Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

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tutor!
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Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von tutor! »

Lin Chung hat im Faden zu den Begleitmaterialien zu Dan-PO auf die einige Jahre alte, aber immer noch spannende Diskussion zwischen S. Cunningham und G. Gleeson über Kata aufmerksam gemacht. Nach einer Bereinigung des Fadens machten die Beiträge an dieser Stelle nur noch wenig Sinn, von daher stelle ich die Aufsätze an dieser Stelle erneut zur Diskussion (mit Dank an Lin Chung, dass er diese wieder in Erinnerung gerufen hat)

Gleesons Thesen: http://www.judoamerica.com/coachingcorn ... ture.shtml
Cunninghams Antwort: http://www.judoamerica.com/coachingcorn ... kata.shtml

Viel Spaß beim Lesen!
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Jupp
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Re: Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von Jupp »

Das ist eine sehr gute Idee. So kann sich jeder, der sich der Anstrengung unterwirft, diese beiden inhaltsschweren Texte zu lesen, zu studieren und zu bewerten, ein Urteil darüber erlauben, wie tiefgründig sich beide mit Judo auseinandergesetzt haben.
Dann werden viele vorschnelle, anmaßende und unwissende Beurteilungen, die an anderer Stelle hier im Forum über Gleeson zu lesen sind, sicherlich relativiert werden können.

Es ist ausgesprochen schade, dass ein so gebildeter, erfahrener und wirklich umfassend mit der japanischen Kultur, Sprache und Nationalität sich auskennender Judofachmann wie Gleeson von vielen in Deutschland durch pure Unkenntnis verleumdet wird.

Jupp
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Re: Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von Jobi »

Mein Englisch ist da bei weitem nicht gut genug (ich hab`s versucht, komm aber auf keinen grünen Zweig) und mein "Übersetzer" ist fortgezogen.
Könnte vielleicht jemand so gut sein und die wichtigsten Aussagen der beiden mal sinngemäß auf deutsch wiedergeben?
Vielen Dank im vorraus.
Mit freundlichen Grüßen
Jobi


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st.gregor

Re: Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von st.gregor »

Es ist ausgesprochen schade, dass ein so gebildeter, erfahrener und wirklich umfassend mit der japanischen Kultur, Sprache und Nationalität sich auskennender Judofachmann wie Gleeson von vielen in Deutschland durch pure Unkenntnis verleumdet wird.
Verleumdung:
„Wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“– § 187 StGB
Nach meiner bescheidenen Kenntnis der hier dazu geführten Fehden, ähhhm Fäden, wurde Gleeson wegen der in (einigen) seiner Bücher vertretenen eurozentristischen Judosicht angegriffen, seiner ausschließlichen Einordnung des Judo in den Kontext europäischer Sportarten. Außerdem kam seine Herabwürdigung Kanos nicht sonderlich gut an. Dies waren - was hier im Forum häufiger übersehen wird - Angriffe auf Gleesons Positionen, seine Ideen im Hinblick auf das Judo und nicht auf seine Person. Auch deswegen geht dieser Satz
Dann werden viele vorschnelle, anmaßende und unwissende Beurteilungen, die an anderer Stelle hier im Forum über Gleeson zu lesen sind, sicherlich relativiert werden können.
vollkommen ins Leere, da Gleeson (als Person) hier nirgends beurteilt worden ist.

Da Jupp hier allerdings einen Straftatbestand zu erkennen glaubt, wäre ich dankbar dafür, wenn er dafür wenigstens den Hauch eines Belegs finden könnte...
Danke,

Stephan
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Re: Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von Jupp »

Stephan Gregor hat Recht!

Bei Gleeson wurde nicht "wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet".

Bei den meisten, die sich abfallend über ihn äußerten, war überhaupt kein Wissen über ihn vorhanden.

Ich entschuldige mich hiermit für meine falsche Wortwahl.

Jupp
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Re: Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von Lin Chung »

Cunningham schrieb:
Gleeson's Kano is a part-time Jujutsu hobbyist whose real interest is philosophy, and whose Judo thinking, at least in the early years, is rather haphazard and casual.
...würdet ihr Gleesons Meinung über Kano so stehen lassen????
Gleeson seems to be trying to portray Kano as one of the chosen few, who got onto the fast track in part by knowing the right people. He has Kano living on "Easy Street" and his interests being supported by government favor. This discounts Kano's own achievements by implication. He ignores the fact that Kano was an extraordinary person in terms of his intellect and determination. In short, he does a great disservice to Kano and his Judo.
Gleeson insinuates that Kano received government funds to buy his dojo. He conveniently forgets the years in which Kano operated out of a small room in the back of a temple (EishoJi), and later out of the back of his own house-the Kodokan was literally a "garage" operation. He conveniently forgets all the nights that Kano sat up after teaching Judo, translating from Japanese to English and vice-versa in order to raise money to keep the dojo operational. In reality, Kano was not on "Easy Street," but was a person driven by his love for martial arts, who was applying all of his considerable talents and skills toward pursuing his dream.
Gleeson versucht Kano unbedeutend zu machen!!!!

