Krabbel-Judo- Ab wann bietet Ihr es an?

Hier geht es um die Trainingsgestaltung,-methodik,-formen.
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Linowitsch
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Re: Krabbel-Judo- Ab wann bietet Ihr es an?

Beitrag von Linowitsch »

Ronin hat geschrieben: Ich wüsste z.B. nicht, wieso ich meine (für mich extrem wertvolle) Zeit, damit verschwenden sollte. Und ich sehe auch nicht, was es meinem Verein mittel- bis langfristig bringen sollte, außer viel Arbeit.

Deswegen kann es pädagogisch trotzdem wertvoll sein, aber eben nicht der Job von Judovereinen.
Es ist eigentlich eher das Nachholen von Versäumnissen in der (Bewegungs-)Erziehung der Eltern.
Ronin, wie das für dich nichts weiter als Zeitverschwendung und Mehrarbeit ist, kann ich absolut nicht verstehen.

Einige hier stoßen sich stark an der Begrifflichkeit der Angebote, das mag durchaus richtig sein. Bei uns ist es so, dass die Gruppen für das Alter von 4-6 Vorschulgruppen heißen. Allerdings trägt unser Verein das Wort "Judokan" im Namen. Die Kinder und auch Eltern kommunizieren nach außen, dass sie zum Judo gehen. Ohne, dass das von uns gewollt ist. Aber genau das ist doch gut. Denn ein Kind/Eltern, was ohnehin schon denkt, Judo zu machen, lässt sich sehr leicht in eine Judogruppe überführen. Die Eltern und Kinder müssen den Verein nicht neu kennenlernen, sondern können sich voll und ganz auf das Judotraining konzentrieren, da sie alle anderen Gepflogenheiten des Vereins schon kennen. Das, finde ich, ist schon ein enormer Nutzen. Auch und gerade für Judovereine.

Es sei mir noch ein Vergleich erlaubt: Ein Radfahrer stellt sich auch nicht hin und sieht es als Zeitverschwendung an, seine Reifen aufzupumpen, nur weil das weder sein Ziel noch seine Kernkompetenz ist. Es sind eben vorbereitende Maßnahmen.

Ronin, du hast selbst geschrieben, dass wir Bewegungserziehung nachholen (müssen). Das ist zwar nicht gut, aber dennoch notwendig. Du kannst dich doch nicht hinstellen und einfach auf die Kinder warten, die mit 9/10/11 Jahren bei dir auftauchen und schon so gut entwickelt sind, dass du mit ihnen Judo machen kannst. Das werden nämlich immer weniger, ohne Angebote für kleinere Kinder.
Es mag sein, dass es dir persönlich einfach nicht liegt, mit so kleinen Kindern umzugehen (was nicht schlimm ist), allerdings finde ich deine Haltung etwas zu negativ.

Das Wort Judoverein beinhaltet übrigens die zwei Teile "Judo" und "Verein". Den Judoteil brauch ich niemandem hier beschreiben, das sind Training, Wettkämpfe, Trainingslager, Aus- und Weiterbildung im sportlichen / Judo-Bereich.
"Verein" hingegen geht doch sehr weit über das hinaus. Verein bedeutet gemeinsame Aktivitäten jenseits der Sportart, Verein bedeutet, Menschen zusammenzubringen. Und genau dort ordne ich auch die Vorschulangebote mit ein.
Ich sehe es als Verein als meine Aufgabe an, an den Punkten anzusetzen, wo KiTa und Schule nicht mehr leisten können/wollen.

Bitte nimm meinen Text nicht persönlich. Du kannst natürlich weiterhin deinen Verein führen, wie du magst. Ich wollte dir nur gern eine andere Sicht schildern.

Mit Jupps Text gehe ich weitestgehend konform.
Gruß
Lino

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Ronin
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Re: Krabbel-Judo- Ab wann bietet Ihr es an?

Beitrag von Ronin »

Das Dumme ist dass ich eben mit Kindern sehr gut kann und die mit mir erst recht, das ist familiär bedingt(meine Mutter hat das auch).
Hat aber erst mal nichst mit dem Judo zu tun.

Ich weiss gar nicht wieso ich wohl einer der wenigen bin, die den Fakt, dass - insbesondere Kinder - nur noch 2,5 Jahre durchschnittlich im Verein bleiben überhaupt zur Kenntnis nehmen. Dabei sit es ziemlich egal in welchem Alter sie die 2,5 Jahre machen, es sind halt nur 2,5 Jahre und dann gehen sie woanders hin.

Wenn ich mit z.B. 4 anfange hören sie eben mit 6,5 Jahren wieder auf. Und was hab ich dann davon? Gute Mundpropaganda damit mehr 4 jährige kommen und was habe ich von den 4 jährigen ausser Arbeit? Nix.
Nennenswerte Vorbilder (die andere Nachziehen könnten) kann ich nicht schaffen, weil sie nicht lange genug da sind und es in dem Alter auch noch keine Verwertbaren Ergebnisse in Form von Medallien oder Arbeistleistungen gibt.

