Habe die Debatte verfolgt und mich daraufhin angemeldet.
Worum geht es hier eigentlich?
Was bitte ist der "Geist des Judos"?
Ich habe mir als interessierter Mensch alle Bücher zugelegt, in denen Kano etwas über Judo schreibt. (Niehaus, Watson, Mind over Muscle)
Ich kann aber nirgendwo eine Stelle finden, an der Kano etwas über einen "Geist des Judo" schreibt. Vielleicht kann mir da jemand helfen.
Jupp schreibt:
Den Geist des Judo gibt es tatsächlich, auch wenn er vielen noch nicht "erschienen" sein mag. In den Kampfregeln der JJF wird er erwähnt, wenn auch nur in dem Sinne, dass Judoka, die gegen diesen - nicht näher beschriebenen, und für viele nur schwer fassbaren - "Geist des Judo" verstoßen, von der Matte verwiesen werden können, also disqualifiziert werden.
In den Regeln der IJF steht das wirklich drin. Aber bei Kano steht nichts von einem "Geist des Judo".
Jupp schreibt:
Also: wer gegen den "Geist des Judo" verstößt, darf kein Judo machen.
Wie kann man gegen etwas verstoßen dass es nicht gibt?
"Geist des Judo" scheint mir eine Erfindung zu sein.
Kano schrieb dazu nichts. Oder irre ich mich?
Im neuesten Judomagazin stand etwas von Ulrich Klocke unter der Überschrift "Vom Geist des Judo".
Ich habe das gelesen.
Klocke erklärt dass die beiden Prinzipien Seiryoku Zenyo und Jita Kyoei die Werte des Judo sind und damit auch den Geist des Judo darstellen.
Ich hoffe dass ich das richtig verstanden habe.
Prinzipien sind aber keine Werte.
Sondern Prinzipien.
Klocke setzt aber zwischen Werte und Prinzipien ein Gleichheitszeichen und das halte ich für unzulässig.
Hier wurde außerdem immer noch nicht erklärt, was der "Geist des Judo" den nun konkret ist.
"Wer den Geist des Judo kennt der spürt ihn!"
Das ist eine Behauptung und keine Erklärung. Es ist eine Behauptung die im Nebel des Ungefähren verbleibt.
Aber lesen wir doch was Kano dazu sagt.
Angeblich ist Seiryoku Zenyo ja das "technische Prinzip".
Wir lesen in Mind over Muscle:
Seiryoku Zenyo, the principle of judo, can be applied to all aspects of social life.
(Mind over Muscle, S. 70, Hervorhebung von mir)
Thus I conclude that educators must first clarify the goals of intellectual training and teach the principle of seiryoku zenyo as the method of achieving these goals.
(Mind over Muscle, S. 68)
Genauso wenig ist Jita Kyoei das "moralische Prinzip".
Wie man oben sehen kann schreibt Kano dass Seiryoku Zenyo DAS Prinzip des Judo ist.
Sojo Sojou Jita Kyoei kann als Ergänzung gelten.
... how can seiryoku zenyo be applied when two or more people form a group?
(...) Thus, if a group of people lives together, not only can those people avoid offending each other, they can also help each other. There are things that cannot be done alone but need assistance of others. Furthermore, the virtues and strengths of one can complement and foster those of another. Accordingly, the situation affords advantages to each of them that they would not have alone.
This is called sojo sojou jita kyoei, which means mutual prosperity through mutual assistance and concession.
(...) Accordingly, the group can make the best use of its energy, just like an individual.
(Mind over Muscle, S. 70f.)
Es geht also gar nicht um ein "moralisches Prinzip". Es geht darum dass Jita Kyoei die Anwendung des Judoprinzips Seiryoku Zenyo auf eine Gruppe beschreibt.
Jupp schreibt:
Vielleicht besteht der Sinn des ganzen Judotrainings einzig und allein darin, den "Geist des Judo" für sich selber im Tun zu entdecken.
Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht hat Kano ja schon längst erklärt, wie es ist und Jupp muss den "Geist des Judos" gar nicht erfinden.
Falls ich mich irre, möchte ich gern ganz konkret erklärt haben, was das sein soll, der "Geist des Judos".
C.