Befreiungen am Boden / "Verarmung" des Judo

Hier geht es um die Trainingsgestaltung,-methodik,-formen.
Randoror
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Befreiungen am Boden / "Verarmung" des Judo

Beitrag von Randoror »

Grüße, werte Judokas.

Ich wollte mal fragen, ob ihr eine Seite kennt, wo ich mir ein paar Tips zum Thema Befreiungen aus Haltegriffen u.Ä. am Boden. Letztens im Training hab ich gemerkt, dass einem gut angewandten Haltegriff, selbst wenn der Angreifer schwächer ist oder gar ein Mädchen 8) , kaum zu entkommen ist. Da hat mich ein Mädchen festgehalten, kleiner, schwächer, aber erfahrener und ich kam einfach nicht raus. Bitte helft mir :rofl Mein Trainer hat mir nur wenige Möglichkeiten gezeigt, über weitere würde ich mich sehr freuen. Vielen Dank, MfG
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kastow
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Re: Befreiungen am Boden

Beitrag von kastow »

Guckst du hier: http://www.dasjudoforum.de/forum/viewto ... b71ffd8560 Dazu hättest du auch einfach in der Suchfunktion z.B. die Stichworte "Befreiung" und "Haltegriff" eingeben können. ;)

Unter dem Menüpunkt Videos findest du auch eine Menge, z.B. diesen Faden: http://www.dasjudoforum.de/forum/viewto ... b71ffd8560


Ein m.E. weiteres schönes Video findest du auch hier: http://video.google.com/videoplay?docid ... 1187144247
Herzliche Grüße,

kastow

Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)
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Re: Befreiungen am Boden

Beitrag von kataguruma »

Aus einer perfekt sitzenden Halte kann man sich eigentlich nicht befreien, daher sollte man erst gar nicht rein kommen bzw. sich nicht erst halten lassen bevor man Befreiungsversuche macht.
tom herold
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Re: Befreiungen am Boden

Beitrag von tom herold »

Aus einer perfekt sitzenden Halte kann man sich eigentlich nicht befreien, daher sollte man erst gar nicht rein kommen bzw. sich nicht erst halten lassen bevor man Befreiungsversuche macht.
Unsinn!
Nur weil du die (immer gültigen) Prinzipien effektiver Befreiungen aus Haltegriffen nicht kennst, hast du nicht das Recht, deine persönliche Meinung hier zum Dogma zu erheben.
Es ist sogar sehr leicht, aus Haltegriffen zu entkommen, da können sie so "perfekt" sitzen, wie sie wollen.
Wer das nicht glaubt, sei auf unsere Seminare verwiesen.
Fragt doch einfach mal die Wettkämpfer, die bisher an unseren Seminaren oder jetzt gerade an unserer Sommerschule teilgenommen haben, ob sie immer noch glauben, man könne sich aus "bombensicher" sitzenden Haltegriffen nicht befreien ...

Tom
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der_dude
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Re: Befreiungen am Boden

Beitrag von der_dude »

Mann Tom, ich geb Dir ja recht, aber dein Ton ist mal wieder echt bemerkenswert... Das kann man auch anders formulieren.
tom herold
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Re: Befreiungen am Boden

Beitrag von tom herold »

... ich bin einfach genervt, wenn jemand, der erkennbar so wenig Erfahrung hat wie der User "Kata-Guruma", so apodiktisch Dinge behauptet, die einfach unsinnig sind.
Ich sehe ihm seine mangelnde Erfahrung ja gern nach (er ist nun einmal, wie im Profil erkennbar, erst Braungurt, also Anfänger, und wir haben alle mal angefangen), aber wieso müssen ausgerechnet jene, deren Erfahrungsschatz so erkennbar klein ist, immer so unerschütterlich und selbstgerecht irgendwelchen Unfug posten?
Und bitte - wir sollten beim Them bleiben. Ich denke nicht, daß eine Debatte über meinen "Ton" irgendwen weiterbringt.

Tom
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MCS
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Re: Befreiungen am Boden

Beitrag von MCS »

Oh, ich persönlich denke, dass man aus einem perfekt sitzenden Haltegriff tatsächlich nicht herauskommt.

Die Frage ist aber, wie definiert man "Perfekt"? Hier liegt die Krux. Es ist nämlich sehr sehr schwer, wenn nicht fast unmöglich (nie nie sagen), einen Haltegriff perfekt zu halten und das Tori sich durch Uke zu keinen Fehlern hinreißen läßt.

