Erstmalige Verwendung des Judobegriffs

Hier geht es um die Geschichte und um Traditionen des Judo
tom herold
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Begriff Jûdô

Beitrag von tom herold »

@Judo49: Ich kann deinem letzten Beitrag nicht ganz folgen. Was, bitte, willst du mit der willkürlichen Anordnung diverser Begriffe darstellen?
Yawara, Kogusoku und Kumi Uchi (eigentlich Yoroi Kumi Uchi) bezeichnen alle mehr oder weniger präzise das sogenannte "Ringen in Rüstungen", was auch als "waffenloser Nahkampf" fehlinterpretiert wurde. Dabei kamen nämlich durchaus kleine, verdeckt getragene Waffen zum Einsatz.
Ringen in Rüstungen bedeutete, auch kämpfen zu können, wenn die Klinge des eigenen Schwertes gebrochen war. Dann galt es, den Gegner möglichst niederzuringen, um ihn danach mit einem Kodachi genannten Dolch zu töten.
Ich verstehe jetzt nicht so ganz, welcher Zusammenhang da mit den anderen von dir aufgeführten Bezeichnungen bestehen soll (besonders beim Torite).
Und der Begriff Samurai in diesem Zusammenhang irritiert mich auch ein wenig.
Möchtest du die von dir genannten Bezeichnungen vielleicht ausführlich erklärt haben, oder warum hast du sie sonst gepostet?
Bitte erläutere deine Gedankengänge, damit es nicht so aussieht, als ob du wahllos einfach irgendwelche Begriffe in die Debatte wirfst.
Freundliche Grüße
Tom
BadenIkkyu

Zu dem Beitrag von judo49

Beitrag von BadenIkkyu »

Da muß ich Tom zustimmen. Auch ich kann so damit nichts anfangen. Obwohl ich einige der Begriffe kenne.Also bitte judo49 erkläre was du sagen willst damit...... :danke Ansonsten ist der Beitrag nicht verständlich
yamamoto

Beitrag von yamamoto »

Hallo Tom...
Interessant dazu auch Inazo Nitobe, der den Begriff Bushido prägte, der im feudalen Japan nirgends schriftlich erwähnt wurde, soweit ich meinen Quellen vertrauen kann ...
Kannst Du. Nitobe ist mittlerweile nicht ganz unumstritten, was seine Kompetenz angeht. Und damit die Relevanz für Studien des Bu(shi)dô.
Außenstehenden immer wieder herablassend belehren lassen, daß es nu sooo aber ganz gewiß nicht ginge ... und daß die von uns geforderte Disziplin im Training bspw. faschistoid sei... militärischer Hierarchie...
Im Nachkriegsdeutschland gilt ja jede Form von Autorität als faschistoid und militärisch-diktatorisch. Da werden jetzt schon die Grundlagen für ein falsches Geschichtsverständnis geschaffen. Aber man muß auch zugeben, daß Budô einer der Träger der japanischen Ideologie im Zweiten Weltkrieg war. Und die militärischen Strukturen sind im gesamten Erziehungssystem bis heute vorhanden. Budô lehrt uns Werte, die man m.E. für den Erhalt des Staates wie auch für die Erziehung im freidenkerischen Sinne verwenden kann. Was man draus macht, ist das, worauf es ankommt. Aber diese "Wir-müssen-uns-alle-liebhaben"-Haltung ist es zwangsläufig nicht.
Dabei kamen nämlich durchaus kleine, verdeckt getragene Waffen zum Einsatz.
Manmuß sogar noch einen Schritt weitergehen: Es ist - das gilt zumindest für das Okinawa Kobudô und das Karate im heutigen Sinne - falsch davon auszugehen, daß es von vorneherein rein waffenlose Kampfkünste gegeben haben soll. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, daß es im Nihon Kobudô nicht ebenso sein soll.
tom herold
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Erstmalige Erwähnung ...

