DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Hier geht es um Fragen zur Vereinsarbeit, Verbänden und Organisationen
Kumamoto
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DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Kumamoto »

judoka50 schrieb im Faden http://www.dasjudoforum.de/forum/viewto ... =25&t=5103 (Dan-Tage des DJB 2010 - Wer weiß was?)
Aufgrund der derzeit in vielen Landesverbänden rückgängigen Mitgliederzahlen gehe ich mal davon aus, dass der DJB einige Dinge neue planen wird, um Judo an der Basis wieder interessanter zu machen.
Evtl. gehört dazu auch ein neues "Gemeinschaftsgefühl".......
Frage an Euch/ die Basis: Wie sollten Eurer Meinung nach solche Maßnahmen aussehen? Was wünscht ihr Euch? Welche Maßnahmen praktiziert ihr selbst und könnt sie dem DJB empfehlen?
tutor!
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von tutor! »

Der DJB selbst in in einer schwierigen Situation, weil er so viel nicht machen kann. Ich schrieb schon bei verschiedenen Gelegenheiten, dass es eine Aufgabenteilung zwischen DJB und seinen Landesverbänden gibt, die in Sachen Breitensportentwicklung die Zuständigkeit haben. Aber auch die LAndesverbände wirken nicht direkt, sondern mittelbar - letztlich umsetzen müssen es die Vereine.

Die Frage kann also nur sein, welche Impulse die Verbände den Vereinen für eine Entwicklung ihrer Arbeit geben können.

Unter den "Vordenkern" im DJB besteht eigentlich eine relativ große Klarheit über die Felder, in denen in den Vereinen mehr passieren könnte/müsste und die man gerne anschieben würde. Ob hierbei nun immer glücklich agiert wird oder nicht, ist mal eine andere Frage.

Die Felder sind (aus meiner Sicht):
  • aktive Unterstützung bei der Vereinsentwicklung (z.B. das Vereinskonzept, das Olaf vorgestellt hat, das Sundsvall-Modell oder vielleicht auch ganz andere)
  • Selbstverteidigung wieder als Teil des Judo verstehen
  • den Kata wieder einen anderen Stellenwert geben
  • Fragen zur Geschichte und Kultur wieder stärker in den Focus rücken
  • lebenslanges Judo fördern - auch mit angemessenem Randori
  • die Vielfalt der Techniken für ein vielfältiges Training nutzen
  • Judo als Erziehungssystem im Sinne Kanos begreifen
Wer sich einmal die Aktivitäten der letzten Jahre anschaut, wird feststellen, dass viele Ansätze vorhanden sind und ich da jetzt nichts von mir hinzugedichtet habe. Es hapert nur an der Breitenwirkung und mitunter kann man sicherlich auch die Qualität ein wenig nach oben schrauben.

Der DJB selbst kann eigentlich nur konzeptionell einen Beitrag leisten - umsetzen müssen die Landesverbände und dann auch die Vereine. Ohne das geht gar nichts vorwärts.

Der frühere Vize-Präsident des DJB, Ralf Pöhler, sprach häufig von einem Leitbild, das entwickelt werden müsse. Ich glaube, dass er mit diesem Gedanken nach wie vor Recht hat. Und aus diesem Leitbild muss dann eine auf Nachhaltigkeit angelegte Breitensportkonzeption erstellt und mit Leben gefüllt werden.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Kumamoto »

Ich denke, dass es einen "Impuls" geben muss, um Sachen zu verändern bzw. Neuerungen einzuführen - ich denke, der DJB sollte die "Vorreiter- Rolle" für die Landesverbände übernehmen.
Seit der Veröffentlichung der Materialien für die neue Dan-Prüfung weiß ich, dass der eine oder andere DJB- Verantwortliche hier mitliest. Vielleicht kann der DJB ja hier Ideen aufschnappen, die den Wünschen der Basis/Vereine entsprechen und diese entweder selbst umsetzen oder in die Landesverbände geben.
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kastow
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von kastow »

Ich denke es wäre sinnvoll, Jûdô gezielt und stärker auch auf Gesundheitsprävention auszurichten. Die vielbeschriebene demographische Entwicklung und der immer unbewegtere Alltag vieler Menschen werden mittelfristig ein entsprechendes Umdenken erzwingen. Der Landessportbund NRW bietet in dieser Richtung eine komplette Lizenzstufe ÜL P - Übungsleitung in der Prävention mit verschiedenen Schwerpunkten (Halte- und Bewegungssysteme, Herz-Kreislauf, Entspannung) an. Mit einigen jûdô-spezifischen Modifikationen können diese Ansätze gut übernommen werden. Meine Ü30-Teilnehmenden sind immer wieder erfreut, wenn ihr Jûdô-Unterricht z.B. ihre Krankengymnastik ergänzt. Dabei meine ich nicht irgendwelche funktionellen Übungen zum Auf- und Abwärmen, sondern die konkrete Umsetzung von Jûdô-Techniken und die Bewusstmachung von gesunder Haltung und Bewegung. Oft sind es nur Kleinigkeiten und simple Übungen, die den Gesundheitswert z.B. eines Wurfes steigern oder Shizentai als wirkliche natürliche Grundhaltung ermöglichen. Ergänzend bieten sich natürlich Vorträge (Kôgi) und Gespräche (Mondô) auch zu anderen gesundheitlichen Fragen wie z.B. Ernährung an.