Bin ich hier der einzige der realisiert, dass sich unser Judovereine immer mehr zu (preiswerten) Kleinkinderbetreuungsstätten entwickeln? Und ich bin Judotrainer und nicht Kinderbetreuer. Aber ihr könnt ja mit den Kids gerne krabbeln (und ihnen von Jupp und Jutta vorlesen ud so), das ist gut und dann schickt ihr sie einfach hinterher zu mir und ich bringe ihnen dann Judo bei.

Mein Problem ist nicht das Kleinkindertrainig an sich. Mein Problem ist die Tatsache, dass ausser dem nichts mehr bleibt. Also ist meine Strategie die Beschäftigungtherapie wegzulassen und mich auf die zu konzentrieren die Judo machen wollen. Wenn das eben nicht 100 Kinder sind, sondern nur 10, dann kann ich mich um die besser kümmern.

Ich muss ja keinen grossen Verein haben, sondern einen guten, denn in meiner Satzung steht Föderung von Judo (nicht Kinderbespassung).
Soweit verstanden?

Und Kindern laufen beibringen finde ich eben nicht so spannend wie Menschen einen O Goshi beizubringen, aber das darf jeder sehen wie er will.
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Linowitsch
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Re: Krabbel-Judo- Ab wann bietet Ihr es an?

Beitrag von Linowitsch »

Das ist natürlich eine sehr nachvollziehbare Herangehensweise. Das kam in deinen vorigen Posts nicht so raus, finde ich.

Die Tatsache mit den 2,5Jahren zur Kenntnis zu nehmen ist das eine, dagegen anzukämpfen (auch wenn dabei weiterhin 90% nach 2,5 Jahren wieder weg sind) ist die andere. Erklär mir noch, was fürs Judo besser ist, 5 jährige 2,5Jahre vorzubereiten, bis sie weg sind, als 12-jährige 2,5 Jahre im Judo zu trainieren, bis sie weg sind? Die "Verwertbaren Ergebnisse in Form von Medallien oder Arbeistleistungen" hast du dann immernoch nicht und allenfalls sind sie bis orange gekommen. :dontknow Und "nennenswerte Vorbilder" hast du dann auch nicht.

Ein weitere Aspekt der frühkindlichen Vereinsbindung ist für mich, dass ich so die Möglichkeit habe, eine Hand voll Kinder von vielen (ja, die meisten bleiben nur 2,5 Jahre), zu haben, mit denen ich dann länger trainieren kann. Habe ich das nicht gemacht, so macht es ein anderer Verein und ich sehe die Talente nie, weil sie vorher schon woanders "hängengeblieben" sind. :-(

Mit der Vereinsgröße hast du auch vollkommen recht. Allerdings können mir auch (unter finanziellem Aspekt) 100 Kinder, die nur 1x wöchentlich kommen 10 finanzieren, mit denen ich intensiver trainiere, weil sie es können und wollen. Würde jeder im Verein nur das bezahlen, was er an "Leistung" in Anspruch nimmt, würden die Leistungsträger relativ teuer davonkommen.

Sogesehen gewinnen mit Kleinkindgruppen alle. Die Eltern sehen ihre Kinder gut aufgehoben. Die Kinder lernen sich und ihren Körper und seine Möglichkeiten kennen. Und der Verein hat wenig Aufwand. Ja, ich halte es für wenig Aufwand, 1xwöchentlich 1Stunde 30 Kinder zu beschäftigen. Verglichen mit Sportlern die 3x wöchentlich trainieren und am WE zum WEttkampf fahren).

Die Frage, die sich für mich hier stellt ist die, ob rein sportliche ziele verfolgt werden oder ob ein Vereinsleben mit sozialen Ansprüchen besteht.
Gut, dass es beide Formen gibt, so kann jeder den Verein finden, der für ihn am besten passt.

(PS: Finde deinen Standpunkt mittlerweile allerdings auch sehr interessant, habe so darüber noch nie nachgedacht...)
Gruß
Lino

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Re: Krabbel-Judo- Ab wann bietet Ihr es an?

Beitrag von Ronin »

Ich habe es lange Zeit auch wie du gesehen. Bis ich langsm gemerkt habe, dass sich meine stark zunehmende Arbeit in immer weniger positivem Output (wie auch immer man den definiert) niederschlägt. Und dann hab eich mich gefragt, wo opfere ich die meiste Zeit? Was beschäftigt mich, den Verein am meisten - die Kinder. Schöne Beschäftigung, kein Zweifel, aber bleibt halt nix hängen.
Ich führe diese Diskussion allerdings auch vereinsintern gerade, kann also noch nicht mit Ergebnissen aufwarten.