Beitrag von tom herold »

Hallo Yamamoto, du hast Recht. In den Schulen des Koryu Bujutsu wurde zuerst und vor allem der Umgang mit Waffen gelehrt. Die meisten Schulen des Koryu Bujutsu waren dem Katchu Bujutsu zuzurechnen, also den "Schlachtfeld-Kriegskünsten". da war der "unbewaffnete Nahkampf" in welchem kleine, verdeckt getragene Waffen zum Einsatz kamen, eher als Notbehelf, als letztes Mittel anzusehen.
Ein wenig anders ist das bei jenen Ryu-ha, die dem Suhada-Bujutsu, also den sogenannten "Leibwächter-Stilen" zuzuordnen sind ...
Tja, das dazu.
Freundliche Grüße nach Japan!
Jiko no Kansei!
Tom
yamamoto

Beitrag von yamamoto »

:danke

Tom, Du bist der erste Jûdôka, den ich kenne, der Ahnung von solchen Dingen hat. Das ist eine Seltenheit im deutschen Jûdô (zumindest empfinde ich das so).
da war der "unbewaffnete Nahkampf" in welchem kleine, verdeckt getragene Waffen zum Einsatz kamen, eher als Notbehelf, als letztes Mittel anzusehen.
Wie mein Iaidô-Lehrer meinte: Die Samurai waren linke Hunde ;)
tom herold
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Begriffserläuterungen

Beitrag von tom herold »

Hallo Yamamoto, da hat er Recht, dein Iaidô-Sensei.
Interessant dabei dürfte wohl sein, daß Ehre, Treue und derlei Dinge im Zusammenhang mit den Samurai vor allem deshalb so hervorgehoben wurden (besonders rückblickend-verklärend in der Meiji-Epoche!), weil sie die absolute Ausnahme darstellten und keineswegs die Regel waren.
Es war eben nicht das erklärte Ziel eines jeden Samurai, heldenhaft für seinen Fürsten zu sterben. Wie jeder Mensch wollte auch jeder Samurai überleben. (Daß Samurai den Heldentod geradezu suchten, ist Propaganda der Meiji-Epoche - es wurde eine neue Armee aufgebaut, und diese Armee mußte geeint werden. Dazu eigneten sich die angeblichen Tugenden der Samurai, die nunmehr jeder Japaner verinnerlichen sollte ...)
Es wurden, wie jeder Historiker weiß, die Schlachten im feudalen Japan sehr, sehr oft durch Verrat entschieden - siehe Sekigahara.
Die im (erst 1889 entstandenen) "Bushido" proklamierten "kriegerischen Tugenden" der Samurai sind Wunschdenken, welches sich schon im (nebenbei gesagt unsagbar blöden!) "Hagakure" des Tsunetomo wiederfindet ...
Da all diese Dinge imho Grundwissen eines jeden Bûdôka sein müssen, der über den 3. Dan hinaus graduiert ist, kann ich nicht verstehen, wieso es so viele Bûdôka gibt, die von all dem nichts wissen ...
Tja, das dazu.
Freundliche Grüße
Tom
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Clonk
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Beitrag von Clonk »

yamamoto hat geschrieben:Tom, Du bist der erste Jûdôka, den ich kenne, der Ahnung von solchen Dingen hat.
Ich empfinde eher, dass ihr beide diejenigen seid, die hier die Welt erklären - oder eben Judo.
Dass die Samurai teilweise zu unrecht so gerecht, treu dargestellt wurde war mir allerdings auch bekannt.
Sekigahara stellte einen Wendepunkt in der japanischen Geschichte dar. Durch den Sieg in dieser Schlacht gelang es dem Haus Tokugawa, seine Vormachtstellung in Japan zu festigen. Im Laufe der nächsten fünfzig Jahre gab es zwar noch einige kleinere Aufstände, aber das Land wurde letztendlich befriedet.
So hab ich das mal aus Wikipedia rauskopiert, als ich irgendwann ein Referat gemacht habe.
Gruß,
Clonk
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Beitrag von Gast 0 8 15 »

Clonk schrieb:
So hab ich das mal aus Wikipedia rauskopiert
Mh ich kenne mich mit der Geschichte fast gar nicht aus, aber hast du auch Quellen außer Wikipedia denn dort wird meiner Meinung nach zimlich viel "Unfug" geschrieben das liegt denke ich mal daran das da jeder schreiben kann was er will. Es mag stimmen ich weiß es nicht! Aber Wikipedia ist eine Seite die meines Achtens nicht gerade sehr glaubwürdig ist.
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Clonk
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Beitrag von Clonk »

yamamoto

Beitrag von yamamoto »