***Edit:

Was kann ich als Übungsleitung dazu beitragen? Entsprechende Fortbildungen besuchen, ggf. die Lizenz ÜL P HuB (Haltung und Bewegung) erwerben, sich anderweitig informieren und das Gelernte im Unterricht umsetzten.

Was könnten DJB und Landesverbände dazu beiträgen? Eine Kooperation mit den entsprechenden Landessportbünden dahingehend, dass auch mit der C-Lizenz des Jûdô als Grundlage die Lizenz ÜL P des LSB erworben werden kann. Einige Sportverbände (ich glaube, z.B. die Westfälischen Turner) arbeiten in dieser Richtung bereits mit dem LSB NRW zusammen, da wäre eine Nachfrage nach der eventuellen Umsetzung möglich.
Herzliche Grüße,

kastow

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Fritz
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Fritz »

Vielleicht sollte als erstes der unglückliche Trend gestoppt werden, daß es immer bürokratischer wird mit immer höherem Finanzbedarf für den
einzelnen Judoka...
Also nächstes könnte der DJB ja evt. mal seine mittelbaren Mitglieder vor dem
in letzter Zeit sehr häufigen Rumgeschraube an den Wettkampfregeln bewahren, insbesonders wenn es zu Lasten von
Judo-Techniken geht...

Dann könnten im Judomagazin mehr brauchbarere Artikel bezüglich der Judo-Geschichte, dem was Judo eigentlich ist, usw. auftauchen und
evt. die "üblichen Legenden wie: Kano und Bälz; Kano entfernt die gefährlichen Techniken aus _dem_ JuJutsu...; Es gibt keine Atemi im Judo usw..."
mal konsequent ausgeräumt werden.

Hin zur Gesundheit fände ich auch gut, vielleicht könnte man sich dann auf die entsprechenden gesunden Technik-Ausführungen einigen, Tom Herold und Frank Thiele
wären gute Ansprechpartner diesbzgl... ;-) Aber vielleicht gäbe es noch ja noch mehr Leute, die entsprechendes Wissen besitzen...?

Naja, "tutor!" hat da ja schon so einiges genannt...

Ich würde allerdings nicht formulieren: "Selbstverteidigung wieder als Teil des Judo verstehen",
sondern konsequenter: "Judo als Selbstverteidigung verstehen" ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von califax »

Wenn man etwas verbessern möchte, sollte man erstmal das Problem analysieren. Sonst fängt man am Ende an, Zündkerzen für den Dieselmotor zu suchen.
Ich fange einfach bei mir und meinen Beobachtungen an, denn Hellseherei über den allgemeinen Fall ist eine Sache für Statistiker.

Zunächst einmal: Die Leute, um die es geht, stammen natürlich aus der Gesamtmenge der Kampfkunstinteressierten. Gewaltablehnende Ringelpietzer kriegt man sowieso nicht eingebunden.
Judo muß also in erster Linie in Konkurrenz und Koexistenz mit allen anderen Kampfkünsten, Kampfsportarten und Nahkampfsystemen gesehen werden, nicht in Konkurrenz zu Tischtennis und Gesundheitsgymnastik. Es mag eine große Schnittmenge in der Kundschaft geben, das jeweilige Interesse hinter einer Beitrittsentscheidung ist aber ein völlig anderes.

Es ist also unnütz, Vergleiche mit Pilates und Handball anzustellen.

Wohl aber muß man fragen, wie man sich die Leute von Sambo, BJJ, Boxen, Muai Thai, FMA, Karate, Krav Maga, Aikido, JJ, BBT, etc. zurückholt. Denn verblüffend viele dieser Leute haben mal mit Judo angefangen oder standen kurz davor. (Übrigens sind in dieser Liste gleich drei Judoerben enthalten: Sambo, BJJ und JJ. Von den ersten beiden könnte man viel über das lernen, was Judo einmal war.)

Es gibt gute Kinderbetreuung, und es gibt gute Sportkaderbetreuung.

Der Mitgliederschwund geht in der Personengruppe los, wo alle anderen Kampfkünste florieren:
bei den Teenagern auf der Suche nach kämpferischem Können, den Profis im Sicherheitsgewerbe, Leuten mit erhöhtem Wehrbedarf (Juweliere, Taxifahrer, Ladenbesitzer, etc.) und bei den Erwachsenen ab 30, die eine kampfsportliche und manchmal auch spirituelle Komponente für ihr Leben suchen (Als Ausgleich zum normalen Alltag, als späte Erfüllung eines Traumes, der früher an Eltern, Schule, Faulheit gescheitert ist, als Aufbereitungsarbeit von Gewalterfahrungen, als Komponente eines ganzheitlichen Bildungsstrebens, etc.)

Im sportlichen Bereich setzt für den kampfsportinteressierten Nachwuchs und auch fürs nachwachsende Publikum die MMA den Standard, ob das nun der alten Garde in Verbänden und Politik paßt oder nicht.
Zunehmende Regeleinschränkungen drängen das Judo nur weiter aufs Altenteil, statt es wie angeblich gewünscht, griffiger und markanter zu machen. (Es gibt übrigens Judoka, die in der MMA mithalten können. Das könnten Helden und Vorbilder sein.)

Was kann man diesen weglaufenden Personengruppen also bieten?

