo,

wobei man erwähnen sollte, dass es sich bei den beiden Videos um Okinawa Bō-Jutsu 沖縄棒術 handelt. Aufgenommen wurden die Videos 2009 auf dem "Okinawa Karate Kobudō World Tournament".

Bei den Hauptprotagonisten handelt es sich um Nakamoto Mamoru.

Die Makiwara-Übungen gehen auf Taira Shinken zurück und enthalten Segmente aus den Kata Shūshi no Kun 周氏の棍, Sakugawa no Kun 佐久川の棍 usw.

Die Zeichen für Kun/Kon und Bō meinen beide einen Stock von 1,82 m

Kun/Kon 棍 = Stock
Bō 棒 = Stock

Die Videos haben wenig bis gar nichts gemein mit dem was Kanō Jigorō im Kōdōkan einführen wollte.

Die Tenshin Shin'yō-ryū, Shintō Musō-ryū und Yagyū-ryū Videos treffen die Sache eher.

Gruss
Sukoshi
tom herold
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Re: Bô-Jutsu im Jûdô

Beitrag von tom herold »

Danke, aber mir ist bewußt, daß es sich bei den ersten beiden Videos um Okinawa Kobudo handelt.
Es ging darum, hier im Forum einen Eindruck zu vermitteln, was ein Bô ist und wie er gehandhabt werden kann (und soll).
Ich fand diese beiden Videos da am aussagekräftigsten.
Die Videos haben wenig bis gar nichts gemein mit dem was Kanō Jigorō im Kōdōkan einführen wollte
Habe ich auch nie behauptet.
Wie gesagt, ich schrieb, daß DAS sehr gutes Bô-Jutsu ist.
Mehr nicht.
Ich glaube nämlich nicht, daß es hier im Forum viele User gibt, die sich unter Bô-Jutsu überhaupt etwas vorstellen können.

Um dann noch einen Eindruck davon zu vermitteln, was wahrscheinlich im Kôdôkan praktiziert wurde, habe ich die anderen Videos auch noch verlinkt.
tom herold
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Re: Bô-Jutsu im Jûdô

Beitrag von tom herold »

... und da wir gerade von Waffen sprechen ... und von der Tenshin Shinyo Ryû ...
Als Ursprungsschule des Kōdōkan Jūdō zählt die Tenjin Shinyō-ryū zu den bedeutendsten Nahkampfsystemen Japans (koryū-jūjutsu). Die traditionsreiche Stilrichtung wurde um 1810 von Iso Matauemon Ryūkansai Minamoto Masatari (1787-1863) entwickelt und integriert die Lehren der älteren Yōshin-ryū und Shin-no-Shindō-ryū.
Das Curriculum der Tenjin Shinyō-ryū umfasst über 130 Übungsformen. Durch die Kombination starker Tritte und Schläge (sappō) mit Wurf-, Halte- und Würgetechniken gestaltet sich das System als kraftvolle ryūha.
Neben dem waffenlosen Nahkampf (sude) wird der Umgang mit Schwert (tachi), Kurzschwert (kodachi) und Schwertfänger (jutte) gelehrt.
Soviel zu der oft gehörten Behauptung, die Tenshin Shinyo Ryû habe nur "Jûjutsu" umfaßt.
Darüber hinaus gehört das Tenjin Shinyō-ryū Jūjutsu zu den wenigen noch erhaltenen Stilrichtungen, in denen traditionelle Reanimationsverfahren (kappō) vermittelt werden.
Das Training beruht wesentlich auf der Übung festgeschriebener kata, wozu Technikserien wie shodan, chūdan, nagesute und shiai-ura gezählt werden. Durch die stete Wiederholung der Form werden Körper und Geist geschult sowie mentale Fertigkeiten für den Zweikampf ausgebildet. Umgesetzt werden die erlernten Methoden zudem im charakteristischen Freikampf (randori) der Schule.
http://www.shinmyokan.de/tenjin-shinyo-ryu.html

Ach was ...?
Wie oft habe ich gelesen, daß Kanô das Randori erst kennenlernte, als er mit dem Studium der Kitô Ryû begann ...?

Egal.
Wir halten fest: Kanô studierte Tenshin Shinyo Ryû und erhielt dort das Menkyo Kaiden.
Tenshin Shinyo Ryû enthält Schwert (tachi), Kurzschwert (kodachi) und Jutte.
Ist doch interessant ...
tutor!
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Re: Bô-Jutsu im Jûdô

Beitrag von tutor! »

tom herold hat geschrieben: Wie oft habe ich gelesen, daß Kanô das Randori erst kennenlernte, als er mit dem Studium der Kitô Ryû begann ...?
Vieles, was man so liest, ist vollkommener Blödsinn. Jede seriöse Quelle, die sich damit befasst, schreibt, dass Kano bei Fukuda Randori gemacht hat. Darüber gibt es viele Erzählungen von Kano selbst, wie z.B. die Geschichte von Fukushima und dem Kata-guruma.
tom herold hat geschrieben:Egal.
Wir halten fest: Kanô studierte Tenshin Shinyo Ryû .
ja
tom herold hat geschrieben:und erhielt dort das Menkyo Kaiden.
Das wiederum wir oft behauptet, ist aber äußerst strittig. Kano und der Kodokan behaupten es nicht! Jedenfalls ist das mein derzeitiger Kenntnisstand.
tom herold hat geschrieben:Tenshin Shinyo Ryû enthält Schwert (tachi), Kurzschwert (kodachi) und Jutte.
Ist doch interessant ...
ja