Mit einem Rudel 12-Jähriger (mit denen kann ich schon mal Judo machen, mit den 5-Jährigen übe ich krabblen), die anfangen, kann ich, wenn es gut läuft, eine Mannschaft bilden, die vielleicht Erfolg hat, dann bleiben sie länger usw. Vielleicht erste Erfahrungen als Hilfsübungsleiter...
Je älter die Leute sind, desto mehr kann ich sie auch überhaupt in irgendwas einbinden. Kleine Kinder kann ich nur beschäftigen und wenn das nicht mehr lustig ist, muss was anderes her. Kinder sind eben so, das meinen die auch nicht böse.

Aber Vereinsvorsitzender muss ich sehr intensiv auf meine Ressourcen achten und sie richtig einsetzen, denn sie werden immer seltener.
Und sind wir mal ehrlich, viele Erwachsene begreifen kaum, um was es im Judo geht, wie will ich das denn dann Kindern nahebringen?
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Re: Krabbel-Judo- Ab wann bietet Ihr es an?

Beitrag von Judohexe doris »

Hallo zusammen,

wir haben seit 1,5 Jahren einen Judo-Miniklub (Raufzeit für Eltern mit Kindern im Alter von 3-5 Jahren), der sehr erfolgreich läuft. Im letzten Jahr wechselten die ersten Zwerge in die Kindergruppe 5-7Jahre und lernen nun nach dem Programm "Judo spielend lernen".

Im Miniklub machen die Eltern mit. Ziel = Fallen lernen für alle. Wir spielen und machen grobe Judoformen. Dazu gehören O-soto-otoshi (Eltern in Knie-Fußstand), Ko-soto-gari, Uki-goshi. Umdrehen einer Bankposition; Mune-gatame.

Ich habe festgestellt, daß die Kinder, die aus dem Miniklub aufrücken viele Grundfertigkeiten und Arbeitsweisen (Kooperation mit Partner) dann schon drauf haben. Wer mit 5 erst kommt und gleich in der Kindergruppe landet, muß erst noch solche Dinge lernen.

Was nun die Verbleibdauer von 2,5 Jahren angeht: Wir haben viele Kinder, die bereits seit 5-6Jahren dabei sind. Wir werden sehen, wie lange die Miniklub-Kid´s bleiben werden. Wenn aber Kinder immer nach 2,5 Jahren woanders hingehen, wäre es vielleicht sinnvoller, einmal über die Vereinsstrukturen oder die Trainingsgestaltung nachzudenken.
Gruß

Judohexe Doris


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Re: Krabbel-Judo- Ab wann bietet Ihr es an?

Beitrag von JörgWeichelt »

Ich habe jetzt mit meinem Großen (4 Jahre) auch eine Krabbelgruppe gestartet. Die Gruppe läuft jetzt seit Ende August, daher lassen sich noch keine großen Aussagen dazu treffen.

Die Idee, das Training gemeinsam mit den Eltern zu machen, gefällt mir. Das werde ich wohl mal ausprobieren.
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Re: Krabbel-Judo- Ab wann bietet Ihr es an?

Beitrag von Judohexe doris »

Hallo zusammen,

vor eineinhalb Jahren habe ich hier meine Erfahrungen gepostet und möchte sie nun gerne erweitern:

In unserem Miniklub hat inzwischen der Jahrgang 2008 in die Knirpse-Gruppe (5-7J.) gewechselt und ist super engagiert. Dafür gibt es im Miniklub einige Frisch-Läufer, die als Nachgeborene frei auf der Matte herumwuseln. Was lernen alle daraus?
Kinder: Üben Umsicht, Rücksicht (auch schon mit 3-4Jahren!)
Eltern: Vertrauen, daß alle aufpassen; achten auch auf Kinder anderer Eltern
Kleinkinder (ca 1 Jahr): machen nach, was alle großen vormachen. Sie wachsen einfach ins System und finden alles "normal". Mit 2,5 Jahren werden die Kinder allmählich ans geordnete Mitmachen gewöhnt.

Nun zu den Kindern, die vor 2,5 Jahren in die Knirpse-Gruppe wechselten. Das war der Jahrgang 2006. Sie haben im Sommer ihren Kinderpass erfolgreich abgeschlossen. Inzwischen haben sie an ihrem ersten Turnier außerhalb des Vereins teilgenommen und sich voll engagiert. Im Frühjahr werden sie in die Kindergruppe (8-10J.) wechseln.

Es gibt auch Kinder, die einige Zeit nach dem Wechsel in die Knirpse-Gruppe mit dem Judo aufgehört haben. Die sind aber in der Minderheit.

Wer sich auf die Vielfältigkeit der kindlichen Entwicklung zum einen, und auf das - Judo anders oder größer denken - zum anderen einlassen kann, wird hier immer ein ehrliches Feedback bekommen. Das bringt unendlich viel Befriedigung!!
Gruß

Judohexe Doris


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