Die Halbstarken suchen kein immer stärker reguliertes Jackenraufen, sonst wären sie schon im Judo. Sie suchen üblicherweise auch keine richtige Sportkarriere, sonst wären sie im Fußball.
Sie suchen mehr oder weniger ehrlich nach einer Nahkampfausbildung, die es ihnen erlaubt, an der Bushaltestelle die Freundin zu beschützen und sich auf der Kirmes oder im Ghetto sicherer zu fühlen.
Das heißt, sie suchen wirksame Knock-Out-Schläge, wirksame Tritte, Würfe und Hebel die draußen auf der Straße funktionieren, sie suchen Zivilwaffen.
Sie suchen Schmerzabhärtung und Nehmerqualitäten.
Sie suchen eine Ausbildung zum Kämpfer, nicht zum Vereinskadersportler.
(Das gilt ganz ähnlich für Personen mit erhöhtem Wehrbedarf und Sicherheitsberufler.)

Und wo sie Sport suchen, denken sie nicht an olympisches Jackenraufen mit ständigen Regeländerungen sondern an MMA, an halbnackte Muskelhelden im BJJ-Bodenkampf, an spektakuläre Knock Outs im Ring.
Bas Rutten ist ein Held. Randy Couture ist ein Held. Die Gracies und die Dog Brothers sind Helden.
Wer ist der Kerl mit der Olympiamedaille? Muß man den kennen? ;)

Judo hat prinzipiell all das zu bieten, was die Halbstarken suchen, und ermöglicht die Bindung des Gewaltpotentials in einer sportlichen Kämpferethik.
Es ist alles da: Atemi, Stockkampf, Ne Waza,...
Aber es fehlen bei vielen Aktiven schlicht das ehrliche, ernsthafte Interesse und in der Regel die Fachkompetenz.
Zwischen den Interessen der Aktiven und denen der umworbenen Kampfsportfreunde klafft oft sogar ein unüberbrückbarer Graben.
"Schläge und Tritte gibt's im Judo nicht, jedenfalls nicht bei uns!" - Nun, dann gehen die Leute eben zum MT. Oder zu Combat Sambo, zu Krav Maga, ins MMA-Gym, etc.
Und wieder sind ein paar ehrlich und ernsthaft Interessierte vertrieben. Meistens für immer.
Und wenn sich Kids über Kampfkunst unterhalten, orientieren sie sich sicher nicht an den Aussagen eines Vereinspädagogen sondern an den Meinungen anderer Jugendlicher. Solcher Jugendlicher, die als stark, kämpferisch und selbstbewußt wahrgenomen werden.
Und das sind oft die, die man gerade eben vertrieben hat.

Was suchen die freizeitorientierten Erwachsenen?
Zunächst einmal suchen sie eine Betätigung für Erwachsene.
Lustige Kinderspiele, Kinderpädagogik, von Kindern dominierte Übungsgruppen, an Kindern orientierte Regeln, etc. führen dazu, daß man sich unwohl und irgendwie nicht ernstgenommen fühlt.
Diese Erwachsenen schlucken auch nicht einfach ein "das ist so" vom Trainer, sondern wollen fundierte Erklärungen, Hintergründe, Begründungen haben. Schließlich in sie nicht auf Arbeit sondern im Freizeitsport.
Warum übt man den Tai Otoshi in einer Weise, die nicht funktionieren kann, wenn er doch bei den Konkurrenten im BBT oder in der japanischen Koryu auf Youtube so prima funktioniert?
Wie heißt denn eigentlich diese Kata?
Was ist denn Kata überhaupt?
Worauf kommt es dabei an?
Warum haben die alten japanischen Haudegen denn soviel Zeit mit Kata verbracht, wenn sie offenbar nutzlos ist?
Sind die etwa nicht selbst auf die Idee einfacher Drills gekommen?
Wieso läuft man in der Kata so seltsam?
Was sind das für seltsame Messer- und Handkantenangriffe, und warum weiß eigentlich niemand hier, wieso das so gemacht wird?
Ergibt das, was der Obergürtel da zum Thema Kata und Tradition erzählt, überhaupt irgendeinen Sinn?
Wozu soll man eigentlich über 40 Würfe für die PO lernen, wenn über die Hälfte davon gar nicht richtig funktioniert, und man am Ende doch nur 3 oder vier so einigermaßen hinkriegt?
Was haben all die kaputten Rücken, Hüften und Knie eigentlich mit dem Gesundheitsideal der japanischen Kampfkunstradition zu tun?
Und so weiter und so weiter, Fragen über Fragen.

Judo hat ein Riesenproblem: Es ist fundamentales Wissen über den Sinn und die Funktionsweise der ureigensten Trainings- und Kampfmethoden verloren gegangen. Als Erwachsener steht man da erschüttert vor Leuten, die völlig hilflos sind, wenn man sie fragt, was sie da eigentlich treiben.
Aber damit ist Judo eigentlich tot! Denn dieses verlorene Wissen IST Judo. Nicht Medaillen, nicht Pokale, nicht Vereinssitzungen und Prüfungskommissionen sondern das Wissen um funktionierende und in der Kunst überlieferte Kampf- und Trainingsmethodik macht eine Kampfkunst aus.