Wenn Tori nämlich keine Fehler macht, hat es Uke schwer. Uke kann aber leicht Fehler bei Tori durch sinnvolle Verkettung von Befreiungsversuchen produzieren. Daher ist es m.E. sehr viel schwerer für Tori jemanden festzuhalten, als für Uke herauszukommen.

Ich spreche aus Erfahrung, in meinen ca 500 Wettkämpfen seit ich 7 Jahre alt bin, habe ich erst einmal durch einen Haltegriff verloren. Es war Udo Quellmalz, der mich annagelte. Und bei all meinen Möglichkeiten im Boden (die ich als recht hoch einschätze), war es mir unmöglich, bei ihm ein Fehler zu produzieren. Für mich war das ein perfekter Haltegriff (es machte Kesa-gatame). Ansonsten lege ich mich im Randori gern mal in einen Haltegriff, da ich nach meiner Befreiung stets ein schöne Position für meinen Angriff habe :)
Ein gesunder Geist lebt auch in einem gesunden Körper!
tom herold
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Re: Befreiungen am Boden

Beitrag von tom herold »

Ich kann dazu nur sagen, daß ich ein einziges mal in einem Haltegriff verloren habe - weil ich so unvernünftig war, verletzt anzutreten und mich daher nicht sinnvoll bewegen konnte.
Ansonsten bleibt es dabei: Haltegriffe sind kein Selbstzweck, sondern dienen dazu, den Uke vorübergehend so zu "immobilisieren", daß er mit sehr wenig Aufwand gehebelt oder gewürgt werden kann.
Ich denke nicht, daß man es tatsächlich als "Sieg" betrachten sollte, einen Gegner 25 sec lang festgehalten zu haben. Hebel, Würgegriff als Submission - klare Sache.
Haltegriff eine willkürlich festgelegte Zeit lang halten können (am besten noch gegen jemanden, der von Bodenarbeit nix versteht und sinnlose Befreiungsbewegungen versucht) und sich dann über einen "Sieg" zu freuen, halte ich für sehr fragwürdig.
Abgesehen davon: wer als Sportjudoka Haltegriffe favorisiert, der sollte sich unbedingt mal am Training der BJJ-Kämpfer beteiligen (am besten dazu Michael Haselein kontaktieren) und dann mal versuchen, die BJJ-Leute zu halten ...
Viel Spaß dabei.

Tom
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Hofi
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Re: Befreiungen am Boden

Beitrag von Hofi »

Hi!
Ja das mit den Haltegriffen ist so eine Sache.
Gegen eine gut sitzenden Haltegriff kann die Zeit im Wettkampf durchaus sehr kurz werden, ohne Zeitlimit finden sich meist Wege. Und wenn mein Gegner im Wettkampf keine ernsthaften Befreiungsversuche unternimmt, gibt es für mich zunächst keinen Grund was zu ändern, da ich den Wettkampf ja damit gewinnen kann. Nur wenn ernsthafte Gefahr der Befreiung droht (oder der Gegner es herausfordert), schwenke ich da um. Vorteil von Würgetechniken und Hebeln ist allerdings gerade im Wettkampf, der Erfolg ist schneller da, heißt weniger Engerieverbrauch, mehr verbliebene Power für den nächsten Kampf. Im Randori im Training ist der Haltegriff nur Mittel zum Zweck, um daraus andere Techniken zu entwickeln.
Bis dann
Hofi
Wer die Wahrheit sagt, braucht ein verdammt schnelles Pferd.

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Re: Befreiungen am Boden

Beitrag von tom herold »

... und damit kommen wir wieder mal weg vom eigentlichen Jûdô.
Im Wettkampf kann man also gewinnen, wenn man den anderen 25 sec festhält.
Diese Regel läßt sich mit einer authentischen KK nicht vereinbaren (ich würde so nicht gewinnen wollen!).