Auch wenn Gleeson den 7.Dan hatte, Kano hat er nie verstanden und wollte es auch garnicht. Meine Meinung.
Grüße
Norbert Bosse
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Re: Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von tutor! »

Lin Chung hat geschrieben:Cunningham schrieb
(...)
Ja, all das schrieb Cunningham über Gleeson (genauer: über diesen Aufsatz) - die Frage muss aber doch sein, was Gleeson selbst schrieb. Möglicherweise tut ja Cunningham Gleeson vollkommen Unrecht. Ich hab jetzt leider gerade keine Zeit, beide Aufsätze genau zu lesen, aber Cunninghams Urteil würde ich so schnell nicht übernehmen wollen, jedenfalls nicht, wenn ich direkt seine Quelle, auf die er sich bezieht, zur Rate ziehen kann.
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Fritz
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Re: Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von Fritz »

Habe mir erstmal den Gleeson-Artikel durchgelesen:
Kata is a sequence of “symbols” available for comparisons, not accurate prescriptive shapes that are supposed to be copied photographically, but generalised symbols for quick reference when there is a need of a bit of spontaneous creativity.
[...]
Somehow the training has got to be structured. Every instructor or coach agrees with that whether he advocates
uchikomi or tactical planning. That's why Kano said, kata is the most important part of training, because that's
what kata is- structured training. But how is that structure to be built when we do not know what its ultimate
purpose is
? Here is the great paradox, the great enigma.
Das könnte man noch fast unterschreiben, nur der von mir unterstrichene Teil ist für mich nicht so recht klar, worauf er
sich bzgl. des "ultimativen Zweckes" bezieht...

Diese Aussage finde ich dagegen dann doch etwas sehr daneben:
In many ways, Kano, because he was a part-time Judo teacher, did not know what he was doing. Look at the
katame-no-kata, a dismal failure, a nonsense, not worth the time it takes to learn the sequence. Yet because of
that ignorance, added to his philosophy of action, he was able to offer propositions that puts him into the class
of genius. For that we are indebted to him; he has given us something to really think about!
Also Kano als Teilzeit-Judo-Lehrer wußte oft nicht, was er tut?
Die Katame-No-Kata sei ein "trostloses Versagen, Unsinn, Zeitverschwendung"?
Ausgerechnet die Katame-No-Kata? Also die Kata, in der Uke eine recht
große "Freiheit" bzgl. seiner Aktionen hat? Und diese Aussage kommt nach den Ausführungen von wegen
"spontaner Kreativität und "Geschick" (Skill) und der dafür aus Gleesons Sicht nötigen "Shiai-no-Kata"?

Und ein Schmäckerchen ist auch der letzte Abschnitt in der Zusammenfassung:
There is much to be done. I think Judo can be the most exciting spectator sport of all- I too have my prejudices.
But it must be taught right and presented right. I wish you every success in doing that.
Er sieht Judo also als potentiellen "spannendsten Zuschauersport", dafür müsse es nur richtig gelehrt
und dargeboten werden. M.M. nach ist Judo, wenn es richtig gelehrt wird, alles andere als
ein darzubietender spannender Zuschauersport, denn das Zurschaustellen von Fähigkeiten zur Publikumserheiterung
kann einfach nicht das Ziel eines Erziehungssystems sein... :evil:
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von Ronin »

Fritz hat geschrieben:Er sieht Judo also als potentiellen "spannendsten Zuschauersport", dafür müsse es nur richtig gelehrt
und dargeboten werden. M.M. nach ist Judo, wenn es richtig gelehrt wird, alles andere als
ein darzubietender spannender Zuschauersport, denn das Zurschaustellen von Fähigkeiten zur Publikumserheiterung
kann einfach nicht das Ziel eines Erziehungssystems sein... :evil:
Dem widerspricht Kano auch und das kann man auch in Kodokan-Judo nachlesen. Ich muss nur erst nachschauen, wo genau, aber drin stand es wohl ziemlich direkt, sonst hätte ich es mir nicht gemerkt.
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Fritz
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Re: Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von Fritz »

Jupp hat geschrieben:Dann werden viele vorschnelle, anmaßende und unwissende Beurteilungen, die an anderer Stelle hier im Forum über Gleeson zu lesen sind, sicherlich relativiert werden können.
Ich halte diese Aussage
für pauschal herabsetzend bzgl. des Forums und der Beitragsverfasser!

Begründung:
Ich habe das Forum nach dem Wort Gleeson (Stand 05.01.2010, ca 17:20) durchsucht
und 20 Treffer gefunden. In diesen 20 Treffern, befindet sich genau ein Artikel von
Tom Herold der sich am Rande kritisch mit Gleeson als Person beschäftigt:
viewtopic.php?p=19542#p19542
Hier schreibt Tom:
Koizumis Freitod hatte ursächlich damit zu tun, daß er als alter Mann von einigen seiner ehemaligen Schüler (so z. B. von Geoff Gleeson) extrem schlecht behandelt wurde. :angry4 :angry4
Da Gleeson offenbar enorm eitel war, tat er alles, um Koizumis ansehen herabzusetzen und diesen aus der London Bûdôkwai (die Koizumi gegründet hatte!) zu verdrängen - ein Verhalten, welches in Japan für Entsetzen sorgte und mit dafür verantwortlich ist, daß die alten Meister des Kodokan und der Butokukai ihr Wissen fast nie an Europäer weitergaben.
Dieser Aussage von Ende 2006 wurde weder von Dir Jupp noch sonst wem anderen
widersprochen, so daß auch keine Notwendigkeit bestand, diesbzgl. etwas weiter nachzuforschen.
Die restlichen Fundstellen streifen "Gleeson" nur beiläufig oder stehen im Zusammenhang mit Lin Chungs
Aussagen/Zitaten/Verweisen zur Dan-PO, aus denen letztendlich dieser Faden gespeist wurde...