Da all diese Dinge imho Grundwissen eines jeden Bûdôka sein müssen, der über den 3. Dan hinaus graduiert ist, kann ich nicht verstehen, wieso es so viele Bûdôka gibt, die von all dem nichts wissen ...
Ich denke auch, daß man sich eigentlich mit den grundlegensten Fakten vertraut machen sollte. Aber wie das so ist: keine Zeit, keine Lust, "ich mach' doch nur meinen Sport" usw.

Man muß aber auch vielen nachsehen, daß sie einfach kein oder nicht ausreichend Englisch können, um entsprechende Bücher zu lesen. Ich empfehle z.B. gerne das Buch von Arakaki Kiyoshi. Erster Kommentar: Boah, ist das teuer. Zweiter Kommentar: Das ist ja auf Englisch.

So beschränkt sich jeder halt selbst.
Ich empfinde eher, dass ihr beide diejenigen seid, die hier die Welt erklären - oder eben Judo.
:eusa_dance Yeah... Das ist doch mal nett. Und das, wo ich gar kein Jûdô mache...

BTW: Budôka ;)
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Kein Judo ???

Beitrag von Judomax »

:eusa_think Was und ich dachte, dass du wie Tom so ein richtiger Judoexperte der zu allem alles weiß bist. Tja so irrt man sich.

hm... das Buch von Nitobe hab ich gelesen und was stimmt jetzt daraus und was nicht ??? Ich fand es ziemlich aufschlussreich aber ihr habt mich langsam skeptisch gemacht. Naja ;)

Gruß Maxi
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yamamoto

Beitrag von yamamoto »

Was und ich dachte, dass du wie Tom so ein richtiger Judoexperte der zu allem alles weiß bist.
Wie, Du wußtest das gar nicht, daß ich gar keine Ahnung von Jûdô habe? Das finde ich stark. Hätte ich mal nix gesagt :cry:
Ich erlebe die selben Dinge wie Tom im Karate und ich kämpfe genauso wie Tom dagegen an. Vielleicht kommt das da her...
das Buch von Nitobe hab ich gelesen und was stimmt jetzt daraus und was nicht
Ich fand das Buch von Nitobe unerträglich zu lesen und habe es nach der Hälfte entnervt weggelegt. Ständig wurden westliche Philosophen genannt und zitiert. Was hat das mit Budô zu tun? Und Nitobe war jemand, der dem Drang nach dem Westen erlegen war. Ob er bewandert war in den KK gilt meines Wissens nach als unwahrscheinlich.
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Christian
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Beitrag von Christian »

Hallo yamamoto,
Man muß aber auch vielen nachsehen, daß sie einfach kein oder nicht ausreichend Englisch können, um entsprechende Bücher zu lesen. Ich empfehle z.B. gerne das Buch von Arakaki Kiyoshi. Erster Kommentar: Boah, ist das teuer. Zweiter Kommentar: Das ist ja auf Englisch.
Ich denke es ist auch ein Problem zwischen den einzelnen Büchern / Quellen zu unterscheiden. Wenn man vorne anfängt und Bücher studiert, woher weiß ich, dass diese Bücher die "Wahrheit" wiedergeben und nicht eine Meinung oder Sichtweise die nur der Autor für richtig hält? Man muss doch erstmal wissen, dass die Geschichte, welche in den deutschen Judobüchern abgedruckt wird, nicht richtig ist, bzw. Fehler enthält.
Ich finde eure Beiträge gut und interessant, nur muss man "uns" bzw. mir jetzt auch Zeit geben sich mit dem Thema näher zu beschäftigen (Bücher zulegen und in Ruhe studieren) ;)
schöne Grüße
Christian
yamamoto

Beitrag von yamamoto »

dass diese Bücher die "Wahrheit" wiedergeben und nicht eine Meinung oder Sichtweise die nur der Autor für richtig hält?
Das ist eine so deutsche Sichtweise: "Es muß eine Wahrheit geben, alles andere ist dann zwangsläufig falsch." (Deswegen funktioniert das auch so gut mit unseren Sportordnungen und unserer Bürokratie in den Kampfkünsten.)

