Uchi-Komi beim Training mit Kindern und Jugendlichen

Hier geht es um die Trainingsgestaltung,-methodik,-formen.
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SJC
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Uchi-Komi beim Training mit Kindern und Jugendlichen

Beitrag von SJC »

Hallo,

mich würde mal interessieren ob und wenn ja, welche Arten ihr von Uchi-Komi ihr beim Training mit Kindern und Jugendlichen anwendet. Wie sind eure Erfahrungen dazu?

Bye
Ich trainiere beim Spandauer Judo-Club 1951 e.V.: http://spandauer-judo-club.de - http://facebook.com/SpandauerJudoClub
tutor!
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Re: Uchi-Komi beim Training mit Kindern und Jugendlichen

Beitrag von tutor! »

Uchi-komi sind ein ganz, ganz schwieriges Feld!

Der Bewegungsablauf wird ja an einer bestimmten Stelle abgebrochen, oder anders ausgedrückt: der in Bewegung gebrachte Uke wird abgestoppt. Dies bedingt eine Veränderung des Bewegungsablaufs, die dem Lernfortschritt entgegen stehen kann. Bei einigen Techniken mag das noch unter bestimmten Voraussetzungen ganz gut gehen, bei anderen ist es schlicht praktisch unmöglich.

Mit Uchi-komi kann man Teilbewegungen einer Technik verbessern (logisch: man macht ja auch nur einen Teil der Gesamtbewegung). Wichtig ist dabei die ständige Selbstkontrolle, ob das, was bei den Uchi-komi macht, auch tatsächlich dem entsprechenden Ausschnitt der Gesamtbewegung entspricht. Ansonsten trainiert man sich irgendwelche Fehler an....

Um dies aber beurteilen zu können, muss man die Gesamtbewegung erst einmal in vernünftiger Qualität beherrschen. Die entsprechenden Uchi-komi-Formen müssen dann systematisch gelernt werden. Dies erreicht man am besten damit, dass zu Beginn nach wenigen Ansätzen (z.B. zwei) ein Wurf ausgeführt wird. In dieser Lernphase kommt es in besonderer Weise darauf an, dass die Lernenden sich selbst genau beobachten lernen, damit sie ihre Bewegungen selbst kontrollieren lernen. Mit der Zeit können die Serien der Ansätze dann verlängert werden und die Zahl der Würfe abnehmen. Das ist aber ein langer Prozess. Auf jeden Fall sollte für einen sehr langen Zeitraum jeder Uchi-komi-Serie mit einem Wurf abgeschlossen werden. Weicht die Wurfbewegung von den Ansätzen ab, muss sofort nachgesteuert werden.

Wenn ich manchmal Uchi-Komi-Training sehe, kommen wir die Tränen über genau diese Punkte. Uchi-Komi werden mitunter nur "abgearbeitet" (= die vorgegebene Anzahl irgendwie heruntergerissen), anstatt sich darüber im Klaren zu sein, dass Uchi-Komi als Techniktraining äußerste Präzision erfordern.

Konkret bei Kindern: ganz langsam, vorsichtig und systematisch einführen und steigern.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
Kumamoto
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Re: Uchi-Komi beim Training mit Kindern und Jugendlichen

Beitrag von Kumamoto »

Es gibt ja verschiedene Formen von Uchi-Komi: Bahnen-Uchi-Komi, Power-Uchi-Komi,...
Wenn man Uchi-Komi mit "Eindrehen, ohne zu werfen" übersetzen will, so ist jedes Einüben der Techniken, bei denen kein Abwurf (Kake) erfolgt "Uchi-Komi".
tutor! hat schon recht, dass Uchi-Komi meistens recht lustlos abgespult wird.
Ich würde eine besondere Spielform der Uchi-Komi bei Kindern und Jugendlichen vorschlagen:
3er-Gruppen, Tori in der Mitte, die beiden Ukes außen... jetzt hat Tori eine gewisse Zeit, um bei beiden abwechselnd "einzudrehen, ohne zu werfen". Danach wird gewechselt. Ist gleichzeitig eine Kraftausdauerübung, die man z.B. bei einem Judozirkel einsetzen kann. Natürlich sind das nicht die besten Techniken, die man dann zu sehen bekommt, also besser die Technikschulung bzw. -verfeinerung vorschalten.
HBt.

Uchikomi (eine Definition...)

Beitrag von HBt. »

tutor! hat geschrieben: Wenn ich manchmal Uchi-Komi-Training sehe, kommen wir die Tränen über genau diese Punkte. Uchi-Komi werden mitunter nur "abgearbeitet" (= die vorgegebene Anzahl irgendwie heruntergerissen), anstatt sich darüber im Klaren zu sein, dass Uchi-Komi als Techniktraining äußerste Präzision erfordern.
Äußerste Präzision.
Diesen (vielleicht wichtigsten) Punkt möchte ich noch einmal deutlich hervorheben. Präzision.