Viele vorschnelle, anmassende und unwissende Beurteilungen von Gleeson kann ich in diesem Forum hier
beim besten Willen nicht erkennen!
:angry4
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von Lin Chung »

Kleine Lektüre:

Radical or Traditionalist ? or Are Kata and Shiai The Same Thing ?
By Geof Gleeson, 8th Dan, Coaching Consultant

http://www.judoamerica.com/coachingcorn ... leeson.pdf


Kano and Kata: Reply to Geof Gleeson
by Steven R. Cunningham
http://www.judoamerica.com/coachingcorner/kano-kata.pdf
Grüße
Norbert Bosse
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Re: Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von kastow »

Fritz hat geschrieben:Begründung:
Ich habe das Forum nach dem Wort Gleeson (Stand 05.01.2010, ca 17:20) durchsucht
und 20 Treffer gefunden. In diesen 20 Treffern, befindet sich genau ein Artikel von
Tom Herold der sich am Rande kritisch mit Gleeson als Person beschäftigt:
[...]
Allerdings fehlen in diesen zwanzig Treffern jene Beiträge, die den Reinigungsaktionen der letzten Tage zum Opfer gefallen sind. Da waren durchaus auch oberflächlichere Urteile zu Gleeson zu lesen ;)
[Fritz: nein, fehlen nicht]

Edit:
Fritz hat geschrieben:Diese Aussage finde ich dagegen dann doch etwas sehr daneben:
In many ways, Kano, because he was a part-time Judo teacher, did not know what he was doing. Look at the
katame-no-kata, a dismal failure, a nonsense, not worth the time it takes to learn the sequence. Yet because of
that ignorance, added to his philosophy of action, he was able to offer propositions that puts him into the class
of genius. For that we are indebted to him; he has given us something to really think about!
Also Kano als Teilzeit-Judo-Lehrer wußte oft nicht, was er tut?
Nun, die Bezeichnung als Teilzeit-Lehrer beschreibt vielleicht sogar sehr gut den wahren Sachverhalt. Schauen wir uns die vielen Aufgaben Kanôs in der japanischen Politik, im japanischen Bildungswesen und für das IOC (letztere mit mehrjährigen Reisen) an, so erscheint mir eine Vollzeitbeschäftigung am Kôdôkan eher unwahrscheinlich. Deshalb gab es doch die Shintenno. 1882, im Gründungsjahr des Kôdoôkan wurde Kanô z.B. Lehrbeauftragter für Politikwissenschaften und Volksökonomie am Gakushuin (eine "Adelsschule").
Allerdings bezweifle ich ebenfalls, dass Kanô nicht wusste, was er tat. Da provoziert Gleeson doch sehr.
Herzliche Grüße,

kastow

Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)
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Re: Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von tom herold »

Vorweg: die Geschichte, wie Koizumi als alter Mann von Gleeson (!) und einigen anderen behandelt worden ist, haben Frank Thiele, Ferdinand Thiele und einige andere deutsche Jûdôka miterlebt. Es gibt also Zeugen. Sogar welche, die noch leben.
Von daher ist es zwecklos, abstreiten zu wollen, was da passiert ist. :angry4

Zurück zu Gleeson und dem, was er schrieb. Ich darf aus dem Vorwort zu "All about judo" zitieren:
“All about Judo by Geoff Gleeson covers, as the title suggests, the whole field of judo performance. Designed for both the player and coach to broaden their understanding of the skill in all its aspects, physical, philosophical, historical and analytical. Geoff Gleeson has been called “the foremost judo thinker in the world today” and his revolutionary methods have helped transform judo from a mysterious and elitist activity into Britain’s fastest growing indoor sport.”
Die Hervorhebungen sind von mir.
Nein, Gleeson hat das Vorwort nicht selbst geschrieben, aber er hat es zumindest abgenickt.
Mir wäre neu, daß Kanô sein Jûdô als "myterious and elitist activity" konzipiert hatte, die von Gleeson erst zu "Britain's fastest growing indoor sport" gemacht werden mußte.

Angesehen davon - "All about judo" ... auf 143 Seiten?
"The whole field of judo performance" - ohne die Atemi-waza? Tut mir leid, die gehören nun mal dazu, jedenfalls dann, wenn man Kanô glauben sollte.