Was ist denn "die" Wahrheit? Warum dürfen keine unterschiedlichen Sichtweisen nebeneinander existieren?

Wenn ich mit meinen Katas in Deutschland auflaufe heißt es: Du macht das falsch. Ergo muß mein Lehrer mir falsche Sachen gezeigt haben. Oder ist es doch möglich, daß es Unterschiede zwischen den Dôjôs gibt?

Ein anderes Beispiel: Die großen Diskussionen werden immer um solche unwichtigen Sachen geführt wie zB. mit welchem Bein man sich zuerst abkniet. Es ist üblicherweise das linke. Wegen Samurai und Schwert und blablabla. In unserem Dôjô nehmen wir das rechte. "Warum?" habe ich gefragt. "Weil ich das so gelernt habe" sagt Sensei. Diskussion Ende.

Es ist falsch mit dem rechten Bein zuerst abzuknien? Ok... Dann hat Nakayama Masatoshi, der Begründer der JKA und der Mann, der Karate in der Welt populär gemacht hat, es also falsch gemacht...

Natürlich geben Autoren ihre Sichtweise wieder. Das ist auch richtig so. Ich kann nichts lernen, wenn alle den gleichen Kanon singen und keiner weiterforscht.
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Beitrag von Christian »

Hallo,
Was ist denn "die" Wahrheit? Warum dürfen keine unterschiedlichen Sichtweisen nebeneinander existieren?
Natürlich darf es unterschiedliche Sichtweisen geben. Ich hatte einen anderen Gedankenhintergrund, als ich den Beitrag geschrieben habe. Mir ging es z.B. über die wörtliche Übersetzung von Judo bzw. woraus Judo entstanden ist und bei solchen Sachen gibt es IMHO eigentlich keinen großen Spielraum.
schöne Grüße
Christian
tom herold
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Budo

Beitrag von tom herold »

Hallo Yamamoto, schön, mal jemanden zu fnden, der all diese Dinge ebenso erlebt und offenbar die gleichen Konsequenzen gezogen hat ... ;)

Zu Inazo Nitobe und dem "Bushido":
Man kann den Begriff "Bushido" im feudalen Japan der Tokugawa (und auch früher!) nirgends nachweisen.
Dieser Begriff existierte nicht!
Inazo Nitobe schrieb selbst - und das kann man im "Bushido" nachlesen - daß er diesen Begriff geprägt, also erfunden habe.
Es gab im alten Japan definitiv keinen für alle Samurai verbindlichen Verhaltenskodex. Ein solcher nämlich wäre schriftlich festgehalten und weitergegeben worden. Das aber ist nicht geschehen.
Die Japaner haben seit über zweitausend Jahren wahre Gebirge von beschriebenem Papier fabriziert - und ausgerechnet etwas so Wichtiges wie einen Verhaltenskodex, der für alle Samurai unbedingt gültig gewesen sein soll, haben sie nicht aufgeschrieben?
Um mit Livius zu sprechen: "Credat Iudaeus Apella!"
Wie gesagt, es gab im alten, feudalen Japan keinen einzigen schriftlichen Beleg für etwas, das sich "Bushido" nannte.
Auch das unsagbar blöde "Hagakure", in welchem sich ein Beamter des späten 18. Jahrhunderts namens Tsunetomo darüber ausläßt, was er sich so unter den Samurai der Vergangenheit vorstellt, kann nicht als "Vorläufer" des Bushido gesehen werden (von anderen Werken ganz zu schweigen).
Das "Hagakure" war nur wenigen Menschen in der Domäne Nabeshima auf Kyushu bekannt und wurde erst im Jahre 1887 in ganz Japan populär.