In einer seriösen, nicht rein auf den Sport ausgerichteten KK kann es so etwas wie "Siegen durch Festhaltegriff" einfach nicht geben.
Ich denke, genau hier wird der Unterschied deutlich zwischen dem Sportjudo und dem authentischen Jûdô.
Was davon man bevorzugt, ist natürlich Ansichtssache.
Tom
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Fritz
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Re: Befreiungen am Boden

Beitrag von Fritz »

@Tom: Wieso so engstirnig? Man kann es doch auch von der anderen Seite sehen:

Eine Verharren von 25 Sekunden im Festhaltegriff kann doch genauso
als "Aufgabebezeugung" bzw. Anerkenntnis der Überlegenheit des Gegners angesehen werden,
wie das Abklopfen oder Rufen von "Maitta" ;-)

Und selbst den KK-Gedanken kann ich Dir "konstruieren": In der heutigen Zeit, wo
"auf der Straße" gern mit n:1 (mit n>1) "gekämpft" wird, ist für die "1" es durchaus schon
die blutige Niederlage, wenn er von einem der "n"s ein paar Sekunden gehalten wird und sich
die restlichen "n-1" Angreifer am Opfer austoben können :-(

Ich würde es sogar begrüßen, wenn auch die Kontrolle eines Gegners in Bank- oder Bauchposition
als Festhalte zählen würde...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Syniad
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Re: Befreiungen am Boden

Beitrag von Syniad »

Als Untermauerung von Fritz' Gedankengängen möchte ich noch kurz etwas einwerfen: Ihr wisst ja, dass ich meistens keine Partner in meiner "Gewichtsklasse" beim Training habe. Und, mal ganz ehrlich: Ein 90-Kilo-Kerl braucht WENIGER als 25 Sekunden, um mich mit einem Haltegriff außer Gefecht zu setzen. Er muss sich nur mit einem kleinen bisschen Schwung (noch nicht mal viel, nicht genug, um mich zu verletzen zum Beispiel) geschickt auf meinen Brustkorb fallen lassen. Dann wird mir die Luft aus den Lungen gedrückt, und das ist unangenehmer als ein Würgegriff, der auf die Luftzufuhr geht, denn in dem Fall hat man noch Luft in der Lunge, um sie bei Befreiungsversuchen zu nutzen. Aber wenn sich ein gut Teil eines 80-/90-Kilo-Menschen (und so selten sind die ja nicht) auf meiner Lunge breitmacht, habe ich für Befreiungsversuche kaum noch Zeit! Ich kann es schlecht einschätzen, aber 25 Sekunden erscheinen mir da -bei starker körperlicher Aktion- fast schon etwas hoch gegriffen ;) .
Zugegeben brücksichtigt das jetzt nur meine Uke-Sicht. Wahrscheinlich sind meine "Toris" auch nicht unbedingt stolz darauf, so zu "gewinnen". Aber für mich da unten ist es eine glasklare Unterlegenheit.

Gruß,
Sonja
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Re: Befreiungen am Boden

Beitrag von jkano »

Ich muss sagen, teilweise stimme ich beiden Seiten zu. Ich persönlich habe jedoch schon mehrfach erlebt, dass Gegner, die "nur" mit Haltegriff besiegt wurden, hinterher sagten, sie wären ja nicht richtig besiegt worden, es wäre ja nur ein Haltegriff gewesen. Ich persönlich ziehe es vor, einen Haltegriff, wenn ich denn überhaupt einen ansetze, nur als Übergang zu einer Submission zu nutzen. Das ist sicherer und der Gegner kann nicht behaupten, es sei kein echter Sieg gewesen.
tom herold
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Re: Befreiungen am Boden

Beitrag von tom herold »

Hallo Fritz, hallo Syniad, ich kann nur von meinen eigenen Erfahrungen ausgehen - und die sagen mir, daß es selbstmörderisch gewesen wäre, in diversen Auseinandersetzungen jemanden am Boden "feshalten" zu wollen (da bspw. die dazugehörigen Popogeigen dann mit meinem Köpfchen Elfmeterschießen gespielt hätten).
Auch im "besten" aller Haltegriffe ist es nicht möglich, beide Arme bzw. Hände des Gegners zu kontrollieren. Das bedeutet, daß "Tori" sich exponiert, denn er muß sich ja zu einem Großteil auf jene Körperpartien des Gegners konzentrieren, die zu blockieren sind, damit der Haltegriff überhaupt wirkt.
Die Idee, mittels Haltegriff jemanden zu besiegen, ist vom Gedanken einer rein sportlichen Auseinandersetzung geprägt.
Und genau das hat mit Kampfkunst nichts mehr zu tun.
Denn: der sportliche Kontrahent ist kein wirklicher Gegner. Es geht nicht ums Leben - folglich hält man sich an vorher vereinbarte Regeln. Mit Verlaub - das ist Sport, und es ist unrealistisch, von einer solchen Situation auf tatsächliches Kampfgeschehen zu schließen.