Was müßte man also verbessern?
Angebote für Jugendliche müssen den Jugendlichen schonmal das bieten, was diese suchen.
Und das ist neben modernem populären Kampfsport, sprich MMA, waffenloser Nahkampf für die Straße. Abgestuft nach Gefährlichkeit der Situation. Auf eine Schubserei mit Tomoe Nage zu reagieren ist dämlich und kriminell. Entweder funktioniert es nicht, dann liegt man unter einem sehr aufgebrachten Gegner im Dreck. Oder es funktioniert, und man landet wegen gefährlicher Körperverletzung, eventuell mit Todesfolge, vor dem Staatsanwalt.
Die handelsübliche Lösung für Rangeleien unter Jugendlichen ist ein Jab auf die Nase. Und solche Konventionen spielen bei der rechtlichen und gesellschaftlichen Bewertung von Gewalthandlungen durchaus eine Rolle.

Um Jugendliche wieder verstärkt ans Judo zu binden und heranzuführen, muß man also die Judo-Atemi wieder ausgraben. Kanos Verbot, Atemi im Randori zu benutzen, ist heute unsinnig. Es gibt Schutzbekleidung für Leute mit Angst vor Verletzungen. Es gibt Protektoren für Zähne und Geschlechtsteile.
Wir haben heute Möglichkeiten, die Kano einfach nicht hatte.

Wenn man richtige seriöse SV anbieten und den kommerziellen Anbietern mal richtig an den Kragen will, gehört dazu aber nicht nur ein solides Training im Austeilen und Einstecken von Atemi, sondern auch Flucht- und Meidverhalten. Erkennen und Nutzen von Fluchtwegen. Herstellen von Öffentlichkeit beim Beginn eines Kampfes. Klares Kommunizieren der eigenen Opferrolle an potentielle Zeugen des Kampfes mithilfe von Körpersprache.
Elegantes und möglichst kampfloses Anbringen von Zwangs- und Abschreckungsmaßnahmen durch Hebel, Fesselung, Ashi Barai, Nahdistanzwürfe und Kyusho (Atemi Te).
Erste Hilfe, erste Brandbekämpfung, Wund- und Knockoutversorgung, Erstmaßnahmen zu Rettung und Bergung.
Messerabwehr - das heißt vor allem: frühzeitiges Erkennen von Messerangriffen, Schutzbekleidung und wie man sie im Berufsalltag, beispielsweise als Taxifahrer oder Bierzeltordner nutzt.
Und Zivilwaffen wie Kobutan, Pfefferspray, Elektroschocker, improvisierte Stock- und Strippenwaffen.
Es gibt sehr, sehr viel, was man anbieten könnte. Und abgesehen von den judoeigenen Kampftechniken hat man gerade auf Dorfebene viel Kompetenz rund um Rettungsmaßnahmen. THW, Feuerwehr, etc. sind ja meist nicht weit entfernt.
Aber man muß sich schlau machen.
Die Verbandsfunktionäre können hier helfen, indem sie wichtige Kontakte vermitteln, Seminare organisieren, Broschüren erstellen, Beratung bieten, Rabatte bei Anbietern von Seminaren und Material aushandeln, etc.

Und der Freizeitsport für Erwachsene? Hier fehlt wieder vor allem Know How.
Was steckt in den Katas eigentlich drin? Sind das wirklich nur irgendwelche Bewegungsabläufe oder haben diese einen bestimmten Grund? Womöglich einen, der auf den Schlachtfeldern Japans zu finden wäre?
Hier wäre ernsthafte Recherche zum Budo nötig.
Was ist das besondere an der Art, wie man in japanischen Kampfkünsten über den Boden gleitet?
Was ist Zentrumsarbeit?
Was ist Ki?
Was bedeutet "In Linie stehen"?
Warum steht das Schwert im Zentrum des Budo und nicht etwa die Friedfertigkeit?
Aus welchem Umfeld mit welchen Waffen, Rüstungen und Taktiken stammt eigentlich das Bewegungsarsenal des Judo?
Und wie drückt sich das in den Bewegungen und Kata des Judo aus?
Und findet man Anknüpfungpunkte an heutige Probleme und Konfliktsituationen?
(Was haben beispielsweise Schwerter und Damenhandtaschen, Yoroi und Winterbekleidung, Eisenhelm und Rucksack gemein?)
Wie kann es sein, daß man schon nach 10 Minuten Randori oder Drill fix und fertig ist, wo doch die Erfinder des Judoarsenals Stunden über Stunden in schwerer Rüstung mit voller Bewaffnung marschieren und kämpfen mußten? Auf glitschigem Boden?
Hat das vielleicht etwas mit den seltsamen kleinen Details in den alten Kata zu tun?
Zum Beispiel mit der Art zu laufen und die Hüfte einzusetzen?

All das ist verlorenenes Wissen, mit dem man aber begründen müßte, warum Judo so ist, wie es ist. Mit dem man erklären muß, was in den Kata eigentlich geübt wird.
Wo bestimmte "Formalismen" herkommen.
In den Vereinen muß man sich dafür interessieren statt neidisch und oft überheblich auf die erfolgreichere Konkurrenz zu schauen.

Auf Verbandsebene kann wieder bei der Beschaffung von Informationen und Material helfen: Kontakte, Beratung und Aufklärung, Seminare, Rabatte, wie wäre es mit einer Budo-Bibliothek?
Der kleine Vereinsmeier in Hintertupfing kann unmöglich nach Japan fliegen, um ein halbes Jahr bei einem alten Judoschläger zu trainieren und nebenbei noch japanische Geschichte studieren.
Aber auf Verbandsebene kann man solche Geschichten machen und die Früchte dann verteilen.