Inazo Nitobe wußte denkbar wenig über die japanische Kultur de Tokugawa-Epoche, der Azuchi-Momoyama-Zeit usw.
Er schrieb seinen "Bushido" als Antwort auf die Behauptung eines gewissen Dr. Smith, es habe "nur in Europa jemals so etwas wie Rittertum und ritterliche Tugenden" gegeben.
Nach Erscheinen des "Bushido" wurde Nitobes Werk sehr schnell in der neugegründeten japanischen Armee populär, denn es eignete sich hervorragend zur Propagierung "japanischer Tugenden, die bis zu den Samurai zurückreichten".
So, DAS ist der Hintergrund des "Bushido".
Ich kann es nicht mehr hören, wie sich fehlgeleitete Romantiker bar jeder Sachkenntnis zu diesem Thema äußern und ihre seltsamen Interpretationen der japanischen Kampfkünste vom "Bushido" herzuleiten versuchen (schaut euch mal die HPs diverser KK an - auf jeder zweiten steht irgend ein Unfug über "Bushido" und darüber, wie edel man doch sei, wenn man diesem "Weg des Kriegers" folge .., was für ein Stuß!)
Aus diesem Grunde habe ich nun versucht, die ganze Sache mal ein wenig zu erhellen ...
Freundliche Grüße
Tom
Judomax
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Beitrag von Judomax »

Hm... dann mal wieder was gelernt danke an unsere beiden Japanische-Geschichte-Experten :danke
Aber die Frage stellt sich dann trotzdem warum soviele KK-HPs diese Begriffe verwenden :?

Gruß Max
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Beitrag von ctjones »

Schlicht und einfach, weil es sich so verbreitet hat, wahrscheinlich, wie Tom schon sagte, weil es so toll klingt.

"Ich mache mit bei dem Ehrenkodex .... Tradition der Samurai .... Jiu Jitsu ist einfacher und verbreiteter als Koryu Bujutsu "
Bitte versteht mein Verhalten als Zeichen der Ablehnung, mit dem ich euch Gegenüberstehe. (Rebel, Die Ärzte)
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Beitrag von Judomax »

Hm... Ja klingt plausibel. Aber warum gibt es so viel Unwahrheiten in diesen und der Judogeschichte ??? Ich finde das sehr schade :cry: da weiß man nichtmehr was man glauben soll. :angry9

Gruß Max
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Verwirrung der Begriffe

Beitrag von tom herold »

