Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

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mcdüse
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von mcdüse »

Lin Chung hat geschrieben:
Durch den "Standard" mit seiner standardisierten PO und seinen Einheits-Wettkampfregeln,
ist es halt pragmatischer beim Training nur das zu üben, was der Standard erfordert. Damit sind dann
innerhalb einer "Trainer-Generation" Techniken, Wissen usw. weg.
...du triffst den Nagel auf den Kopf. Was vor allem immer wieder enttäuschend ist, das alte Wissen will keiner mehr haben, da es ihnen anscheinend schwer fällt, es zu verstehen. Dabei ist das doch das leckerste am ganzen Kuchen.
Man möchte doch lieber alles light and easy. :eusa_clap
Sehe ich auch so, dass geht wieder in die Richtung: Warum brauchen Asiaten so lange um vermeintlich leichte Dinge zu perfektionieren (10 Jahre bis zum Teemeister, 10 Jahre zum Sushi-Koch .....)
Nach europäischer Meinung muss das doch irgendwie schneller und effizienter gehen, wenn man es methodisch nur richtig angeht.
Wir übersehen dabei aber, dass manchmal nur steter Tropfen den Stein höhlt, aber nicht ein schnell ausgeschütteter Wassereimer.
Gruß

McDüse

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Fritz
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von Fritz »

Ich sage nur: Versuche mal einen, der noch nie Beingreiftechniken machen durfte, wettkampftauglich darauf einzustellen. Zumindest, dass er nicht gleich durch eben eine solche Technik verliert.
Flexibilität hin oder her. Es ist relativ leicht jemanden dahin zu bringen, bestimmte Techniken nicht anzuwenden, aber jemanden neu anzugewöhnen, dass weitere Dinge erlaubt sind ... sicher schwierig.
Sehr richtig. Und deshalb sollte man sehr reiflich überlegen, bevor man sich entscheidet Techniken
im Wettkampf herauszunehmen. Und es sollte Nischen geben, wo die entsprechenden Techniken
erhalten bleiben. Und genau diese Nischen vermisse ich bei gegenwärtigen Handhabung von Seiten der IJF.
Ansonsten _muß_ ja niemand zu alternativen Regelsätzen kämpfen - man sollte aber können...
In Sachen Atemis gibt es da beispielsweise sicher eine Menge Spezialisten z.B. aus dem Bereich Karate, Tae Kwon Do, Jiu Jitsu oder Ju Jutsu, die uns viel vermitteln können, was weit über die Kenntnisse der meisten reinen Judoka hinausgeht, selbst wenn sie sich schon länger mit Atemis beschäftigen.
Trotzdem sollte man erstmal schauen, was/wie die Atemi des Judo sind. Und wenn es noch Judoka
geben sollte, die "echte Judo-Atemi" beherrschen, dann sollten diese der erste Anlaufpunkt sein...
Ist reiner "Pragmatismus"... ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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mcdüse
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von mcdüse »

Fritz hat geschrieben:Und wenn es noch Judoka
geben sollte, die "echte Judo-Atemi" beherrschen, dann sollten diese der erste Anlaufpunkt sein...
Habe mich bisher abgesehen von denen aus der Kime no Kata noch nie so intensiv mit reinen Judo-Atemis befasst (wobei die Techniken darin ja nun auch nicht gerade einzigartig sind). Gibt es darüber hinaus wirklich nochmal so spezielle Judo-Atemis?

Ich meine Tsuki-Dashi, Ushiro-Ate, Yoko-Ate, Naname-ate, Naname-geri etc. gibt es ja nicht nur im Judo und das man auf die Kyusho geht, ist ja nun auch praktisch überall so. Hast Du da Erfahrungen, was Judo spezifisch ist, bzw. wo man sowas gut nachschauen kann?
Gruß

McDüse

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Fritz
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von Fritz »

Hast Du da Erfahrungen, was Judo spezifisch ist, bzw. wo man sowas gut nachschauen kann?
Es gibt diese "Seiryoku Zenyo Kokumin Taiiku"-Übungsfolge... Nur dummerweise keine Videos/Beschreibungen im Netz, die diese vernünftig darstellen...
Bin da auch ein bißchen auf der Suche...
Auch wenn Du es wahrscheinlich nicht mehr hören kannst,
das bisher "Nachvollziehbarste" dazu habe ich in Urberach von Tom gezeigt bekommen... ;-)

Das Problem, was ich sehe bei Spezialisten aus Karate, Tae Kwon Do ist,
daß da komplett andere Trainingsmethodiken u. Herangehensweisen verwendet werden. Zwar ist das, was am Ende rauskommen kann beim Karate
letztendlich wieder eine Art Judo - immerhin gibt es all die schönen Würfe, Hebel, Würgen auch im fortgeschrittenen Karate, aber der Weg dahin ist schon sehr verschieden. Kann das jetzt nicht besser in Worte fassen.
Und Ju-Jutsu, welches Du auch aufführtest, ist ja hierzulande eh nur ein Gemisch aus Judo/Karate/Aikido/Box-Techniken, von daher etwas "außen vor". Naja und viele der ursprünglichen Ju-Jutsu-Stile aus Japan wurden ja von
Kano ins Judo integriert, von daher wäre sicherlich ein Studium einer solchen
Koryu zweckmäßig fürs Judoverständnis, nur sind entsprechend seriöse
Schulen (also mit echten Abstammungslinien u. befugtem Lehrern, d.h.
Menkyo-Kaiden-Inhaber) in Deutschland doch recht rar.
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von tutor! »