Gleeson selbst:
“Judo has, or should have, come of age. It should no longer be adequate to see it as some occult art, some facile performance that needs only the precise explanation of how the wrist is flicked to rocket the passive blob of opposition into outer space.”
(S. 8)

Dazu muß man nichts weiter sagen. Jûdô als "some occult art" ...
:BangHead

Hat Gleeson das so geschrieben? Hat er.
Judo is a grappling or wrestling skill, devised and developed by several succseeding generations of performers to bring about certain predetermined objectives (...)
Judo is now in the Olympic Games, and it therefore deserves to be treated with professional consideration. When judo was seen as some kind of peculiar activity fit only for the social and physical throw-outs, it may have been sufficient to talk only about where to put the hands or feets.”
(ebenda, Hervorhebungen von mir)

:irre

Jûdô ist also, Gleeson zufolge, eine Ringkampfsportart. Zudem meint er, daß es früher, als Jûdô “nichts weiter" war als “Leibeserziehung”, durchaus genügt haben mag, zu erklären, wie man die Techniken auszuführen hat. Nun aber, da (endlich?) “richtig” Jûdô betrieben würde (nämlich als olympische Disziplin), müßten auch die “Profis” ran, um es “richtig” zu erklären.
Schließlich ging es darum, aus dem merkwürdigen, okkulten, elitären, mysteriösen Zeug, was Kano da hinterlassen hatte, endlich eine vernünftige Sportart zu machen.
Ich hoffe, ich habe Gleeson da richtig verstanden?
“If the period 1880-90 is taken as being the approximate time when Kano’s thought processes were undergoing their first major transition, I think it would be fair to take as the two main influences, the samurai ethical tradition (Bushido) because of its domination over Japanese past culture development, and the European educational ethic - because of the obvious effect it was having over the future technological development in Japan.”
(S. 8, Hervorhebung von mir)

Den von Gleeson unterstellten Einfluß des “Bushidô” auf die “Entwicklung der japanischen Kultur der Vergangenheit” gab es nachweislich nicht. Es gab im feudalen Japan auch keinen Verhaltenskodex, der für alle "Samurai" verbindlich gewesen wäre und unter dem Titel "Bushidô" bekannt gewesen wäre. Man könnte annehmen, daß Gleeson Inazo Nitobes Werk “Bushidô” weder gelesen noch darauf geachtet hat, in welchem Jahr dieses Werk erschien.
Samurai training and thought was dominated by Zen philosophy. It is not difficult to unterstand why. Zen taught basically that enlightment (...) is achievable without academic learning; add this to a hyper-developed sense of feudal loyalty, an indifference to physical comfort, to a degree where even death is treated with disdain (...) and there is a supreme fighting philosophy.”
(ebenda, Hervorhebung von mir)

NEIN.
Man lese dazu u.a. Professor Karl Friday, Historiker, Japanologe und vor allem: Menkyo Kaiden in einer Koryû.
“Zen offered simple rules, for simple people.”
(ebenda)

NEIN.

Gleeson erläutert auch gern, was an den von Kanô geschaffenen Kata des Jûdô alles fehlerhaft und daher unbedingt zu ändern sei. Beispielsweise an Katame-no-Kata.
“It is very ritualistic and its ritualism is emphasized by the excessive scrabbling about on one knee! There is no explanation for all the knee-walking (pointless drill?), the only explanation I can think of is that it was an attempt at the theatrical effect - which went wrong!”
(S.100)

Jupp meinte doch, Gleeson sei ein so überaus profunder Kenner der japanischen Kultur gewesen?
Und dann so eine Bemerkung?
Von den Koryû Bugei kann Gleeson angesichts dessen nicht viel gewußt haben ...
Nun ist Jûdô aber (außer in Gleesons Sicht) eine Synthese mehrerer Koryû ...
Knie-Gehen als "theatralischer Effekt" ... erzähl das mal jemandem, der das Kenjutsu einer Koryô trainiert.

Zu Katame-no-Kata schreibt Gleeson noch das hier:
“To raise it to the standard of Nage-no-Kata would needs a lot of revision. (I get the feeling that Kano had very little interest in this kata).”
(S.100)
“The techniques, whatever they are (and they could be changed, because, for example, the kata includes a leg-lock which is now banned in competition) should be done to both left and right side.”
(ebenda)

Zu Kime-no-Kata äußert er:
“Calling this kata “self-defense” is something of a misnomer I feel, or at least it makes too much of the more superficial aspect of the sequence.”
(S.102)
“If that were all indeed, I would have very little time for it; for example, having done a considerable amount of Kendô personally, I would have very little faith in a system which tries to tell me that a killing downstroke of a samurai sword can be brushed aside by a simple side-step and parry.”
(ebenda)

Mutô Dori ...? Nie gehört ...
Koryû Bugei ...? Was soll das sein ...?
“... certainly the attacks and counterattacks in this kata are almost in the go-no-sen style, which means that the counter attack is ideally made BEFORE the initiating attack!”
(ebenda)
“The “go” means “before” (...) “Sen” is a “line” or “point”, therefore it means “before the point of attack”.
(ebenda, Hervorhebung von mir)

NEIN.
“The flavour therefore is very strongly Zen, for it means to counter before the attack is launched!”
(ebenda)

NEIN.