Hallo Judomax, ich kann dir sagen, warum es so viel Unfug in Bezug auf die Geschichte des Jûdô, die Geschichte der japanischen Kampfkünste allgemein und über die Samurai gibt:
Erstens wurden derlei Dinge von Europäern von Anfang an zum größten Teil falsch verstanden.
Zweitens waren die Informationen, welche nach Europa (und damit auch nach Deutschland) gelangten, sehr unvollständig, um es mal vorsichtig auszudrücken.
Drittens meinten vor allem Deutsche, bestimmte Begriffe, welche im Zusammenhang mit den KK, mit den Schriften des Laotse, des Konfutse usw. auftauchten, nach westlichen Maßstäben interpretieren zu dürfen. (Wir sollten nicht vergessen, daß zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine unerträgliche westliche Überheblichkeit weitverbreitet war, derzufolge alles, was nicht aus Europa kam, kulturell und intellektuell minderwertig war und der Aufbereitung, der Anpassung an westliche Maßstäbe bedurfte.)
Viertens meinten vor allem in Deutschland einige eher untalentierte, ja regelrecht unbedarfte Leute, die japanischen Kampfkünste (von denen sie bitter wenig wußten) "verbessern" zu dürfen. So enstand das, was man in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts als "deutsches Jiu Jitsu" ansah.
Die albernsten Vertreter dieser Richtung waren Erich Rahn und Wolfram Werner.
Rahn behauptete, er hätte "Jiu Jitsu" von Higashi gelernt.
Katsukuma Higashi aber war ein Jûdôka des Kodokan, der unautorisiert mit dem Engländer Hancock zusammen ein Buch über "Kano Jiu Jitsu" in England herausbrachte und daraufhin (und vor allem, weil das Buch viele Fehler enthielt - Higashi war eben nur 1. Dan!) von Kano aus dem Kodokan 'rausgeworfen wurde.
Außerdem hielt sich Higashi insgesamt nur 6 Monate in Deutschland auf. Was kann Rahn (wenn die beiden tatsächlich jeden Tag trainiert hätten) also schon von Higashi gelernt haben?
Man merkt Rahns Techniken an, daß er sie aus Higashis Buch entnommen hat - das dürfte die einzige Gemeinsamkeit zwischen den beiden sein. All die Kämpfe, welche Rahn dann gegen Boxer und Ringer "gewann", waren abgesprochene Zirkus-Kämpfe und entsprachen dem, was man heute als Show-Wrestling kennt.
Dennoch wird Rahn heute noch immer von einigen Unwissenden ernstgenommen und als "Vater des Jiu Jitsu in Deutschland" bezeichnet.
Interessant dazu vielleicht, daß Rahn niemals irgendein Ryu des Koryu Ju Jutsu erlernt hat - er befaßte sich nur mit einigen wenigen Techniken des Kodokan Jûdô ...
Als in Deutschland zu Beginn der 20er Jahre die ersten Dan-Träger im Jûdô auftauchten (die ihre Grade in der London Bûdôkwai bei Koizumi abgelegt hatten), erlaubte Rahn den Leitern seiner "Jiu Jitsu"-Schulen, ebenfalls "schwarze Gürtel" zu tragen, um sie von den Schülern unterscheiden zu können.
Interessant veilleicht noch, daß es in den Ryu des Koryu Ju Jutsu niemals farbige oder schwarze Gürtel als Rangabzeichen gab - dieses Dankyu-System führte Kano als erster ein.
Diese von mir hier aufgeführten Dinge und noch vieles, vieles mehr waren dafür verantwortlich, daß sich Legenden und alberne Geschichten durchsetzten, wenn es um Historie usw. ging.
Man darf nicht vergessen, daß die meisten "Lehrer" bitter wenig wußten. Diese Leute wollten sich nicht damit zufrieden geben, das nötige Wissen in japanischer Manier langsam und über einen größeren Zeitraum hinweg vermittelt zu bekommen. Folglich ersetzten sie Wissen durch eigene Erfindungen, durch Konfabulation - ein Trend, der bis heute anhält ...
Der deutsche Drang zur Besserwisserei führte sogar dazu, daß es zu gewissen Unverschämtheiten kam. So versuchte in den 50er Jahren doch allen Ernstes ein mit dem 1. Dan weit übergraduierter Besserwisser, anläßlich eines Seminars den japanischen Jûdô-Sensei Tokyo Hirano zu verbessern und über den "korrekten Ablauf" bestimmter Techniken zu belehren. Der deutsche Jûdôka ging sogar nach vorn, um Hiranos Bewegungen zu korrigieren ... woraufhin Hirano ihn packte, aushob und durch ein geschlossenes, ebenerdiges Fenster nach draußen stellte.
Dieser deutsche Jûdôka wiederum (ich nenne hier bewußt keinen Namen)
wurde wenig später in eine recht hohe Position eines nicht ganz unbekannten deutschen Verbandes für Jûdô gewählt ...
Alles weitere überlasse ich eurer Phantasie.
Das Unwissen in Deutschland resultiert also nicht nur aus dem Unwillen zu lernen, sondern auch aus Eitelkeit und Wichtigtuerei.
Ein letztes Beispiel dazu: einer meiner Schüler bestand vor wenigen Jahren die Prüfung zum 1. Dan im Kodokan in Tokyo.
Als er nach Deutschland zurückkehrte, wollte er diesen Grad vom DJB anerkennen lassen. Dies wurde ihm zunächst verweigert mit der Begründung, daß Dan-Grade, die man im Ausland erwerbe, prinzipiell nichts wert seien, denn "da sei der deutsche Qualitäts-Standard nicht gewährleistet".
Ich kommentiere das nicht weiter.
Also, schon aus diesen wenigen Beispielen läßt sich wohl ganz gut erahnen, wieso es an grundlegendem Wissen in Bezug auf das Jûdô in Deutschland mangelt ...
Aber man kann diesem Mißstand ja abhelfen, und viele Jûdôka sind ja auch sehr interessiert an allem, was mit Jûdô zu tun hat - und das finde ich ganz, ganz prima.
Freundliche Grüße
Tom
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