Ich bin gerade in "Sushi-Land", deswegen war ich auch ein wenig ruhiger in den letzten Tagen und konnte diesen Faden nur oberflächlich lesen. Gestern hatte ich ein sehr interessantes Gespräch mit einem japanischen Judoka und Funktionär - der übrigens neben allen derzeit lebenden Größen noch Leute wie Hirano, Kimura und Oda (dieser Oda vom Kosen-Judo) kannte. Ich werde so in etwa einer Woche wesentlich mehr zu dieser Thematik schreiben können, wenn ich noch einige Fragen losgeworden bin und Antworten bekommen habe. Ich werde auch mal gezielt nach (Judo-)Atemi fragen.

Einen Lesetipp habe ich aber schon. Alex Bennett: Jigoro Kano and the Kodokan. Ich weiß aber nicht, ob es schon im Handel ist oder ob es derzeit nur als Präsent verteilt wird.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von Reaktivator »

tutor! hat geschrieben:Einen Lesetipp habe ich aber schon. Alex Bennett: Jigoro Kano and the Kodokan. Ich weiß aber nicht, ob es schon im Handel ist oder ob es derzeit nur als Präsent verteilt wird.
Sicherlich ein sehr lesenswertes Buch - obwohl es im Moment noch nicht im Handel erhältlich ist.

Übrigens hatten wir eine kurze Diskussion zu diesem Buch ja vor einigen Monaten schon einmal hier: viewtopic.php?p=51559#p51559
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von kastow »

Fritz hat geschrieben:Es gibt diese "Seiryoku Zenyo Kokumin Taiiku"-Übungsfolge... Nur dummerweise keine Videos/Beschreibungen im Netz, die diese vernünftig darstellen...
Bin da auch ein bißchen auf der Suche...
Auch wenn Du es wahrscheinlich nicht mehr hören kannst,
das bisher "Nachvollziehbarste" dazu habe ich in Urberach von Tom gezeigt bekommen... ;-)

Das Problem, was ich sehe bei Spezialisten aus Karate, Tae Kwon Do ist, daß da komplett andere Trainingsmethodiken u. Herangehensweisen verwendet werden. Zwar ist das, was am Ende rauskommen kann beim Karate letztendlich wieder eine Art Judo - immerhin gibt es all die schönen Würfe, Hebel, Würgen auch im fortgeschrittenen Karate, aber der Weg dahin ist schon sehr verschieden. Kann das jetzt nicht besser in Worte fassen.
Falls du dich damit auf das so genannte Te-sabaki beziehst, finden sich in diesem Faden weitere Infos . Wer wie Ronin nicht extra einen Referenten quer durch die Republik anreisen lassen möchte, kann sich zum Beispiel auch an einen örtlichen Wing-Tsun*-, Krav-Maga- oder JKD-Anbieter wenden (*in welcher Schreibweise auch immer). Da sind eigentlich immer einige bei, die für ein Cross-Training (mit Wissensaustausch) zu haben sind. Zeigt ihnen z.B. die Kime-no-kata und fragt sie, welche Einzelübungen oder Drills aus ihrem Stil sie euch zur Angriffsaufnahme gegen Atemi empfehlen. Dann kommt ihr abhängig vom Stil zu ähnlichen Übungen wie Toms aus den FMA entlehnten (Te-sabaki-)Drills. Gerade WT lässt sich sehr gut mit Jûdô-Kata verschmelzen, ohne dass ein Stilbruch auffällt.
Herzliche Grüße,

kastow

Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)
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mcdüse
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Re: Das Ende des traditionellen Kodokan-Judo?

Beitrag von mcdüse »

Fritz hat geschrieben:Das Problem, was ich sehe bei Spezialisten aus Karate, Tae Kwon Do ist,
daß da komplett andere Trainingsmethodiken u. Herangehensweisen verwendet werden.
Nun ja, die Methodik sagt ja noch nichts über das angestrebte Ergebnis. Sicher wird in anderen KK anders an Atemis heran gegangen als im Judo. Dafür stehen sie z.B. beim Karate oder Tae Kwon Do ganz anders im Fokus.
Aber noch einmal an alle (natürlich inklusive tom herold) die Frage: Unterscheiden sich denn die Judo Atemis tatsächlich so von denen anderer KK?
(@Fritz: extra nicht in Deinem Grün ;) )

Ich halte wie gesagt den Weg, die Zusammenarbeit mit anderen KK anzustreben, ähnlich wie auch kastow das beschreibt, für eine sehr gute Möglichkeit. Zumal die Budoka aus diesen KK sich zum Teil schon sehr viel intensiver mit der Thematik der Atemis beschäftigt haben als die meisten Judoka. (Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen)
Den Horizont erweitert es in jedem Fall.
Gruß

McDüse

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