Ich mache es euch nicht zum Vorwurf, aber die Sicht des Jûdô als Sport spricht deutlich aus euren Worten.
Haltegriffe als solche, als Selbstzweck, funktionieren NUR und ausschließlich im Sport.
Ich persönlich halte es für einen fatalen Fehler, dies gleichzusetzen mit dem, was in einem wirklichen Kampf passiert. Es ist tatsächlich niemand besiegt, den man Zeit X in einem Haltegriff hält - wobei "Regeln" ihm verbieten, sich effektiv und schnell zu befreien.
Nochmal: das ist Sport, das ist Spiel.

Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, daß Haltegriffe auch im Sportjudo bei weitem nicht so effektiv sind, wie immer angenommen wird.
Wenn man bestimmte grundlegende Bewegungsmuster im Bodenkampf verstanden hat, kommt man aus Haltegriffen raus, und zwar ohne Probleme.

Tom
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Re: Befreiungen am Boden

Beitrag von Lin Chung »

In der KKst ist mehr erlaubt, als mancher Sportjudoka sich denken kann.
Allein schon ein in die Haare greifen, Finger in die Nase, Augen, Genickhebel usw.
um einige wenige Sachen zu nennen.
Grüße
Norbert Bosse
ボッセ・ノルベルト

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Re: Befreiungen am Boden

Beitrag von Hofi »

Hi Tom,
wer sagt, dass man immer und bei allem auf ein wirkliches Kampfgeschehen schließen muss. Wenn ich auf einen Wettkampf gehe, kenne ich die vorgegebenen Regeln und halte mich an die. Und wenn es ein Gegner zulässt, dass ich ihn ohne die Notwendigkeit eines Hebels/Würgers durch Haltegriff besiege, dann ist das im Wettkampf halt so. Ich darf nur nicht auf die absurde Idee kommen, dass ich das auf der Straße auch so machen könnte.
Und als Verlierer dann zu behaupten es sei kein richtiger Sieg, ist schlicht Unsinn, denn man kannte die Regeln vorher.
Der sportliche Wettkampf und die Kampfkunst sind zwar unterschiedliche Ausprägungen, haben aber die selben Wurzeln.
Bis dann
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Re: Befreiungen am Boden

Beitrag von Syniad »

tom herold hat geschrieben: Ich mache es euch nicht zum Vorwurf, aber die Sicht des Jûdô als Sport spricht deutlich aus euren Worten.
Da hast Du wohl Recht. Aber vielleicht auch die Tatsache, dass ich eine Frau bin, gell? Und die Übergriffe, vor denen wir Frauen uns fürchten (mal mehr, mal weniger - man kann nun nicht sagen, dass ich mein Leben in panischer Angst vor Vergewaltigungen verbringe, im Gegenteil, man hat mir schon häufiger nachgesagt, zu sorglos zu sein, vor allem in Spanien), sind -statistisch gesehen- in der Mehrheit 1:1-Übergriffe, und -zumindest in meinem Fall wohl- IMMER Übergriffe eines deutlich Schwereren und welche, bei denen die Bodenlage gewünschtes Ziel sein wird. Mit anderen Worten: Wenn da jemand mit seinen 90 Kilo mit etwas Schwung auf meinen Brustkorb fällt und mir damit die Luft zum Atmen nimmt, ist das sicher nicht uneffektiv. Sicher auch noch kein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen, aber - wie gesagt - Zeit hat man ohne Luft kaum noch. Die muss man sich beschaffen, und dafür muss man sich bewegen, und dafür braucht man wiederum Luft... Darf ja jeder mal ausprobieren, wie lang er mit leerer Lunge ohne Atmen auskommt - das ist ein Unterschied zum Luftanhalten, jedenfalls bei mir.
Effektivität bemisst sich nach dem, was Ziel und Absicht ist, und da gibt es nun mal Unterschiede. Bei Kneipenschlägereien ist das bestimmt anders, aber die Chancen, dass ich auch die nächsten dreißig Jahre verbringen werde, ohne auch nur einer einzigen beizuwohnen, stehen gar nicht mal so schlecht.

