Ich möchte ein paar Punkte ansprechen und ein paar Fragen beantworten.
Bis etwa in die 20er Jahre wurden Graduierungen in erster Linie aufgrund von Kampfergebnissen verliehen. Regelmäßige Teilnahme an den Wettkämpfen im Kodokan - einmal im Monat - war meines Wissen Pflicht für alle. Wogegen sich Kano gewehrt hat, war das Ergebnis im Wettkampf als praktisch einziges Ziel der Judotreibenden. Ich möchte daran erinnern, dass die rot-weiß-Turniere im Kodokan zu den ältesten regelmäßig durchgeführten Wettkämpfen der Welt gehören (länger als die olympischen Spiele der Neuzeit oder die Tour de France). Erst mit Einführung der Alljapanischen Meisterschaften durch den Kodokan und mit einem Schwiegersohn Kanos als erstem Sieger(!) wurde der Weg in diesen "Championismus" - mit den bekannten von Kano kritisierten Exzessen - geebnet.
Zu den Kampfpunkten:
Ich fand die "a!te" Regelung eigentlich perfekt. Folgende Eckpunkte galten:
- Anerkannte Wettkämpfe: Meisterschaften und anerkannte Turniere (mussten vorher angemeldet werden, gab aber m.W. kaum Probleme)
- Punkte gab es nur für Siege mit Waza-ari oder Ippon (wurde aber nach meiner Erinnerung mehrfach geändert)
- Gegner 2 Grade oder mehr höher --> 2 Punkte
- Gegner 1 Grad höher --> 1,5 Punkte
- Gegner selber Grad --> 1 Punkt
- Gegner 1 Grade niedriger --> 0,75 Punkte
- Gegner 2 Grade niedriger --> 0,5 Punkte
- Gegner 3 Grade oder mehr niedriger --> 0,25 Punkte
- Mindestgrad des Gegners: 3. Kyu (keine Punkte gegen "Anfänger")
Mit den Kampfpunkten konnte man die Vorbereitungszeit zu den Prüfungen verringern
- Verringerung auf 1 Jahr --> mind. 15 Punkte (in diesem Jahr)
- Verringerung auf 2 Jahre --> mind. 10 Punkte (in diesen zwei Jahren)
- Mindestpunktezahl bei Prüfung nach drei Jahren --> 5 Punkte
Kampfpunkte wurden von Männern unter 30 Jahren und Frauen unter 25 Jahren benötigt. Zum 4. und 5. Dan gab es etwas längere Fristen - stehen im Judo-Brevier - aber ich hab aber gerade keines zur Hand. Wer durch ein Attest bescheinigt hatte, dass er
dauerhaft wettkampfunfähig ist, brauchte ebenfalls keine Kampfpunkte, konnte aber die Vorbereitungszeit auch nicht verkürzen.
Wer viel und erfolgreich gekämpft hat, konnte sich also schneller zur nächsten Prüfung anmelden als andere. Und für die anderen sind fünf Punkte in drei Jahren nun wirklich nicht die Welt gewesen. Wer also mit 14 Jahren 1. Kyu war, konnte mit 23/24 Jahren den 3. Dan machen ohne eine "Granate" gewesen zu sein.
Später konnte man auch mit Kampfpunkten die Vorbereitungszeit vom 2. Kyu zum 1. Kyu verkürzen.