Man kann sehr viel machen, um Judo aus der Sterbebegleitung raus in eine neue Spitzenposition der modernen Kampfkunst- und Kampfsportwelt zu bringen. Judo könnte die Trends wieder anführen, statt ihnen beleidigt nachzujammern. Judo könnte verdammt sexy sein und hat in seinem Arsenal alles, was es dafür braucht: Eine moderne Kampfkunst, mit der man sich effektiv verteidigen und auch internationale Vollkontaktkämpfe in der MMA gewinnen kann. Eine ganzheitliche Kampfkunst, mit spannender Geschichte, gesellschaftlicher Relevanz, wertvoller und gesunder Körperschulung, die sowohl Herausforderung als auch Entspannung und Ausgleich bietet.

Leider müßten dazu vielzu viele erstmal ihre Vorurteile und Klischees ablegen und wieder die absoluten Grundlagen des Bujutsu studieren: Stehen, Laufen, Sitzen, Atmen, Heilen und Lindern, Schlagen, Treten, Umleiten, Kippen und ich fürchte fast auch: den Umgang mit dem japanischen Schwert.
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von MrK »

@ Fritz: Besser meiner Meinung nach "Judo auch als Selbstverteidigung verstehen". Da es unbestritten dazu gehört, aber nicht alles ist!

Da geht es aber mit den Problemen los --> Ich kenne viele Judotrainer die kaum bis gar keine SV können. (und dieses auch nicht wollen!)

Für mich wäre es wichtig das sich der Verband breit aufstellt und breit aus- und weiterbildet. Was die Vereine daraus machen ist etwas ganz anders. Vereine können auch sehr erfolgreich sein wenn er sich z.B. nur auf den Wettkampfsport spezialisieren, für den Verband ist das nicht der Königsweg.

Es ist richtig, wie Fritz schreibt, über Kosten und Bürokratie nachzudenken! Z.B. haben die Rückennummern einen geringen optischen Effekt, im Vergleich zu dem Aufwand (Kosten, aufnähen) die Sportler bzw. Verein dafür aufbringen muss.
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von kastow »

MrK hat geschrieben:Für mich wäre es wichtig das sich der Verband breit aufstellt und breit aus- und weiterbildet. Was die Vereine daraus machen ist etwas ganz anders. Vereine können auch sehr erfolgreich sein wenn er sich z.B. nur auf den Wettkampfsport spezialisieren, für den Verband ist das nicht der Königsweg.
:eusa_clap Volle Zustimmung! Zumal wir im Jûdô ja gleich drei Hauptziele benennen können:
Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE hat geschrieben:Since the establishment of Kôdôkanjûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind.
- Selbstverteidigung
- Körpertraining (Wettkampf, Fittness- und Gesundheitstraining wären wohl die modernen Ausdrücke dazu)
- Geistesschulung / Erziehungssystem
Mit dieser Drei-Einigkeit und der freien Entscheidung der Vereine vor Ort, welche dieser Schwerpunkte sie wie anbieten, könnte so an der Basis gewiss ein großes und buntes Potential abgeschöpft werden. DJB und Landesverbände könnten mit entsprechenden Schulungen, Projekten und Materialien die Vereine dabei tatkräftig unterstützen.
Herzliche Grüße,

kastow

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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von califax »

Mal als Beispiel, was die umworbene Zielgruppe der Kampfkünste so erlebt.
Und weshalb sie nicht mehr zum Judo geht sondern zur Konkurrenz:



Die Diskothek "Schauhaus" in dem MDR-Beitrag ist übrigens durchaus keine gefährliche Spelunke in irgendeinem Randviertel sondern eine durchaus renommierte bürgerliche Adresse in der City.
Und das Filmmaterial stammt von der Polizei. Die stand gutgelaunt daneben und hat zugeschaut. Und gefilmt.
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Kumamoto »

Für mich wäre es wichtig das sich der Verband breit aufstellt und breit aus- und weiterbildet. Was die Vereine daraus machen ist etwas ganz anders. Vereine können auch sehr erfolgreich sein wenn er sich z.B. nur auf den Wettkampfsport spezialisieren, für den Verband ist das nicht der Königsweg.
Ich sehe das ähnlich: Judo hat soo viele Facetten- Judo als Wettkampfsport, Judo als Lifetimesport, Judo-SV, Judo als Erziehungsweg, Judo als Fun-Sport bzw. Raufsport (vor allem im Kinderbereich) - und die gilt es unter einen Hut bzw. unter ein Dach zu bringen. Ableger wie BJJ (wobei ich hier nicht beurteilen mag, ob es sich um eine Tochter- oder Schwestersportart, -kampfkunst o.ä. handelt) könnten auch hier eine Heimat finden bzw. wiederfinden. In manchen Landesverbänden sind sogar Judo und Ju-Jutsu noch zusammen. Das könnte ein Vorbild sein.

Die Grenzen dabei sind fließend: Wer als Kind mit Fun-Judo (ein Begriff aus "Sundsvall") kann als Jugendlicher Wettkampfjudo betreiben, sich als Erwachsener dem "harten" Judo (Judo-SV) zuwenden und als Senior mit Lifetime-Judo anfangen. Diesen Platz bietet Judo. Es gibt nicht "das Judo" sondern nur "ein Judo", das in einer Vielzahl von Richtungen existiert.