Gruß
von 'ner Frau
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Re: Befreiungen am Boden

Beitrag von Jano »

Tom Herold hat geschrieben:Ich mache es euch nicht zum Vorwurf, aber die Sicht des Jûdô als Sport spricht deutlich aus euren Worten. ...
... Ich persönlich halte es für einen fatalen Fehler, dies gleichzusetzen mit dem, was in einem wirklichen Kampf passiert. Es ist tatsächlich niemand besiegt, den man Zeit X in einem Haltegriff hält - wobei "Regeln" ihm verbieten, sich effektiv und schnell zu befreien.
Nochmal: das ist Sport, das ist Spiel.
Ich denke der Unterschied zwischen "Spiel" und Ernstfall ist auch jedem Sportjudoka klar. Und ich denke auch, es macht einem Sportler auf dem ungewohnten Terrain "Straße" nicht unbedingt Probleme zu erkennen, dass er hier im Unterschied zum Wettkampf sein Knie auch mal eben dahin hämmern darf, wo es richtig weh tut. Oder das er im wahrsten Sinne des Wortes, auch mal beide Augen zudrücken muss. ;)
Man sollte schon berücksichtigen, dass ein Sportler trotz all seiner Unwissenheit über Jûdô, eventuell doch nicht ganz so naiv wäre, eine Auseinandersetzung auf der Straße mit 25 Sekunden Kesa-Gatame beenden zu wollen...

:danke
Wlad
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Re: Befreiungen am Boden

Beitrag von Wlad »

Jano hat geschrieben:
Tom Herold hat geschrieben:Ich mache es euch nicht zum Vorwurf, aber die Sicht des Jûdô als Sport spricht deutlich aus euren Worten. ...
... Ich persönlich halte es für einen fatalen Fehler, dies gleichzusetzen mit dem, was in einem wirklichen Kampf passiert. Es ist tatsächlich niemand besiegt, den man Zeit X in einem Haltegriff hält - wobei "Regeln" ihm verbieten, sich effektiv und schnell zu befreien.
Nochmal: das ist Sport, das ist Spiel.
Ich denke der Unterschied zwischen "Spiel" und Ernstfall ist auch jedem Sportjudoka klar. Und ich denke auch, es macht einem Sportler auf dem ungewohnten Terrain "Straße" nicht unbedingt Probleme zu erkennen, dass er hier im Unterschied zum Wettkampf sein Knie auch mal eben dahin hämmern darf, wo es richtig weh tut. Oder das er im wahrsten Sinne des Wortes, auch mal beide Augen zudrücken muss. ;)
Man sollte schon berücksichtigen, dass ein Sportler trotz all seiner Unwissenheit über Jûdô, eventuell doch nicht ganz so naiv wäre, eine Auseinandersetzung auf der Straße mit 25 Sekunden Kesa-Gatame beenden zu wollen...

:danke
Moin, diese Aussage kann man so nicht stehen lassen. Das Problem ist die Konditionierung - wie man trainiert, so handelt man unter Stress auch. Ich durfte diese unangenehme Erfahrung öfters im BJJ - Training machen - als ehemaliger "Judoka" des DJB hab ich mich oft in die Bank gedreht, auch wenn ich wusste, dass das Blödsinn ist - es dauert einfach, antrainierte Reaktionen zu ändern/löschen. Zudem lernt man als Sportjudoka allzu selten, den Gegner aus dem Haltegriff zu finishen.

Grüße
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judoka50
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Re: Befreiungen am Boden

Beitrag von judoka50 »

"Judoka" des DJB hab ich mich oft in die Bank gedreht, auch wenn ich wusste, dass das Blödsinn ist - es dauert einfach, antrainierte Reaktionen zu ändern/löschen.
Dann bist Du ein wenig falsch ausgebildet worden. Bodenkampf ist nicht Verteidigung durch einigeln oder "dicht" machen.
Bodenkampf lebt vom "eigenen Angriff" und das geht nicht auf dem Bauch liegend oder in der Bank. Das ist ein Zeichen von fehlenden Angriffstechniken im Boden. Man sollte seinen Schülern auch nicht beibringen, sich nach einem missglückten Wurf, ob von Uke oder Tori, auf den Bauch zu drehen und dicht zu machen. Ganz im Gegenteil, auf den Rücken und die Situation im Boden zum Angriff nutzen. Darum lernen wir als Judoka auch Rückwärts fallen "mit Liegenbleiben", bzw. auch bei anderen Fallübungen, im Gegensatz zur SV, wo man nach der Fallschule bis in den Stand weiterrollt.
Viele Grüße
U d o
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