Interessant auch, was Gleeson über Koshiki-no-Kata schreibt:
“Literally the “old style” kata, a very weird affair. There are twenty one attacks plus the responses, fourteen to the “front” and seven to the “back”. It is difficult to ascertain what the critical point is that decides what is a “front” or a “rear” attack.”
(S. 104)

Da hat er doch tatsächlich Omote mit "front/vorn" und Ura mit "back/hinten" übersetzt ...
“My immediate reaction is - or rather was - to toss the whole thing out as some kind of quaint, crazy sequence, maintained for nostalgic but outdated reasons; which summed up means “a waste of time” (which is what many judo player have already done).
However, I have too much respect for Kano to do that, I am sure that he felt it was worth keeping, then it must have some value of some kind. So I tried to discover this value.”
(ebenda)

Ist ihm offenbar nicht gelungen ...
“Whether he took it over just as it was or whether he modified it (to suit his own ideas) I have not been able to discover. He did claim that it showed throwing actions, which if studied, would benefit a judo player. On the surface that appears nonsense. (...)
...the participants more like very stiff marionettes and fall over like those rotund kelly dolls that cannot be knocked down.”
(ebenda)

Ob er je gesehen hat, wie Nagaoka diese Kata demonstrierte? Ob Gleeson dann immer noch behauptet hätte, daß diese Kata Nonsens ist?
“Again I can only suppose that ritual has taken over largely from pragmatism!”
(ebenda)

Nein, er kann Nagaoka nicht gesehen haben ... sonst würde er so etwas nicht schreiben.

Dies nun ist mein Lieblingszitat.
Gleeson schreibt:
“When I first realised the oppositional hypothesis of ju and go, I felt I just had to try and advise a Go-no-Kata. I knew that Kano had already devised one, (but that it was lost), which gave me a real incentive to try for myself. (...)
However, I felt I had learnt from Kano’s mistakes(at least what I considered were is mistakes) ...”
(S.115)

Er hat also aus Kanôs Fehlern gelernt.
Schön. Wirklich schön.

Schön auch das hier:
"Judo is sometimes classed in with budo (the method, or the way of war, of the samurai).
This I feel is very unfair to both judo and Kano!
Not only was judo launched, chronologically several years after the end of the samurai era (i.e. 1877 and 1882) but in terms of morality, ethical and educational content, it was centuries after budo and bushido.
(S.93)

Also: Jûdô ist KEIN Budô! Sagt Gleeson. Ich hoffe doch, daß dies nun endlich alle begriffen haben ...
Übrigens scheint Gleeson die Begriffe Koryû und Gendai nicht zu kennen.
Schade.
Jûdô ist also kein Bûdô.

Was ist Jûdo denn dann?
Gleeson lesen! Der erklärt es:
“Judo is a grappling or wrestling skill ..."
(S.88)

Na also!
Geht doch!
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kastow
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Re: Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von kastow »

Tom Herold hat geschrieben:
[…] It [Jûdô] should no longer be adequate to see it as some occult art, […]
Dazu muß man nichts weiter sagen. Jûdô als "some occult art" …


Hat Gleeson das so geschrieben? Hat er.
Nein, hat er nicht. Glesson schrieb (s.o.) "Es [Jûdô] sollte nicht länger als eine okkulte Kunst betrachtet werden, […]" Das ist deutlich eine Aufforderung an Dritte, nicht Gleesons eigene Betrachtungsweise. Im Gegenteil, Gleeson selbst sieht es anders, darum ja diese Aufforderung.
Tom Herold hat geschrieben:
[…] Judo is now in the Olympic Games, and it therefore deserves to be treated with professional consideration.[…]
Nun aber, da (endlich?) “richtig” Jûdô betrieben würde (nämlich als olympische Disziplin), müßten auch die “Profis” ran, um es “richtig” zu erklären.
Hier wurde das Wörtchen "consideration" überlesen, "professional" ist lediglich ein Adjektiv. Der Satz laute also: "[…] Jûdô ist nun Teil der Olympischen Spiele und verdient deshalb, mit kompetenter* Betrachtung behandelt zu werden. […]"
* oder eben "professsioneller"

Somit basiert Toms zitierte Schlussfolgerung auf einer falschen Grundlage.

Weiter habe ich Toms Beitrag aufgrund dieser beiden Fehlübersetzungen dann ehrlich gesagt nicht mehr gelesen.
Herzliche Grüße,

kastow

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Re: Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von tom herold »

Genau die Art von "Antwort", die ich erwartet habe.
It [Jûdô] should no longer be adequate to see it as some occult art, […]
Schön, wenn man den Sinn dessen verdrehen kann, was ich schrieb, nicht wahr?
Aber bitte - ich präzisiere (wobei nur ein wirklich übelwollender oder sich absichtlich dummstellender Leser NICHT versteht, was ich gemeint habe):