Das zu managen wäre Aufgabe der Verbände (DJB+ LVs).
Der beste Weg meiner Meinung nach wäre eine Mitgliederbefragung, welchem Bereich sich die einzelnen Judoka zugehörig fühlen, was sie am Judo gut finden, was sie schlecht finden. Die Ergebnisse würden dann einen Ansatzpunkt liefern.
tom herold
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von tom herold »

Califax,
die Dinge, die du in deinem sehr lesenswerten Beitrag ansprichst, versuche ich (auch hier im Forum) seit Jahren zu thematisieren.
Vergeblich.

Letzten Endes kommt eigentlich immer als Antwort zurück, daß man sich zwar kleinerer Defizite bewußt sei, der prinzipielle Kurs aber sei richtig.
Also: weiter so!

Ich bezweifle, daß es im DJB Jûdôka gibt, welche in der Lage wären, eine wirklich effektive, wirklich realitätsorientierte SV auf die Beine zu stellen.
Daher ist auch zu bezweifeln, daß die von dir erwähnte Zielgruppe dem DJB zugeführt werden kann - und ich persönlich bezweifle zudem, daß der Verband diese Jugendlichen überhaupt WILL.

Kata ist inzwischen zu einem reinen Showtanz verkommen, den man lustlos bei Prüfungen abspult oder mit wichtiger Miene bei "Kata-Wettkämpfen" vorführt (ohne zu wissen, was man dabei eigentlich tut), dabei die Ästhetik und nicht die Funktionalität betonend.

Ich denke, daß allzuviele Funktionäre / Trainer aus einer Zeit stammen, in welcher der DJB seine "Sparten" (Aikidô, JJ, Karate) "in die Selbständigkeit entließ" (also auf deutsch: rauswarf) und daß diese Funktionäre / Trainer gar nicht WOLLEN, daß "sowas" ins "saubere Sportjudo" zurückkommt.
U.a. deshalb, weil sie es selbst nicht können und nicht möchten, daß das sichtbar wird.

Es wird zwar viel und gern davon geredet, das Jûdô wieder "attraktiver" zu machen, aber es wird das Gegenteil getan.
Man pfuscht halbherzig an ein wenig unfunktionaler "SV" herum und äußert auf Einwände hin beleidigt: "Wir wollen ja mit unserer SV gar keine Konkurrenz zu KM u.ä. sein!"
Ach nee ...?
Man überlegt, nun "gesundheitsbetonte" Angebote zu machen - WEM denn? Der Klientel der Feldenkrais-Schulen, des Rolfing, der Pilates-Studios ...?

Man ändert ständig und immer weniger nachvollziehbar die Regeln des Wettkampfs - es wird verboten, verboten, verboten was das Zeug hält.
Man fragt sich, wie wir unsere Wettkämpfe "damals" überhaupt überleben konnten, ungeschützt durch die heutigen Regeln ...
Und immer, immer gibt es eine große Anzahl an Jûdôka, die genau DAS gutfinden (oder es zumindest behaupten), was gerade en vogue ist. Mit solchen Leuten kann man nichts ändern.

Ich persönlich glaube nicht, daß man den DJB und seine LV reformieren kann.
Zuviel "Massebeharrungsvermögen".

Schau mal - über den DJJV sagte neulich jemand zu mir: "Diejenigen, die da was zu sagen haben, sind völlig festgefahren in ihren Ansichten. Ihre Dan-Grade, wenn sie diese nicht sowieso nur verliehen bekamen, haben sie mit dem unfunktionalen Zeug gemacht, über das heute nur noch gelacht wird. Glaubst du, die lassen zu, daß sich etwas ändert? Wie stehen sie denn dann da?"

Tja ...
Muß ja im DJB nicht ebenso sein, aber ehrlich - ich glaub nicht, daß da etwas wirklich Revolutionäres passiert.

FG
Tom


PS: Du hast geäußerrt, daß (ehemalige) Jûdôka sich hervorragend bspw. bei den MMA verkaufen und dort zeigen, was Jûdô sein kann.
Nun ja ... in einer noch nicht allzu alten Ausgabe des offiziellen Verbandsorgans des DJB wurde GENAU DAS angesprochen - und in äußerst plumper, polemischer und geradezu beleidigend-bösartiger Weise wurde ein japanischer Jûdôka da massiv verunglimpft, er wolle nur das schnelle Geld ... (Rubrik "Trainingstalk", ihr erinnert euch ...?)
Schon ulkig.
Eben noch gefeierter sehr erfolgreicher Olympionike, nun plötzlich "schlechtes Vorbild" ...
Ich kann den enstprechenden Beitrag im Judomagazin hier gern zitieren, falls jemand das nicht glaubt.

Wenn man also, statt stolz zu verkünden: "Seht mal, so gut ist Jûdô!" ein peinliche Gekreisch anfängt, dann weiß ich doch, wie es um die Chance steht, Jûdô als umfassende, vernünftige und komplette KK "wiederzubeleben".

Und daß sich BJJ in den DJB integrieren ließe, ist auch extrem unwahrscheinlich - warum sollten die ihre Selbständigkeit aufgeben ...?