Allerdings steht die Fortführung von Tenjin-shinyo-ryu derzeit unter keinem guten Stern. Kubota geht es gesundheitlich immer schlechter und er findet keinen geeigneten Nachfolger. Einige mit ihm befreundete Judoka haben sich daher entschlossen, Tenjin-shinyo-ryu so gut es geht, noch zu erlernen und vor allem, die Densho zu studieren.

Man kann übrigens - der gepostete Link verrät es - Tenjin-shinyo-ryu in Deutschland (Bonn) betreiben.

Die Schwimm- und Sportfreunde Bonn (SSF) bieten übrigens mit die breitesten Möglichkeiten an, sich in einem Verein mit Budo in verschiedenen Formen zu befassen (http://www.ssf-bonn.de/sp_arten/sportart.php).

Neben Judo, auch Aikibudo (dort verbirgt sich die Verbindung zu Tenjin-shinyo-ryu), Kendo, Kyudo, Bo-jutsu u.a.m
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Re: Bô-Jutsu im Jûdô

Beitrag von Sukoshi »

tom herold hat geschrieben:Danke, aber mir ist bewußt, daß es sich bei den ersten beiden Videos um Okinawa Kobudo handelt.
Es ging darum, hier im Forum einen Eindruck zu vermitteln, was ein Bô ist und wie er gehandhabt werden kann (und soll).
Ich fand diese beiden Videos da am aussagekräftigsten.
Die Videos haben wenig bis gar nichts gemein mit dem was Kanō Jigorō im Kōdōkan einführen wollte
Habe ich auch nie behauptet.
Wie gesagt, ich schrieb, daß DAS sehr gutes Bô-Jutsu ist.
Mehr nicht.
Ich glaube nämlich nicht, daß es hier im Forum viele User gibt, die sich unter Bô-Jutsu überhaupt etwas vorstellen können.

Um dann noch einen Eindruck davon zu vermitteln, was wahrscheinlich im Kôdôkan praktiziert wurde, habe ich die anderen Videos auch noch verlinkt.
Hallo Tom,

ich war nur überrascht, in einem Thread, der den Titel "Bô-Jutsu im Jûdô" trägt, auf einmal Videos über Ryūkyū Kobudō zu finden.

Ich hab das erste Videos damals auf Karate-News gepostet, um zu erklären, dass es nicht so einfach ist, einen Adepten die Waffe zu entreißen...

Bevor ich auf das Video aufmerksam machte, wurde ich belächelt, danach gab man mir stillschweigend recht.

Gruß
Sukoshi
tom herold
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Re: Bô-Jutsu im Jûdô

Beitrag von tom herold »

Sukoshi hat geschrieben:ich war nur überrascht, in einem Thread, der den Titel "Bô-Jutsu im Jûdô" trägt, auf einmal Videos über Ryūkyū Kobudō zu finden.

Ich hab das erste Videos damals auf Karate-News gepostet, um zu erklären, dass es nicht so einfach ist, einen Adepten die Waffe zu entreißen...

Bevor ich auf das Video aufmerksam machte, wurde ich belächelt, danach gab man mir stillschweigend recht.
Hallo Sukoshi,
Ich weiß - und ich bin dir bis heute sehr dankbar dafür, daß du diese Videos in den KN gepostet hast.
Ich habe die Debatte um "Bunkai" und "Bô-Abwehr" aufmerksam verfolgt ... und war (wie schon so oft) sehr erstaunt darüber, was da so behauptet wurde.

Wer in einen solchen Schlaghagel gerät wie auf den beiden Videos zu sehen, der kann einfach nicht mit dem üblichen "Und dann blocken wir hier und dann blocken wir da und dann entwaffnen wir den Angreifer mit diesem echt gefährlichen Hebel!"-Blödsinn reagieren, der heutzutage fast flächendeckend gelehrt wird.

Mir ging es darum, hier zu zeigen, was ein Bô anzurichten in der Lage ist.
Und um das verständlich zu machen, eignen sich die beiden Videos wunderbar, finde ich.
Hat man das gesehen, kann es eigentlich keine Diskussion mehr darum geben, ob der Bô eine "sinnvolle" Waffe oder ob er nicht doch zu unhandlich sei oder ... oder ... oder ...
Ich hoffe, hier dem einen oder anderen auch gleich die Illusion genommen zu haben, daß man einen mit einem Bô bewaffneten Angreifer entwaffnen könne, ohne sich dabei in Lebensgefahr zu bringen.

Darum ging es mir.
:D

FG
Tom
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