Voraussetzungen für den Einsatz dieser Übungsform(en) kann sich jetzt jeder (intelligente) ÜL/TR selbst ableiten, hoffe ich.
HBt.

Kinder

Beitrag von HBt. »

SJC hat geschrieben:Hallo,
mich würde mal interessieren ob und wenn ja, welche Arten ihr von Uchi-Komi ihr beim Training mit Kindern und Jugendlichen anwendet. Wie sind eure Erfahrungen dazu?
Bye
Kinder sollten spielerisch lernen dürfen, mit strahlenden Augen ... Setzt Du spezifische Übungsformen ein, musst Du sehr genau abwägen (differenzieren) was Du tust (anbietest) und wie Du es tust, es muss für die Gruppe und den Einzelnen zum Zeitpunkt X passend und zielführend sein. Auch in Dein Gesamtkonzept sollte es passen!

Schleicht sich Monotonie ein, dieses kann bei der landläufigen Auffassung von Uchikomi ad hoc gegenwärtig werden, verzeichnest Du schnell keinerlei Entwicklungsfortschritt mehr.
Wolle
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Re: Uchi-Komi beim Training mit Kindern und Jugendlichen

Beitrag von Wolle »

HBt. kann ich hier nur recht geben "Monotones Training" ist was für Appel.
Es gibt für mich nix bescheuerteres, als wenn man an der Körperbewegung des ÜL/Trainiers schon weiß, was nun kommt.

Uchi-Komi ist ja nun ein Teil der Technikschulung, und sollte m.E. auch nicht fehlen.
Ich habe hier eher Bedenken deim Tandokurenschu.
Dies sollte nun wirklich nur mit Kindern gemacht werden, die sich im Raum zu bewegen wissen.
Räumliches Vorstellungsvermögen ist hier genau so gefragt, wie den eigenen Körper zu bewegen (ohne Störungsfaktoren).

Selber mache ich Uchi-Komi mittlerweile auf viele Arten:

- Bahnen (eigene Rückwärtsbewegung/Vorwärtsbewegung, seitliches laufen)
- Viereck (es kommen somit alle Bewegungsrichtungen vor)
- an der Stelle und was mir ganz wichtig ist
- die FREIE BEWEGUNG (kommt dem Randori nahe)
- Ne-Waza Uchi-Komi (Bodenarbeit)

Vor allem sollte hier das Werfen nicht zu kurz kommen, sonst lernen die Kinder dies nicht richtig, und es baut sich Frust auf. :dontknow
Das sehe ich z.B. an meiner Tochter, die ein Fliegengewicht ist und nun mal die älteren und schwereren Gegner im Randori körperlich nicht geworfen bekommt.
Bei alle dem ist es eben nur wichtig, dass man wie hier auch schon geschrieben, das Abwegen und das UMBAUEN von Techniken für den einzelnen beachten sollte, der eine kann besser hier fassen, der andere besser da den Arm halten/ziehen usw.

Zudem ist das ständige Verbessern auch sehr wichtig.
Auch wenn es den Kindern schon mal auf den Wecker geht, sollte man hier nicht sparen.
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Fritz
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Re: Uchi-Komi beim Training mit Kindern und Jugendlichen

Beitrag von Fritz »

Naja, was ist wichtig für Uchi-Komi?
Doch sicher, daß die Würfe erstmal korrekt beherrscht wird. Das führt zu zwei Problemen, gerade im
Kinder-Bereich (aber nicht nur da):
a) In der Regel fehlt es an guter Technik, sie können schlichtweg den jeweiligen Wurf nicht gut genug.
b) Falls doch: Bei vielen Würfen ist es nun mal so, daß bei korrekter Ausführung am kooperativen
Partner, dieser einfach fallen muß. Wie "tutor!" bereits angedeutet hat, kann ja nicht das Ziel der
Bewegungsautomatisierung sein, einen Bewegungsabbruch an einer entscheidenden Stelle der
Wurfbewegung einzuüben. Mache ich z.B. Seoi-Nage vernünftig, dann wird der Uke über Tori
kippen... (Ich nenne es die "Trainer-Krankheit": man zeigt Bewegungen, erklärt dabei und baut
unnötige Unterbrechungen ein, wo eigentlich Bewegungen ineinander überzufließen haben,
da muß man auch immer ausdrücklich draufhinweisen, daß diese "Erklär-Stops" nicht richtig sind.)

Nichtsdestotrotz kann es durchaus für das Erlernen der Technik förderlich sein, Teilbewegungen
als Uchi-Komi zu studieren. Teilbewegungen in dem Sinn, daß z.B. der Platzwechsel isoliert geübt
wird, oder der Armeinsatz, d.h. Bewegungen, die jede für sich über den kompletten Wurf ohne
künstlichen Stop ausgeführt werden, aber isoliert betrachtet nicht zum Fall des Uke führen.

Tandoku-Renshu dagegen ist zwar auch vom Problem a) geplagt, aber b) tritt logischerweise nicht
auf, da kein Uke zum Fallen da ist ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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