Was "Tradition und Verständnis der Geschichte" angeht:
Ein hochgraduierter Jûdôka hat mir hier im Forum mal allen Ernstes erzählt, in Kime-no-kata müsse der Uke mit dem Schwert und dem Tanto NICHT umgehen können.
Mutô Dori war ihm kein Begriff.
Noch Fragen ...?

FG
Tom
Zuletzt geändert von tom herold am 20.10.2010, 14:46, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von califax »

Kumamoto hat geschrieben: Der beste Weg meiner Meinung nach wäre eine Mitgliederbefragung, welchem Bereich sich die einzelnen Judoka zugehörig fühlen, was sie am Judo gut finden, was sie schlecht finden. Die Ergebnisse würden dann einen Ansatzpunkt liefern.
Hmmm.

Also, um herauszufinden, warum diejenigen, die nicht dazugehören, nicht dazugehören wollen, möchtest Du diejenigen befragen, die dazugehören, weil sie unbedingt dazugehören wollen.

Die Wünsche derer, deren Wünsche bereits erfüllt sind, sollen aufgelistet werden, damit Du weißt, wie die Wünsche derer aussehen, deren Wünsche nicht erfüllt sind - und die Du nicht fragen willst.

Ich weiß nicht, welche Kunst Du da stärker malträtierst: Die Statistik, das Marketing oder die simple natürliche Logik. :D
"To possess a high grade means nothing. Ever since martial arts were born, the grade of someone is what he can do in battle."
(Kacem Zoughari.)
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Kumamoto »

Aber mal ganz ehrlich: Sind die anderen Verbände wirklich besser? Wir müssen versuchen mit dem zu arbeiten, was vorhanden ist. Vielleicht wäre es mal eine Idee, Externe miteinzubinden: Im aktuellen Judomagazin ist ein Artikel über den JSV Speyer: der dortige Vorsitzende hat "nur" den Gelbgurt, seinen Laden aber so organisiert, dass er brummt.
Auch beim Profisport sucht man sich Impulse von Experten, die nicht aus der eigenen Sportart kommen: Die TSG Hoffenheim hat sich mit Bernhard Peters auch einen Hockeyspieler ins Trainer-Team geholt und damit Erfolg gehabt.
Ich denke, es fehlt vor allem an Impulsen.
Stufen

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
Hermann Hesse, "Stufen"
califax
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von califax »

tom herold hat geschrieben: PS: Du hast geäußerrt, daß (ehemalige) Jûdôka sich hervorragend bspw. bei den MMA verkaufen und dort zeigen, was Jûdô sein kann.
Nun ja ... in einer noch nicht allzu alten Ausgabe des offiziellen Verbandsorgans des DJB wurde GENAU DAS angesprochen - und in äußerst plumper, polemischer und geradezu beleidigend-bösartiger Weise wurde ein japanischer Jûdôka da massiv verunglimpft, er wolle nur das schnelle Geld ... (Rubrik "Trainingstalk", ihr erinnert euch ...?)
Schon ulkig.
Eben noch gefeierter sehr erfolgreicher Olympionike, nun plötzlich "schlechtes Vorbild" ...
Ich kann den enstprechenden Beitrag im Judomagazin hier gern zitieren, falls jemand das nicht glaubt.
Das ist die Eifersucht des Verlierers. Judowettkämpfe sind einfach uninteressant geworden. Wenn nicht einmal eine WM die Mitgliederzahlen hochtreibt, gleichzeitig aber überall in den Dojos und Gyms und ja, auch in der Schulsporthalle beim Judodorfverein, ständig über MMA geredet wird und ob dieses oder jenes da im Ring eine Chance hätte - dann ist einfach klar, wohin die Reise geht.
Und das kriegt man auch mit Gremiensitzungen und Sprachregelungen und Konsensfindungsgesprächen nicht in den Griff.
Also wird halt verzweifelt die Konkurrenz verbellt und das Revier markiert und jeder "Überläufer" und "Nestbeschmutzer" mit Dreck beschmissen.
Aber Judo wird sich für zivilen Nahkampf, MMA und traditionelle ganzheitliche Schule fitmachen müssen oder es wird langfristig zu einer belächelten Nische verkommen - ein bißchen wie das Soccer in den USA: Tolle Kinderbespaßung, aber eigentlich nichts für richtige Männer.
"To possess a high grade means nothing. Ever since martial arts were born, the grade of someone is what he can do in battle."
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Kumamoto »

Also, um herauszufinden, warum diejenigen, die nicht dazugehören, nicht dazugehören wollen, möchtest Du diejenigen befragen, die dazugehören, weil sie unbedingt dazugehören wollen.

Die Wünsche derer, deren Wünsche bereits erfüllt sind, sollen aufgelistet werden, damit Du weißt, wie die Wünsche derer aussehen, deren Wünsche nicht erfüllt sind - und die Du nicht fragen willst.
Wie würdest Du denn anfangen?

„Soll es ein andrer Mensch sein? Oder eine andere Welt?
Vielleicht nur andere Götter? Oder keine?“

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califax
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von califax »

Kumamoto hat geschrieben:Aber mal ganz ehrlich: Sind die anderen Verbände wirklich besser? Wir müssen versuchen mit dem zu arbeiten, was vorhanden ist.
Alle größeren Verbände haben dieselben Probleme mit Bürokratien, mit Gremienpolitik, mit sturem Beharren auf offensichtlichen Fehlentwicklungen. Sind halt alles Menschen.