Gleeson HAT geschrieben, was da steht. "Jûdô sollte nicht länger als "okkulte Kunst" gesehen werden ..."
Fakt.
Um eine Aufforderung loszulassen, Jûdô "nicht länger als okkulte Kunst zu betrachten", lieber Kastow, MUSS es - nach Gleesons Meinung - also eine beachtliche Zahl an Jûdôka gegeben haben, die Jûdô als "okkulte Kunst" angesehen haben.
Wer?
An wen richtet sich Gleesons Aufforderung?
Du kannst da Exegese betreiben wie du willst - Gleeson schreibt das 1973, wenn ich nicht irre.
Und er unterstellt (anders ergäbe seine Äußerung keinen Sinn), daß es etliche Jûdôka geben MUSS, die Jûdô als "okkulte Kunst" betrachten.
Und das ist Quatsch.
Gleeson nennt keine Namen, bringt keine Beispiele. Jûdô als "okkulte Kunst"? Soweit ist ja nicht einmal Shawn Desmond gegangen.
Tom Herold hat geschrieben:
Zitat:
[…] Judo is now in the Olympic Games, and it therefore deserves to be treated with professional consideration.[…]

Nun aber, da (endlich?) “richtig” Jûdô betrieben würde (nämlich als olympische Disziplin), müßten auch die “Profis” ran, um es “richtig” zu erklären.
Hier wurde das Wörtchen "consideration" überlesen, "professional" ist lediglich ein Adjektiv. Der Satz laute also: "[…] Jûdô ist nun Teil der Olympischen Spiele und verdient deshalb, mit kompetenter* Betrachtung behandelt zu werden. […]"
* oder eben "professsioneller"
Ich habe Gleesons Worte - wie man nachlesen kann - so KOMMENTIERT (und mir eine wörtliche Übersetzung geschenkt):
Nun aber, da (endlich?) “richtig” Jûdô betrieben würde (nämlich als olympische Disziplin), müßten auch die “Profis” ran, um es “richtig” zu erklären.
Das erklärt Kastow zu einer "Fehlübersetzung" und schreibt:
Der Satz laute also: "[…] Jûdô ist nun Teil der Olympischen Spiele und verdient deshalb, mit kompetenter* Betrachtung behandelt zu werden. […]"
Hast du, lieber Kastow, mir nicht vorgeworfen, ich würde immer nur "das Haar in der Suppe suchen"? Einen KOMMENTAR für fehlerhaft zu erklären, weil er keine wörtliche Übersetzung darstellt ... also ehrlich ... was besseres hast du nicht zu bieten?
Und nebenbei: WAS an meinem Kommentar ist INHALTLICH falsch?
Hat Gleeson darauf verwiesen, daß Jûdô nun, da es zu den Olympischen Spielen gehört, "professionell" erklärt werden müsse?
Und unterschlägst du nicht so ganz nebenbei den Satz, der da unmittelbar folgt, auch noch dazugehört und in dem man lesen kann:
"When judo was seen as some kind of peculiar activity fit only for the social and physical throw-outs, it may have been sufficient to talk only about where to put the hands or feets.”
DARAUF vor allem bezog sich mein KOMMENTAR.
Aber wenn man mißverstehen WILL, was ich schrieb, dann postuliert man "Fehler in der Übersetzung" und erklärt ALLES, was der böse Tom schrieb für wertlos.
Dann muß man sich nämlich nicht inhaltlich damit auseinandersetzen - man kann es bei einer aufgesetzten Schelte für formale Aspekte belassen.
Schade, ich hatte dich für weniger oberflächlich gehalten.
Somit basiert Toms zitierte Schlussfolgerung auf einer falschen Grundlage.
NEIN.
Siehe oben.
Du schaust einmal über meinen Text (voller Vorurteile, wie ich annehme), pickst dir einen Teil heraus, an dem du mich für angreifbar hältst - und behauptest kühn, ich läge falsch.
Machst einen KOMMENTAR zu einer "falschen Übersetzung" - wie billig ... :alright
Wie ich schon sagte: ERST ALLES lesen, dann urteilen. Wird doch auch von mir immer wieder gefordert ...
Weiter habe ich Toms Beitrag aufgrund dieser beiden Fehlübersetzungen dann ehrlich gesagt nicht mehr gelesen.
Deutlicher kannst du nicht zeigen, daß es dir nicht um eine inhaltliche Auseinandersetzung geht.
Ich habe keine "Fehlübersetzungen" erbracht. Das ist einfach eine Behauptung von dir.
Du willst dich nicht in eine sachliche, inhaltliche Auseinandersetzung einlassen und konstruierst böswillig "Übersetzungsfehler", die dir ausreichen, um zu beurteilen, daß es sich nicht lohnt, meinen Beitrag zu lesen.
Arm, Kastow.
Sehr arm.
Und sehr unsachlich.
Aber jeder, wie er kann ...

Ist dein Beitrag, von dem du dir selbstverständlich eine Reaktion meinerseits erhofft hast, der Versuch, diese für einige User hier inhaltlich sehr unangenehme Debatte kippen zu lassen?
Ist es der Versuch, daraus wieder eine "Tom-herold-ist-doof-und-hat-keine-Ahnung"-Diskussion werden zu lassen?
Nochmal - wie arm ...
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Fritz
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Re: Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von Fritz »

kastow hat geschrieben:Nein, hat er nicht. Gleeson schrieb (s.o.) "Es [Jûdô] sollte nicht länger als eine okkulte Kunst betrachtet werden, […]" Das ist deutlich eine Aufforderung an Dritte, nicht Gleesons eigene Betrachtungsweise. Im Gegenteil, Gleeson selbst sieht es anders, darum ja diese Aufforderung.
Ja es ist ein Aufforderung
an "dritte", nein es ist nicht zu erkennen, daß sich Gleeson davon ausnimmt... Die weiteren Zitate
und der von Lin Chun verlinkte Vortrag geben einen Eindruck, wie es zu verstehen ist...
(Gleeson versteht etwas nicht (z.B. Katame-No-Kata) und urteilt es ab...) Also kann man m.M.n. schon davon
ausgehen, daß Gleeson nicht die Betrachtungsweise anderer "ändern" möchte, so daß der "okkulte Eindruck"
verschwindet, sondern das Judo um die ihm okkult erscheinenden Bestandteile "bereinigen".
tom herold hat geschrieben:
[…] Judo is now in the Olympic Games, and it therefore deserves to be treated with professional consideration.[…]
Nun aber, da (endlich?) “richtig” Jûdô betrieben würde (nämlich als olympische Disziplin), müßten auch die “Profis” ran, um es “richtig” zu erklären.
Hier wurde das Wörtchen "consideration" überlesen, "professional" ist lediglich ein Adjektiv. Der Satz laute also: "[…] Jûdô ist nun Teil der Olympischen Spiele und verdient deshalb, mit kompetenter* Betrachtung behandelt zu werden. […]"
* oder eben "professsioneller"
Im Umkehrschluß sagt Gleeson damit, daß bisher die Judo nicht "kompetent betrachtet" wird. (Ja ich weiß, so ein Umkehrschluß ist rhetorisch, formal logisch stimmt er nicht) und Judo verdient es eben, weil es in den Spielen ist - eben nicht wegen seiner selbst...
kastow hat geschrieben:Weiter habe ich Toms Beitrag aufgrund dieser beiden Fehlübersetzungen dann ehrlich gesagt nicht mehr gelesen.
Fein. Hast Du wenigstens den von "Lin Chung" eingestellten Gleeson-Vortrag gelesen?

Ergänzung: Tom hat mich überholt...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von tom herold »

Nachsatz, extra für Kastow:

Der Fehler liegt in der Tat bei mir.
Ich habe Leser wie ihn völlig überschätzt, und dafür möchte ich mich natürlich entschuldigen.
Ich hatte die von mir zitierten Sätze Gleesons NICHT übersetzt - ich war der irrigen Meinung, das könnten die Leser meines Beitrags selbst.
Daher habe ich diese Sätze Gleesons nur KOMMENTIERT.
Ich bedauere, daß Kastow das nicht verstanden hat und meinte, meine KOMMENTARE wären "Übersetzungen".
Aus diesem bedauerlichen Irrtum Kastows erklären sich nun wiederum SEINE Kommentare ...
:alright
tutor!
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Re: Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von tutor! »

Ich sitze gerade an einem umfangreichen Projektbericht und kann mich nur kurz äußern, habe aber die vorangegangenen Posts und die Grundlagentexte ausführlich gelesen. Jedoch kann ich jetzt nicht wirklich Zitate voranstellen. Ich bitte mir das nachzusehen.

Judo wurde in den 1950er und 1960er Jahren von vielen in der Tat stark romantisiert und mit allerlei pseudo-philosophischen und esoterischen Dingen verknüpft. Dies kann ich jetzt nicht anhand von Veröffentlichungen belegen, schreibe es aber als bleibendem Eindruck vieler Gespräche mit (meist weniger profilierten) Judoka der Nachkriegsgeneration. Gleeson richtet sich an ein englisches, bestenfalls europäisches Publikum, und da macht es Sinn, wenn er schreibt, dass Judo nicht mehr als etwas "okkultes und mystisches" betrachtet werden soll. Ansonsten weist alles, was ich von und über ihn gelesen habe darauf hin, dass er selbst Judo in keiner Weise "okkult und mystisch" sieht.

Auf der anderen Seite zeigen gerade Judoka, die in den 1950er und 1960er Jahren in Japan gelebt haben, eine deutliche Affinität zu Begriffen wie Bushido und Zen. Sie werden diese Dinge mit Sicherheit in Japan so erfahren haben. Ich erkläre mir das so, dass im Japan der Vorkriegszeit der "Samurai-Spirit" in der Erziehung - insbesondere in den Kampfkünsten - eine große Rolle gespielt hat. Dies war aber die prägende Zeit derjenigen, die nach dem Krieg Judo vermittelt haben. Die Europäer, die aus Japan zurückkamen, waren anschließend entscheidende Multiplikatoren, was dann die oben angesprochene Romantisierung verstärkt haben dürfte. Wer sich einmal intensiver und aus einer etwas anderen Perspektive damit befassen will, dem kann ich empfehlen, sich einmal mit dem Typus des "tragischen Helden" in der japanischen Literatur und Kultur zu befassen. Ein guter Ausgangspunkt ist Yukio Mishima (http://de.wikipedia.org/wiki/Mishima_Yukio)