Aber Kompetenz läßt sich schaffen. Durch Recherche und Informationsverbreitung. Durch Lockerung der Regeln, die heute den Nachwuchs in andere Künste treiben. Durch Hilfsangebote. Wer lernen will, sich auf der Kirmes vor Angreifern zu schützen, müßte dazu nicht zum Boxen oder MT gehen.
Es gibt Judo-Tsuki und Judo-Geri. Und die sind genauso wirksam und wohldosierbar wie die Tritte und Schläge im MT, BBT oder Karate.
Woher ich das weiß? Weil Judo unter Kano sonst nicht die dominierende KK Japans geworde wäre. Man hätte die Judo-Adepten einfach windelweichgeprügelt.
Und weil diese Atemi in der DDR noch teilweise unterrichtet wurde. Zu meinen Kindheitserinnerungen gehört die Erinnerung an ein Pappbüchlein, in der sowohl die Atemi als auch die zugehörigen Kyushopunkte beschrieben wurden. Meine Schwester mußte das im Rahmen ihrer ZV-Lehrgänge lesen.
Aber ich sitze hier auf dem Dorf und kann nicht durch die Weltgeschichte reisen, um die Atemi irgendwo wieder auszugraben und zu lernen.
Ein Verband hat Ressourcen. Ein Verband kann einen Text erstellen, wo Judo-Tsuki mit den Tsuki des Karate, BBT, etc. verglichen und kontrastiert werden. Ein Text, aus dem man dann im Gespräch mit lokalen Karateka oder BBTlern den Judo-Tsuki in seiner vollen Pracht erschließen kann.
So entsteht dezentral Kompetenz, wenn die nötigen Informationen nur greifbar sind.

Nur: Möchte denn überhaupt jemand bei der Fachkompetenz nachrüsten? Oder sind die, die am Lernen interessiert sind, nicht sowieso schon alle auf dem Weg nach draußen?
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Kumamoto »

Meine Schwester mußte das im Rahmen ihrer ZV-Lehrgänge lesen.
Sorry, was ist denn ein ZV- Lehrgang?
califax
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von califax »

Kumamoto hat geschrieben:
Also, um herauszufinden, warum diejenigen, die nicht dazugehören, nicht dazugehören wollen, möchtest Du diejenigen befragen, die dazugehören, weil sie unbedingt dazugehören wollen.

Die Wünsche derer, deren Wünsche bereits erfüllt sind, sollen aufgelistet werden, damit Du weißt, wie die Wünsche derer aussehen, deren Wünsche nicht erfüllt sind - und die Du nicht fragen willst.
Wie würdest Du denn anfangen?
Bei Teenagern - in der Schule, auf den Berufsschulen, auf Rock- und Popkonzerten.
Fragen, ob diese an Kampfsport, Kampfkunst, SV, etc. interessiert sind. Und wenn ja - an welchen Kampfsportarten, ob sie selbst etwas betreiben, warum diese und nicht jene. Welche Komponenten besonders sinnvoll erscheinen, welche am meisten Spaß machen, welche Kampfsportevents man im Fernsehen oder im Internet besonders gern verfolgt, welche Kampfsportler man kennt, was am Judo anders sein müsste, damit es interessanter wird, etc.
Es gibt Profis für solche Umfragen. Die nennen das Erhebung oder Marktstudie. Die kann man beauftragen. ;)

Bei Erwachsenen wird es schwieriger. Es gibt Institute, die seriöse telefonische Umfragen erstellen.
Man könnte hier aber auch an Orte gehen, wo man schon mal sportlich interessierte Menschen antrifft: Kampfsportevents und -demos. Fußballspiele. Fitnesstudios. Sport- und Wehrmessen.

Und schließlich kann man die Konkurrenz beobachten. Mal an Schnuppertrainings teilnehmen. Schauen, warum die volle Hallen haben. Was das für Leute sind. Wofür die sich interessieren. Zuhören, worüber die Leute, auch die eigenen Schüler, reden. Auch wenn das leider nicht die Judoolympiade sondern die MMA ist.
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von califax »

Kumamoto hat geschrieben:
Meine Schwester mußte das im Rahmen ihrer ZV-Lehrgänge lesen.
Sorry, was ist denn ein ZV- Lehrgang?
Zivilverteidigung
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Re: DJB- Maßnahmen zur Basisstärkung?

Beitrag von Kumamoto »

Danke für die schnelle Aufklärung, dann dürfte Dich ja folgendes Ebay- Angebot schon aus nostalgischen Gründen interessieren:
http://cgi.ebay.de/Zweikampfausbildung- ... 2a0a88844d
Zum Thema Atemi habe ich folgendes bei Amazon.de gefunden:
http://www.amazon.de/Budo-International ... 116&sr=8-2
Ich denke, die Materialien sind schon da, aber man muss sie eben integrieren bzw. in den verbandseigenen Shop aufnehmen. Das wäre vielleicht ein Anfang und ein Zeichen des guten Willens. Du hast schon recht: Wenn ich das, was mich im speziellen interessiert nicht im eigenen Verband finde, fange ich an bei anderen zu "wildern". Deshalb nochmals mein Appell: Judo muss universaler verstanden werden.
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