Dass Judo professioneller und gut ausgebildeter Lehrer bedarf finden wir doch schon bei Kano. Gleeson verknüpft die Frage professioneller Strukturen allerdings mit Judo als olympischer Disziplin - was ein Weg ist, wenn man externe Gelder bekommen will. Die weitere Bemerkung, dass Judo - wenn es "nur" aus Gründen der Leibeserziehung und aus philosophischen Gründen betrieben wird, keine professionellen Lehrer bräuchte, ist natürlich daneben. Im Gegenteil: von einem Erzieher erwarte ich mehr Professionalität als von einem Trainer. In Japan ist das seit je her eine Selbstverständlichkeit.

Grundsätzlich hat Gleeson auch verstanden, was Kata ist (Fritz hat eine Passage von ihm zitiert) und wofür sie gut sind. Allerdings fehlt es ihm möglicherweise deutlich an Detailverständnis, wie man den geposteten Zitaten insbesondere zur Koshiki-no-Kata entnehmen kann. Allerdings müsste ich für ein endgültiges Urteil bei Gleeson selbst nachlesen.

In den Begleitmaterialien zur Dan-PO habe ich über Gleeson gelesen, dass er sehr viele Ideen hatte, diese aber nicht immer ins Detail ausgearbeitet - also zu Ende gedacht - hat. Bislang hatte ich wenig Berührungspunkte mit seinen Ideen, persönlich habe ich ihn nie getroffen. Einige seiner Gedanken zur Methodik finde ich hilfreich. Gleeson wird oft beschrieben als jemand der diskussionsfreudig war und oft provozierende Thesen aufgestellt hat. Zur Eröffnung einer Diskussion, kann das durchaus ein Stilmittel sein - darf aber nur als solches verstanden werden. Zum Glück kenne ich keinen einzigen "Jünger" von Gleeson.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Re: Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von kastow »

Fritz hat geschrieben:Fein. Hast Du wenigstens den von "Lin Chung" eingestellten Gleeson-Vortrag gelesen?
Allerdings, und der Gleeson, den ich dort kennen lernte, ist gewiss ein Mensch, der Jûdô - meines Erachtens zu stark- auf den Wettkampf reduziert. Aber als jemanden, der Okkultes in das Jûdô hineindichtet, präsentiert er sich dort wirklich nicht. Wer dort etwas anderes liest, kann gerne die entsprechenden Zitate hier - wenn möglich ordentlich übersetzt - einstellen.

@Tom: Was ich gemacht habe, ist eine Übersetzung. Die Exegese (Auslegung und Kommentierung) hast du zuvor und anschließend wieder einmal selbst übernommen - wie du ja selbst zugestehst.

Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum du auf sachlichen Kritiken jedes Mal so persönlich reagierst. Erst mal ruhig durchatmen, bevor du antwortest. Ich greife dich nicht persönlich an. Allerdings weise ich durchaus auf offensichtlich fragliche Punkte in deinen Beiträgen sachlich hin - so wie bei jedem anderen Nutzer in diesem Forum auch. So wie ich auch die Argumente deinerseits, die ich genauso sehe wie du, unterstütze, wo es mir nötig erscheint. So ist das in einem öffentlichen und demokratischen Forum. Damit ist der persönliche Teil hiermit für mich durch. Falls du weiteren Klärungsbedarf siehst, so schreibe mich bitte persönlich an.
Herzliche Grüße,

kastow

Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)
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Re: Diskussion Cunningham vs. Gleeson über Kata

Beitrag von tom herold »

Allerdings weise ich durchaus auf offensichtlich fragliche Punkte in deinen Beiträgen sachlich hin - so wie bei jedem anderen Nutzer in diesem Forum auch.
Du hast meine KOMMENTARE als "fehlerhafte Übersetzungen" hingestellt - und das ist entweder ein bedauerlicher Irrtum deinerseits oder - wenn es absichtlich geschah - alles andere als "sachlich".

Darauf hinzuweisen habe ich mir erlaubt.
Allerdings weise ich durchaus auf offensichtlich fragliche Punkte in deinen Beiträgen sachlich hin (...) ...
Weiter habe ich Toms Beitrag aufgrund dieser beiden Fehlübersetzungen dann ehrlich gesagt nicht mehr gelesen.
Du setzt meine KOMMENTARE mit Übersetzungen gleich, postulierst dann "Fehlübersetzungen" und erklärst, deshalb (!) nicht weitergelesen zu haben.
Und dann schreibst du, du würdest auf "fragliche Punkte ... sachlich hinweisen"?
Du gestattest, daß ich das unsachlich finde.

Und damit wären wir ja wieder mal an jenem Punkt, der uns von Gleeson wegbringen könnte, nicht wahr?
Diesmal nicht.
Es geht um Gleeson und um das, was er schrieb. Nicht um mich.
Wenn wir also bitte zum eigentlichen Thema zurückkehren könnten ...
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